"Report Mainz" "Strahlende Altlast"

Hallo an alle,

habe mich extra für diesen Beitrag registriert, ich hoffe das ist in Ordnung.

Es geht um folgenden Beitrag der Sendung “Report Mainz” vom 1.11. :
http://www.ardmediathek.de/ard/servlet/ … Id=8636786

Es geht um das wichtige Thema von Verklappung von Atommüll im Meer. Meiner Meinung wird dabei aber deutlich, wie manipulativ und panikmachend auch angeblich seriöse Formate sein können.

Ich gehe mal der Reihe nach durch, was mir so aufgefallen ist:

0:55 “Mehr als 200.000 Fässer Atommüll verrosten vor den Küsten Europas, eine Zeitbombe” - Manipulativ, niemand kann doch genau wissen, wie der Zustand aller 200.000 Fässer ist und was hat der Begriff Zeitbombe hier verloren.

1:30 Hier wird aus einem vertraulichen Dokument zitiert - Es wird nur das zitiert, was in den Beitrag passt, dass zwei Sätze oberhalb etwas von betont schwach radioaktiven Abfällen steht, wird zum Beispiel nicht erwähnt. Im unteren Teil sieht man ebenfalls, dass wohl auch Professoren in einem Arbeitskreis mitgewirkt haben. Um wen handelt es sich dabei? Wäre das nicht wichtig?

2:05 “Die strahlende Fracht…” - Irreführend. Später geht es im Beitrag vor allem um die Gefahr von Pu-238,239,240 durch Aufnahme mit der Nahrung, nicht um die Gefahr der Strahlung des Mülls unter Wasser. Vor allem bei Pu-238,239,240 handelt es sich um alpha Strahler, die Strahlung kann also keinesfalls das Fass durchdringen.

2:30 “114.726t schwach und mittelradioaktiver Abfall…zehn mal mehr Radioaktivität als in der Asse” - Das ist sehr manipulativ. Niemand kann sich unter solchen Zahlen etwas vorstellen. Die Menge an Wasser, in einem relativ kleinen Meeresabschnitt, der z.B. 2km tief und 100x100km breit ist(in dem vielleicht ein paar Tonnen der Fässer liegen), wiegt bereits 20.000.000.000t. Außerdem, was bedeutet denn genau schwach und mittelradioaktiv, das ist doch gerade entscheidend. Und wie viel Radioktivität ist denn überhaupt in der Asse?

3:15 “Die Leute hätten leicht verletzt und getötet werden können…” - Dieser Abschnitt hat einfach rein gar nichts mit den Gefahren des Atommülls zu tun.

3:55 “Pu-238” - Hier geht es also um Pu-238 (Halbwertszeit 80 Jahre).

4:25 “Forscher haben in Fischen Plutonium entdeckt…millonstel gramm sind (…) tödlich” Für mich die heikelste Stelle. Erstens geht es hier auf einmal um Pu-239,240 (Halbwertszeit >1000 Jahre), ohne dass es erwähnt wird. In der undeutlichen Grafik erkennt man übrigens, dass die Messwerte in der Einheit Bq/kg in Fischknochen! angegeben sind und die Skala gerade einmal bis 4 geht. Das bedeutet überschlagen, dass es pro Kilo Fischknochen gerade mal ein millionstel-millionstel-gramm Pu gibt. Man müsste also schon einige Tonnen verseuchter Fischknochen gleichzeitig essen, damit es tödlich wird.

6:15 Hier wird wieder willkürlich zitiert - Zum Beispiel wäre es interessant zu wissen, was das erwähnte Heinrich von Thünen-Institut für Untersuchungen durchgeführt hat? Noch weiter unten steht etwas von Nanosievert Konzentrationen, was nocheinmal den oberen Punkt bestätigt.

Es ist wirklich schlimm wie ein derart wichtiges Thema so vereinfachend und verfälschend dargestellt werden kann.
So mit der Angst der Leute vor Radioaktivität zu spielen, ist schon beunruhigend.

Vor allem bei Pu-238,239,240 handelt es sich um alpha Strahler, die Strahlung kann also keinesfalls das Fass durchdringen.
Die Gefahr bei so Atommüll ist nicht die Strahlung an sich, sondern dass kleinste (selbst) strahlende Partikel in den Körper gelangen und dort weiterstrahlen. Ein Stück Plutonium in der Hand halten ist relativ unspektakulär, ein Stück Plutonium essen oder inhalieren dagegen nicht empfehlenswert.

