Homo Digitalis - Ethik in einem zweidimensionalen Lebensraum

Dieser Post knüpft an diesen Thread und die letzten Postings an.

Ich mache mir momentan sehr viel Gedanken über Gesellschaftstheorien.
“Wie wollen wir zusammenleben” oder “Welche Gesellschaft wollen wir haben”?
Mir fällt auf, dass Digital und Analog keine getrennten Räume mehr sind, aber Menschen
immer noch in solchen Rollen spielen. Ich glaube weiterhin, dass die Anonymität im Netz
nicht der Hauptgrund für diese Haltung ist, wie es immer proklamiert wird.
Meiner Meinung nach sind wir in einer digitalen Pubertät.
Die Idee zu diesem Thread hatte ich beim Schreiben eines Posts, welchen ich
in einem anderen Thread verfassen wollte.

Hier der Post und dann gebe ich ab an euch:

Ich kann in dem Statement kein Bewusstsein dafür rauslesen, was das eigentliche Problem war.
Er erkennt Rainer nicht als Menschen an. Auch in seiner Entschuldigung nicht.

Das ist wohl ein generelles Problem im Internet und wie ich es in einer PN schon sagte, ist dieser Fall der perfekte Einstieg in eine Meta-Diskussion über Rollen- und Menschenbilder. Auch nach Schuld, Verantwortung und Eigenverantwortung.
Im Prinzip haben wir hier ein gesellschaftstheoretisches sowie ethisches Problem. Die Aktion ist nur ein Beispiel und mittlerweile ein sehr starkes Symbol für das, was im Internet ja tausendfach passiert.

Die Zweidimensionalität, die das Internet suggeriert, zeugt einfach davon, dass die Internetnutzer in einer Art digitalen Pubertät stecken. Das Bewusstsein, dass Digital und Analog ein nicht mehr trennbarer Teil des Menschen sind und somit jeder Inhalt auch direkt einen realen Menschen betrifft, mit allen Empfindungen, ist offensichtlich noch nicht vorhanden.

Mich würde an der Stelle interessieren, ob die niedrige ehtische Schwelle im Internet bei Trollen und anderen Widerlingen auch im analogen Leben so niedrig ist. Oder anders: Korreliert die digitale und analoge Rolle miteinander und wenn ja - wo genau und wo nicht?
Wird das Internet immer noch als ein Spiel wahrgenommen, in dem die Teilnehmer jederzeit in den geschützten Raum der Privatheit zurückflüchten können?

Wie sollte man auf solche Aktionen, wie im Falle des Drachenlords passiert, reagieren?

Bestrafung im Netz findet momentan noch hauptsächlich durch die Netzteilnehmer statt.
Man kann sagen, dass es im Internet momentan fast nur Selbstjustiz gibt und der eigentliche Rechtsstaat greift nur dann ein, wenn ein Extrem erreicht wurde oder er den Auftrag dazu erhält.
Man kann im Internet eigentlich sehr gut beobachten, wie Selbstjustiz funktioniert.

Die Adressen (laut der Äußerung von M. auch falsche darunter) wurden ausfindig gemacht.
Namen wurden veröffentlicht und die Leute gerieten unter starken Druck.
Facebook-Pages wurden “gelöscht”, was ein großer Schritt ist, da man einen nicht erheblichen Teil seiner
Selbstdarstellung in der Öffentlichkeit damit verliert.

Ich glaube, dass wir dringend eine Internet-Ethik bräuchten. Die ist gar nicht so komplex. Man kann das analoge Modell eigentlich simpel übertragen und an gewissen stellen etwas erweitern bzw. modifizieren. Aber Ethik findet im Netz kaum statt.
Foren haben Moderatoren, aber diese sind oldschool. Das eigentliche Leben findet ja auf sozialen Netzwerken statt, wo es keinen moderativen Eingriff gibt.

Ist eine Nichtächtung im Netz so etwas wie unterlassene Hilfeleistung?
Wie sähe das Konzept der Hilfeleistung eigentlich im Netz aus?

Viele Menschen fühlen im Internet einen Freiraum. Und machen wir uns nichts vor, meistens bleibt asoziales Verhalten im Internet ohne Konsequenz. Endlich hat der Mensch ein Ventil gefunden seine Wut abzulassen. Das ist ein menschliches Problem, kein Problem einer Internetpubertät.

In Foren wie 4chan mit laxer Moderation schlägt sowas ja richtig durch, da gehört es zum guten Ton ein Arschloch zu sein.

Ich hoffe es ist okay, wenn ich auch hier nochmal etwas zum konkreten Fall sage.
Zunächst zu der dort verlinkten “Entschuldigung”. Sie ist natürlich keine wirkliche Entschuldigung. Er hätte sich niemals entschuldigt, wenn es nicht so hohe Wellen geschlagen hätte. Das gibt er auch ganz offen zu.

Jetzt zum generellen Fall: Ich denke es macht einen Unterschied ob alle Teilnehmenden Anonym sind oder ob sich nur ein Teil der Teilnehmer in der Anonymität verstecken kann. Beim Drachenlord war spätestens bei der Veröffentlichung von Adresse etc der zweite Punkt erreicht.
Ich finde die Unterscheidung deshalb wichtig, weil ich denke, dass bei kompletter Anonymität Konflikte im allgemeinen keine direkte Auswirkung auf das Leben außerhalb dieser Community haben. Das heißt wenn ich hier irgendeinen Streit habe oder gemobbt werde, so würde davon keiner erfahren der direkt mit mir was zu tun hat, tatsächlich würden es die anderen Teilnehmer nichtmal erfahren, wenn ich diesen auf der Straße begegne. Deshalb ist es auch relativ leicht aus der Anonymität heraus asoziale Dinge zu tun, da man ja nichts zu befürchten hat.
Ist nun ein Teil der Community in der Öffentlichkeit, so besteht ein gewisser Nachteil auf der Seite der nicht-Anonymen. Wärend die Anonymen asozial und unsympatisch sein dürfen wie sie wollen, werden diese selbiges dem in der Öffentlichkeit befindlichen direkt vorwerfen, sollte er sich in dieser Weise äußern. Das ist eigentlich auch der ganze “Witz” am Drachenlord.

@DeeperSight
Sehr schöner Beitrag, ich hoffe, der Thread stirbt nicht gleich wieder.
Du hast das richtig erkannt, im Internet glauben die meisten Menschen, eine Art Maske aufzuhaben. Das ist insofern absurd, als dass sie die dümmsten, ekelhaftesten, menschenverachtendsten und vor allem illegalsten Statements unter ihrem Klarnamen und mit einem Profilfoto verfassen. Die digitale Welt wird von der Analogen abstrahiert, den meisten Menschen scheint es nicht klar zu sein, dass beide schon lange miteinander verschmolzen sind.
Man darf aber nicht vergessen, dass kollektives Mobbing auch schon lange vorher existiert hat - im Falle vom DL potenziert sich das ganze nur in unglaubliche Dimensionen, weil sogar ich hier aus Österreich mitmachen kann, wenn irgendein hessischer (?) YouTuber fertiggemacht wird. Dass das Potential zu solchen Aktionen in den Menschen steckt, finde ich nicht sehr erstaunlich - erschreckend sind nur, welche Dimensionen das Mobbing annehmen kann, und zwar nicht nur von der Anzahl der Täter, sondern auch von der Tragweite her - denn wenn du tausende Hater im ganzen deutschsprachigen Raum hast, ist die Chance hoch, dass einer von ihnen gestört genug ist, um bei dir einzubrechen oder deine Schwester fertig zu machen. Das ist pure Statistik. Wenn du in der Schule von 30 Leuten gemobbt wirst und einer von ihnen sich so hineinsteigert, dass er bei dir zuhause einbricht, hast du echt Pech gehabt - wenn du im Internet Unmengen an Menschen hast, deren Hobby es ist, dich zu hassen, ist sowas zu erwarten.
Gleichzeitig ist auch die Motivation für die Täter viel höher, da sie sich durch immer brutalere Aktionen unsterblich machen können - wenigstens bis nächsten Dienstag.

Korreliert die digitale und analoge Rolle miteinander und wenn ja - wo genau und wo nicht?
Wird das Internet immer noch als ein Spiel wahrgenommen, in dem die Teilnehmer jederzeit in den geschützten Raum der Privatheit zurückflüchten können?

Das ist im Prinzip die wichtigste Frage wenn man nach dem Umgang mit Cyber-Mobbing fragt.
Blöd nur das man keine Antwort darauf hat, zumindest finde ich keine.

Wie wichtig ist der Unterschied?
Gehen wir mal von den beiden Extremfällen aus.
A es korreliert gar nicht.
B es korreliert vollständig.

Wenn der Fall A zutrifft, dann scheint tatsächlich das Internet irgendeinen Faktor zu haben der Cyber-Mobbing stützt. Es liegt nahe dabei anzunehmen, dass es die Anonymität ist.

Wenn der Fall B zutrifft, dann ist es einfach so das diejenigen die mobben Arschlöcher sind, egal ob mit oder ohne Internet. In dem Moment schützt die Anonymität die Opfer, weil sich das Mobbing nicht zwingend auf das „Offline-Leben“ übertragen lässt.

Also sehen wir je nachdem wie die Antwort ausfällt muss man die Anonymität mehr oder weniger schützen, bzw. verdammen.

Wichtig ist vor allem, dass man in einer Hinsicht klar trennt.
Wenn Klassenkameraden einen anderen Online mobben, dann ist das nicht wirklich „Cyber-Mobbing“ sondern lediglich eine Fortsetzung des Mobbings in der Freizeit. Die im Prinzip noch schlimmer ist, weil sie dafür sorgen kann, dass Unbeteiligte sich auch eingeladen fühlen mitzumischen.
Vor allem kennen sich in diesem Fall Täter und Opfer, die Aufhebung von Anonymität hätte also wohl keinen Effekt.

Wie sollte man auf solche Aktionen, wie im Falle des Drachenlords passiert, reagieren?

Auch da ist vermutlich wieder die Frage: Korreliert Offline und Online Verhalten.

