Das gegeneinander Ausspielen der Flüchtlinge aus dem mittleren Osten und der Ukraine, das ihr angesprochen habt, finde ich äußerst bemerkenswert.
Die, wie @Moeller schon richtig sagt, verquere Logik, man sei Rassist, wenn man jetzt helfe, es aber 2015 nicht getan habe, zeigt aus meiner Sicht eine perverse Form des reverse racism. Denn wäre die Reihenfolge andersherum gewesen, 2015 Ukraine und jetzt gefühlt (faktischer als das ist es ja nicht) größere Solidarität mit Flüchtlingen aus Syrien/Afghanistan etc., würde vermutlich keine dieser Personen eine ähnliche Kritik äußern.
Es werden dabei zwei Gruppen, die beide hilfsbedürftig sind/waren gegeneinander ausgespielt. Eigentlich etwas, das man sonst von der anderen Seite des Spektrums kennt – Stichwort lieber deutschen Obdachlosen helfen als Flüchtlingen.
Wenn die Solidarität ggü. Ukrainern tatsächlich größer sein sollte, der Beweis steht noch aus, dann würde sich mir das allerdings durch die selbstverständlich größere kulturelle Übereinstimmung durchaus erklären. Die Ukraine ist ein Land auf dem Weg zu einem demokratischen Staatswesen, die Bevölkerung orientiert sich kulturell seit einigen Jahren am Westen, man ist EU-Kandidat und teilt unsere Werte. Natürlich ist man beim Unglück im Nachbarort emotionaler involviert, als wenn das gleiche in einem vollkommen anderen Kulturkreis, viele tausende Kilometer entfernt geschieht. Das ist allerdings emotional sinnvoll und eine natürliche menschliche Eigenschaft. Daraus einen Rassismusvorwurf zu stricken, als ob man sich bewusst dafür entscheiden würde, was einen emotional betrifft, ist Unsinn. Zumal jedem halbwegs emphatischen Menschen, die Bilder aus Aleppo genauso das Leid der Menschen vermitteln und die Notwendigkeit zum Handeln klar machen sollten wie jene aus Kyiv. Dass die AfD in beiden Krisen unterschiedliches Verhalten zeigt, ist erkennbar und der Grund eindeutig. Das aber als Abbild der Gesellschaft zu interpretieren, überführt den Kritiker selbst, der Demagogie der AfD zum Opfer gefallen zu sein.
Und wenn ich dann sowas sehe, wie in dem Beitrag unten, frage ich mich, ob die die empfangenden Menschen am Bahnhof und die Zeltstädte vergessen haben, die wir in ganz Europa errichtet haben. Es so hinzustellen, als sei damals (und bis heute) in dieser Hinsicht gar nicht geholfen worden, ist schon ein Zeugnis von selektiver Wahrnehmung.
https://www.tiktok.com/@dieeinediezuoftblinzelt/video/7073142516672892166