Ja, weil das quasi die Definition von Populismus ist: „Wir führen hier quasi den Sozialismus durch die Hintertür wieder ein, und dann gehts euch auf einmal besser. Zeche zahlen die ganzen bösen „Reichen“, die sowieso ja alles vererbt bekommen und sich das nie verdient haben.“
Im Grunde bedient die SPD da ja in ihrer Argumentation, ob Bürgerversicherung oder Steuersatz, nichts anderes als marxistische Grundannahmen der Klassengesellschaft. Ist total absurd, dann die „Abschaffung der Zweiklassengesellschaft in der Medizin“ zu fordern, während das Narrativ der Klassengesellschaft eigentlich nur von links aufgebaut wird. Aber auf ein paar Sachen geh ich auch nochmal im Kontext deiner Aussagen ein, damit sich das hier nicht doppelt…
Im Grunde habe ich dort zu Dosenstolz nichts hinzuzufügen.
Das musst du mal genauer erklären.
Du blendest aber auch, wie jeder Kritiker von Agenda 2010, komplett(!) aus, das viele Jobs überhaupt nur deshalb geschaffen wurden, weil diese Unterstützung und Anreizsituation durch den Staat bestand. Das ist ja genau dieselbe Diskussion wie bei der Bezahlung von Praktikastellen - letztendlich kannst du da nie einfach mit der Axt an ein System dran, nur weil es Firmen gibt, die das ausnutzen. Auf der anderen Seite erwischt du damit auch immer wieder Unternehmen, die überhaupt nur durch die Möglichkeit, jemanden nicht gleich Unsummen bezahlen zu müssen, eine Jobperspektive zu geben. Das die Agenda 2010 beendet werden muss, halte ich ja für die größte Torheit der SPD bzw. KANN sich ja auch nichts ändern, wenn das Ministerium seit Jahren von einer Partei besetzt ist, die nicht weiß, was sie eigentlich sein will: Will sie die mutige und stolze Partei der Sozialdemokratie oder ein Abklatsch der populistischen Linkspartei sein?
Ich finde es wirklich mehr als schwach, wenn man die Ursachen für den Erfolg der AfD lediglich auf Sozialneid und Xenophobie zurückführen will, weil man damit nämlich den Kern der Problematik komplett ignoriert. Klar, das klassische NPD-Narrativ „Der Neger nimmt mir den Arbeitsplatz weg“ bedient die AfD auch, aber das ist ja nicht die strategische Aufstellung dieser Partei. Übergeordnetes Motiv ist „Wir sind die Alternative zu den Altparteien™“ und dementsprechend muss man auch die Analyse betreiben: In erster Linie fühlen sich Menschen in der SPD (und um die gehts ja gerade) nicht mehr politisch repräsentiert, wenn es um die Vertretung „deutscher“ Interessen geht. Deshalb hört man ja auch öfters „Ihr macht ja nur noch Politik für die Migranten aber für die Obdachlosen nicht“ - auch wenn das natürlich ein konstruiertes Narrativ der AfD ist, repräsentiert es ja im Kern trotzdem die Kritik.
Das ist ja das, was in meinen Augen so gefährlich an der AfD und ihrem Populismus ist: Sie hat im Kern Recht! Es gibt in allen Aussagen dieser Partei dieses Quäntchen Fakten, welche natürlich komplett verdreht werden, aber dieser kleine Schuss Fakt reicht aus, das die Menschen sagen: „Ach Mensch, endlich sagt das mal wieder jemand“. Und deshalb sind viele Menschen auch aus einer Art „Der Zweck heiligt die Mittel“ durchaus in der Lage dazu, diese Partei TROTZ ihrer fremdenfeindlichen Aussagen und ihrem sozialfeindlichen Programm zu wählen. Mir geht diese Behauptung auch auf den Senkel, wenn man jetzt 16% der Wähler zu Nazis erklären will, aber diese Diskrepanz zur Wählerschaft der NPD von früher z.b. komplett unbeachtet lässt.