Wenn die Leute nur online „mutig“ genug dazu sind. Dann reicht es vermutlich, wenn man sie heimlich still und leise auf eine mögliche Enttarnung hinweist und sie werden den Schwanz einziehen.
[Mit dem Problem das die Enttarnung eine Form von Mobbing wäre… auf die andere dann entsprechend reagieren könnten und dann befinden wir uns in einer Mobbingspirale, weil plötzlich jeder nur noch aus "Selbstverteidigung mobbt.]

Also erstmal ganz klar zu dieser Frage: „Zurückschlagen“ oder in irgendeiner Form Recht und Gesetz selbst in die Hand nehmen ist keine Option.
Ich kann nicht sagen das mein Raubüberfall legitim war, weil ich ja nur einen Räuber überfallen habe.
Deshalb war auch das Verhalten derjenigen die dem Drachenlord geholfen haben leider grundsätzlich falsch, weil es nicht besser war, im Prinzip hätten sie irgendwie offizielle Stellen einschalten müssen.

Aber genau damit stoßen wir an eine extreme Grenze und diese Grenze ist #Neuland.
Solange die Gesellschaft und vor allem der Gesetzgeber noch davon ausgehen, dass es eine „offline“ und eine „online“ Welt gibt, solange wird man kaum etwas gegen diese Probleme tun können.
Spätestens wenn jemand aus Österreich jemanden aus Deutschland mobbt (oder umgekehrt) haben wir einfach gar keine rechtliche Handhabe mehr.

Wir befinden uns nicht wirklich in einer „Pubertät“, wir befinden uns im „wilden Westen“.
Wir besiedeln hier einen Raum der noch nicht vollständig von Staatsgewalt durchdrungen ist.
Siehe dazu auch IceTwos Post. Je weniger reguliert wird desto mehr wird gemobbt…
Eine Feststellung die mich immer wieder zum weinen bringt… mein schönes Ideal der Anarchie scheitert am Menschen. :frowning:

Wie wurde Justiz im „wilden Westen“ verübt ohne Zugriff zur Staatsgewalt?
Lynchjustiz, im Zweifel so extrem, dass ein Mörder kurzerhand Sheriff werden konnte, einfach weil er genug Durchsetzungsvermögen hatte. „Wild Bill Hickok“ oder auch „Bat Masterson“ sind schöne Beispiele dafür.

Das gleiche Problem haben wir hier auch. Es scheint keine echten Gesetzeshüter zu geben, daher übernimmt der Lynchmob die Jusitz und deshalb können persönliche Daten ausgegeben werden.
Im Fall derjenigen die den Drachenlord angegriffen haben ging es noch vergleichsweise zivilisiert. Aber auch in diesem Fall vermute ich mal das es Mordaufrufe gegeben haben wird.

Die Selbstjustiz ist eine logische Konsequenz mangelnder staatlicher Durchsetzung.
Und damit kann man sich dummerweise auch die Aufstellung einer „Internetethik“ sparen.
Arschlöcher werden Arschlöcher sein und wenn man sie zehnmal auf eine Ethik hinweist.
Wer bereit wäre sich an eine solche Ethik zu halten wird es vermutlich auch ohne diese tun.

Die Spirale beginnt sich zu drehen wenn eigentlich „nette Leute“ mit „Arschlochmethoden“ auf „Arschlöcher“ reagieren. Das hinterlässt dann von außen betrachtet nur einen riesigen Arschlochstrudel. Pardon my french.

Damit schließe ich mit folgendem Fazit: [Edit: Ich schließe doch nicht… das hier ist ein Zwischenfazit, lasst euch nicht vom Vergangenheitsskafdir einlullen, hier kommt noch jede Menge Text.]

Ich befürchte solange von staatlicher Seite eine Trennung zwischen Internet und „Real-life“ gemacht wird, solange wird Selbstjustiz leider notwendig sein, da man die Opfer von Mobbing nun einmal nicht einfach mit „Pech gehabt, kannste nichts tun.“ abspeisen kann.

Die wichtige Frage wäre also: Wie kann man es schaffen die derzeit noch notwendige Selbstjustiz so zu gestalten das man nicht auf die gleichen Mittel wie die Täter zurückgreifen muss?
Ich habe keine Ahnung… :confused:

Und vor allem wenn meine einzige Lösung „mehr Staat“ bedeutet, wie schafft man das ohne das die frei Meinungsäußerung im Internet zurückgeht?

Oder anders gesagt: Wenn die einzige Idee Cyber-Mobbing zu besiegen die ist, dass man Anonymität im Internet aufgeben muss, dann weiß ich nicht ob ich bereit wäre diesen Schritt zu gehen.

In jedem Fall sollte man Solidarität mit den Opfern zeigen.
Im Fall vom Drachenlord zeigt sich aber das auch das nicht wirklich hilfreich ist.

  1. Redet er nun davon jemanden „besiegt“ zu haben. Im Prinzip dreht er für sich den Spieß um. Er hat die Täter am Boden und wird nun wenn er die Möglichkeit hat vermutlich mit gleichen Mitteln zurückschlagen. An der Stelle muss natürlich die Solidarität aufhören.
  2. Der Drachenlord hat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bestimmte Probleme bei denen er mit Sicherheit Hilfe bräuchte. Eine Welle der Solidarität wird ihm aber kaum helfen in dieser Hinsicht eine Einsicht zu entwickeln. Eine Welle des Hasses noch viel weniger. Neutralität? Kann man sich nicht leisten, während er systematisch fertig gemacht wird.

Abgesehen davon: Im Fall vom Drachenlord war die Solidarität tatsächlich hilfreich, aber nur weil die Außenwirkung groß genug war. Was mache ich, wenn ich als einzelnes kleines Facebook-Profil Mobbingopfer werde? Kein Mensch interessiert sich dann dafür. Solidarität kann nur kommen wenn der Fall groß genug ist.
Nur Mobbing findet auch im kleinen Rahmen statt, was kann man dann machen?

Ich befürchte außer Moderation kann es keine Option geben, nur die sozialen Netzwerke moderieren nicht wie schon richtig angemerkt wurde.
Ich selbst habe keine Facebook-Account, ich kenne daher die Gruppendynamik dort nicht. Würde es unter Umständen helfen, wenn man auf Facebook „Cyber-Mobbing-Selbsthilfegruppen“ gründet? Oder würde das die Sache nur verschlimmern?

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass um „offline-Mobbing“ aushalten zu können folgendes hilft:

  1. Familie
  2. Ein enger und guter Freundeskreis
  3. Ein Verein

Kann man soetwas auf „online“ übertragen?
Familie? Geht nicht, die ist da oder sie ist eben nicht da. Da kann keine Community helfen.
Freunde? Auch hier kann man „online“ kaum helfen. Klar kann man versuchen die Funktion eines Freundes zu übernehmen. Aber seien wir doch mal ehrlich, reine Internetbekanntschaften sind extrem vergänglich.
Verein? Ja vielleicht, an der Stelle können halt „Selbsthilfe-Communities“ vielleicht eine Art von Wirkung zeigen.

Klingt irgendwie alles reichlich hilf- und phantasielos.

Das Internet ist ein Beispiel für das, was in der Welt passiert - erst so wird ein Schuh daraus. Die Diskussion erinnert mich an jene zum Thema „Jugendgewalt“:

Die Frage kann ich bzgl. Internet-Mobbing auch stellen: Und im Internet soll das anders sein? Jeder weiß ganz selbstverständlich zu vermelden, wer im Beruf erfolgreich sein will, muss sich durchsetzen können. Im Fußball wird der Gegner mittels Blutgrätsche geschwächt, der Ball „erobert“. STaRDoGG freut sich darüber, dass „TrauKeinemPromi“ „blutet“ und mit ihm „der Fußboden gewischt wird“. Immer in einem Konkurrenzverhältnis denken sich die Bürger Land und Mitmenschen zurecht, weil genau das ihre Verkehrsart untereinander ist.

[SPOILER]

Menschen nicht als Menschen zu behandeln, sei ein generelles Problem des Internets. Dabei ist unser ganz normaler Alltag geprägt von „Mord und Totschlag“.

Hier unterstellst du aber, dass es sowas in der wirklichen Welt (als Gegensatz zum Netz) nicht gibt. Und die Unterstellung ist einfach falsch. Auch in der Wirklichkeit wird gemobbt, betrogen und gemordet und da ist jedem völlig klar, dass das „reale Menschen“ betrifft. Also kann es kaum das fehlende Bewusstsein darüber sein, dass die Leute dazu bewegt dasselbe auch im Netz zu tun.

Die Korrelation ist doch zweitrangig, wenn man feststellen muss, dass es im realen Leben auch keine hohe ethische Schwelle gibt. Die Gesellschaft ist brutal, gewalttätig und so weiter, gegen Frauen, in der Familie, der Schule und so fort.

Die gibt es doch offensichtlich(!) bereits: Mord und Totschlag. Und die Netz-Ethik steht der Ethik des Lebens in nichts nach.

Im realen Leben auch. Zynisch könnte man auch sagen: Natürlich hat das Konsequenzen, denn nur wer sich asozial verhält, hat den meisten Erfolg.

Was hat es mit einem Ventil zu tun, wenn ein gewerkschaftlich engagierter Arbeitnehmer aus dem Betrieb gemobbt wird? Wenn ein junger Mann im Netz in den Tod gemobbt wird, weil andere davon Ruhm und Anerkennung ernten? Dieser Hansel schreibt’s ja sogar: Als Versager in der bürgerlichen Konkurrenz wollte auch er „einmal der Held“ sein, weshalb er den Drachenlord fertig machte. Nein, das ist kein menschliches Problem, sondern ein Problem des bürgerlichen Individuums, das in der Konkurrenz befangen ist.[/SPOILER]

Es gibt meiner Meinung nach beim Mobbing keinen Unterschied zwischen der virtuellen und echten Welt.

Man sieht es ja auch bei Facebook ganz schön: Hier ist man in der Regel nicht anonym. Bei vielen lässt sich mithilfe der öffentlichen Profilangaben nachvollziehen, wer sie im Real Life sind - Und wenn es nur der Name ist. Und trotzdem hindert es die Leute nicht, Hatespeech in Gruppen von sich zu geben. Das hat nichts mit Anonymität zu tun.

