Internationalisierung von Sprache als globales Projekt

Letztens habe ich wieder irgendwo ein Pamphlet über die “Verrohung der Sprache” gelesen: Fremdworte und Jugendsprache führen zur Zersetzung der hochwertigen deutschen Sprache. Goethe und Schiller würden sich im Grabe umdrehen etc.

Mir hat sich darauf die Frage ergeben, welchen Gründe eigentlich gegen eine radikale Öffnung von Sprachen sprechen (hehe).

Aus sprachtheoretischer Sicht (vgl. Ferdi de Saussure) sind Worte nicht mehr als verbale Laute, die wir im Konsenzverfahren mit Sinn füttern und institutionalisieren, also im Gebrauch wiederholen und vererben. Wir wissen alle, dass eine Banane eine gelbe Staudenfrucht ist. Doch genauso gut könnten man diese Frucht auch “Kakapopo” nennen. Es macht keinen Unterschied, solange jeder weiß was damit gemeint ist.

Nehmen wir mal an, dass sich die deutsche Sprache der englischen radikal, auch außerhalb der Telekommunikatioseben, öffnet. Wir ersetzen konsequent in allen Subsystemen der Gesellschaft deutsche Worte durch englische, bis wir schließlich 2111 oder 2211 die englische Sprache etabliert haben.

Da es ein schleichender Prozess ist, wird die klassische Literatur jedes halbe Jahrzehnt an die neuen Sprachgegebenheiten angepasst. Also wie es schon immer der Fall war - Goethe konnte kein Hochdeutsch! Ein Informationsverlust wird durch die Sprachrevolution nicht gefördert.

Nehmen jetzt an, dass sich die Entwicklung nicht nur hier in Deutschland, sonder auch in vielen Teilen der Welt vollzieht. Jeder auf der Welt spricht Englisch mit regionalen Eigenheiten.

Diese utopisch anmutende Vorstellung wäre doch ein Garant zur Herstellung von “kommunikativem Handeln” (Habermas). Man kann sich mit jedem Mensch auf der Welt problemlos unterhalten, gemeinsam Situationen deuten und Handeln koordinieren. Verständigungsschwierigkeiten gibt es nur in ansolut geringem Maße. Die Sinninhalte aller Sprachen dieser Welt wären in einer vereint. Sprache würde ihre “gate keeper-Funktion” verlieren, niemand könnte aus Kommunikation, auf Grundlage der Sprache an sich, ausgeschlossen werden.

Welche rationalen Gründe gibt es nun, um eine Internationalisierung von Sprache zu verhindern?

Mir stellt sich die Frage, wie man solch eine Sprachrevolution fördern könnte, ohne auf repressive Maßnahmen zurückzugreifen. Dies könnte ein größeres Problem meiner Utopie darstellen.

Gleichzeitig muss man auch bedenken, dass die Konservierung von Sprache mit Repressionen verbunden ist. So z.B. gibt es feste Grammatik- und Rechtschreibregeln. Wer sich diesen entzieht, wird gesellschaftlich (“Schau mal, der Dorfdepp da kann nicht richtig schreiben. Er muss ja richtig unintelligent sein!”) und institutonell (Abwertung von schriftlichen Arbeiten in der Schule und im Beruf) sanktioniert. Es gibt eine klare sprachliche Trennlinie zwischen Sprachen, die man nicht überschreiten darf, da es Alltagspraxis und institutonellen Rahmen zuwider laufen würde. Sprache stellt also auch ein Machtverhältnis zwischen dem, der sie beherrscht und dem, der es nicht tut, her. Diese könnte man mit einer globalen Sprache wahrscheinlich beseitigen, wobei es auch dann bestimmt “bessere” Dialekte gäbe.

Was haltet ihr von meinen etwas unsortierten Ausführungen? Wäre eine globale Sprache erstrebenswert, oder eher was für linke Gutmenschen, die in ihrer Kindheit nicht mit Soldatenfiguren spielen durften?

Anmerkung: Hab kein Wörterbuch-Plugin installiert, also vorsicht vor Rechtschreibfehlern und Orthographiefehlern sowieso.