Ich bin zwiegespalten. Das heißt, „gespalten“ ist das falsche Wort, ich muss mich da ja nicht entscheiden. Beide Seiten bedienen sich völlig legitimer Meinungsäußerung. Die angesprochenen „moralischen Maßstäbe“ und Rückschlüsse auf eben diese verbieten sich für mich für eine Bewertung. Ich kann bei beiden vieles nachvollziehen (was nicht „Zustimmung“ bedeuten muss, aber kann), anderes finde ich schwach argumentiert, einiges kann man als Außenstehende*r aber auch gar nicht nachprüfen und beurteilen, wenn es um Interna geht (je höher die Wogen, desto weniger kann ich allerdings zunehmend verstehen, warum man da nicht mal mit Details rausrückt … ebenfalls auf beiden Seiten). Den Begriff „Rufmord“ halte ich für maßlos überzogen und auch falsch. Schade, dass Jurist Olli das nicht deutlicher einordnet (einen Standpunkt die Formulierung „Bühne bieten“ betreffend würde ich vor diesem Hintergrund z.B. von einer juristisch kompetenten Person gerne näher erläutert wissen. Denn selbst wenn man einen „Boykottaufruf“ unterstellt, was ich nicht so interpretiere, wäre selbst das denn nicht auch rechtlich als „Meinungsäußerung“ zu werten?). Ich kann auch nicht nachvollziehen, warum man sich offenbar immer an dem dümmsten Community-Mitglied orientieren muss in Form und Inhalt dessen, was man äußert, Stichwort „Tantiemen“ und wie dies teilweise missinterpretiert wurde. Auf der anderen Seite ist die Einordnung des „Stoll-Interviews“ für mich ebenso eine legitime Kritikäußerung. Mit dem „Plattform bieten“-Vorwurf habe ich allerdings auch so meine Probleme. Das schließt für mich ein wenig an das „an den Dümmsten orientieren“ an. Jemandem eine Plattform bieten bedeutet für mich immer auch ein „Vorsatz“. Und das würde ich Holger nicht unterstellen. Wenn er aber ein missglücktes Interview führt und ein umstrittener Gast eine Propaganda-Show abzieht – dann mag das wie eine Bühne wirken, es greift für mich allerdings: Ich bin klug genug, das selbst einzuordnen und das Gehörte kritisch zu hinterfragen, ich benötige da dann auch keine „Betreuung“. So etwas würde Holger und MG im Extremfall schaden … oder schlicht zu Konsequenzen bei einigen Abonnent*innen führen. Dann ist das halt so. Das kann man kritisieren, das kann man verurteilen, man kann für sich Konsequenzen ziehen. Ich bin Abonnent und würde es wahrscheinlich auch bei einem Jebsen-Fail bleiben. Denn Holger wäre dann maximal für mich eine tragische Figur, nicht ein „Mittäter“, ich würde wohl als Zuschauer nicht in einen Gewissenskonflikt geraten. Ich sehe keine Gefahr. Die Tragweite von MG-Content ist mir dafür viel zu gering.
Ich sah als Zuschauer übrigens auch Hoaxilla-TV kritisch. Ein Tiefpunkt stellte für mich die Folge über Wolfskinder, Folge 88, dar.
Die Folge über Walldorfschulen habe ich nicht gesehen, die Kritik von Holger kann ich aber nachvollziehen. Ich kann auch dem Grundprinzip, sich konträren, auch und gerade umstrittenen Meinungen zu stellen, sehr viel abgewinnen und das kann einen Mehrwert darstellen, wenn man damit journalistisch versiert umgeht. Auf der anderen Seite verstehe ich die Haltung der Hoaxillas – das muss man dann halt als Zuschauer*in (auch als Programmchef Holger) für sich entscheiden, in wie weit man mitgeht.
Ich sehe Holger journalistisch und handwerklich auch sehr kritisch. „Veto“ ist für mich ein Wechselbad, wobei die Höhepunkte für mich rar sind, dieses Fazit muss ich leider ziehen. Die Idee, zwei konträre Meinungen zu moderieren wie in der Folge um das Z-Wort finde ich z.B. gut. Ich hatte damals auch den Einstieg mit Pirinçci positiv gesehen. „Veto“ ist aber auch nicht immer von gleicher Qualität. „Qualität“ zu liefern ist manchmal recht einfach. Man kann nicht ein Interview mit einem unverfänglichen Gast und einem Thema wie dem Grundeinkommen dann als Maßstab nehmen und sagen „seht her: ich habe es drauf – und das ist die Referenz für alle Themen und Gäste!“. Anders ausgedrückt: Es gibt einfach zu handhabende Themen und Gäste, es gibt aber auch Gäste, wo es eine ganz andere Fallhöhe gibt. Ein Tiefpunkt war für mich z.B. das Interview mit Dr. Koehnlein. Das hat für mich auch die Marke „Veto“ beschädigt und ich verstehe alle, die mit Sorge auf das Jebsen-Interview blicken. Trotzdem bin ich kein Freund von voreiligen Schlüssen und warte natürlich erst einmal ab, wie das Interview wird und ob Holger dem Ken die Barbie macht – oder eben nicht. Mir ist aber auch klar, dass Befürchtungen gerechtfertigt sind, denn Holger hat sich ja schon relativierend zu den Antisemitismus-Vorwürfen geäußert und es scheint, als begreife er das Lob der Jebsen-Mitarbeiterin als Auszeichnung. Dennoch: Ich warte gespannt ab. Ich bin mir trotzdem sicher: Mein Abo wird davon nicht abhängen, ich werde sicher nicht in einen Gewissenskonflikt geraten. Dazu bin ich zu sehr Hure – und will mir auch nicht die Möglichkeiten verwehren, mich hier als kritischer Zuschauer zu äußern, das ist es mir Wert. Ach ja … und … den Sprechplaneten gibt es ja auch noch.