Folge 74: Pazifismus & Ukraine-Krieg

Veto Folge 74. Hier kann darüber diskutiert werden!

Dass Deutschland nun schwere Waffen in die Ukraine liefert, wird von vielen als längst überfällig begrüßt. Aber es gibt auch andere Stimmen, wie etwa die des Friedensaktivisten Thomas Carl Schwoerer, der sagt: Frieden schaffen mit noch mehr Waffen kann nicht funktionieren. Andererseits: Soll man die Ukraine ihrem Schicksal überlassen? Der Pazifismus gerät an seine Grenzen.

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Sehr gute und wichtige Veto-Folge! Danke an Holger und an den Gast Thomas Carl Schwoerer.

Eine Frage die ich mir im Zusammenhang mit den Waffenlieferungen immer wieder stelle ist, was genau meint man, wenn man sagt: „Wir müssen Waffen an die Ukraine liefern, da sie das Recht auf Selbstverteidigung haben?“ Selbst Gregor Gysi hat sich überraschenderweise in dieser Richtung geäußert und Holger hat die Aussage im Interview ja ebenfalls wiederholt.

Was genau hat „Selbstverteidigung“ mit „Waffenlieferungen aus dem Ausland“ zu tun? Wieso werden diese beiden Begriffe immer zusammengebracht? Das ergibt für mich wenig Sinn. „Recht auf Selbstverteidigung“ verstehe ich so, dass die EU, die NATO, etc. die Urkaine nicht daran hindert, militärische Aktionen und Angriffe gegen den Agressor zu starten. Das ist „Selbstverteidigung“ wie ich es verstehe. Welche Waffen dabei zum Einsatz kommen, ist dabei eine ganz andere Frage. Wenn die Ukraine militärisch nicht ausreichend gerüstet ist, ist das, wenn es hart auf hart kommt, ja im schlimmsten Fall ihr eigenes Problem.
Was Waffenlieferungen von Ländern damit zu tun haben, mit denen die Ukraine ja offiziell nicht mal direkt verbündet ist, will mir nicht einleuchten. Klar kann Deutschland Waffen liefern, wenn sie der Meinung sind, dass sie die Ukraine militärisch unterstützen wollen. Aber was das mit dem „Recht auf Selbstverteidigung“ zu tun haben soll…?

Für mich klingt das, als wenn mir jemand ins Gesicht schlagen würde und weil ich das „Recht auf Selbstverteidung“ habe, muss mir nun mein Nachbar mind. einen Baseballschläger und eine Pistole in die Hand drücken, damit ich mich „wehren“ kann und mein Recht auf Selbstverteidiung ausüben kann. Das klingt für mich reichlich absurd…

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Ist ein bisschen komplizierter. Natürlich muss niemand Waffen liefern, und Gysi hat sich gegen deutsche Waffenlieferungen ausgesprochen, mit Begründung der deutschen Geschichte. Er hat allerdings einem allgemeinen Aufruf von Wagenknecht und anderen widersprochen, dass kein Land Waffen in die Ukraine liefern sollte, weil das faktisch das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine beschneiden würde. Das käme ja quasi einem Embargo gleich (meine Worte, nicht Gysis).

Hier kann man den Brief nachlesen:
https://twitter.com/lehmann_timo/status/1498373411936116737

Warum? Es wäre natürlich aus Sicht der Ukraine ein ziemlich mieser Zug, wenn kollektiv alle Ländern entscheiden würden, dass sie der Ukraine (welche ja immerhin die angegriffene Partei und nicht der Agressor ist) keinerlei Waffen liefern. Aber wenn alle Länder das so entscheiden würden und sagen „Nein, wir wollen uns nicht an diesem Konflikt beteiligen.“, wieso beschneidet es „faktisch“ das Selbstverteidigungsrecht?

Die Ukraine kann sich ja weiterhin mit ihren eigenen Waffen und Soldaten verteidigen. Die Ukraine ist ja zudem selbst ein nicht ganz unwichtiger Waffenproduzent und -Liferant. Wenn kein Land Waffen liefert, kann sich die Ukraine weiterhin selbst verteidigen. Dieses Recht spricht man ihnen doch gar nicht ab, wenn man keine Waffen liefert?