Es ist einfach eine Sache der Gruppendynamik: Wenn einer gehatet wird, ist es einfacher (und “spaßiger”) ihn mitzuhaten (und dafür Probs von den anderen Hatern zu bekommen) als sich richtig zu verhalten. Das war ja früher auf dem Schulhof nie anders.
Und viele brüsten sich am Ende ja auch mit ihren “Erfolgen”.

Was den Drachenlord angeht: Irgendwie kann und will ich mit ihm kein Mitleid haben. Ich verstehe, dass er sich nicht den “Hatern” unterwerfen will und aufgeben möchte. Aber was er verzapft ist auch einfach Scheiße. Ich habe zwar nur kurze Ausschnitte gesehen, aber da ist nichts was irgendwie gut wäre. Das rechtfertigt zwar das Mobbing nicht - Aber man sollte irgendwann auch einsehen, dass man sich selbst keinen Gefallen tut, wenn man einfach so “weitermacht”.

Auch wenn die Aktion mit dem Heiratsantrag war natürlich extrem Scheiße - Aber Hand aufs Herz: Nach wenigen Wochen kennen und ohne sich mal kennen gelernt zu haben einen Heiratsantrag zu machen ist ja nun auch einfach mal dumm. Ich glaube, selbst wenn die Dame ein ernsthaftes Interesse gehabt hätte, wäre die darauf doch nicht eingegangen.

Zusammengefasst: Mobbing gibt es überall, in der digitalen Welt ist es einfacher sich in großen Gruppen zusammen zu finden, das hat aber nichts mit Anonymität zu tun, denn eine “richtige” anonymität ist heute auch im Internet nur in den seltesten Fällen gegeben.

Ich werde aus Zeitgründen nur auf die ersten Posts eingehen können.
Wall of Text incoming:

[post=418125]@Nakkinak[/post]

Und machen wir uns nichts vor, meistens bleibt asoziales Verhalten im Internet ohne Konsequenz.

Das ist tatsächlich so. Oft wird es sogar noch bejubelt.
Früher glaubte ich, es seien oft sechzehnjährige Jungen, die einfach nur zu doof sind.
Mittlerweile glaube ich, dass auf den vielen Chans überwiegend Erwachsene unterwegs sind, die einfach zu doof sind.

Endlich hat der Mensch ein Ventil gefunden seine Wut abzulassen. Das ist ein menschliches Problem, kein Problem einer Internetpubertät.

Warum ich den Begriff wählte, erkläre ich weiter unten.

In Foren wie 4chan mit laxer Moderation schlägt sowas ja richtig durch

Man könnte daraus ein Politicum machen und anhand dieses Beispiels begründen, warum Anarchie nicht zum Weltfrieden führt.
(Die Schwachstellen dieses Arguments sind mir bewusst)

[post=418131]@menag[/post]

Zunächst zu der dort verlinkten „Entschuldigung“. Sie ist natürlich keine wirkliche Entschuldigung. Er hätte sich niemals entschuldigt, wenn es nicht so hohe Wellen geschlagen hätte. Das gibt er auch ganz offen zu.

Trotz des Shitstorms, trotz der Ablehnung und trotz aller Gegenstimmen hat er nicht begriffen, was falsch lief.
Er sollte in seinem Bereich ein Berufsverbot bekommen. Meine Meinung.

Ich finde die Unterscheidung deshalb wichtig, weil ich denke, dass bei kompletter Anonymität Konflikte im allgemeinen keine direkte Auswirkung auf das Leben außerhalb dieser Community haben.

Das klingt erstmal plausibel. Dennoch glaube ich, dass das nicht so einfach ist.
Es liegt mMn eher an der Identifikation mit deinem Alter Ego, welches du dir aufbaust.
Menag und DeeperSight in diesem Forum sind zwei Erscheinungen, die nichts über die wirklichen Menschen dahinter verraten. Aber die Identifikation ist wohl sehr stark, da man sich hier eine gewisse Reputation aufgebaut hat. Auch gehen einem die Assoziationen, die andere mit dem Usernamen verbinden, nicht gänzlich am Hinterteil vorbei.

Dispute auf Foren, die überwiegend von absolut anonymen Teilnehmern ausgefochten werden, werden mal stark, mal weniger stark moderiert. (Hier findet das in einer übersteigerten Form statt. Eines der wenigen Foren, wo direkt eingegriffen wird.)
Je nachdem wie lange man mit seinem Namen in seinem Stammforum unterwegs ist, ist einem der positive Ruf dessen sehr wichtig. Verliert man hingegen die Gunst der Community, hat man ähnliche Desintegrationsgefühle, wie beim Verlust eines Freundeskreises.

Anderes Beispiel: Wenn sich Sarah entscheidet sich mit Bienchen78 hier anzumelden und jemand sie aufs Übelste ohne Grund beschimpft, wird sie das nicht weniger hart treffen, als die Beleidigung eines Fremden im Supermarkt

Auch auf den Chans erarbeitet man sich einen Ruf und wenn man vom Ausgrenzer zum Ausgegrenzten wird, dürfte das auch diese Menschen hart treffen, da mit einem neuen Nick all die Privilegien und der Respekt verloren geht, den man sich vorher erarbeitet hatte. Das ist selbst dann ein Verlust, wenn objektiv nichts mehr davon übrig blieb gen Ende.

Das heißt wenn ich hier irgendeinen Streit habe oder gemobbt werde, so würde davon keiner erfahren der direkt mit mir was zu tun hat, tatsächlich würden es die anderen Teilnehmer nichtmal erfahren, wenn ich diesen auf der Straße begegne.

Und du hättest eine Moderation, die dir hilft.
Dennoch, selbst wenn nicht: Du bist hier mittlerweile integriert und ich glaube, dass integrative Räume im Netz mittlerweile genauso wichtig für die Selbstwahrnehmung sind, wie der öffentliche analoge Raum, in dem wir uns bewegen.

Wärend die Anonymen asozial und unsympatisch sein dürfen wie sie wollen, werden diese selbiges dem in der Öffentlichkeit befindlichen direkt vorwerfen, sollte er sich in dieser Weise äußern. Das ist eigentlich auch der ganze „Witz“ am Drachenlord.

Sofern ein solches Gefälle besteht, solltest du recht behalten. Rainer hat sich an strengere Regeln zu halten, wie z.B. Erdbeerchen und das wird ihm sogar noch bösartig ausgelegt. Erdbeerchen ist feige, Rainer nicht. Aber in der Wahrnehmung ist er Opfer und das Opfer ist immer schuld und jetzt lachen wir mal alle.

Aber so ist es nicht gelaufen. Die Ausgrenzer wurden zu den Ausgegrenzten und haben einige Räume ihres digitalen Lebens verloren. Facebook-Pages, YouTube-Kanäle etc. pp. Wenn man mal kurz darüber nachdenkt, was da alles über Bord ging, dann merkt man, dass die Anonymität einen nicht schützen kann. Erstens wird man demaskiert ohne zu wissen, wie es passieren konnte. Zweitens scheinen selbst innerhalb des Kreises der Asozialen bestimmte Regeln zu herrschen, welche die Asozialen nicht einmal selbst überblicken können.

Erdbeerchen hatte innerhalb ihrer Anonymität nichts zu verlieren. Dorian (?) hingegen schon. Er war bekannt unter diesem Pseudonym und hatte schon Reputation. Das alles hat er nun verloren und ich glaube, dass ihm das mehr zusetzt, als er vielleicht zugeben will. Selbst, wenn er seine Anonymität behalten hätte, wäre das so.

[post=418134]@Kirin[/post]

Du hast das richtig erkannt, im Internet glauben die meisten Menschen, eine Art Maske aufzuhaben. Das ist insofern absurd, als dass sie die dümmsten, ekelhaftesten, menschenverachtendsten und vor allem illegalsten Statements unter ihrem Klarnamen und mit einem Profilfoto verfassen.

Auch ein sehr gutes Argument dafür, warum die Anonymität im Netz gar kein so großes Ding ist.
Es ist zwar ein gewisser Schutz, aber er ist nicht ausschlaggebend.
Ich glaube, dass dieser Schutz rein psychologisch nur dafür dient, die Schüchternheit bei Neuanmeldungen zu überwinden.
Es ist eben immer noch etwas anderes im analogen Leben auf neue Menschen zuzugehen, weil man ja auch optisch präsent ist.
Sowie aber eine Integration stattfindet, sollte dieser Schutz rein emotional redundant geworden sein.

Und wie du schreibst, schaffen es Menschen sich selbst mit Klarnamen und Foto im Netz noch sicher genug zu fühlen.
Also muss das eine immanente Eigenschaft des Netzes sein. Man fühlt sich sicher, weil man eben im Netz ist und nicht auf der Straße. Egal, ob man Lord oder Rainer genannt wird.

Die digitale Welt wird von der Analogen abstrahiert, den meisten Menschen scheint es nicht klar zu sein, dass beide schon lange miteinander verschmolzen sind.

Genau das.

Man darf aber nicht vergessen, dass kollektives Mobbing auch schon lange vorher existiert hat - im Falle vom DL potenziert sich das ganze nur in unglaubliche Dimensionen, weil sogar ich hier aus Österreich mitmachen kann, wenn irgendein hessischer (?) YouTuber fertiggemacht wird.

Ich weiß gar nicht, ob es so wichtig ist, dass die Zuschauer so zahlreich sind. Ab einer gewissen Anzahl wird es sowieso zu abstrakt. Dann gibt es nur noch „jeder lacht mich“ und nicht „2042 Menschen haben mich weinen sehen“. Dieses Gefühl bekommt man schon, wenn über 50 Leute sehen, dass man bloßgestellt wird. Es kippt also recht schnell zu „alle wissen es“.

Mobbing innerhalb der Schule dürfte also nicht weniger schlimm sein, als Mobbing im Netz.
Was natürlich Mobbing im Netz so schlimm macht, ist, dass man in beiden Welten eine Identität bildet.
Wenn man im Analogen ausgegrenzt wird, kann man im Digitalen erfolgreich sein.
Bekommt man beides genommen, so ist man verdammt.

