Folge 104: Ritterfilme und Artussage

Hier mal meine Meinung zu den vier Filmen:

Ritter der Tafelrunde:
Gut, dazu kann ich eigentlich keine Meinung haben, aber ich habe das Gefühl, dass mein Urteil, hätte ich den ganzen Film gekannt, ähnlich dem von Nils gewesen wäre.

Excalibur:
Der Film hat bei mir auch seinerzeit einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Generell mag ich Filme, die sich selbst ernst nehmen, immer mehr als solche, die mit ironischen Gags angereichert sind. Ich erinnere mich daran, wie depressiv mich „Excalibur“ zurückgelassen hat. Ein König findet zu seiner Bestimmung, erkämpft sich mit seinem mächtigen Schwert die Herrschaft über Britannien, wehrt ( ich glaube, nicht näher benannte ) Invasoren ab, bewirkt eine lange Periode der Prosperität, und eine Liebesaffäre zwischen Arthurs Frau Guinevere und Lancelot macht irgendwie alles wieder kaputt, und dann geht alles den Bach runter. Halbschwester Morgana zeugt mit Arthur einen Sohn, der schon als Kind zum Psychopathen wird und gerne mal Ritter am Baum aufknüpft, wenn sie ihm nicht folgen wollen. Und dazwischen nur Siechtum, Verfall und Tod, von dem das ganze Land ergriffen ist. Und als Mordred erwachsen ist, fängt er einen Krieg gegen den Vater an, um das siechende Land an sich zu bringen. Warum auch immer, die Untertanen sind wahrscheinlich eh fast alle tot. Und dann sterben Vater und Sohn im Kampf. Parzival, der einzige überlebende Ritter, schmeißt das verfluchte Schwert Excalibur in den See. Damit ist er gefühlt der einzige Überlebende des Volkes von Britannien.
So habe ich den Film damals gesehen. Weiß jetzt nicht genau, wie alt ich damals war, aber es dürfte noch im Prä-Abi-Zeitalter gewesen sein. Einer der intensivsten, eindrucksvollsten Filme, die ich bis dahin gesehen hatte, und einer der traurigsten. Ich weiß natürlich nicht, wie ich heute auf ihn reagieren würde.
Die Farbwechsel konnte ich nämlich damals nicht angemessen würdigen, und wenn ich die Schwert-Rausziehszene so sehe, könnte es wirklich sein, dass meine Wahrnehmung ein bisschen … kritischer wäre. :smiley:

King Arthur:
Ein farbenprächtiges, bildgewaltiges Sandalenspektakel, das keine Klischees und kein Pathos auslässt: Das dekadente, zerfallende Imperium Romanum, das von lauter Unsympathen repräsentiert wird; die barbarischen Sachsen, die das Land nur überrennen, weil sie gerne mal was niedermetzeln und die sich auch gerne mal gegenseitig umnieten, sogar zwischen Vater und Sohn; die Pikten als edle Wilde, die aus dem Nichts angreifen; die Söldnertruppe aus aller Herren Länder, die gegen eine Übermacht ankämpft …
Und dann auch noch Keira Knightley als Quotenfrau, die total emanzipiert mit Pfeil und Bogen Feinde löchert, aber immer im sexy Bikini rumläuft und sich Titten fotoshoppen lässt. Hollywood, du hast dich seit damals nicht geändert. Du bist noch genauso verlogen und sexistisch wie eh und je.

