Reden zwei Blinde von der Farbe

Diskussion über den Blog-Artikel: Reden zwei Blinde von der Farbe

Ist das ein Witz?; 12. Februar 2013; 23:45 - 00:30 Uhr; ARD

Ich hatte heute Nacht einen fürchterlichen Alptraum. Ich stieg in einen vollbesetzten ICE und die einzigen freien Plätze befanden sich in einem Abteil, in dem Eckart von Hirschhausen und Hellmuth Karasek saßen, die sich gegenseitig Witze erzählten. Ich bin dann freiwillig bei Tempo 350 aus dem Toilettenfenster gesprungen.

Als ich mich nach dem Aufwachen aus meinem schweißgetränkten Kopfkissen geschält hatte und nach einem Mokkavollbad einen Blick in die ARD-Mediathek warf, musste ich mit Erschrecken feststellen, dass das gar kein Traum war. Das Erste hat sich in seiner grenzenlosen Humorinkompetenz tatsächlich dazu hinreißen lassen, ein dreiviertelstündiges Zotenzwiegespräch von Doktor Seltsam und Professor Hastig auszustrahlen.

Ganze Sendung in der Mediathek

Dabei kann man sich ob seiner päpstlichen Gnade bei Benedikt dem Viertelvorzwölften bedanken, dem aus aktuellem Anlass ein Maischberger Spezial gewidmet wurde. Ohne die pontifikale Intervention hätte uns das Schicksal bereits eine Stunde früher ereilt. Jeder, der einmal eine Studentenparty besucht hat, weiß es gibt nichts Schröcklicheres als Mediziner und Germanisten, die bemüht versuchen witzig zu sein. Das endet in aller Regel mit ungelenken Loriot-Imitationen.

Karasek eröffnet den bunten Reigen drögen Humors mit einem Scherz aus der wilhelminischen Ära, als Geschlechtsverkehr erst in der Ehe legitimiert war:
"Nach der Hochzeitsnacht sagt die Frau: ‘Ich muss Dir etwas gestehen. Ich bin farbenblind.’ Darauf sagt der Mann: ‘Ich muss Dir auch etwas gestehen. Ich bin nicht aus Jena sondern aus Ghana’.

Die Sendung dauert erst 52 Sekunden und schon offenbart sich der Geist dieser jämmerlichen Veranstaltung. Zwei betuliche Knochen tragen die trockensten Kamellenaus dem Repertoire Gunther Philipps auf, als man es mit dem Rassismus noch nicht so genau nahm. Aufmerksame Zuschauer von tvtotal kennen den Sparwitz bereits aus einer Provinz-Prunksitzung.

Nichtsdestotrotz erfüllt die Sendung im Sinne des Rundfunkstaatsvertrags einen bildungspolitischen Auftrag. Wenngleich erst durch diese Rezension. An Karaseks zweitem Pointenversuch lässt sich trefflich der Unterschied zwischen Witz und Satire erklären. Beim Herrn Professor klingt das so:
"Kommt ein Einarmiger in einen Second Hand Shop."
Die Pointe verharrt im Ungefähren, schwapappert sinnentleert vor sich hin. Wenn man jedoch “Einarmiger” durch “Helmut Zilk” ersetzt, erhält der Satz ein Fundament im Konkreten, gewinnt das Ganze an Schärfe. Treffer verschenkt.

In den kurzen Augenblicken des Innehaltens inmittens ihres Schenkelklopferdauerbeschusses befällt Ekki und Helle ein Hauch von Selbsterkenntnis - die leider nicht zur Besserung führt: “Jeder Witz hatte seine Zeit.” Die Zeit, in denen die Witze dieser Sendung modern waren, lässt sich allerdings nur per Radiokarbonmethode feststellen.

Wir befinden uns mitten im ideologischen Überbau des Abends: Die hagiographische Geschichte des Witzes aus der Sicht zweier Unbeteiligter.

Natürlich erinnern Dr. Öd und Dr. Fad im Kolloquium pflichtgemäß, wie es sich für deutsche Intellektuelle gehört, an Werner Finck, an “die Zeit in der man für seinen Humor noch ins Gefängnis gekommen ist”. Habt Ihr zwei beiden ein Heidenglück, dass sich die Zeitenläufte gewendet haben!

