Folge 12: Abtreibung

Ja, da steht das gleiche nochmal: "Der damit begonnene Entwicklungsprozeß ist ein kontinuierlicher Vorgang, der keine scharfen Einschnitte aufweist und eine genaue Abgrenzung der verschiedenen Entwicklungsstufen des menschlichen Lebens nicht zuläßt. "

Klaro, aber man kann durchaus feststellen, wenn und wann der Zellhaufen ein Nervensystem ausgebildet hat. Man kann nur einfach keinen allgemeingültigen, zeitlichen Rahmen dafür festlegen.

Meinetwegen auch dann, wenn es anfängt, sich auszubilden.

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Und damit taugt es für ein Gesetz nicht.

Seit wann setzt ein Gesetz einen einheitlichen chronologischen Ablauf voraus? :smile:
Klar kann das für ein Gesetz taugen.

Das zentrale Nervensystem bzw. die Verbindung zwischen Rückenmark und Gehirn bildet sich meines Wissens nach nach der 26. Schwangerschaftwoche aus. Dies ist auch der Zeitpunkt den man in vielen Ländern wie beispielsweise den USA als Grenze des erlaubten Abbruchs betrachtet.

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Ein Gesetz deckt IMMER allgemein gültige Fälle ab und soll den Worst Case abdecken. Daher kann etwas, das so unterschiedlich stattfindet und sich schlecht definieren lässt, auch keine Grenze sein. Das ist eigentlich ziemlich simpel. Man nimmt halt stattdessen einen Zeitpunkt, der bei allen gleich ist bzw. bei der eine unterschiedliche Entwicklung keine Rolle spielt, da es nicht mitten drin, sondern am Anfang stattfindet. Das ist ziemlich clever, weil alles andere Missbrauch Tür und Tor öffnet.

Würde dort drin stehen “vollständige Ausbildung des ZNS”, würde jeder Abtreibungswillige ja nur einen Arzt aufsuchen müssen, der das anders definiert. Oder halt sagt, vollständig ist es erst nach der Geburt ausgebildet. Diese Grenzen anhand einer biologischen fließenden Entwicklung festzulegen ist einfach Schwachsinn, egal wie pseudo-objektiv und vermeintlich wissenschaftlich das klingt.

Vor allem ist mit der Festlegung anhand der Nidation die Pille danach außen vor.

Wobei allerdings - da stelle ich mich jetzt ein wenig auf Klausens Seite - 26 Wochen weit mehr als Zeit genug sein sollten, um eine Entscheidung zu treffen.

Ja, aber jene Allgemeingültigkeit muß nicht auf Chronologie beruhen.

Nein, nicht unbedingt. Man kann dafür ja auch irgendwelche staatlichen Sachverständigen Amtsärzte einbinden oder was weiss ich.

Du schreibst aber Gesetze nicht dafür, damit es möglichst viele Schlupflöcher gibt, sondern für den Worst Case - du implizierst also erstmal die Bereitschaft, die gewünschte Intention des Gesetzes soll von einem Individdum möglichst konsequenzfrei umgangen werden :wink: . Ergo muss ein Gesetz davon ausgehen, dass es überwunden werden soll, und dann sollte es nicht schon by design löchrig wie ein Schweizer Käse sein.

Und in dem Fall muss das schon so sein, wenn man eine völlig subjektive und vor allem wissenschaftlich nicht klar definierte Grenze anlegt. Du kannst jetzt natürlich wie Libertas behaupten, einzig die Wissenschaft hat Recht und daher kann man da einfach ein Datum dran machen, aber so wird das nicht funktionieren, wie ich bereits ausgeführt habe. In diesem Fall ist es am einfachsten, ab dem Zeitpunkt der Einnistung zu rechnen. Das ist zum einen ein Vorgang, der komplett verstanden ist von der heutigen Medizin und ein Vorgang, an dem man noch nicht viel Interpretationsspielraum hat. Entweder es findet eine Nidation statt oder nicht, wenn keine Nidation stattfindet, beginnt auch keine Schwangerschaft und dann braucht man auch nicht abtreiben bzw. man fällt nicht unter 218 StGB.

Bei allen anderen Dingen kann man ja schon bei drei Medizinern fünf verschiedene Meinungen finden. Es ist für das Strafrecht, woran eine empfindliche Strafe gebunden ist, definitiv nicht erstrebenswert, einen vollkommenen Gummiparagraphen wie den, den du in letzter Konsequenz damit forderst, einzuführen. Aber es wäre halt dann genau das.

