Wenn es ums Internet und den Datenschutz geht, sind es ja besonders die Öffentlich-Rechtlichen, die gern mal laut auf die Pauke hauen und manche Sachverhalte dramatischer darstellen als sie in Wahrheit sind. Umso erstaunlicher ist es unter diesem Gesichtspunkt, was der Westdeutsche Rundfunk auf DIESER Seite treibt. Zu sehen ist ein 360-Grad-Foto, das am vergangenen Samstag im Stadion von Schalke 04 vor dem Spiel gegen Borussia Dortmund aufgenommen wurde. Die Aufnahme ist so hochauflösend, dass man durch Heranzoomen jedes einzelne Zuschauer-Gesicht einwandfrei erkennen kann. Und das ist noch nicht alles: Zudem wird die Möglichkeit geboten, mittels Facebook sich selbst zu markieren bzw. einem Freund vorzuschlagen, sich zu kennzeichnen. Da stellt sich die Frage: Ist das datenschutzrechtlich noch verantwortbar? Natürlich: Ein Fußballspiel ist eine öffentliche Veranstaltung und jeder Besucher muss damit rechnen, von einer Kamera eingefangen zu werden. Dennoch ist dies noch etwas anderes: Hier wird ein Gesamtschnappschuss von allen gemacht - egal, wie dumm manch Einzelner vielleicht in dem Moment gerade guckt. Trotz aller Öffentlichkeit sind die Fans als Privatmenschen ins Stadion gekommen.
Der WDR verteidigt die Panorama-Aufnahme auf Anfrage und verweist darauf, dass jeder Zuschauer dazu berechtigt ist, sich nachträglich anonymisieren zu lassen. Leider nur führt ausgerechnet der Link “Hilfe und Infos zur Verpixelung” ins Nirgendwo (Stand: 17.April, 23:45 Uhr). So genau scheint man es also damit nicht zu nehmen. Des weiteren weist der WDR darauf hin, dass man die Zuschauer vor dem Spiel auf diese Aktion hingewiesen habe (u.a. über den Stadionsprecher). Da stellt sich die Frage: ja und? Keiner der Anwesenden hätte sicher das Stadion deswegen verlassen und sein Geld zurück verlangt - dafür war das Revierderby ein zu großer Knaller. Was hätte der Sender denn gemacht, wenn auch nur ein Zuschauer im Stadion mitgeteilt hätte, er wolle dies nicht? Hätte man die Aktion dann abgeblasen? Wohl kaum.
Sicherlich ist es letztendlich eine harmlose und sogar lustige Aktion. Dennoch: Wenn uns das Fernsehen immer wieder vor Facebook warnt, dann sollte es selbst auch mit gutem Beispiel vorangehen. Auf Fan-Seiten wird jedenfalls bereits heftigdarüberdiskutiert.
Also auf Wacken wurde es auch gemacht, da kam aber vorher ne Durchsage, dass jeder der nicht zu sehen sein will, sich umdrehen soll. Wies auf Rheinkultur aussah weiß ich auch nicht, da hat der WDR ja auch sein Foto da gemacht.
Naja, hab schon Threads in Foren gefunden, wos darum ging das dümmste/lustigste Gesicht in der Menge zu finden…
Was für eine [-]Spionage[/-]Kamera hat den der WDR für das 360°-Bild genommen?
Anschein keine richtige 360°-Kamera. Oder “stecken” paar Spieler im Rasen fest? :mrgreen:
Also irgendwelche Ultra-Seiten als “Fanseiten” zu beschreiben - ist das Dein ernst? Immerhin sind das doch die ganzen Ultras, welche die Fußballfans mit ihren Schlägereien und Gewalttaten in Verruf bringen!
Was solche Extremisten sagen, ist doch nicht wirklich wichtig.