Woraufhin man sich in epischer Breite am jüdischen Witz vergreift. Wenn einem nichts Besseres zum Spaß in den Zeiten der Shoah einfällt als harmloses Heititei…
“Der KZ-Kommandant sagt einem Häftling: ‘Ich habe ein Glasauge. Wenn Du errätst welches, musst Du einen Tag nicht arbeiten.’ Der sagt: ‘Das linke.’; ‘Wie bist Du drauf gekommen?’; ‘Es blickt so menschlich.’”
… wenn für Euch in diesem Kontext La vita e bella als Krone des subversiven Humors gilt, dann war Karaseks eckermannsche Arschkriecherei bei Billy Wilder vergebliche Liebesmüh. Er hat rein gar nichts kapiert.

Aber warum sich mit unnötigem Inhalt aufhalten, wenn es auch ornamentalisch geht? Das Auditorium bekommt die volle Dröhnung belesenen Namedroppings verpasst : Lessing, Schopenhauer, Klein Erna … Akademikerkekswichsen par excellence.

(Graphische Darstellung eines gelungenen Witzes - Screenshot)

Wenn ich mich als drittes Glied am Wagen auf dieses wohlfeile Niveau hinab begeben darf, habe auch ich noch einen in petto, den sich alle Spaßtheoretiker ins Poesiealbum tätowieren dürfen: “Better a witty fool, than a foolish wit” (Shakespeare)

In diesem Sinne: Humor ist, wenn man nicht aus Höflichkeit lacht.

Ähm…Sorry, Frau Schavan, das merk ich auch ohne Quellenangaben schon nach den ersten zwei Sätzen, das hier nicht Holger, sondern unser Meister Greggy der Autor ist! :mrgreen:

Greggy, gut auf den Punkt gebracht :smt023

PS: behalte dein Avatarbild von Jürgen Klopp diesmal etwas länger!!

PS: behalte dein Avatarbild von Jürgen Klopp diesmal etwas länger!!

Das ist Christian Ulmen als „Uwe Wöllner“ -> Guckst Du?!

(Graphische Darstellung eines gelungenen Witzes - Screenshot)

Ich fühle mich da ja eher an den Langen Mann erinnert. :lol:

Mich erstaunt ein wenig, dass die beiden anscheinend ihr Fips-Asmussen-Witzebuch zuhause gelassen haben.

Nach der Hochzeitsnacht sagt die Frau: ‚Ich muss Dir etwas gestehen. Ich bin farbenblind.‘ Darauf sagt der Mann: ‚Ich muss Dir auch etwas gestehen. Ich bin nicht aus Jena sondern aus Ghana‘.

Tätääää…Tätääää…Tätääää…!!! :smt026

Ist ja unglaublich womit uns die beiden Spaßkadaver das Zwerchfell zur Rotation bringen wollen! :smt015
Warum versuchen es Helmut Kara Ben Nemsi und Eckart von Hirschkot nicht mal in der Kommandozentrale der Mainzer Fassenacht, wo bei der traditionellen TV-Sitzung „Mainz bleibt Mainz, wie,s döst und schnarcht“ jeder von den mumifiziertenn Narrenkappen, der nur ansatzweise so etwas wie eine gute Pointe zu bringen versucht, sofort mit der Kamelle-Kanone über die Stadtmauer geschossen wird?? :ugly

Warum versuchen es Helmut Kara Ben Nemsi und Eckart von Hirschkot nicht mal in der Kommandozentrale der Mainzer Fassenacht, wo bei der traditionellen TV-Sitzung „Mainz bleibt Mainz, wie,s döst und schnarcht“ jeder von den mumifiziertenn Narrenkappen, der nur ansatzweise so etwas wie eine gute Pointe zu bringen versucht, sofort mit der Kamelle-Kanone über die Stadtmauer geschossen wird??

Geht schlecht weil Karneval gottseidank vorbei ist und sie ihre Flachwitze bis nächstes Jahr schon wieder vergessen haben. Mir gelang das mit der kompletten Sendung jedenfalls innerhalb weniger Sekunden!

Ich hätt mir mehr wissenschaftliche Abhandlung gewünscht.
Dann wären die Beispielwitze okay gewesen zum veranschaulichen.

(vergleiche ich die Sendung mit sonstigen Comedyformaten im Fernsehen schneidet die Sendung allerdings garnicht so schlecht ab… :smt017 )