Finde dich selbst

Das Problem ist letztlich, dass die aktuelle Rechtssprechung immer hinter dem Stand der Technik hinterherhinkt und man halt die Rechtslage so oder so sehen kann. Für den einen ist es ganz normale Panoramafreiheit, der Nächste fühlt sich wiederum höchstpersönlich auf den Schlips getreten.

Jedenfalls möchte ich ungern eine Rechtssitutation erleben, bei der künftig in allen Live-Übertragungen von Konzerten oä. das komplette Publikum gepixelt ist und ich obendrein in meinen eigenen Urlaubsfotos vielleicht auch noch alle Personen rausschneiden muss.

Übrigens, hat jemand gemerkt, dass kürzlich Microsoft sein Streetside-Programm gestartet hat? Richtig. Nichts. Keine Medienwelle, kein Anne Will-Spezial, keine Sitzblockaden. Halt alles eine Frage der Sau, die aktuell durchs Dorf gejagt wird.

Hier ist mal wieder, wie überall in der weiten großen Welt des WWW, ganz deutlich wo das eigentliche Problem ist:

“Na und? Das macht doch nichts!”

Das Schlimme ist nicht, dass es solche Bilder und Möglichkeiten der Verlinkung und Verknüpfung und ewigen Datenkraken gibt. Das wirklich Schlimme ist, dass es 90 % der Leute egal ist.
“Sollen die doch wissen dass… Was ist schon dabei?”

Respekt an Google, Zuckerberg und Co - Ihr habts geschafft dass die Leute ganz freiwillig ihre Privatsphäre aufgeben.

Das sollte man nochmal deutlich hervorheben! Niemand kann gegen seinen Willen dort verlinkt werden.

Wofür der WDR die GEZ-Gebühren ausgiebt…unglaublich…und im Grunde ist dieses 360-Grad-Bild ein “Antasten” an
eine “gesellschaftliche Zustimmung”, wenn in Zukunft die Polizei, die Justiz und die Gerichtsbarkeit solche Fotos zum “gesellschaftlichen Standard” und “Gewohnheitsrecht” erklärt…

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk macht die “Drecksarbeit” für den Staat, damit der Grundrechtsträger immer mehr zum “Idioten der Nation” verkommt…Womöglich verkauft der Staat und der WDR diese Aktion auch noch unter der Überschrift “Transparenz”.

Viele Gesichter sind sogar zweimal drauf.

Muss etwa bei Aufnahmen von Rockkonzerten künftig das komplette Publikum rausgepixelt werden?

Naja, es macht schon einen gewaltigen Unterschied, ob ich bei einem Rockkonzert mit meiner 08/15 12-Megapixel-DSLR ins Publikum rein fotografiere und man ab der dritten oder vierten Reihe kein Gesicht mehr erkennen kann, oder ob ich eine solche Terapixel-Panoramaaufnahme mache, bei der man selbst bei Horst in der letzten Reihe noch den Popel an der Nase hängen sehen kann.
Wenn ich bei einem Konzert nicht auf den Fotos zu erkennen sein möchte, stelle ich mich eben etwas weiter in die Mitte.

Wie weit im Voraus war die Aktion überhaupt bekannt? Dann hätte man ja ein paar Ragefaces basteln und mitnehmen können (Photobombing deluxe - I’m watching you würde ja wunderbar passen). :ugly

Also auf Wacken wurde es auch gemacht, da kam aber vorher ne Durchsage, dass jeder der nicht zu sehen sein will, sich umdrehen soll. Wies auf Rheinkultur aussah weiß ich auch nicht, da hat der WDR ja auch sein Foto da gemacht.

Ich weiß gerade nicht, bei welcher von den beiden Veranstaltungen das war, aber auf einem dieser Fotos haben sich dann Unmengen von Leuten in den Wolken, Lautsprechern und an ähnlich unsinnigen Stellen „gefunden“ - kann man eigentlich mehrfach auf einem Foto getaggt werden?

Viele Gesichter sind sogar zweimal drauf.

Wie ja schon Andilein feststellte, wurde das Foto offenbar aus mehreren Einzelfotos zusammengesetzt - und wenn da die Algorithmen nicht ordentlich arbeiten, sitzt du schnell mal neben dir selbst. (Ich bezweifle mal, dass das jemand von Hand gemacht hat.)

Also mein Favorit ist ja dieser gute Herr hier :ugly
[attachment=0]bvbmittelfinger.png[/attachment]

Es müssten Zwillinge im Publikum sitzen und der Algorithmus dreht dabei durch :mrgreen: :ugly

Mir ging es bei den AGB nicht so sehr um die rechtliche Komponente, sondern nur darum, dass der Zuschauer auch nach Lesen der AGB nicht mit einer solchen Aufnahme rechnen konnte.