Außerdem ist die Desintegration auf Facebook und YouTube vielleicht sogar noch schlimmer, als Mobbing nur innerhalb eines analogen Settings. Die eigene Klasse hat nur man selbst. Facebook hat aber jeder. Wenn man auf Facebook gemobbt wird, so wird man aus der vielleicht wichtigsten Plattform für Selbstdarstellung ausgegrenzt. Ich glaube, dass sich viele Menschen schon mehr mit ihrer Facebook-Identität identifizieren, als mit ihrer analogen Identität in Schule/Beruf/etc.
Der Verlust dieses Raumes ist durchaus in der Lage eine Identitätskrise auszulösen, die sich gewaschen hat.

Vielleicht wäre es mal interessant zu wissen, wie stark sich die Selbstwahrnehmung von Analog zu Digital verschiebt.
Wie wichtig ist uns unsere digitale Identität im Gegensatz zur Analogen?
Ein Unterschied wird rein psychologisch schon noch gemacht, obwohl es de facto verschmolzen ist.

denn wenn du tausende Hater im ganzen deutschsprachigen Raum hast, ist die Chance hoch, dass einer von ihnen gestört genug ist, um bei dir einzubrechen oder deine Schwester fertig zu machen.

Ich glaube viele machen sich gar nicht bewusst, wie gefährlich das sein kann.
Die Chance, dass ein Mensch mit irgendeiner psychologischen Störung dich als Blitzableiter missbraucht, ist sehr hoch, weil, wie du schreibst, die Reichweite unbegrenzt ist. Auch ist es interessant gegen Menschen zu gehen, die von vielen gekannt werden. Das gibt dem eigenen Handeln Relevanz. Sehr bedenklich…

Gleichzeitig ist auch die Motivation für die Täter viel höher, da sie sich durch immer brutalere Aktionen unsterblich machen können - wenigstens bis nächsten Dienstag.

Das hast du gut gesagt. :smiley:
Ja. Hass ist viel einfacher als Zuneigung.
Hassen kann man auch, ohne sich zuvor etwas mit einem Menschen aufgebaut zu haben.
Man kann als einzelne Entität zu 100% funktionieren, selbst dann, wenn man isoliert vom Hassobjekt steht.
Hass ist also der Weg der Versager. Die drei Mobber sind solche Versager.

Die Chance, dass ihnen ihre Aktion Fame bringt, war ja gar nicht so gering.
Es ist mir noch nicht so ganz klar, warum die Stimmung kippte.
Denn all die anderen Chan-Versager richteten sich ja gegen sie.
Das war anhand dieser Communities überhaupt nicht zu erwarten.


Skafdir bekommt seine Extrawurst…:ugly

      • Aktualisiert - - -

[post=418196]@Skafdir[/post]

Wenn der Fall A zutrifft, dann scheint tatsächlich das Internet irgendeinen Faktor zu haben der Cyber-Mobbing stützt. Es liegt nahe dabei anzunehmen, dass es die Anonymität ist.

Wenn der Fall B zutrifft, dann ist es einfach so das diejenigen die mobben Arschlöcher sind, egal ob mit oder ohne Internet. In dem Moment schützt die Anonymität die Opfer, weil sich das Mobbing nicht zwingend auf das „Offline-Leben“ übertragen lässt.

Ich glaube, es gibt eine Art C, C1.1, C1.1.1, C1.1.2 etc… and so on.

Wie bekomme ich meine wirren Gedanken jetzt strukturiert…hmm…

Wenn jemand das Internet betritt, dann geht er indifferent in einen nicht-realen Raum. Zumindest scheint es ihm so.
Es ist eine Art Spiel, das er jederzeit verlassen kann.

Dazu sollte man sich das analoge Setting anschauen.
Ein Mensch sitzt physisch in einem Raum und zwar alleine. Dennoch sind Millionen Menschen mit ihm anwesend.
Das ist ein paradoxer Zustand mit mehreren Wahrheiten. Er muss sich jetzt für eine Wahrheit entscheiden.
Die Welt, in der ich mir in den Arm kneifen kann ist wahr. Die Welt, die zweidimensional auf meinem Bildschirm erscheint, ist nicht wahr oder bedingt wahr. Aber eben nicht so wahr, wie die Welt, in der jetzt mein Arm weh tut.

Dadurch, dass die Menschen, die mir begegnen, nur bedingt wahr sind, sind sie auch nur bedingt Menschen.
Sie sind eine Mischung aus Vorstellung, Mysterium und Gesichtslosigkeit. Das einzige, was mich sie als eigenständige Individuen erkennen lässt, ist, dass ich sie nicht steuere, sondern dass sie unabhängig von mir agieren. Aber sie sind eben nur bedingte Wahrheiten.

Der Raum, in dem ich mich bewege, ist ebenfalls nur bedingt wahr. Er ist zweidimensional, hat also keine Tiefe. Mein Bildschirm ist flach. Es ist nur eine Darstellung aus einer Zusammensetzung aus 1 und 0. An und Aus.
Aber es ist nicht organisch. Aber ich abstrahiere viel von meinem Frust, Hoffnung, Abenteuerlust etc. in diesen Raum hinein.
Und ich gehe davon aus, dass die anderen Fastmenschen das genauso wahrnehmen.

Wenn ich in diesem Fastraum einen Fastmenschen beleidige, hat dieser doch jederzeit die Möglichkeit, zurück in die Wahrheit zu gehen, wo er Mensch unter Menschen ist. Aber eingeschränkte Menschen haben eben keine uneingeschränkten Rechte.
Erstens, weil ich mit abstrakten Wesen nicht empathisch bin (Peter Pan ist ja auch nur eine Vorstellung) und zweitens, weil niemand den Typen zwingt, vor seinem Rechner/Laptop zu sitzen. „Dann soll er halt den Kasten ausmachen und seine Mama besuchen, wenn er keinen Spaß versteht und flennt.“

Ich glaube, dass diese Wahrnehmung der eigentliche Grund dafür ist, warum Menschen im Netz so drauf sind.
Man beleidigt ja keine Menschen. Das sind ja nur Projektionsflächen. Lösch sie einfach und mach dir eine neue.
Nur so funktioniert das nicht.

Wenn Klassenkameraden einen anderen Online mobben, dann ist das nicht wirklich „Cyber-Mobbing“ sondern lediglich eine Fortsetzung des Mobbings in der Freizeit. Die im Prinzip noch schlimmer ist, weil sie dafür sorgen kann, dass Unbeteiligte sich auch eingeladen fühlen mitzumischen.

Ganz wichtiger Punkt. Das geht schon in die Richtung, die Kirin ansprach, nur hebt es das Problem auf ein neues Level.
Wenn die Akteure im Netz wie in der Schule dieselben sind, dann ist das psyschich absolut verheerend.

Man hat die Mobber nicht nur den ganzen Tag in der Schule (eine Zwangsveranstaltung) um sich… nein… man nimmt sie mit ins Kinderzimmer. Und wie Kinder nunmal sind, ist ein williges Opfer gerade gut genug um die Zeit totzuschlagen. Das Opfer hat keine Pause mehr und erlebt die Art von Desintegration, wie ich sie in meinem ersten Post beschrieb. Die totale Verdammung aus der analogen wie digitalen Welt. Ganz schlimm, so was.

Wenn die Leute nur online „mutig“ genug dazu sind. Dann reicht es vermutlich, wenn man sie heimlich still und leise auf eine mögliche Enttarnung hinweist und sie werden den Schwanz einziehen.
[Mit dem Problem das die Enttarnung eine Form von Mobbing wäre… auf die andere dann entsprechend reagieren könnten und dann befinden wir uns in einer Mobbingspirale, weil plötzlich jeder nur noch aus "Selbstverteidigung mobbt.]

Das ist ja unglaublich schwierig in den Griff zu bekommen. Da ja jeder im Internet frei ist, seinen Senf dazu zu geben, ist es in dem Moment, wo dem Mobber klar wird eine Grenze übertreten zu haben, zu spät und die Dynamik nicht mehr zu bremsen.

Aber völlig richtig. Das ist eine Spirale die vollkommen willkürlich stoppt und kaum zu kontrollieren ist.

Also erstmal ganz klar zu dieser Frage: „Zurückschlagen“ oder in irgendeiner Form Recht und Gesetz selbst in die Hand nehmen ist keine Option.
Ich kann nicht sagen das mein Raubüberfall legitim war, weil ich ja nur einen Räuber überfallen habe.
Deshalb war auch das Verhalten derjenigen die dem Drachenlord geholfen haben leider grundsätzlich falsch, weil es nicht besser war, im Prinzip hätten sie irgendwie offizielle Stellen einschalten müssen.

Ich bin ein ganz großer Feind von Selbstjustiz. Aber ich möchte hier mal den Advocatus Diaboli spielen:

Ja, es war falsch, was sie getan haben. Aber wenn die Community nicht so reagiert hätte, dann hätten diese Menschen niemals ihre Grenze gesehen oder verstanden, dass man ein solches Verhalten nicht akzeptiert. Mangels einer Moderation im Netz wäre die Aktion niemals abgestraft worden. So signalisiert man: „Ihr seid nicht sicher. Spaß haben ja. Mal übertreiben auch. Aber nicht in dieser Art und nicht mit uns!“
Das versendet sich auch an andere Menschen und jeder weiß, dass wenn du es übertreibst, die Leute dich schon finden werden und du besser auf der Hut sein solltest.

Ohne diese krasse Gegenwehr hätte die Netzgemeinde das Verhalten akzeptiert. Wo kein Recht gesprochen wird, muss man selbst ran. Da sonst alles aus den Fugen gerät.

(Das enspricht nicht meiner Meinung, aber ich will eine Kontroverse am Leben halten.)

Solange die Gesellschaft und vor allem der Gesetzgeber noch davon ausgehen, dass es eine „offline“ und eine „online“ Welt gibt, solange wird man kaum etwas gegen diese Probleme tun können.