0:55 „Mehr als 200.000 Fässer Atommüll verrosten vor den Küsten Europas, eine Zeitbombe“ - Manipulativ, niemand kann doch genau wissen, wie der Zustand aller 200.000 Fässer ist und was hat der Begriff Zeitbombe hier verloren.

Jau, ich habe 1998 ein Kilo luftdichtversiegelter Cervelatwurst in meinem Kühlschrank gelagert. Wer weiß, ob die jemals ungenießbar wird?

2:05 „Die strahlende Fracht…“ - Irreführend. Später geht es im Beitrag vor allem um die Gefahr von Pu-238,239,240 durch Aufnahme mit der Nahrung, nicht um die Gefahr der Strahlung des Mülls unter Wasser.

Na, dann ist ja alles gut.

2:30 „114.726t schwach und mittelradioaktiver Abfall…zehn mal mehr Radioaktivität als in der Asse“
[…] Und wie viel Radioktivität ist denn überhaupt in der Asse?

Wenn 114.000 Tonnen zehnmal mehr ist, dann … vielleicht fragst Du jemanden, der sich mit Arithmetik auskennt.

Makrele als Radioaktivverliererfisch

Kein Grund zur Sorge. „Darf ich Dich ma krelen?“ zieht immer als Anmachspruch.

Jau, ich habe 1998 ein Kilo luftdichtversiegelter Cervelatwurst in meinem Kühlschrank gelagert. Wer weiß, ob die jemals ungenießbar wird?

Wenn es mal so einfach wäre. In der Tiefsee herrschen ganz andere Verhältnisse. Es gibt Bereiche die so wenig Sauerstoff enthalten, da würde gar nichts rosten. Deine Cervelatwurst würde dort sogar nach 10 Jahren noch essbar bleiben (Sowas gabs wirklich mal mit einem Sandwich in einem versunkenen Forschungsuboot). Außerdem liegen die gezeigten Fässer im Ärmelkanal ca. 150m tief, das ist schon ein Unterschied zu den 1000m im offenen Ozean.

Wenn 114.000 Tonnen zehnmal mehr ist, dann … vielleicht fragst Du jemanden, der sich mit Arithmetik auskennt.

Radioaktivität wird in Bequerel gemessen. Es ist falsch von 114.000 Tonnen Radioaktivität zu sprechen.

Natürlich ist das ganze Thema kontrovers und niemand will das Atommüll im Meer liegt. Aber einen Sachverhalt zum Zwecke der Panikmache falsch darzustellen, ist einfach ein Unding.

Du reitest hier auf Sachen rum die wen überhaupt nur absolute Kleinigkeiten sind. Es sind nicht alle Fässer verrostet? Na dann ist ja alles ok so lange es nur ein paar sind.

In der Tiefsee herrschen ganz andere Verhältnisse. Es gibt Bereiche die so wenig Sauerstoff enthalten, da würde gar nichts rosten. […] Außerdem liegen die gezeigten Fässer im Ärmelkanal ca. 150m tief, das ist schon ein Unterschied zu den 1000m im offenen Ozean.

150m sind keine Tiefsee - und ich bezweifle mal, dass das Wasser dort so sauerstoffarm ist, dass die Fässer nicht rosten, dafür ist einfach zu viel Bewegung drin.
Von daher kann man durchaus von einer Zeitbombe sprechen, weil eben niemand weiß, wann die Fässer nach- und ihren strahlenden Inhalt freigeben. Dann kommt ein Fisch vorbei und trinkt das Wasser mit den radioaktiven Partikeln, dann kommt ein Trawler und fängt den Fisch, du gehst einkaufen und hast Fisch zu Mittag und so sind wir ganz schnell bei dem von BondedByBeer erwähnten Problem, dass du radioaktive Partikel im Körper hast, die länger strahlen als du lebst (zumal deine Lebensspanne sich dadurch arg verkürzt).

2:05 „Die strahlende Fracht…“ - Irreführend. …

Was ist daran irreführend? Schließlich sprechen wir hier von radioaktivem Müll - und der strahlt nunmal, auch wenn er möglicherweise durch das Fass abgeschirmt wird.