Zusammengefasst kann man das ganze halt nicht mit Sozialneid erklären. Das ist nicht das Hauptmotiv der AfD, wenn man mal darüber nachdenkt. Es geht doch nicht um „Arbeitsplätze“, sondern um die Verteidigung oder Erhaltung unserer „Werte“ (Gut, kann man ja auf jeden Fall fragwürdig sehen, was die AfD als Werte definiert sehen will) und im Kontext der Flüchtlinge eben auch um ein Themenkomplex, der seit 2015 kollektiv von den etablierten Parteien nicht vernünftig repräsentiert wurde. Es wurde faktisch Propaganda betrieben, von allen Parteien, das es total richtig und wichtig sei, das diese Menschen aus einem anderen Kulturkreis hierherkamen. Bedenken und Sorgen wurden entweder ignoriert oder man wurde gleich als „Nazi“ bezeichnet, wenn man es infrage gestellt hat, ob ein Flüchtlingsheim vor der eigenen Haustür sein muss. Nun will ich gar nicht bewerten oder mich inhaltlich positionieren, aber es erstaunt mich wirklich, wie kollektiv dämlich sich da so ziemlich jeder Linke und halt auch viele CDU-Mitglieder verhalten haben, das sie absolut überrascht davon waren, das eben diese besorgten Menschen sich nicht damit abgetan haben, ignoriert oder diffamiert zu werden. Sondern sich eine Partei zu suchen, die ihre Meinungen repräsentiert und wahrnimmt und überhaupt Diskussionen besetzt, in der sich gerade keine andere Partei reintraut. Fragen zu Islamismus, Fragwürdigen Ansichten der Hierherkommenden wie religiöse Patriarchatsstrukturen, hinterwäldlerisches Frauenbild, Nicht-Anerkennung des Grundgesetzes und Bildung von Parallelgesellschaften.
Wenn dazu andere Parteien nicht nur keine Antworten oder zumindest Ansätze liefern, sondern diese Diskussionen wie der Teufel das Weihwasser meiden, weil die politische Kultur und der freie Austausch von Ideen und Meinungen nicht erst durch die AfD, sondern vorher schon durch Moralapostel und vermeintlichen Weltverbesserern komplett vergiftet wurde, dann muss man sich in meinen Augen absolut nicht wundern, warum die AfD so stark ist.
Und deshalb ist auch diese ganze konstruierte Angst vor einem „Rechtsruck“ so lachhaft, denn den gibt es im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern nicht (Muss man sich ja nur mal die Debatte aus dem Bundestag anschauen, wie parteiübergreifend die Demokratie verteidigt wird und sich dieser AfD niemand anbiedert). Nur weil Menschen sich gezwungen sehen, eine Partei wie die AfD zu wählen, haben wir in der Masse noch kein „Problem mit Rechten“. Vor allem wird man es ja dadurch eher noch schlimmer machen, wenn man Parteien die Möglichkeit verwehren will, die Themen, die aktuell EINZIG UND ALLEIN von einer rechtspopulistischen Partei bedient werden, gleich in eine rechte Ecke stellt. Auf der anderen Seite behaupten aber dieselben Spaßkanonen, das es die alleinige Schuld und Verantwortung der Konservativen sei, dieses Problem überhaupt erst erschaffen zu haben. Die Shizophrenie dieser aktuellen politischen Debatte ist nicht auszuhalten.
Wenn das Problem der AfD eingedämmt und bekämpft werden soll, dann muss es möglich sein, das eine Partei ihren konservativen und rechtspolitischen Flügel(!) nach Rechts wieder ausdehnt. Das ist nämlich der größte Grund, warum die AfD bei aktuell 16% liegt und warum Volksparteien als Puffer zu den Rändern so wichtig sind: Diese Menschen waren damals mehrheitlich in den Volksparteien vertreten, weil sie ein Spektrum abdeckten. Aber dieses Spektrum wird eben dann mehrheitlich durch die anderen Flügel ausgeglichen. Letztendlich ist die AfD nichts anderes als ein extremer Parteiflügel einer Volkspartei gemischt mit der NPD - ekelhafte Verbindung.
Auf der anderen Seite ist das, was der CDU passiert ist, der SPD aber im Grunde schon vor Jahren passiert, nämlich mit der Linkspartei. Die PDS ist quasi die AfD der SPD. Radikale Flügel, die sich losreißen und dann nämlich von keinen moderaten Gegenpart mehr gehalten werden, sich mit noch radikaleren Strukturen und Bewegungen vermischt und so eine gefährliche Mischung des Populismus darstellt. Genauso, wie die immer stärker werdende Bewegung des Linkspopulismus auch dem Niedergang der SPD anzulasten ist bzw. die SPD ja gerade vor der Gefahr steht, von diesem Drall von Links übermannt zu werden, zumindest wenn man sich auf Kevins Bimmelbahn in den Untergang der Sozialdemokratie einlässt.
Komischerweise, und das sollte man mal wirklich kritisch hinterfragen, spricht bei der SPD keiner in negativer Konnotation vom „Linksruck“, der genauso gefährlich wäre für die Stabilität des politischen Systems wie ein „Rechtsruck“ der Union, den aber ja eigentlich auch nur jeder konservative Politiker in den Mund gelegt wird und kein CDU-Mitglied eigentlich ernsthaft fordert.
Edit: Ich würds übrigens begrüßen, wenn man diesen Versuch der Theoriefindung von mir nicht komplett als meine Meinung interpretiert. Ich versuche nur zu ergründen und zu diskutieren, was der Grund für die AfD und die Erstarkung des Populismus ist. Kann daher dazu kommen, das ich meine persönliche Sicht davon zu wenig abtrenne während meiner Ausführungen…