Du glaubst also, wenn ein Zuschauer darin einwilligt, dass der Veranstalter Bildaufnahmen von ihm macht, dass der Zuschauer dann nicht damit rechnen muss, dass der Veranstalter dies dann auch tatsächlich tut. :smt017

Tut mir leid, aber ich befürchte juristisch ist das Vorgehen des Veranstalters nicht zu beanstanden. Der Veranstalter kann schließlich nichts dafür, wenn ein Zuschauer die AGBs nicht gelesen oder verstanden hat. Dabei ist dieser Punkt, doch sehr genau beschrieben:

9.1. Der Ticketerwerber willigt darin ein, dass der Veranstalter im Rahmen der Veranstaltung, ohne zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet zu sein, berechtigt ist, Bild- und Tonaufnahmen der Zuschauer zu erstellen und/oder durch Dritte erstellen zu lassen, diese zu vervielfältigen, zu senden und in jeglichen audiovisuellen Medien zu nutzen und/oder durch Dritte vervielfältigen, senden und nutzen zu lassen.

Auch hier gilt mal wieder: wer lesen kann, ist klar im Vorteil.

@Nils
Aber du wirst zugeben, dass es einen Unterschied zwischen den üblichen Bild-Aufnahmen bei Fußballspielen und diesem hochauflösendes-Panorama-tagge-dich-selbst-Foto gibt. Da sehe ich (und so habe ich auch Maschendraht verstanden) durchaus die Frage, ob man als Besucher des Spiels mit dieser Aktion rechnen musste, ob sie also von den AGB abgedeckt ist.
Du kannst nämlich noch so viel in die AGB schreiben - wenn das Gericht der Ansicht ist, dass der Kunde/Nutzer/Besucher damit nicht rechnen konnte, ist der Punkt ungültig (entweder generell oder in der jeweiligen Situation).

@Librarian

Naja, in den AGBs ist allgemein von Bildaufnahmen die Rede. Da steht nirgends, dass nur total unscharfe Wackelbildchen gemacht werden dürfen, auf denen man nichts erkennt. Und eigentlich ist doch auch klar, dass gerade Bildaufnahmen gemeint sind, auf denen man einzelne Personen erkennen kann, da sich ja ansonsten das Recht am eigenen Bild überhaupt nicht stellt.

Und drittens ist es doch in allen Fernseh- oder Sportveranstaltungen üblich, dass einzelne Zuschauer von der Kamera eingefangen und in einer Großaufnahme gezeigt werden. Das ist also nichts Neues. Die Argumentation, dass man als Zuschauer “nicht damit rechnen konnte”, ist daher schon etwas unglaubwürdig.

Man muss aber nicht damit rechnen für jetzt bis zum Ende aller Zeiten im Internet in dieser Form sichtbar zu sein. Das ist bei Fußballspielen nunmal nicht alltäglich und damit auch nicht zu erwarten.

Man muss aber nicht damit rechnen für jetzt bis zum Ende aller Zeiten im Internet in dieser Form sichtbar zu sein.

Ach wirklich nicht? Dann schau doch mal in die AGBs:

9.2. Die Rechte des Veranstalters aus Ziffer 9.1. gelten zeitlich unbeschränkt und weltweit.

Und wieder einmal gilt: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.

Das Problem ist doch, wo willst Du die Abgrenzung ziehen? Mache ich ein ganz normales Foto mit zufällig 30 Leuten drauf. Macht ein Fernsehsender in HD-Qualität einen Kameraschwenk über die ersten Zuschauereihen. Macht jemand 200 Einzelfotos. Macht jemand aus 5 Einzelfotos ein Panoramabild. Macht jemand 1000 Einzelfotos und kombiniert sie zu einem Panorama…

Eine solche Differenzierung müsstest Du in den AGB’s formulieren. Nicht nur das. Man müsste es auch im Gesetz irgendwie verankern. Es ist aber praktisch fast unmöglich das genau zu differenzieren, da im Endeffekt Foto=Foto. Für den Einzelnen ist es letztlich dasselbe, ob er zufällig auf einem Pressefoto in der Tagesszeitung auftaucht oder auf so einem Gigapanoramafoto im Internet.

Ich kann beim besten Willen nicht erkennen, welchen Sinn es machen sollte, das Erstellen von Panoramafotos generell zu verbieten oder einzuschränken. Und dann ist die nächste Frage: verbieten wir auch HD-Filmaufnahmen in die Zuschauerränge hinein? Ach kommt Leute, das kanns doch nicht sein. Wollt ihr wirklich in solch einer paranoiden Gesellschaft leben?