Ich traf mich zuletzt mit einem Freund und wir sprachen darüber, wie Strafverfolgung im Netz aussehen sollte.
Wir kamen wenig verwunderlich sofort auf Totalüberwachung und NSA.

Das Ergebnis war, dass alles, was auch analog strafbar ist, im Netz verfolgt werden sollte. Durchaus sollte es Beamte geben, die durch das Netz surfen und bei Funden die IP-Adresse vom Webseitenbetreiber anfordern dürfen.
Wenn wir duch die Stadt laufen und uns Polizisten entgegenlaufen, dann ist das auch eine Überwachung des öffentlichen Raumes. Und jeder, der mal Abends in der Stadt unterwegs war, weiß, wie gut es ist, dass sie an bestimmten Punkten anwesend sind.

Wie seht ihr das?

Wir befinden uns nicht wirklich in einer „Pubertät“, wir befinden uns im „wilden Westen“.
Wir besiedeln hier einen Raum der noch nicht vollständig von Staatsgewalt durchdrungen ist.
Siehe dazu auch IceTwos Post. Je weniger reguliert wird desto mehr wird gemobbt…
Eine Feststellung die mich immer wieder zum weinen bringt… mein schönes Ideal der Anarchie scheitert am Menschen.

Hier zur Erklärung, warum Pubertät:

Das Bild funktioniert nur, wenn wir uns die Entwicklung linear vorstellen.
Erst sind wir neu, dann lernen wir damit umzugehen.
Erst sind wir Kind, dann entdecken wir uns und die Welt.

Das Internet ist nicht mehr neu, aber neu genug, um nicht als Festland zu gelten.
Wir probieren uns darin immer noch aus und sind immer noch fasziniert davon, Grenzen zu suchen.
Für mich ist das eine Pubertät und die ist auch immer Wilder Westen. :slight_smile:

Aber du hast recht damit, dass mangelnde Regulation das hässliche im Menschen offenbart.
Laissez faire mag ein schönes Ideal sein… aber das war es dann auch schon.

Und zu deinem Ideal vom Menschen: Du kleiner Philanthrop, du. :ugly
Ich hätte da noch den Konstruktivismus im Angebot. :stuck_out_tongue:

Die Selbstjustiz ist eine logische Konsequenz mangelnder staatlicher Durchsetzung.
Und damit kann man sich dummerweise auch die Aufstellung einer „Internetethik“ sparen.
Arschlöcher werden Arschlöcher sein und wenn man sie zehnmal auf eine Ethik hinweist.
Wer bereit wäre sich an eine solche Ethik zu halten wird es vermutlich auch ohne diese tun.

Das ist für mich ein wichtiger Hinweis.
Ja. Ethik wird dann obsolet, wenn es eine staatliche Regulation gibt.
Selbstregulation ist ein vages Konstrukt.
Und Ethik entwickelt sich aus dem Menschen heraus und kann nicht aufgestülpt werden.

Ich frage mich, ob man je eine Gesellschaft haben kann, in der eine Ethik so verankert ist, dass man keine Gesetze mehr braucht.
Die Antwort dürfte „nein“ lauten, da Ethik niemals normativ ist. Sie ist ein individueller Aushandlungsprozess.

Die wichtige Frage wäre also: Wie kann man es schaffen die derzeit noch notwendige Selbstjustiz so zu gestalten das man nicht auf die gleichen Mittel wie die Täter zurückgreifen muss?
Ich habe keine Ahnung… :confused:

Mir geht es genauso und damit ist der Thread eigentlich schon schachmatt.
Denn dafür muss man den Boden der Ethik verlassen und hin zur viel dogmatischeren Moral gehen.
Um eine „gesittete“ Selbstjustiz etablieren zu können, bräuchten wir normative Regeln, die immer und für jeden gelten.
Das ist im Internet schier unmöglich, aufgrund der Wahrnehmung. Also das, was ich versucht habe mit Fastmenschen zu beschreiben. Selbst im analogen Leben werden diese Unterscheidungen gemacht.
Wir akzeptieren nicht jeden Menschen als gleichwertig. Können wir das überhaupt leisten?

Und vor allem wenn meine einzige Lösung „mehr Staat“ bedeutet, wie schafft man das ohne das die frei Meinungsäußerung im Internet zurückgeht?

Ich glaube, dass es darauf gar nicht so sehr ankommt. Was ist eine Meinungsäußerung wert, wenn sie zur Selbstjustiz animiert?
Natürlich hat man immer Angst vor Extremen. Ein reguliertes Internet würde für Empörung sorgen und man würde von Zensur sprechen. Aber wenn nur das zensiert wird, was ohnehin rechtswidrig ist, dann verlieren wir doch nichts, was wir zum Leben brauchen und gewinnen dafür aber Sicherheiten, die wir ganz bestimmt zum Überleben brauchen. Man macht sich fast schon verdächtig, wenn man Freiheiten gegen Sicherheiten eintauschen möchte. Das liegt vor allem an der NSA-Affäre, die es geschafft hat, dass Sicherheit eine negative Konnotation bekam. Nur glaube ich, dass die Dualität zwischen Sicherheit und Freiheit eine grundsätzliche ist und dass man einfach einsehen muss, dass nicht jede Form der Freiheit einen Wert darstellt.

Ich verkürze ab hier, weil mir langsam die Puste ausgeht. :smiley:
Alles, was ich jetzt nicht erwähne, erfährt meine Zustimmung.

Oder anders gesagt: Wenn die einzige Idee Cyber-Mobbing zu besiegen die ist, dass man Anonymität im Internet aufgeben muss, dann weiß ich nicht ob ich bereit wäre diesen Schritt zu gehen.

Soweit muss es ja nicht gehen. Man kann ruhig weiter anonym bleiben. Ich halte von einer Klarnamenpflicht übrigens überhaupt nichts. Zuletzt hörte ich davon, dass die Klarnamenpflicht in China nichts geändert hat. Man glaubte damit, staatliche Kritik eindämmen zu können. Der Effekt war praktisch bei Null.

Meine Idee ist, dass Beamte im Internet unterwegs sind und wenn sie auf etwas stoßen (ähnlich einer Patrouille in der Stadt) oder einen Hinweis bekommen, prüfen sie, ob der Fall strafrechtliche Relevanz darstellt. Erst dann fordern sie die nötigen Daten an, um die Person ausfindig machen zu können.

Nur Mobbing findet auch im kleinen Rahmen statt, was kann man dann machen?

Ich befürchte außer Moderation kann es keine Option geben, nur die sozialen Netzwerke moderieren nicht wie schon richtig angemerkt wurde.

Das ist eine sehr gute Frage! Diese Menschen, die keine Bühne in der Öffentlichkeit besitzen, sind praktisch schutzlos und vergessen.
Auch ich glaube, dass es auf jeder Seite Moderationen geben sollte. Früher war das übrigens mal so.
Erst mit Seiten, die abstrak hohe Nutzerzahlen haben, sparte man sich dies im großen Stil.
Nettiquette ist auch ein anarchronistischer Begriff. Davon singen heute höchstens noch die Veteranen.

Ich selbst habe keine Facebook-Account, ich kenne daher die Gruppendynamik dort nicht. Würde es unter Umständen helfen, wenn man auf Facebook „Cyber-Mobbing-Selbsthilfegruppen“ gründet? Oder würde das die Sache nur verschlimmern?

Weiß ich nicht. Ich hätte dabei die Angst, dass sich Menschen öffentlich der Lächerlichkeit preisgeben. Schwäche zu zeigen ist in unserer Gesellschaft und gerade im Netz immer wieder ein Garant für Spott und Häme.

Kann man soetwas auf „online“ übertragen?

Das ist eine gute Frage. Freundschaften kenne ich nur von Foren. Das war auch immer so etwas wie eine „Wahlfamilie“. Aber dort fand in meiner Wahrnehmung Mobbing so gut wie gar nicht statt. Wenn, dann unter Ausschluss der Öffentlichkeit im PN-Kontakt.

Auf Facebook und YouTube dürfte so was gar nicht gehen. Es sei denn, man bildet Vereine. Also, man verknappt künstlich die wahrgenommene Userzahl und engagiert sich dort.

Vielleicht ist das echt praktikabel. Eine Art Gilde, die zueinander steht. Wenn einer gemobbt wird, mobilisiert sich die gesamte Vereinigung. Das gibt einem wenigstens nicht das Gefühl, vollkommen alleine dazustehen. Etwas mehr Solidarität ist im Netz zwingend nötig. Gerade für jene, die in der analogen Welt schon wenig Selbstwertgefühl haben.

Zur Erinnerung: Als Scumdog bei der Diskussion “Antifa und Selbstjustiz” im politischen Smalltalk nur den Anschein(!) erweckte das deutsche Gewaltmonopol in Frage zu stellen, um mittels Selbstjustiz Ausländer vor Faschisten zu schützen, wurde er des Landesverrats überführt, als Bürgerschreck gefürchtet, der die freiheitliche Grundordnung beseitigen will, die mitsamt des Gewaltmonopols - so ließ man verlautbaren - “unter keinen Umständen verhandelbar” sei.

Jetzt verhandelt ihr sie. Ihr diksutiert, wie die Selbstjustiz gestaltet werden kann (Skafdir) und welche Voraussetzungen eine “gesittete” Selbstjustiz braucht (DeeperSight). Wie passen die ungeheure Empörung über Scumdog damals und die jetzige Diskussion und Zurückhaltung zusammen?

[post=418427]@Sherlock[/post]

Ich mache es kurz: Du kennst schon den Unterschied zwischen der Straße mit echter Strafverfolgung und dem Internet ohne eine solche Strafverfolgung? Dann hast du deine Antwort.

[post=418427]@Sherlock[/post]:

Das ist aus meiner Sicht sehr einfach zu erklären. (Wenn auch weniger kurz als von DeeperSight)

  1. Ich bin Anarchist. Ein sehr desillusionierter, aber immer noch Anarchist. Ich bin also nicht prinzipiell ein Fan von Staatsgewalt o.ä. (eher ganz im Gegenteil)
  2. Haben wir im „offline-Betrieb“ ein vergleichsweise gutes Justizsystem. Im weltweiten Vergleich eines der besten. Es würden ein paar Optionen fehlen, aber alles in allem funktioniert es ganz gut. Dieses System fehlt online. Und da kommen wir zu dem Grund aus dem ich „desillusioniert“ bin.