Müsste man dann nicht auch Soldaten „liefern“, weil genug Soldaten hat die Ukraine wahrscheinlich auch nicht?

Gysi hat ja nicht einzelne Länder kritisiert. Er hat nicht Israel dafür kritisiert, dass sie keine Waffen in die Ukraine liefern sondern nur Feldlazarette. Das ist eine respektable Entscheidung, die jedes Land für sich treffen kann. Er hat aber seine Parteifreunde für den Aufruf, in die Ukraine keine Waffen zu liefern, kritisiert, denn wenn dieser Aufruf Erfolg hätte, hätte er eben zur Folge, dass die Ukraine sich nur noch schwer wehren könnte.

Es wird immer diskutiert über Waffenlieferungen und Sanktionen, aber ein Punkt findet meiner Meinung nach zu wenig Beachtung. Das russische Volk muss aufgeklärt werden über diesen Krieg. Gibt es hierfür nicht Mittel und Wege? Wenn das nicht geschieht, so können Sanktionen vom bösen Westen evtl. zu einer Stärkung von Putin durch das uninformierte Volk führen.

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Warum wird immer davon geredet, man hätte 2008 die Ukraine in die NATO holen sollen?
Prof. Michael Wolffsohn hatte in einer VETO-Sendung auch darüber geredet.
Wie hätte dies denn geschehen sollen?
Der damalige Grund, dass die Ukraine nicht NATO-Mitglied wurde, war der Umstand, dass Russland Militärbasen (Schwarzmeerflotte) auf der Krim stationiert hat, und die Krim gehörte damals noch zur Ukraine.
Dann wäre die Ukraine ein NATO-Mitglied gewesen, dass große Truppenkontingente einer anderen großen Militärmacht auf dem eigenen Territorium gehabt hätte – ein Widerspruch in sich. Das hätten die Russen aber auch die Amis nicht mitgemacht.
Es sei denn, man hätte die Krim wieder an Russland angegliedert. Das hätte die ukrainische Politik niemals mitgemacht.
Denn eine Voraussetzung, die NATO nach Osten erweitern zu können, war ja gerade der Umstand, dass sich die russischen Streitkräfte aus den Staaten Mittel- und Osteuropas (Ostblock) zurückgezogen hatten.

Damit wäre nach der Annexion der Krim der Beitritt der Ukraine ja möglich gewesen.

Die Amis, in Form von George W. Bush, haben das damals massiv vorangetrieben: Bushs Georgien-Ukraine-Fiasko: Nato-Notrettung für den Gipfelverlierer - DER SPIEGEL

Dieser dogmatische und irrationale Pazifismus. Auf Gewalt immer zu verzichten ist utopisch.

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An alle, die jetzt Waffenlieferungen fordern: Bitte kämpft doch mal persönlich mit, oder müssen andere für euch die schmutzige Arbeit übernehmen?

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@Tilman.
Stimmt.
Langsam frage ich mich, ob die Amis die Welt ausserhalb Nordamerikas überhaupt beurteilen können.

Also alles in allem kommt mir das als ziemliches Geschwurbel rüber was der Typ da faselt. Sicher, ziviler Ungehorsam wie Bahnverbindungen zerstören und so weiter gehört auch dazu aber das ist doch aus Sicht der Ukrainer nicht die Lösung gegen so einen großen Gegner wie Russland.

Ich habe diese Diskussion über die Waffenlieferungen von Anfang an nicht verstanden. Hier wird ein freier, souveräner, weitestgehend demokratischer Staat von einem anderen Staat grundlos angegriffen. Warum sollte man diesem Land nicht helfen sich gegen einen Aggressor zu verteidigen?

Das ist doch Blech was der redet wenn er sagt dass Waffenlieferungen aus dem Westen den Krieg in die Länge ziehen. Ja was soll die Ukraine denn machen, soll sie sich kampflos ergeben?