Ein weiterer Vorteil ist, dass man von medizinischen Erkenntnissen und neuen wissenschaftlichen Fakten nur dann negativ betroffen wäre, wenn man nachweisen kann, dass es Schwangerschaften ohne Nidation gibt, was zumindest sagen wir mal unwahrscheinlich ist. Bei deiner Idee könnte man später merken, “oh, hoppla, das ZNS bildet sich früher aus als wir dachten, scheiße”. Und es ist nicht unwahrscheinlich, da wir selbst beim geborenen Menschen noch nicht ganz verstanden haben, wie das ZNS und das Gehirn funktionieren.

Weswegen die deutsch Regelung ja auch sehr ausgewogen ist, da sie eine Abtreibung im 2. Trimester unter bestimmten Bedingungen ja auch zulässt (aber eine weniger große Hürde darstellen als es bei Spätabtreibungen der Fall ist)

Das wiederum scheint mir keine allgemeingültige Regel zu sein ^^

Kommt auf die Intention des Gesetzes an: Soll es Schwangerschaftsabbrüche allgemein minimieren/verhindern oder einfach Regeln für ebendiese aufstellen?

Ich rede explizit vom Strafrecht. Ich würde es begrüßen, dass Dinge, die mit einer Freiheitsstrafe bedacht sind, möglichst wenig Interpretationsspielraum schon am Anwendungsgrad des Gesetzes selbst zum Tragen kommen, weil die konkrete Abwägung im Strafrechtsfall schon komplex genug ist. Da braucht man im StGB definitiv nicht noch solche Gummiparagraphen.

Die Frage ist einfach zu beantworten: Ja.

Siehst du und bereits da, bei der Intention, beginnen die Differenzen.
Ich bin nicht der Meinung, daß es ein Gesetz braucht, um Abtreibungen allgemein zu verhindern.
Es muss aber natürlich eines geben, welches eine Definition liefert, bis wann eine Abtreibung keinen Mord darstellt, drastisch formuliert.

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Aber diese Intention basiert auf dem Grundgesetz. Das ist doch der ganze Knackpunkt, weshalb man dort keine andere Intention haben kann, wenn einem das nicht faktisch egal ist. Wie gesagt, der einfachste Punkt Abtreibungen zu legalisieren, wäre erneut in Karlsruhe zu klagen, um die Grundlage für die Abtreibungsgesetzgebung in Deutschland zu untergraben. Das dies bisher nicht passiert ist, lässt mich darauf schließen, dass sich an dieser Grundintention nichts ändern wird und vor allem auch gesellschaftlich nicht mehrheitsfähig ist.

Im Sinne des Staates ist zwar der Konflikt zwischen Naciturus und Mutter zu betrachten, allerdings verpflichtet das Grundgesetz den Staat schon dazu, in erster Prämisse die Entstehung Lebens zu begünstigen, und nicht die Vernichtung menschlichen Lebens zu bürokratisieren. Und das ist jetzt keine Übertreibung von mir, das steht ebenfalls in diesem Urteil - Abtreibungen sind eben keine normaler medizinischer Eingriff, sondern in letzter Konsequenz eine Vernichtung von Leben. Das ist auch nicht schön zu reden oder zu bagatellisieren. Das heißt natürlich NICHT, dass damit Abtreibungen auch wieder komplett illegal sein müssen, weil auch Karlsruhe die Konflikte bekannt sind und deshalb gibt es ja auch diesen Kompromiss. Es geht nicht darum, es jetzt mit dieser Aussage zu „kriminalisieren“;

Es geht aber sehr wohl darum, herzuleiten, welche Grundprämisse eine Gesetzgebung zur Schwangerschaftskonfliktresolution für den Gesetzgeber haben muss. Deshalb ist der Spielraum nach ständiger Sprechung des Bundesverfassungsgericht über die Auslegung unseres Grundgesetzes eben auch nicht größer als die Abtreibung als ultima ratio zu sehen und die Verpflichtung des Staates darin, zwar die entgültige Entscheidung im Rahmen der Gesetzgebung der Frau zu überlassen, aber das Staatsinteresse in Form von Beratung, Suche von Lösungsalternativen im Gegensatz zur Lebensvernichtung etc. behutsam vertreten zu dürfen.

