Hast du Stress? Kein Problem dagegen gibt's Medikamente!

Heute gab es eine, wie ich finde, ziemlich erschreckende Werbung auf Pro 7 zwischen SAM und We Are Family. Es handelte sich dabei um eine Dauerwerbesendung, die schlechter aufgemacht war als die meisten Amateurfilme (kein Spaß). Es wurde eine Mutter gezeigt, die sich zu viel um den Haushalt kümmerte und vom vielen Stress Kopfschmerzen gekriegt hat. Natürlich hat man ihr keinen Urlaub spendiert, sondern gezeigt wie es ihr sofort besser ging, nachdem sie sich so ein bescheuertes Schmerzpulver eingekippt hat. Gerade psychische Probleme sollte man doch nicht mit Medikamenten aus der Welt räumen!? Das ist ja fast als würde meine Haustür knarren und ich würde sie rausreißen, um das zu ändern. Das Problem wäre damit zwar behoben aber es würde andere mit sich bringen…

Die Botschaft hinter dieser komischen Werbung ist also äußerst fragwürdig. Ebenfalls wurde ein kompletter Werbeblock (wie angesprochen der zwischen SAM und We Are Family) aufgekauft um diesen Müll ausstrahlen zu können. Sehr teuer war es also auch noch das zu zeigen, was mich vom Kauf des Produktes (das ich ohnehin nicht brauche) also umso mehr abbringen würde, da es folglich völlig überteuert sein muss um die Werbekosten zu decken.

Insgesamt also eine absolut bescheuerte Aktion dieser Firma, die nichts bringt außer eine moralisch verwerfliche Botschaft zu übermitteln…

Das erinnert mich ein wenig an „Mother’s little helpers“, falls das noch jemand kennen sollte.

Aber „Doping“ außerhalb der Sportwelt ist ein mittlerweile albekanntes Thema. Egal ob die gestresste Hausfrau, der Manager, Lehrer oder Student. Solche Mittelchen werden gerne eingenommen, um die eigene Leistungsbereitschaft zu erhöhen. Besonders beliebt sind psychostimulierende Medikamente, Antidepressiva und Beruhigungsmittel.

Wir hatten in der StaWi-Fakultät einen recht aktuellen Fall, als sich ein Studi monatelang Modafinil eingeworfen hat, bis in der Hausarzt endlich einmal kassiert hatte, weil er wohl doch schon unter ernsthaften Leberbeschwerden litt.

Absolut richtig, aber wenn du in der Kasse bist und einen Seelenklempner brauchst, kannst du durchaus ein ganzes Quartal warten - meist sogar länger. Viele haben auch Hemmungen, den Hausarzt überhaupt nach einem Überweisungsschein zu fragen, weil dann nicht selten tumbe Reaktionen zu erwarten sind. Die Ursachenbekämpfung gestaltet sich häufig schwieriger, als das Abtöten der Symptome.

Aber was will man von einer gehetzten „Kaufe! Arbeite! Kaufe!“-Gesellschaft erwarten, um es salopp auszudrücken… Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit, bis so etwas auch im Fernsehen hoffähig wird.

Aber was will man von einer gehetzten „Kaufe! Arbeite! Kaufe!“-Gesellschaft erwarten, um es salopp auszudrücken… Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit, bis so etwas auch im Fernsehen hoffähig wird.

Das gab es aber schon deutlich früher.

Hier ein echter Klassiker:

[video]http://de.youtube.com/watch?v=hRFHV4O71SE[/video]

Frauengold!!!

Wenn meine Chefin und ich wieder mal eine Bande von Affen zwei Stunden lang bändigen mussten, die einen Scheiss drauf geben was wir ihnen mitteilen wollen, dann heisst es anschliessend:

Kaffee?
oder
Frauengold?

Leider, leider wird es nich mehr produziert :frowning:

Aber mal Spaß bei Seite… sich einen hinter die Binde kippen und man sieht alles „objektiver“.
Kein Wunder war früher alles besser, wenn man sich schon morgens die Kanne gegeben hat! :slight_smile:

Ich würde „Frauengold“ nicht unbedingt mit Valium oder Modafinil vergleichen. Gehört aus soziologischer Sicht in dieselbe Richtung, aber Valiumabusus ist wesentlich schlimmer.

Übrigens kann man ähnliche Tonika immer noch unter anderem Namen kaufen. Nennt sich dann Doppelherz/Galama. Nur die Aristolochiasäuren sind entschärft worden.

Wenn man will, kann man die Uhr sogar noch weiter zurückdrehen: Branntweinpest – Wikipedia

Neu ist heute lediglich, dass die leistungsfördernden Substanzen immer öfter gesellschaftlich anerkannt und verharmlost werden. Das fängt schon damit an, wenn meine Kollegin Schmerztabletten wie Gummibärchen schluckt.

Neu ist heute lediglich, dass die leistungsfördernden Substanzen immer öfter gesellschaftlich anerkannt und verharmlost werden. Das fängt schon damit an, wenn meine Kollegin Schmerztabletten wie Gummibärchen schluckt.

Genau darauf wollt ich hinaus. Mich regen allgemein die Leute auf die gegen jeden Kleinkram Tabletten nehmen. Als mir die Weisheitszähne gezogen wurden habe ich von 42 verschriebenen Schmerztabletten auch lediglich 3 genommen. Die heutige Gesellschaft stellt sich hingegen selbst bei Kleinigkeiten schon so sehr an, dass man sich die „Drogen“ bei jeder Gelegenheit einschmeißt, statt es einmal mit Willenskraft und Beherrschung zu versuchen :roll:

Wenn es dann also auch noch ne Werbung gibt die genau diesen Tablettenkonsum verharmlost und als gut und richtig darstellt krieg ich echt zuviel…

Das muss nicht einmal mit einem weichen Schmerzempfinden korrelieren. Problematischer sind als diese Kleinigkeiten, die eigentlich auskuriert gehören. Ich rede dabei vor allem von diversen Infekten, die zwar harmlos sind, aber lieber im Bett ausheilen sollten, als mit Medikamenten stillgelegt zu werden. Aus so manchem Popelinfekt ist eine chronische Seuche entwichen. Migränekranke, die dreimal im Monat fehlen sollten, aber stattdessen mit starken Mitteln zur Arbeit erscheinen. Oder auch die Experten, die nicht mit Antibiotika umgehen können… Oder ASS und Paracetamol gleichzeitig einnehmen(!)…

Nicht gerade wenige bekommen vom Chef eins vor’m Latz geknallt, wenn sie deswegen zuhause blieben - obwohl das oftmals besser ist. Die meisten Tablettensüchtigen sind solchen Leistungsforderungen zum Opfer gefallen. Den Menschen zuzustehen, nicht immer 100% geben zu können, wäre schon eine große Hilfe.

Natürlich gibt’s auch die, die immer gleich Tabletten nehmen ohne eine ernsthafte Indikation aufzuweisen. Ist aber eher selten. Häufiger sind eben jene, die Furcht haben, zu fliegen oder etwas nicht mehr zu schaffen.

Des Weiteren lesen viele nicht einmal den Beipackzettel, sonst würden sie bei einigen Nebenwirkungen sich schon fragen, ob da eine Tablette das Risiko wert ist.

Das Problem besteht aber schon seit einigen Jahrzehnten. Valium beispielsweise wurde auch damals mächtig in den USA beworben. Letztendlich ist’s ein Sachverhalt, der mich an die Problematik der Alkoholwerbung erinnert. Wir wissen, dass es schädlich ist, dennoch wecken wir mit dem Gesöff begehrliche Assoziationen.

Different drug, same shit.