Außerdem kann man den Krieg in der Ukrainer doch nicht mit Afghanistan oder dem Irak vergleichen. Afghanistan war ein Stellvertreterkrieg und der Irak war ein Angriffskrieg von den USA aus. Wobei ich mir bei Letzterem eine härtere Vorgehensweise der anderen NATO Staaten gegen die USA insbesondere mit Sanktionen gewünscht hätte, so wie es jetzt in Russland gemacht wird.

Der Punkt mit dem zivilen Ungehorsam oder soziale Verteidigung: das ist doch Unfug. Natürlich machen das die Ukrainer auch jetzt dass sie dem Aggressor im Land, also Russland, nicht helfen weiter voran zu kommen aber was ist denn das Ergebnis davon? Sie werden vergewaltigt und erschossen.

Auch dieses Argument dass er brachte dass immer zuerst die NATO aufgerüstet hat und Russland dann nachgezogen hat. Was ist das für ein Quatsch Argument? Es geht doch nicht darum wer wie viele Steine hat sondern darum wer den ersten Stein wirft.

So langsam beschleicht mich das Gefühl, dass die friedlichste aller Welten die wäre in der es keine blockfreien Staaten gibt und alle Länder bis an die Zähne mit Atomraketen bewaffnet sind…

Also ich hab nicht verstanden was der Mensch mir mitteilen wollte, entweder weil er nur Unsinn geredet hat oder weil er es mir nicht so erklären konnte dass auch ich es verstehe…

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Die friedlichste Welt wäre wohl, wenn die Menschheit sich selbst durch Atombomben ausrotten würde. Die Welt/Natur kann sich danach wieder verheilen, auch wenn es ein paar 1000 Jahre dauert. Vielleicht ist Krieg ja auch von der Natur gewollt. Aber das ist nur meine rohe Theorie…
Aber definitiv ist Krieg menschlich. Wenn er unmenschlich sein sollte, dürfte es ihn eigentlich gar nicht geben, weltweit.

Das ist der Geist unserer Zeit: „Was nicht meiner Meinung entspricht, ist Geschwurbel.“ :roll_eyes: Ich glaube kaum, dass du einen vergleichbar fundierten Hintergrund hast, wie der Gast.

Weil aus irgendeinem Grund mal die Regel galt: „Keine Waffen in Krisengebiete“. Ich frage mich, warum es diese Regel wohl gibt/gab…?

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Die Frage kann ich dir beantworten: Weil das immer weit weg war und wir uns ganz bequem aus der Verantwortung stehlen konnten. Jetzt findet der Krieg mitten in Europa statt und bedroht letztendlich auch unsere freien und demokratischen Werte.

Was ich an dem Thema so bemerkenswert finde ist wie es die Hufeisentheorie bestaetigt.

Das linke Lager ist gegen Waffenlieferungen:

Und das rechte Lager ist genauso gegen Waffenlieferunge:

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Ja, aber was ist der Sinn dieser Regel? Ich verstehe sie nicht.

Ich glaube damit drehst du direkt mal Ursache und Wirkung um. Es geht mMn nicht ums „aus der Verantwortung stehlen“. Es ist jetzt eher so, dass man wiedermal den Werten, denen man sich ja angeblich so verpflichtet fühlt, nämlich Frieden und Menschlichkeit, den Rücken kehrt, weil gerade die Mainstream-Öffentlichkeit mit den Säbeln rasselt und unbedingt eine Eskalation in der Ukraine fordert…

Sinn der Regel ist doch mMn klar: Wenn man Waffen in Krisengebiete liefert, sorgt man für mehr Eskalation, mehr Tote und mehr Leid. Darum verpflichtet man sich mit dieser Regel dazu, nicht an dem Leid der Menschen in den jeweiligen Gebieten mitzuverdienen oder mitverantwortlich für Tod und Zerstörung zu sein.

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Frei nach dem Motto: Stell Dir vor es ist Krieg und die Waffen gehen aus.
Das Problem daran: Man müsste die Möglichkeit haben allen Kriegsparteien den Waffenhahn zu zudrehen. Nur ist das m. E. illusorisch.