Ich bin mir sicher, wenn es eine Gesetzesänderung gäbe, die die Panoramafreiheit technisch einschränkt (maximal 10 Megapixel und Filmaufnahmen nur maximal 1 Minute lang oä.), dann würde es hier im Forum ebenso einen Sturm der Entrüstung geben.

Ach wirklich nicht? Dann schau doch mal in die AGBs:

Hier wurde doch schon mehrfach eindeutig dargelegt, warum man genau diese eine Aktion eben nicht vorher erwarten konnte. Wenn man diese AGBs liest geht man als Käufer von den üblichen Maßnahmen aus wie man sie eben kennt, daher kann ich die Kritik an der Durchführung einer solchen Aktion schon in Teilen nachvollziehen.

Stell dir mal vor du gehst zu einem Spiel und direkt zu Anfang setzt sich ein Kameramann genau vor dich hin und filmt ausschließlich dich. Im Internet gibt es dann den Stream „Hier seht ihr die Reaktionen von Fan Nils live in 1080p“ und anschließend veröffentlichen sie die 90 Minuten bei YT und für alle Ewigkeit ist Fan Nils hochaufgelöst zu bestaunen.

Würdest du dann sagen: „Ja, stand ja so in den AGBs, kein Grund mich aufzuregen…“? :smt017

Wenn man diese AGBs liest geht man als Käufer von den üblichen Maßnahmen aus wie man sie eben kennt, daher kann ich die Kritik an der Durchführung einer solchen Aktion schon in Teilen nachvollziehen.

Großaufnahmen von Fans während Sportveranstaltungen SIND übliche Maßnahmen.

Mir ist absolut unerklärlich wieso es in Ordnung ist, mich als Fan allein in einer Großaufnahme zu zeigen (so wie es es schon immer üblich war), das gleiche Bild aber eine riesengroße Ungeheuerlichkeit sein soll, nur weil neben mir noch 1000 weitere Fans zu erkennen sind. :smt017

Würdest du dann sagen: „Ja, stand ja so in den AGBs, kein Grund mich aufzuregen…“?

Richtig, dass man als Fan eventuell später im Fernsehen oder im Internet zu sehen ist, damit muss man nun mal rechnen. Das war doch aber schon immer so.

Großaufnahmen von Fans während Sportveranstaltungen SIND übliche Maßnahmen.

Es handelt sich hier aber nicht um eine einfach Großaufnahme sondern von einer Internetanwendung und einem Mosaikbild, dass mit Facebook verknüpft ist um sich und andere die es gestatten zu taggen. Dann zeig mir das doch mal von anderen Spielen, dass das eine übliche Maßnahme ist.

Und natürlich bist du auch der Ansicht, dass man selbst mit dem von mir genannten fiktiven Szenario einfach leben sollte…würde deiner schönen Argumentation sonst ja auch nur unnötig schaden, ne? :wink:

Und genau da gehen viele Nutzer* sozialer** Netzwerke den Firmen auf den Leim.
Zunächst stimmt es, dass andere normalen Nutzern* das Einsehen des Tags vorerst*** vorenthalten bleibt. Dein zukünftiger Chef sieht dich im Zweifelsfall also nicht in einen Mülleimer brechen.

Der Netzwerkbetreiber hat aber ganz andere Interessen: Der will möglichst viel über dich und deine Lieben wissen, damit er Geld von seinen zahlenden Kunden bekommt. Und diese zahlenden Kunden bekommen das Geld zigfach wieder rein, indem sie dir und deinen Lieben arglistig finanziell schaden****.
Was weiss denn der Betreiber über dich?
[ul]
[li]Aus einem normal getaggtem Bild: Dass du mit Personen zusammen warst.[/][/li][li]Aus Metadaten zum Bild (Kommentare, Zeit, Ort, Kontext wie Veranstaltungen zu der Zeit an dem Ort) die näheren Umstände.[/][/li][li]Aus mehreren Bildern und sich daraus ergebenden Mustern: Zuneigungen, Abneigungen, Interessen, heimliche Freundschaften, politische Ausrichtung etc.[/][/li][li]Aus einem widerspruch gegen eine Verlinkung weiss er zusätlich zu all dem oben beschriebenen noch, dass du nicht möchtest, dass du auf diesem Bild getaggt wirst. Und aus deinem Widerspruchsverhalten über der Zeitachse kann man auch wieder auf Abneigungen, Geheimnisse und sonstwas schliessen.[/][/ul][/li]
Du löschst den Tag nicht, der Tag bleibt bestehen und zusätzlich wird noch die Information gespeichert, dass du den Tag nicht wolltest. Das geht technisch gar nicht anders, denn wenn du einmal dem Tag widersprochen hast willst du ja nciht stündlich genervt werden, dass dich schon wieder jemand auf dem selben Bild taggen wollte. Lediglich für andere Nutzer* des Netzes bleibt der Tag unsichtbar.