Ich bin ein extremer Feind jeder Form von Bevormundung.
Menschen die über andere Menschen herrschen, egal wie man es nennt ist in erster Linie Unterdrückung.
Wenn man eine Gruppe Menschen allerdings unreguliert lässt, dann werden diese damit beginnen die Schwächsten der Gruppe dazu zu zwingen notwendige Arbeiten zu erledigen.
In einer sehr kleinen Gruppe mag es funktionieren, dass die notwendige Arbeit gerecht auf alle Gruppenmitglieder aufgeteilt wird. Spätestens wenn die Gruppe so groß ist, dass nicht mehr jeder jeden kennt wird es dazu kommen, dass sich eine Elite ausbildet die eine Herrschaftsfunktion übernimmt.

Wenn wir das als gegeben betrachten müssen und bislang sehe ich keine Möglichkeit es anders zu sehen, dann folgt daraus:
Die Aufgabe von Staatsgewalt muss sein die gesamtgesellschaftliche Unterdrückung auf ein Minimum zu reduzieren.
Die Gemeinschaft gibt also an einen Staat das Recht ein Gewaltmonopol zu besitzen, damit dieser dafür sorgt, dass ein Minimum an Gewalt existiert.
Widerstand gegen diese Staatsgewalt wäre nur dann legitim, wenn sie das Minimum an Gewalt selbst nicht einhält oder wenn an einer Stelle an der die Staatsgewalt keinen Zugriff hat Gewalt verhindert.
(Dadurch ist z.B. spontane Selbstverteidigung legitim, weil zu diesem Zeitpunkt die Staatsgewalt keine Möglichkeit hat mir zu helfen. Dadurch ist aber auch der Widerstand gegen Polizeigewalt legitim, sobald diese Gewalt über das notwendige Minimum hinausgeht und der Widerstand dazu geeignet ist die Gewalt zu verringern.)

Dazu kommen dann noch verschiedene Faktoren wie z.B. Freiheit vs. Sicherheit. (In diesem Fall würde ich den Schwerpunkt immer in Richtung Freiheit legen. Aber das würde nun zu einem Exkurs in Richtung Staatstheorie führen, so interessant das auch wäre, in diesem Thread hat das nichts verloren.)

Also in kurz nochmal zusammengefasst:
Selbstjustiz ist da legitim und notwendig wo die Staatsgewalt nicht eingreifen kann oder will, oder wenn die Staatsgewalt das Gewaltminimum nicht einhält.

[post=418391]@DeeperSight[/post]:

Man könnte daraus ein Politicum machen und anhand dieses Beispiels begründen, warum Anarchie nicht zum Weltfrieden führt.

:cry:

andere angesprochene Dinge:
ich würde dir bei dem was du an die anderen geschrieben hast weitestgehend zustimmen. Daher antworte ich nur auf das was sich direkt an mich richtet.

Ich glaube, es gibt eine Art C, C1.1, C1.1.1, C1.1.2 etc… and so on.

Stimme ich dir völlig zu, die Fälle „A“ und „B“ sollten auch nur die Extrema sein.
Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen.
Da „C“ die unschöne Angewohnheit hat nicht zwischen A und B zu stehen schlage ich Schattierungen mit der Kennung: „AAB“; „ABB“; „AAAAAB“, usw. vor. ^^
oder wir benennen meinen Fall „B“ in „C“ um und haben dann die Fälle „B, B1.0, B1.1“ :smiley:

Dadurch, dass die Menschen, die mir begegnen, nur bedingt wahr sind, sind sie auch nur bedingt Menschen.

Das halte ich für eine sehr gute Erklärung warum Mobbing im Internet als moralisch weniger verwerflich betrachtet wird, zumindest von den Tätern. Klingt plausibel.

Ohne diese krasse Gegenwehr hätte die Netzgemeinde das Verhalten akzeptiert. Wo kein Recht gesprochen wird, muss man selbst ran. Da sonst alles aus den Fugen gerät.

(Das enspricht nicht meiner Meinung, aber ich will eine Kontroverse am Leben halten.)

Die Kontroverse hast du dadurch, dass die Aussage durchaus meiner Meinung entspricht.
Ich halte es für bedauerlich, aber leider scheinen Menschen irgendeine Art von „äußerem“ Rechtskanon zu brauchen.
Dort wo es keinen gemeinschaftlich akzeptierten und vor allem unabhängig durchgesetzten Rechtskanon gibt bleibt als Option nur die Selbstjustiz.
Das ist die denkbar schlechteste aller Optionen um Ordnung durchzusetzen, weil sie zu Chaos führt. Aber Chaos ist besser als Unterdrückung.

Für mich ist das eine Pubertät und die ist auch immer Wilder Westen.

Dann sind wir uns ja einig. Mit einem Kritikpunkt der ist aber doch eher theoretisch.

Die Idee einer „Entwicklung“ setzt woraus das man an eine menschliche „Weiterentwicklung“ glaubt.
Ich glaube durchaus an eine menschliche Entwicklung, aber diese muss nicht zwingend an eine Art von „Fortschritt“ gekoppelt sein.

Gesellschaft entwickelt sich nicht „weiter“ im Sinne von sie wird „normativ besser“.
Gesellschaft entwickelt sich einfach und das kann recht chaotisch sein.
Wir haben eine Enwicklung hinter uns die dazu geführt hat das wir persönliche Freiheit und Gleichberechtigung als Selbstverständlich annehmen.
Wenn man nun glaubt, dass Gesellschaft sich weiter entwickelt, dann ignoriert man die Gefahr das unser Entwicklungsstatus eben nicht in Stein gemeißelt ist.
Ob „persönliche Freiheit“, „Demokratie“ und „Gleichberechtigung“ Werte sind die sich halten können ist nicht gesagt.

Daher würde ich den Begriff „Pubertät“ ablehnen, weil er impliziert, dass danach zwingend das Status des „Erwachsenen“ kommt und das ist halt nicht so.
Wir entwickeln uns aber in welche Richtung und unter welchen Bedingungen ist nirgends festgeschrieben.

Man macht sich fast schon verdächtig, wenn man Freiheiten gegen Sicherheiten eintauschen möchte.

Und zwar zu Recht. ^^

Ich stimme dir insofern zu, dass man auf einer gewissen Ebene zwischen Freiheit und Sicherheit abwägen muss.
Aber nur in einer Hinsicht:
Unsicherheit bedeutet immer Unfreiheit für bestimmte Leute.
Sicherheit muss also soweit gestärkt werden, dass für jeden die maximale Freiheit verfügbar ist. Keinen Schritt weiter.
(Insofern haben wir derzeit noch einen recht großen Sicherheitsüberschuss den man abbauen kann.)

Und damit bin ich beim letzten Kritikpunkt:

Meine Idee ist, dass Beamte im Internet unterwegs sind und wenn sie auf etwas stoßen (ähnlich einer Patrouille in der Stadt) oder einen Hinweis bekommen, prüfen sie, ob der Fall strafrechtliche Relevanz darstellt. Erst dann fordern sie die nötigen Daten an, um die Person ausfindig machen zu können.

An sich eine interessante Idee. Die allerdings ein paar Nachteile hat.

  1. Das liebe Geld. Ich habe schon lange nicht mehr dieses Lied verlinkt.
  2. Man kann eine Straßenstreife nicht mit einer Internetstreife gleichsetzen.
    Beispiel:
    Wenn ich irgendwo nach einem Kneipengang gegen eine Hauswand pinkel, dann ist das in dem Moment egal in dem ich die Hose wieder geschlossen habe und zwei Schritte getan habe. Egal wieviele Streifenpolizisten dann des Weges kommen mir kann niemand mehr was.
    Das Internet hat die unschöne Angewohnheit das irgendwo steht: „Skafdir hat hierhin gepinkelt.“

Man muss also die Frage stellen: Wie lange darf ein Regelverstoß her sein, dass diese Streife ihn ahnden darf.
Wenn es da keine Begrenzung gibt, dann ist es genauso wie Totalüberwachung. Nur extrem langsam und wenig effizient.

Wir bräuchten also „neue“ Verjährungsfristen für „online Vergehen“.

In allen anderen Punkten stimme ich dir soweit zu.

Ich habe mal versprochen, dass ich nochmal antworte, was ich nun hiermit nachhole. Im großen und ganzen stimme ich aber dem hier gesagten zu.

[QUOTE=t-dog;418362]Es gibt meiner Meinung nach beim Mobbing keinen Unterschied zwischen der virtuellen und echten Welt.[/QUOTE]

Hast du dafür auch eine Begründung parat? Also nicht, dass ich diese Meinung auf keinen Fall teilen würde. Es ist nur irgendwie leicht dahergesagt, aber ist es auch faktisch so? Wo unterscheidet sich rein virtuelles Mobbing vom nicht-virtuellen?

[QUOTE=t-dog;418362]Man sieht es ja auch bei Facebook ganz schön: Hier ist man in der Regel nicht anonym. Bei vielen lässt sich mithilfe der öffentlichen Profilangaben nachvollziehen, wer sie im Real Life sind - Und wenn es nur der Name ist. Und trotzdem hindert es die Leute nicht, Hatespeech in Gruppen von sich zu geben. Das hat nichts mit Anonymität zu tun.[/QUOTE]

Man muss hier unterscheiden. Auf Facebook gibt es ja zum einen diese menschenfeindlichen Gruppen und Seiten, welche einfache nur asozialen Müll posten. Das würde ich nicht als Mobbing bezeichnen. Das Mobbing, welches auf Facebook vorzufinden ist, ist größtenteils die Fortsetzung des Mobbings im realen Leben. Hier würde ich auch Sherlock zustimmen: Mobbing hat im realen Leben auch keine wirklichen Konsequenzen und zumindest diese Fortführung des Mobbings ins Internet ist eigentlich nicht unterscheidbar vom klassischen Mobbing.
Dann gibt es aber noch die von mir angedeuteten Situationen. Zum einen die “Drachenlord-Situation”, das heißt wir haben einen öffentlichen User, dieser wird gemobbt, und viele “anonyme” User welche Ersteren mobben. Zum anderen gibt es noch die Möglichkeit, dass in einer gänzlich “anonymen” Community einzelne User ausgegrenz und beleidigt werden. Kann man die wirklich alle in einen Topf werfen? Diese gleichsätzung fällt mir irgendwie schwer, zumindest bei letzterem.