Legend Of The Sword:
Der Film legt in Sachen Opulenz und Bildgewalt noch mal eine Schippe drauf. Darin glänzt er wirklich. Aber inzwischen bin ich leider wohl zu filmkritisch geworden. Ideologiekritisch. Muss wohl das Wolfgang-M.-Schmitt-Virus sein.
Stört euch denn kein bisschen die Mystifizierung des Königtums, die in einigen Verfilmungen der Excalibur-Saga durchscheint? Bei „Excalibur“ wird der Mythos von Schwert, Gral und Königtum symbolisch ad acta gelegt durch die Entsorgung des Schwerts. Andere Verfilmungen beschäftigen sich mit dem Übergang der britischen Kultur von Naturreligion zu Christentum ( die Avalon-Reihe fällt mir dazu ein, ebenso „Merlin“, in der eine alte Göttin darum kämpft, dass die Leute wieder an sie glauben ). Bei „King Arthur“ wird der Mystifizierung gänzlich entsagt, da wird ganz „realistisch“ gezeigt: Nicht obskure Götterkräfte und magische Artefakte begründen Arthurs Königsherrschaft, sondern seine Fähigkeiten als militärischer Anführer. Entsprechend ist die Schwertziehszene nur eine Rückblende, das Schwert ein Symbol für Arthurs Willen, das Trauma der Hilflosigkeit, das er als Kind erlitt, zu bekämpfen.
Und dann schaut euch mal „Legend of the Sword“ an. Alles dreht sich um einen in der Gosse aufgewachsenen Thronerben, der endlich mal sein Herrscherschicksal annehmen muss. Weil es sonst schließlich niemanden geben darf, der den Job macht. Schließlich ist er der rechtmäßige Thronerbe. Jeder, der auf dem Thron sitzt und nicht der rechtmäßige König ist, muss natürlich ein blutrünstiger Tyrann sein. Und natürlich ist Arthur mit dem Schwert unbesiegbar, wenn er in die Rolle des Königs erst einmal hineingewachsen ist.
Es gibt heute noch viele Fantasygeschichten, die so gestrickt sind. Sollte uns das nicht viel mehr stören? Sind wir so wenig überzeugt von der Demokratie, dass wir den Königsmythos immer noch hochhalten müssen?
Ja, werden jetzt vielleicht einige sagen, aber wir reden von einer anderen Zeit mit anderen Werten.
Das stimmt schon. Aber Filme verhandeln nicht die Vergangenheit. Sie verhandeln Themen der Gegenwart, Themen also, von denen der Filmemacher glaubt, dass sie den heutigen Zuschauer interessieren. Zudem spielt „Legend of the Sword“ nicht im Britannien des 5. Jahrhunderts, sondern in einer Art Fantasy-Parallelwelt.
Es gibt für Arthur in dieser Geschichte keine Möglichkeit, sich vom Königsmythos zu emanzipieren. Entweder er nimmt die Bürde der Krone, oder er kann gar nicht erst gegen seinen Thronräuber-Onkel rebellieren. Auf diese Weise wird der Sturz des Tyrannen möglich, gleichzeitig der Sturz des Systems unmöglich gemacht.
Deshalb meine Frage: Sollte euch das nicht stören?

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Es gibt für Arthur in dieser Geschichte keine Möglichkeit, sich vom Königsmythos zu emanzipieren. Entweder er nimmt die Bürde der Krone, oder er kann gar nicht erst gegen seinen Thronräuber-Onkel rebellieren. Auf diese Weise wird der Sturz des Tyrannen möglich, gleichzeitig der Sturz des Systems unmöglich gemacht.
Deshalb meine Frage: Sollte euch das nicht stören?

Nein! Warum sollte mich das stören? Ich sehe mir ja auch keine Ritterfilme an, um dadurch meinen Pazifismus auszuleben oder mein Verständnis von Demokratie bestätigt zu sehen, sondern um mein Verlangen nach romantischem Mystizismus und verklärter Abenteuerlust zu bedienen. Mich stört da eher, dass Siegfried in der Nibelungensage Gunther mithilfe einer Tarnkappe dabei hilft, Brünhild zu entjungfern und zur gehorsamen Ehefrau zu machen. Warum mich das stört? Weil ich kein Weinstein bin und es nicht meinem Verständnis einer gleichmächtigen Partnerschaft entspricht, eine Frau auf diese Art und Weise zu unterwerfen. Trotzdem ist es Teil der Sage, und die funktioniert ja nur deshalb, wenn sie so erzählt wird, wie sie geschrieben wurde, sonst hätte es ja nie einen anschließenden Streit zwischen Brünhild und Kriemhild gegeben, der letztlich zum Tod von Siegfried führte. Hätte beispielsweise Guy Ritchie seinen Arthur anders drehen sollen, indem dieser nicht die Krone übernimmt und Britannien eint, sondern ihn als eine Art Vor-Marxistischen Klassenkämpfer darstellen sollen, der die Monarchie abschafft? Klar, hätte er machen können, aber das hätte nichts mit der Artus-Sage zu tun gehabt. Im wahren Leben finde ich z.B. Geheimagenten und Spooks-Typen wie James Bond unerträglich, im Film ist das allerdings was anderes, da stört mich ein mordender Geheimagent genauso wenig wie eine Krönungszeremonie im frühen Mittelalter.