Bonuspunkt: Jene, die versuchen, dich zu taggen wissen aufgrund der Tatsache, dass du nicht getaggt werden willst, dass das Bild potentielles Kompromat gegen dich darstellt und sichern es mal schnell auf der heimischen Platte. Man weiss ja nie, ob das mal nützlich wird.

*) Benutzte / Nutzvieh / Ware.
**) „sozial“ wie in… naja… Nicht.
***) Bis die AGB sich ändern.
**) Bspw. durch manipulative Erzeugung von Bedürfnissen beim Nutzer und seinen - vielleicht sogar nicht Nutzer seienden - Lieben, die gegen Geldgabe an den Manipulierenden tatsächlich, anscheinend oder scheinbar befriedigt werden sollen. Vulgo: gezielte Werbung.

Stell dir mal vor du gehst zu einem Spiel und direkt zu Anfang setzt sich ein Kameramann genau vor dich hin und filmt ausschließlich dich. Im Internet gibt es dann den Stream „Hier seht ihr die Reaktionen von Fan Nils live in 1080p“ und anschließend veröffentlichen sie die 90 Minuten bei YT und für alle Ewigkeit ist Fan Nils hochaufgelöst zu bestaunen.

Das wäre jedoch weder durch die AGB’s noch durch gesetzlichen Rahmenbedingungen erlaubt. Da dies a) nicht „im Rahmen der Veranstaltung“ passiert und b) bei weitem nicht mehr unter die Panoramafreiheit/KunstUrhG § 23 fällt:

(1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:

  • Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;
  • Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;
  • Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;
  • Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.

…mit anderen Worten: Gegenstand der erlaubten Aufnahmen muss die Darstellung des Gesamvorganges sein, nicht das Herausgreifen nicht-representanter Einzelereignisse. Dies würde sehr wahscheinlich auch der im Bundesdatenschutzgesetz verankerten „informationellen Selbstbestimmung“ entgegenstehen, wenn man dich 90 Minuten lang in Großbildaufnahme filmt und sieht, wieviel Bier Du trinkst, wieviel Zigaretten rauchst, etc pp.

Hier wird doch wirklich der Teufel an die Wand gemalt.

sondern von einer Internetanwendung und einem Mosaikbild, dass mit Facebook verknüpft ist um sich und andere die es gestatten zu taggen.

Es ist jedoch mit der App nicht möglich, dass ich andere Facebook-User auf dem Bild tagge. Nur mich selbst. Das wäre dann sonst in der Tat etwas bedenklich, wenn man dazu aufrufen würde, per Crowdsourcing alle bekannten Gesichter auf öffentlichen Fotos zu identifizieren. So ist es aber hier nicht.

Das wäre jedoch weder durch die AGB’s noch durch gesetzlichen Rahmenbedingungen erlaubt. Da dies a) nicht „im Rahmen der Veranstaltung“ passiert und b) bei weitem nicht mehr unter die Panoramafreiheit/KunstUrhG § 23 fällt:

Eben die in §22 verlangte Genehmigung wird durch die Aktzeptanz der AGBs erteilt. Hat Nils ja auch gepostet.

9.1. Der Ticketerwerber willigt darin ein, dass der Veranstalter im Rahmen der Veranstaltung, ohne zur Zahlung einer Vergütung verpflichtet zu sein, berechtigt ist, Bild- und Tonaufnahmen der Zuschauer zu erstellen und/oder durch Dritte erstellen zu lassen, diese zu vervielfältigen, zu senden und in jeglichen audiovisuellen Medien zu nutzen und/oder durch Dritte vervielfältigen, senden und nutzen zu lassen.

Hier wird doch wirklich der Teufel an die Wand gemalt.

Ja, eben weil ich Nils Ansicht, dass das Gewohnheitsrecht von den AGBs völlig ausgehebelt wird für falsch halte. Das Szenario halte ich nicht für realistisch nur wäre es nach Nils Argumentation völlig legitim.

@CaptainObvious: Ich denke wir sollten hier jetzt keine allgemeine FB-Diskussion starten, die gibt es auch schon woanders…