[QUOTE=t-dog;418362]Es ist einfach eine Sache der Gruppendynamik: Wenn einer gehatet wird, ist es einfacher (und “spaßiger”) ihn mitzuhaten (und dafür Probs von den anderen Hatern zu bekommen) als sich richtig zu verhalten. Das war ja früher auf dem Schulhof nie anders.[/QUOTE]

Das ist halt dieses klassische Mitläufertum. Man macht halt mit in der Hoffnung nicht selbst das Opfer zu werden.

[QUOTE=t-dog;418362]Zusammengefasst: Mobbing gibt es überall, in der digitalen Welt ist es einfacher sich in großen Gruppen zusammen zu finden, das hat aber nichts mit Anonymität zu tun, denn eine “richtige” anonymität ist heute auch im Internet nur in den seltesten Fällen gegeben.[/QUOTE]

[QUOTE=Kirin;418134]Du hast das richtig erkannt, im Internet glauben die meisten Menschen, eine Art Maske aufzuhaben. Das ist insofern absurd, als dass sie die dümmsten, ekelhaftesten, menschenverachtendsten und vor allem illegalsten Statements unter ihrem Klarnamen und mit einem Profilfoto verfassen.[/QUOTE]

[QUOTE=DeeperSight;418391]Man sieht es ja auch bei Facebook ganz schön: Hier ist man in der Regel nicht anonym. Bei vielen lässt sich mithilfe der öffentlichen Profilangaben nachvollziehen, wer sie im Real Life sind - Und wenn es nur der Name ist. Und trotzdem hindert es die Leute nicht, Hatespeech in Gruppen von sich zu geben. Das hat nichts mit Anonymität zu tun.[/QUOTE]

Ihr unterschätzt die Anonymität die man durch die bloße Masse hat. Wenn ich auf dem Schulhof jemanden mobbe, dann sind da meistens nur eine Hand voll dabei. Im Internet sind es aber tausende. Die kann man garnicht alle verfolgen. In dieser Masse kann man sich durchaus verstecken und ist “anonym”.

[QUOTE=DeeperSight;418391]Ich weiß gar nicht, ob es so wichtig ist, dass die Zuschauer so zahlreich sind. Ab einer gewissen Anzahl wird es sowieso zu abstrakt. Dann gibt es nur noch “jeder lacht mich” und nicht “2042 Menschen haben mich weinen sehen”. Dieses Gefühl bekommt man schon, wenn über 50 Leute sehen, dass man bloßgestellt wird. Es kippt also recht schnell zu “alle wissen es”.[/QUOTE]

Für den Gemobbten macht das vermutlich wirklich keinen Unterschied. Vielleicht erst wieder wenn man regelmäßig auf der Straße erkannt wird.

[QUOTE=DeeperSight;418391]Die Chance, dass ihnen ihre Aktion Fame bringt, war ja gar nicht so gering.
Es ist mir noch nicht so ganz klar, warum die Stimmung kippte.
Denn all die anderen Chan-Versager richteten sich ja gegen sie.
Das war anhand dieser Communities überhaupt nicht zu erwarten.[/QUOTE]

Das ist vermutlich die interessanteste Frage an der ganzen Sache. Wieso haben vorher alle mitgemacht, alles wurde bejubelt. Und urplötzlich dreht sich der Wind in eine komplett andere Richtung. Passiert soetwas auch im realen Leben?

[QUOTE=menag;419597]Ihr unterschätzt die Anonymität die man durch die bloße Masse hat. Wenn ich auf dem Schulhof jemanden mobbe, dann sind da meistens nur eine Hand voll dabei. Im Internet sind es aber tausende. Die kann man garnicht alle verfolgen. In dieser Masse kann man sich durchaus verstecken und ist “anonym”.[/QUOTE]
Aber warum machen denn viele bei sowas überhaupt mit? Eben um aus der Masse heraus zu stechen, und genau deshalb werden die Attacken gegen den Lord immer brutaler. Siehe die Sache um Dorian den Hampelmann, der ist aus dieser von dir beschriebenen Anonymität und Masse freiwillig heraus gestiegen, ähnlich wie viele Trolle in den Sagas um Chris-Chan (falls CWC hier überhaupt irgendjemand kennt).

Das ist vermutlich die interessanteste Frage an der ganzen Sache. Wieso haben vorher alle mitgemacht, alles wurde bejubelt. Und urplötzlich dreht sich der Wind in eine komplett andere Richtung. Passiert soetwas auch im realen Leben?

Ich könnte mir vorstellen das an der Stelle einer ausreichenden Menge klar geworden ist was sie gemacht haben.

Ob sowas im realen Leben passiert?
Vielleicht, ich könnte mir vorstellen das beim Zusammenbruch des Arbeitskollegen plötzlich einige verstehen was sie da monatelang abgezogen haben.
Oder wenn sich der Klassenkamerad versucht das Leben zu nehmen.
Es braucht halt irgendeine drastische Situation durch die dann meist die Mitläufer wachgerüttelt werden. Ich stelle mir das folgendermaßen vor: Die Mitläufer sind keine Überzeugungstäter, sie machen aus Gedankenlosigkeit mit oder weil es einfacher ist mitzumachen.
Die Mitläufer wollen aber tatsächlich niemandem etwas tun. Daher können sie wenn sie mit den sozialen Konsequenzen konfrontiert werden ihr Verhalten ändern.

Meine Vermutung dazu ist, dass eine Verhaltensänderung bei „Cyber-Mobbing“ einfacher ist, weil man sich der Gruppe der Mobber im Zweifel weniger verbunden fühlt. Man hat gegenüber „diesem Youtuber“ eine geringere soziale Bindung als gegenüber seinem Arbeitskollegen/Klassenkameraden.
Auf der anderen Seite ist es vermutlich schwieriger die Konsequenzen seiner Handlungen beobachten zu können. (Zur Textform hat man z.B. keine ausreichende Emotion.

Beim Drachenlord war es nun so, dass jeder die Konsequenzen seiner Handlungen direkt mit ansehen durfte und das macht ein schlechtes Gewissen. Damit wurden quasi alle die aus „Gedankenlosigkeit“ oder anderen Gründen mitgezogen sind zum Denken gezwungen.

Insgesamt alles nur eine Vermutung, aber ich würde mir das so, oder so ähnlich, vorstellen.

Ich halte das für eine logische Erklärung.

Vielleicht erlebt der Mobber seine Tat ohne sich bewusst über die Situation zu sein. Das Verhältnis zwischen Macht und Ohnmacht könnte kompetitiv verstanden werden, also, als so eine Art Sport.

Wie lange kann ich meine Macht halten und wie wirkmächtig bin ich dabei? Wann wird der Ball zurückgespielt und wie gut bin ich in der Abwehr?

Wenn dann Tränen fließen oder Selbstmord eine Rolle spielt, geht der spielerische Aspekt verloren und die Situation wird real. Die drastische Darstellung von Verzweiflung könnte (traurigerweise) das Mindestmaß an Reizen sein, die es braucht, um die eigene Empathie zu aktivieren. Auch das Bewusstsein, verantwortlich für eine gesellschaftlich nicht akzeptierte Konsequenz zu sein, könnte die Angst aktivieren, vom Mächtigen zum Ausgegrenzten zu werden und man wechselt schnell die Seiten. Hypokritisch, an sich.

Was jetzt ausschlaggebend ist, muss vielleicht individuell betrachtet werden. Das Ergebnis ist aber immer gleich. Es muss erst dramatisch werden, bis die Aktiven ein Bewusstsein für Ihre Handlungen gewinnen.

Ich finde, dass wir als Gesellschaft versagt haben.
Denn es ist scheinbar durchaus so, dass sich Mobber an Grenzen halten, die gesellschaftlich gesteckt werden. Also sind die Grenzen noch nicht eng genug.

Vielleicht liegt es daran, dass wir in einer kompetitiven Gesellschaft Leben, in der der Verlierer selbst Schuld an seiner Situation ist. Wir glauben immer noch an die Mär von gleichen Bedingungen für alle. Dabei ist schon seit sehr langer Zeit bekannt, dass man den angelernten Habitus nicht ablegen kann und man auch in der westlichen Gesellschaften ein Kastensystem hat, welches nur besser überdeckt ist.

Der Gegentrend dazu ist der Sieg des Opfertums, wie wir es am stärksten beim Feminismus inszeniert sehen.
Es ist nicht mehr der Stärkste, sondern derjenige, der am glaubhaftesten seine Opferrolle inszenieren kann am Hebel der Macht. Das ist mindestens genauso schrecklich. Denn das Opfertum dient auch nur als Vehikel, um seine Ideen anderen aufzwängen zu können. Außerdem genießt man das Privileg der Verantwortungslosigkeit. Während man den Stärkeren noch in die Verantwortung nehmen kann, bleibt das Opfer immer davon verschont und kann auf eine Fülle von Ausreden zurückgreifen.

Wir haben gesellschaftlich also das Problem, dass wir nie eine Ethik entwickelt haben, sondern seit jeher im Klassenkampf verharren. Es findet lediglich eine Verschiebung der Definitionsmacht normativer Moral statt.

Vielleicht sollte man nicht mehr auf Lobbyisten als Berater zurückgreifen. Egal ob Neoliberale, Feministen, Marxisten, Konservative etc.
Sonst hat man immer wieder den Wettstreit jener, die sich im aktuellen Trend als die Besten des Systems beweisen wollen und das passiert hier.