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Nein, so wollte ich meinen Kommentar auch nicht verstanden wissen. Aber es ist doch interessant, was unsere Rezeption von Filmen über uns aussagt, oder?
Wenn antike Stoffe wie die Herakles- oder die Odysseus-Saga verfilmt werden, unterschlägt man auch stets, dass die Helden zur Oberschicht einer Sklavenhaltergesellschaft gehörten. Oder dass sie Städte niedergebrannt haben, was ja auch den Genozid an der Bevölkerung beinhaltete, mit Massenvergewaltigungen und allem drum und dran. Denn das kann man einem modernen Publikum nicht mehr zumuten. Das würde die Helden als Sympathieträger disqualifizieren.
Aber monarchistische Mythen und mordende Geheimagenten gehen. Wobei es darauf ankommt, wie sie erzählt werden. Wenn du die Buchreihe von „Game of Thrones“ durchliest, machst du ( und das ist eine großartige Leistung des Autors ) eine große Fremdheitserfahrung. Alle jagen dem Traum von einem wiedervereinten Königreich hinterher, obwohl der Verlauf der ganzen Geschichte ausstellt, dass alle Beteiligten Unrecht haben, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse falsch sind. Als Leser willst du ab einem gewissen Punkt nicht mehr wirklich, dass eine Seite gewinnt, sondern dass sich grundsätzlich etwas ändert. In der Fernsehserie zeichnet sich ja auch ab, dass es so kommen wird. Es bleibt eine spannende Frage, wie weit die Drehbuchautoren gehen werden.
Wenn du hingegen einen Film wie „American Assassin“ oder „London Has Fallen“ ansiehst, dann springen dir die ekelhaften Ideologien der Macher ins Gesicht, und dann sind mordende Agenten und Königsfetisch nicht mehr so toll.
Wenn es jedoch stark genug verschlüsselt rübergebracht wird, nehmen wir es an. Liegt das vielleicht daran, dass wir insgeheim alle gern jemand Besonderer wären, jemand, der ein spezielles Schicksal hat und sich deshalb über alle Regeln hinwegsetzen darf?

P.S.: Wie quotet man eigentlich richtig bei eurem neuen System?

Wenn du hingegen einen Film wie “American Assassin” oder “London Has Fallen” ansiehst, dann springen dir die ekelhaften Ideologien der Macher ins Gesicht, und dann sind mordende Agenten und Königsfetisch nicht mehr so toll.
Wenn es jedoch stark genug verschlüsselt rübergebracht wird, nehmen wir es an. Liegt das vielleicht daran, dass wir insgeheim alle gern jemand Besonderer wären, jemand, der ein spezielles Schicksal hat und sich deshalb über alle Regeln hinwegsetzen darf?

Du hast recht, je eindimensionaler und überzeichneter die Helden bzw. das offensichtlich repressive politische System abgebildet werden, desto unangenehmer ist das anzuschauen. Jedenfalls für mich. Wenn es entsprechend subtil abgebildet wird, neigt man wohl eher dazu, sogar noch wohlwollend etwas Sozialkritik hinein zu interpretieren, selbst wenn diese gar nicht vorhanden ist.

Bei überlieferten Sagen, die schon 1500 Jahre auf dem Buckel haben, sehe ich das aber nicht so streng, wie bei Geschichten, die in einer sehr lange zurückliegenden Zeit angesiedelt sind, aber erst heute geschrieben wurden.

Ob ich gern etwas Besonderes wäre? Ich glaube schon, aber ich bin mittlerweile alt genug zu wissen, dass der Star aus der Serie oder dem Film dazu nicht geeignet ist, mir das vorzuleben; soll heißen, ich weiß, dass ich den 68er Mustang nie so fahren kann, wie es Steve McQueen in „Bullitt“ tat, aber ich sehe es natürlich immer wieder gern. Vorbilder sollte man sich ja sowieso sehr vorsichtig und überlegt aussuchen und es sollten dann eher realistische „Helden“ sein, die einem nahestehen wie vielleicht der eigene Vater oder wer auch immer, aber keine fiktive und überhöhte Kunstfigur.

Im übrigen benutze ich selbst meine „Rolle“ in „Das Studio“ ja tatsächlich, um Dinge zu tun oder zu sagen, die ich so im wirklichen Leben so niemals tun oder sagen würde, was sehr wohltuend und befreiend ist, denn es hilft mir dabei, auf eine schräge Art Dampf abzulassen. Das empfinde ich bereits als sehr „Besonders“ und bin da auch dankbar für, dass ich das machen darf.

Wie quotet man eigentlich richtig bei eurem neuen System?

Ganz ehrlich? Ich hab keine Ahnung.

Text markieren und dann auf Zitat, alternativ hättest du bei deinem Blockquote einfach jede Zeile mit „>“ beginnen lassen müssen:

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