Als letzte Woche der Lebemann-Wunsch „Gerichtsfilme“ angekündigt wurde, war meine stille Hoffnung, dass mit „Eine Frage der Ehre“ (Originaltitel: A few good men") einer meiner Lieblingsfilme mit dabei sein würde. Vielen Dank, dass diese Hoffnung erfüllt wurde. 
Wie erwähnt, haben viele hochkarätige Darsteller mitgewirkt, allen voran natürlich Jack Nicholson als zynischer Bollerkopf „Cornel Nathan R. Jessup“. dem eine Berufung ins Pentagon bevorsteht. Aber auch Kevin Pollak als liebenswürdiger Assistent, der sich mit seiner untergeordneten Rolle abgefunden hat, macht eine gute Figur, ebenso Kevin Bacon als Vertreter der Anklage, der hin- und her gerissen ist zwischen seiner Dienstpflicht und seiner langjährigen Freundschaft mit Tom Cruise als Vertreter der Gegenseite, den er offenbar noch aus dem Studium kennt. Auch Demi Moore kann ich die Rolle der leidenschaftlich-verbissenen, aber weltfremden Anwältin abkaufen. Als einzige Frau in einer Hauptrolle ist sie natürlich zugleich ein attraktiver Blickfang für das männliche Publikum.
Dann gibt es da noch Kiefer Sutherland als Südstaaten-Fiesling in Uniform und J.T. Walsh als liberalen, aber schwachen Gegenspieler der Nicholson-Figur Zu den Darstellern der beiden Angeklagten, die eigentlich die Hauptfiguren sind, habe ich auf IMDb nichts weiter gefunden. Alles in allem könnte ich mir diesen Film aber in keiner anderen Besetzung denken … inklusive Tom Cruise als zunächst schnodderigen, dann aber zunehmend engagierten Junganwalt aus gutem Hause.
Was mich für diesen Film einnimmt, ist vor allem das stringent erzählte Drehbuch aus der Feder von Aaron Sorkin, der auch das zugrunde liegende Theaterstück verfasst hat. Insbesondere haben mich Sorkins prägnante Dialoge überzeugt. Das eingangs von Christian zitierte, „SIE KÖNNEN DIE WAHRHEIT DOCH GAR NICHT VERTRAGEN!“ ist da nur die Spitze des Eisbergs.
Weinberg: Weißt du, was Markinson im größten Teil seiner Dienstzeit gemacht hat? Abwehrspionage. Meine Bekannte sagt, ich könnte Markinson sein und du würdest es nicht merken.
Kaffee: Bist du Markinson?
[…]
Ich bin auch nicht Markinson … schon zwei weniger."
Obwohl ich mir den Film oft angeschaut habe, muss ich zugeben, dass ich über Holgers Einwand, das habe ein patriotisches Geschmäckle, nie wirklich nachgedacht habe. Ich würde das mit „Full Metal Jacket“ vergleichen wollen. Da agiert der Ausbilder extrem hart und scheinbar unmenschlich. Aber letztlich dienen seine Methoden dazu, die Rekruten auf die Unmenschlichkeit des Kriegseinsatzes vorzubereiten. Diesem Zweck dient auch in Friedenszeiten der hier angesprochene „Code Red“, auch wenn dieser von höherer und räumlich weit entfernter Stelle nicht gebilligt wird. In „Full Metal Jacket“ fällt Vincent d’Onofrio als „Private Paula“ dem Sadismus des Ausbilders zum Opfer. Aber das spielt in Zeiten des Vietnamkrieges, wo du als Zivilist deinem Einberufungsbefehl folgen musstest oder du warst automatisch fahnenflüchtig. und somit straffällig.
Eine Frage, die offen bleibt und die mich mein Leben lang begleiten wird: Warum hat sich dieser William T. Santiago freiwillig zum Militär gemeldet, obwohl er ganz offensichtlich nicht das Zeug dazu hatte? Hat er sich absichtlich zu den Marines gemeldet. oder hat er sich ursprünglich als Fernmelder beworben?
Denn zu diesem Zeitpunkt war die Wehrpflicht in den USA längst abgeschafft.
Tatsächlich ist es ein Qualitätsmerkmal des Films, dass er er möglichst viele Positionen zu Wort kommen lässt. Diese Risse zeigen sich sogar innerhalb des von Tom Cruise geleiteten Verteidigertrios.
Galloway: Warum magst du die beiden nicht?
*Weinberg: Die haben auf einen Schwächeren eingeprügelt. Und warum? Weil er nicht so schnell laufen konnte! *
*[…] *
Und warum magst du die beiden?
Galloway: Weil sie da an einer Mauer stehen. Und weil sie sagen: Heute passiert euch nichts! Not on my watch!"
Der Knackpunkt ist letztlich, dass da einem hochdekorierten Soldaten Verantwortung übertragen wurde, der sich im Interesse seiner Karriere aus der Affäre ziehen wollte und seine Untergebenen eiskalt in den Knast hätte wandern lassen, obgleich sie nur seine Befehle ausgeführt haben.
In der Realität passiert es zweifellos eher selten, dass solche Vorfälle aufgedeckt werden und der Schuldige bestraft wird.
Umso wichtiger finde ich es aber, dass solche Vorfälle in einem Spielfilm angesprochen werden, auch wenn sie nur in einer fiktiven Handlung daher kommen.