Diese Intention basiert nicht mehr auf dem Grundgesetz als meine.
Beide wollen das ungeborene Leben schützen, nur setzen sie unterschiedliche Maßstäbe dabei an, ab wann menschliches Leben beginnt (betrifft auch „, in erster Prämisse die Entstehung Lebens zu begünstigen, und nicht die Vernichtung menschlichen Lebens zu bürokratisieren“). Und DAS ist der Knackpunkt, bei dem wir uns wohl nicht einig werden.

Deshalb finde ich es auch nicht weiter verwerflich, wenn Ärzte darauf hinweisen, daß sie auch Abtreibungen durchführen.

Oh, da fällt mir ein, ich hab den Uncutpatch noch gar nicht getestet, müsste mal wieder den Riesennazifötus in Stick of Truth plattmachen^^

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Nochmal, es ist nicht MEINE Intention, es ist quasi die Aufgabe, die dem Gesetzgeber inne liegt. Und dort gibt es keine zwei Auslegungen, man kann nicht über das BVerfG hinweg das Grundgesetz anders auslegen, das ist der ganze Sinn eines Bundesverfassungsgerichtes. Sollte sich dies irgendwann mal ändern, dann wird das natürlich meine Haltung untergraben oder schwächen, klar.

Aber ganz ehrlich, ich glaube ich gewinne vorher eine Million im Lotto als das dort eine 180 Grad Wende stattfindet.

Erst einmal würde ich das bei der faktisch verfassungswidrigen Intention, wie sie hier auch argumentiert wurde, mal auch generell ernsthaft in Frage stellen, dass dies so ist, aber das nur am Rande. Es gibt trotzdem objektiv zwei große Unterschiede:

  1. wie schon genannt und von mir auch ausführlich argumentiert, dass es nur einen einzigen Maßstab gibt, wie man auf gesetzlicher Ebene näherungsweise diesen Zeitpunkt festlegen kann. Subjektiv kann man natürlich auch andere Grenzen setzen, aber es ist für die Behandlung des Staates schlicht und einfach irrelevant.

  2. ist die Auslegung des Grundgesetzes bezüglich der Intention, Leben zu schützen und nicht seine Vernichtung so einfach und niederschwellig wie möglich zu machen, eindeutig. Und das war ja gerade mein Punkt, der bezog sich dort weniger auf die Frage des Zeitpunktes, ab wann Abtreibung illegal oder „Mord“ ist, sondern vielmehr auf deine Frage, ob ein Abtreibungsgesetz „Abtreibungen vermeiden oder Abtreibungen regeln soll“. Dort ist die Frage wirklich einfach zu beantworten.

Wenn es keine Werbung ist. Und da besteht ja nun mal die Gefahr der Normalisierung. Aber das ist jetzt schon wieder ein GANZ anderes Feld.

Das ist auch keine zweite Auslegung, das ist dieselbe.

Ja, aber siehe oben: Ab wann beginnt Leben?
Ich sage ja nicht, daß es eine Prämie für Abtreibungen geben soll, ich sage nur (wiederholt), daß es keinerlei Hürden oder Schikanen geben sollte bis zu ebendiesem gewissen Zeitpunkt.

Ja, aber wenn Ärzte das erwähnen, kann man das grundsätzlich als Werbung auslegen.
(Wird auch gemacht)

Naja, wie auch schon gesagt:
Eine Einigung werden wir da wohl nicht herbeiführen können und ehrlich gesagt ist das jetzt auch kein Thema, das mir aussergewöhnlich am Herzen liegt.
Insofern klinke ich mich hier mal aus ^^

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Nein, weil das letzte was in der Entwicklung des Nervensystems passiert, die Verknüpfung von peripheren Nerven und ZNS ist. Erst ab dann ist etwas wie Schmerz (auch wenn das Leben hier unbewusst ist) biologisch möglich. Die gesetzliche Grenze liegt aktuell mit einem gewissen Puffer vor dieser Verknüpfung.

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Also ich finde ja die Leute, die eine gerade befruchtete Eizelle mit einem komplett entwickelten Menschen gleichsetzen machen es sich einfach. Die Menschen, die versuchen irgendwo eine Grenze zu finden und diese fundiert wissenschaftlich ethisch zu begruenden haben es deutlich schwerer als die Pro-Life Schwarz-Weiss Denker und die gestoerten Jusos.

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“Die Menschen die versuchen…”

Versuchen, eben! Aber die anderen machen es sich einfach. “Versuchen” und Menschenlegen passen für mich nicht zusammen!

“Irgendwo” ist da auch ein bisschen dünn!