Schade, der „DHL-Fahrer“ (3. Anrufer) hat ein paar Sachen zu oberflächlich/unzureichend erläutert.
Erstmal: Er hat nicht direkt für „DHL“ gearbeitet, sondern für Deutsche Post DHL. Das ist ein Riesenunterschied, je nach Standort in den Abläufen der Arbeit, den Bezugsquellen für Pakete/Briefe, in der Vergütung usw.
Es gibt auch Standorte für:
- nur Pakete (Paketbasis) mit und ohne Vorsortierung; die gehören oft gänzlich zu DHL, die haben sogar DHL-Klamotten und können auch direkt von Paketzentren abfahren, wo es sich anbietet.
- nur Briefe (Übergabepunkte), deren Briefe von anderen in z.B. Briefzentren vorsortiert werden (Halbtags-Bezirke); mit Fahrrad/Trike/Schiebwagen/Auto
- Verbundzustellung (Stützpunkte), die häufigste Form, wo es möglich ist (Flächenländer, kleinere Orte usw)
Je nach Ortschaften ist es praktischer, Brief/Paket zu trennen.
Die Arbeitsstunden:
Hier bei uns gibt es, und ich glaube auch an anderen Standorten, eine komplizierte Unterscheidung verschiedener Überstunden und wann man welche machen darf. Darauf geh ich mal jetzt nicht ein, denn da gibt es unterschiedliche Absprachen mit den jeweiligen Betriebsrtäten. Wir bedienen hier die Bereiche der PLZ 17+18+19 und sind damit meines Wissens das größte Gebiet.
Bei uns ist es so, dass man z.B. höchstens die Hälfte der Wochenarbeitszeit an Überstunden haben. Dann müssen die Überstunden als Freizeit oder Geld genommen werden. Man wird nicht gleich verwarnt oder fliegt, das ist Unsinn! Es ist eher so, dass eine hohe Minusstunden-Zahl für einen Standort bedeutet, dass es ein Signal an die Leitung ist, dass die Leute mit den zur Verfügung stehenden Mitarbeitern und der Zeit so gut klar kommen, dass ein Bezirk gestrichen werden kann - mehr Arbeit für alle, denn irgendwer muss das ja fahren! Schnell zu sein hat also auch Nachteile. So weit denken die meisten nur leider nicht.
Arbeitszeitmodelle:
Es gab früher sog. Jobsharing-Verträge - zwei Leute bedienten einen Bezirk. Eine Woche der eine, eine Woche der andere. Das habe ich hauptsächlich gemacht. Durch meine Lohnsteuerklasse will ich auch nicht mehr machen… hab jetzt zwei Jahre 31h gehabt (4-Tage-Woche) und nicht so viel mehr Geld. Ich wechsele also wieder. Die Einkommensunterschiede zu älteren Kollegen sind da auch enorm. Dadurch, dass es ein so großer Konzern ist, sind die da halt nicht sehr flexibel.
Standortleiter haben in der Tat „nur“ einen halben Bezirk, aber die haben auch einen Riesenhaufen an Sonderaufgaben. Beides zusammen ist manchmal kaum zu schaffen.
Das Fehlen von Mitarbeitern (Krankheit usw) hat mehrere Dinge zur Folge:
Ist kein Ersatz da, muss jemand den Bezirk desjenigen stecken (vorsortieren), er muss aufgeteilt werden auf alle, die den irgendwie kennen (oder auch nicht = blind fahren); es ist eine Mehrbelastung für alle Beteiligten, die oft gerade so ihren eigenen Kram morgens schaffen. Sind an dem Tag die Sendungsmengen noch besonders hoch (Feiertage), ist man teilweise 3h nur mit Sortiererei beschäftigt, bevor man überhaupt los fährt. In der letzten Weihnachtszeit artete es aus und wir fuhren an manchen Tagen nur die Pakete (die am längsten dauern), die Post blieb liegen. Keine Zeit mehr!
Die Verbundzustellung ist auch nicht für jeden was. Der Umgang mit Briefen erfordert nochmal einige Überlegungen mehr. Es gibt zig Sendungsarten, die beachtet werden müssen. Neben Einschreiben (5 Arten) gibt es die total beliebten gelben Briefe (Postzustellungsaufträge), Warenpost/Warensendung, diverse Auslandscodes und gesondert zu behandelnde Sachen. Und dann erst kommen noch die Paketsachen hinzu mit den zig Zusatzdienstleistungen (Nachnahme usw) - gleichzeitig also Post/Große Warensendungen/1-3x Werbung/Paket in richtiger Reihenfolge, möglichst schnell abarbeiten. Da sind so manche dran verzweifelt und es entstehen viele Fehler, da vielen Neulingen das alles völlig egal ist, wenn z.B. Einschreiben nicht richtig bearbeitet werden, Post falsch eingeworfen wird usw usf. mich macht sowas wahnsinnig.
Viele glauben sogar, sie kommen hier morgens an und das Auto steht vorsortiert bereit. Sie sind ja Zusteller!
Zu den Verhältnissen vor Ort:
Die Arbeitsumgebungen sind wirklich sehr unterschiedlich deutschlandweit, da lob ich mir die geplanten Neubauten, die sich langsam aber sicher ausbreiten. Einmal war ich auch in einer Tiefgarage, wo wir auf engstem Raum sortieren und beladen mussten. Ein Unding… und das, was der Anrufer erzählte mit dem frei zugänglichen Hof ist schon ätzend.
Fahrzeuge:
Das Elektrofahrzeug-Bashing geht mir auch total aufn Keks. Bei uns gibt es verschiedene Generationen - von den ersten mit kleinem Akku für Nahfahrten bis hin zu welchen mit 150km Reichweite. Nun gibt es verschiedene Gründe, warum ein Akku „nicht reicht“. Der häufigste ist dieser: Der Akku ist schlichtweg defekt! Das ist etwas, was keinem neuen Elektrofahrer beigebracht wird. Wenn man bemerkt, dass der Akku nach wenigen Kilometern von 150km Reichweite auf 100 runterspringt, dann sind Zellen defekt, dann muss man das melden! Nee, lieber wird davon geredet, dass man nicht heizen dürfe und dies und jenes nicht reiche. Der Hauptteil des Akkuverbrauchs liegt beim Fahren selbst - das in-Bewegung-setzen mehrere hundert Kilogramm an Masse. Die Heizung ist ein Furz dagegen.
Die Probleme der Elektroautos liegen im Design:
Es kann reinregnen (Form des Fahrzeugs, Wasser läuft schnell rein), die Scheiben beschlagen rasend schnell (Sekunden) wenn es regnet. Die Ladefläche ist zu hoch und die Türverriegelungen sind aus irgendeinem Grund gern mal defekt. Die vorderen Türen geben einen Warnton beim öffnen, keiner weiß warum - wenn die Heckklappe offen ist, dann gibts aber keinen Hinweis (und man sieht es auch nicht).
Meiner Meinung nach fehlt es also hauptsächlich an Aufklärung. Viele der Probleme mit diesen Autos haben nichts mit dem Antrieb zu tun.
Danke für den Anruf vom „DHL-Fahrer“, der eigentlich ein Verbundzusteller der Deutschen Post war! ^^
Ein reiner Paketzusteller hat nämlich auch andere Gegebenheiten vor Ort und andere Fahrzeuge. Und anderes Geld, so war es zumindest damals - ich hörte von z.B. Erschwerniszuschlägen. War eine zeitlang auch in einer Paketbasis.
Der folgende Bericht ist auch sehr gut zum Thema:
Jetzt hab ich doch was geschrieben, hatte ich gar nicht vor.
Arokh