Danke für die ganzen Antworten. Eure Positionen kann ich aber leider nicht ganz nach vollziehen.
Die Gefahren von Atommüll sind ein wichtiges Thema und ich bin ja auch nicht dafür Atommüll im Meer zu versenken, so ein Magazin sollte aber sachlich und korrekt über die Tatsachen aufklären. Und wie ich versucht hab deutlich zu machen, sind fast alle Zahlen und Fakten ungenau oder irreführend dargestellt. Als Kleinigkeiten würd ich das nicht bezeichnen, wenn es mir darum geht eine objektive Meinung zu einem Thema zu bilden.

150m sind keine Tiefsee

Sry, da hast du dich verlesen, das war anders formuliert.

Dann kommt ein Fisch vorbei und trinkt das Wasser mit den radioaktiven Partikeln, dann kommt ein Trawler und fängt den Fisch, du gehst einkaufen und hast Fisch zu Mittag […]

Das ist doch viel zu vereinfachend dargestelllt. Du verzehrst doch das Fleisch des (gewaschenen und ausgenommenen) Fisches, die Partikel müssen also erstmal im Körper des Fisches eingelagert werden. Es ist doch entscheidend für die Gefährlichkeit wie genau dieser Prozess abläuft. Und das Magazin hat keinerlei Beleg dafür erbracht, dass dies in einer Rate geschieht, die aktuell für den Konsumenten gefährlich sein könnte, behauptet es aber. Das finde ich schon erwähnenswert. :smt011

Hier noch mal zur Information:
http://www.ritholtz.com/blog/wp-content … iation.png
Noch mal zur Erinnerung, in dem zweiten zitierten Papier war von Nanosievert die Rede. Also ein 50stel von dem blauen Quadrat ganz oben links.

[quote]150m sind keine Tiefsee

Sry, da hast du dich verlesen, das war anders formuliert.[/quote]
So habe ich dich verstanden - also war deine Formulierung nicht eindeutig.

Das ist doch viel zu vereinfachend dargestelllt.

Es war auch stark vereinfachend gemeint. Natürlich hätte ich auf die einzelnen biologischen Abläufe im Körper des Fisches etc. eingehen können, das hätte aber deutlich zu weit geführt.

Und selbstverständlich kann man die ganze Thematik auch sachlich und 100% korrekt darstellen - dann hört aber außer ein paar Leuten, die sich wirklich dafür interessieren (und deshalb schon fast alles über das Thema wissen und nachher an inhaltlichen Fehler herummäkeln) niemand mehr zu.
Wenn du die breite Masse erreichen willst, musst du eben auch etwas ungenauer und emotionaler werden.

Das ist doch viel zu vereinfachend dargestelllt. Du verzehrst doch das Fleisch des (gewaschenen und ausgenommenen) Fisches, die Partikel müssen also erstmal im Körper des Fisches eingelagert werden. Es ist doch entscheidend für die Gefährlichkeit wie genau dieser Prozess abläuft. Und das Magazin hat keinerlei Beleg dafür erbracht, dass dies in einer Rate geschieht, die aktuell für den Konsumenten gefährlich sein könnte, behauptet es aber. Das finde ich schon erwähnenswert. :smt011
Dass nach Fukushima der Verzicht auf Fischstäbchen übertrieben ist, klar. In der Nordsee (und womöglich in Fischereigebiet, das weiß ich nicht) eine Strahlungsquelle haben, ist aber nicht allzu gesund. Wie der Prozess abläuft? Strahlende Teilchen im Fisch, wir essen Fisch, nicht gut. Nur dass man dagegen kaum Jodtabletten einschmeißen kann um die Aufnahme im Körper zu behindern. In Bayern dürfen viele gejagte Wildschweine nicht gegessen werden, weil die durch durch Tschernobyl vertrahlte Pilze etc. selber verstrahlt werden. Der Genuss eines Filets von einem dieser Wildschweine führt natürlich nicht zum sofortigen Tod, aber über längeren Zeitraum ist die Gefahr einer Erkrankung sehr groß. Deswegen darf einfach niemand ein Filet davon essen.
Das Ganze nun mit Fischen. Immernoch kein Weltuntergang, aber das hätte wirklich nicht sein gemusst.