Die Besten grenzen sich immer über die Demütigung des Schlechtesten ab. Egal in welcher Gesellschaftstheorie. Wir müssen Marx überwinden. Es gibt keinen Transhumanismus.

[QUOTE=DeeperSight;419690]Ich finde, dass wir als Gesellschaft versagt haben.
Denn es ist scheinbar durchaus so, dass sich Mobber an Grenzen halten, die gesellschaftlich gesteckt werden. Also sind die Grenzen noch nicht eng genug.[/QUOTE]
Gebe ich dir recht. Ich bin am Gymnasium selbst gemobbt worden, und das wurde von den Lehrern stillschweigend akzeptiert. Auch wenn ich in der Hörweite von Lehrern offen beleidigt wurde, hatte das keine Konsequenzen für die Mobber. Ich schätze, das liegt daran, dass ich nicht (allzu heftig) verprügelt wurde, sondern dass die Aktionen aus hinterfotzigem Gerede, Beleidigungen und offenem Ausgrenzen bestanden, und das haben die Lehrer wirklich komplett ignoriert, selbst wenn es mitten in der Klasse passierte (beispielsweise sagte ein Schüler bei einem Referat, als er irgendeinen Gegenstand zur Anschauung durchgab, dass ihn alle mal betrachten dürfen, aber dass man ihn mir bitte nicht gebe :roll: ). Tatsächlich war es eher so, dass ich zu den Lehrern berufen wurde und mich erklären musste, warum ich mich denn nicht ordentlich integrieren konnte. Anscheinend lag es aber nicht an mir, denn nach einem Schulwechsel habe ich mich mit der neuen Klasse prächtig verstanden. Ich war wohl auch Teil des ersten Generation, die mit Cybermobbing aufwuchs, denn meine schlimmste Zeit am Gymnasium war so um 2008, als SchuelerVZ diesen Boom hatte. Da wurden eigene Hassgruppen gegründet, in denen sich ausgetauscht wurde, wie scheiße und erbärmlich ich bin usw. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass ich da keinerlei Hilfe in irgendeiner Form von meinen Lehrern erhalten habe, die erstens vollkommen inkompetent mit dem Netz waren und mir zweitens sagten, dass das außerhalb der Schule geschieht und ich das folglich auch außerhalb der Schule klären muss (danke für gar nix, wie Nils sagen würde). Dass auch schuelerVZ meine Mitschüler nach Meldungen nicht sanktionierte, dürfte ebenfalls klar sein, die Gruppe wurde zwar gelöscht, aber ich bekam munter weiter Hassnachrichten.

Vielleicht liegt es daran, dass wir in einer kompetitiven Gesellschaft Leben, in der der Verlierer selbst Schuld an seiner Situation ist.

Definitiv, siehe meine Erläuterung. Beim Drachenlord sieht man das ja auch, wobei der sicher nicht nur Opfer ist und ja auch selbst gerne beleidigt und pöbelt, was aber natürlich keine Rechtfertigung darstellt, in sein Haus einzubrechen oder seine Schwester zu stalken. Trotzdem wird seine provokative Art gerne als Rechtfertigung von Mobbern und seltsamerweise auch von Leuten, die sich an der Sache überhaupt nicht beteiligen, verwendet. Der User DogMeat aus diesem Forum schrieb zum Beispiel im dazugehörigen Thread, dass der Drachenlord ja die Öffentlichkeit sucht und sich deswegen wegen solchen Aktionen nicht beschweren sollte. Ich bin kein Freund einer Auge-um-Auge-Mentalität, aber eine Auge-um-deine-ganze-Familie-muss-leiden-Mentalität kann ich noch weniger nachvollziehen. Noch komischer finde ich aber, wenn als Rechtfertigung einfach nur herangezogen wird, dass der Lord einen lustigen Dialekt hat und englische Wörter nicht richtig aussprechen kann und deshalb ja gar nicht an die Öffentlichkeit treten braucht, weil eh klar ist, dass er gemobbt werden wird. Die Gesellschaft bestimmt, wer sich öffentlich inszenieren darf, und das sind die Schönen, die Jungen, die Makellosen, die ohne Sprachfehler, sprich die Bibis und die Dagis und die iBlalis und die Slimanis. (Diese Nasen behaupten zwar auch ständig, dass sie gemobbt worden wurden und deshalb überhaupt erst mit YouTube angefangen haben, was ich aber für eine reine Marketingmasche halte). Die Behinderten, Alten, Hässlichen und Fetten sollen gefälligst vom Internet wegbleiben, es ist ja schon schlimm genug, wenn man ihren Anblick auf der Straße ertragen muss, aber sie sich auf YouTube in Full-HD ansehen? Ne, wirklich nicht. Dann doch lieber gleich unter dem Pseudonym „xxxCoD360R1mSh0t“ drunter schreiben, dass derjenige Selbstmord begehen soll. Wo kommen wir denn hin, wenn das Untermenschentum sich in unseren digitalen Raum ausdehnt?

Der Gegentrend dazu ist der Sieg des Opfertums, wie wir es am stärksten beim Feminismus inszeniert sehen.
Es ist nicht mehr der Stärkste, sondern derjenige, der am glaubhaftesten seine Opferrolle inszenieren kann am Hebel der Macht. Das ist mindestens genauso schrecklich. Denn das Opfertum dient auch nur als Vehikel, um seine Ideen anderen aufzwängen zu können.

Du wirst wohl jetzt sicher nicht Anita Sarkeesian meinen :ugly

Ich bin am Gymnasium selbst gemobbt worden, und das wurde von den Lehrern stillschweigend akzeptiert.

Das ist eine Beobachtung, die ich immer wieder gemacht habe. Auch, dass Lehrer episch scheitern, weil sie den Gemobbten auch noch ausgrenzen. Erbärmlich!

. Ich schätze, das liegt daran, dass ich nicht (allzu heftig) verprügelt wurde

Oftmals liegt es auch an der fehlenden fachlichen Kompetenz.
Manche mögen sich einfach nicht bewusst darüber sein, was da psychologisch abläuft.

Viele Lehrer stammen noch aus einer Zeit, in der die Pädagogik ganz andere Leitfragen hatte als heute.
Heute begeht man auch grobe Fehler, aber es hat sich vieles gebessert.

Anscheinend lag es aber nicht an mir, denn nach einem Schulwechsel habe ich mich mit der neuen Klasse prächtig verstanden.

Nicht nur wahrscheinlich, sondern ganz bestimmt.

Beim Drachenlord sieht man das ja auch, wobei der sicher nicht nur Opfer ist und ja auch selbst gerne beleidigt und pöbelt, was aber natürlich keine Rechtfertigung darstellt, in sein Haus einzubrechen oder seine Schwester zu stalken.

Der Drachenlord ist eine krude Person. Natürlich zieht er auch Spott an. In einem gewissen Rahmen ist das auch gar nicht wirklich schlimm. Dass er sich gegen den Spott wehrt ist ebenfalls normal. Die Art wie er es macht spiegelt nur seine Persönlichkeit wider.

Man braucht in der Öffentlichkeit eben ein dickes Fell und wenn man das nicht hat, sollte man dort auch nicht stattfinden.
Auch die „Jungen“ und „Schönen“ erleben jeden Tag Spott und Häme.

Allerdings gibt es Grenzen. Wenn ich sage, dass ich dich scheiße finde, dann ist das kein Mobbing.
Wenn ich dir hinterherlaufe und dir das mehrmals sage, dann muss ich mich fragen, welche Probleme eigentlich in mir sind, dass ich das brauche, um mich gut zu fühlen.

Die Behinderten, Alten, Hässlichen und Fetten sollen gefälligst vom Internet wegbleiben, es ist ja schon schlimm genug, wenn man ihren Anblick auf der Straße ertragen muss, aber sie sich auf YouTube in Full-HD ansehen?

Das beschreibt ganz gut, was eigentlich in der Gesellschaft schief läuft.
Man darf nicht vergessen, wer früher in den Medien stattfand.
Die Leute waren entweder talentiert oder hübsch.

Die Fülle an Nobodys, die jetzt die Medien heimsuchen, hätte es vor 15 Jahren niemals in die Medien geschafft. Höchstens, um sich in Talkshows zum Depp zu machen. Viele Eltern standen diesen Leuten ablehnend gegenüber, da ein Fernsehauftritt als Ehre empfunden wurde. Nur die Besten sollten sich dort präsentieren dürfen. Mit dem Bild sind wir aufgewachsen.

Jetzt geht man auf YouTube und sieht eine ähnliche Selektion. Sie ist nicht mehr ganz so hart, aber sie ist noch vorhanden.
Wenn man von Dagi auf Rainer switcht, dann erlebt man schon einen Kulturschock. Mit dem alten Bewusstsein über Medienpräsenzen entlädt sich das dann natürlich in Spott. Wer bist du fetter, hässlicher Brocken schon, dass du dir einbildest, etwas Besonderes zu sein?

Da spielt Neid eine zentrale Rolle. Wenn meine Mutter sagte, dass sie nicht verstehen könne, wie Person X oder Y im Fernsehen auftreten kann, bei der Nase und allem, was die Person nicht kann, dann spiegelt das nur die Erwartung wider, jemanden sehen zu wollen, der die eigene Person in vielen Bereichen übertrifft. Besseres Aussehen, mehr Talent, intelligenter etc.
Wenn man aber jemanden sieht, mit dem man mindestens auf Augenhöhe steht, dann fragt man sich schon, was in drei Gottesnamen diese Person dort zu suchen hat?!

Neid, Missgunst und fehlende Toleranz. Wir haben immer noch nicht verstanden, dass das Internet für alle ist und nicht nur für jene, die wir als „würdig“ definieren.

Du wirst wohl jetzt sicher nicht Anita Sarkeesian meinen :ugly

Hahaha… gutes Beispiel.
Nein, ich meine den gesamten „Twitter-Feminismus“.
Auch andere Gruppierungen wie „Black lives matter“ oder den „Maskulinismus“, der von allen noch am widerlichsten ist.
Fefe ist zwar nicht bei allen beliebt, aber Folgendes kann man sich durchaus mal durchlesen und darüber nachdenken.