Und im Endeffekt: man muss auch damit rechnen, dass man von einer Fernsehkamera eingefangen wird. Und was ist so schlimm daran wenn hier erkannt wird, dass man bei dem Spiel war? :smt017 Das hat doch mit Schutz der Privatssphäre nichts zu tun.
OK, der Link zur Verpixelungshilfe führt ins Nichts. Darüberhinaus verstehe ich nicht, wo da ein datenschutzrelevantes Problem vorliegen soll. Es ist auf öffentlichen Plätzen/Veranstaltungen gestattet, Fotos von Menschen zu machen. Fragen müsste man theoretisch nur dann, wenn man gezielt eine Person fotografiert; dh. derjenige nicht nur zufällig mit im Bild ist. Und grad bei einer Sportveranstaltung sollte wohl klar sein, dass man da u.U. auch ins Fernsehen oder auf die Großbildleinwand geraten kann.
In den AGB’s für die Eintrittskarte weist Schalke auch explizit nochmal daraufhin, dass sich der Besucher einverstanden erklärt, dass von ihm Fotos gemacht werden dürfen.
Nagut, spassiger wäre die Aktion ohnehin andersrum gewesen: der WDR verpixelt zunächst alles und man muss sich dann selbst im Bild finden und freirubbeln.
Edit, PS: der Link auf das Heise-Forum (WDR, Gestapo 2.0) zeigt, wie paranoid und hirnrissig manchenorts diskutiert wird, wenn es um Sachen wie Google StreetView o.ä. geht. OK, das ist vermutlich das ganz normale Troll-Game, was bei Heise hoch- und runterläuft… wer kommt als erstes mit Nazi-Vergleichen.
Und im Endeffekt: man muss auch damit rechnen, dass man von einer Fernsehkamera eingefangen wird. Und was ist so schlimm daran wenn hier erkannt wird, dass man bei dem Spiel war? :smt017 Das hat doch mit Schutz der Privatssphäre nichts zu tun.
Naja, irgendwo ist es schon ein Unterschied, ob man bei einem Kameraschwenk über das Stadion mal für ne Viertelsekunde zu sehen ist, oder ob man auf einem hoch aufgelösten Bild dauerhaft im Internet steht.
Für mich persönlich ist hier nicht die Tatsache bemerkenswert, dass so etwas gemacht wurde (inwiefern das tatsächlich ein Eingriff in die Privatsphäre ist kann man sich streiten, ich persönlich finde es nicht so schlimm) - sondern dass die öffentlich-rechtlichen wegen dem Datenschutz gerne mal ein Sensationsfass aufmachen (Google-Autos, Smartphone-Apps etc), aber bei sich selbst offenbar gerne mal ein Auge zudrücken (mit der GEZ will ich jetzt mal gar nicht anfangen).
Ich könnte wetten, wenn die Aktion nicht vom WDR sondern von Google oder sonstwem durchgezogen worden wäre (am besten wenn gerade Nachrichtenflaute ist), hätten wir jetzt irgend eine Talkshow zu dem Thema.
Und was ist so schlimm daran wenn hier erkannt wird, dass man bei dem Spiel war?
Das kann im Einzelfall durchaus schlimm sein, wenn man seiner Frau gesagt hat, dass man nicht zum Shoppen mitgehen könne, weil man zum Arzt müsste. Darauf kommt es letzlich allerdings nicht an, denn die Frage nach dem Ausmaß stellt sich nicht: nicht diejenigen, die nicht gefilmt werden wollen, müssen sich rechtfertigen, sondern die, die andere Filmen wollen müssen sich erklären. Soll diese Fan-Aktion wichtiger sein als das Recht am eigenen Bild? Mich überzeugt das nicht…
Als ich vor ein paar Jahren von einem Kollegen gezeigt bekam, dass das alte Foto meiner Schulklasse in Facebook ist und alle verlinkt waren, die einen Account dort haben, schwor ich mir, da nicht mitzumachen. Da ändern ja dann auch die persönlichen Einstellungen nichts.
@Kiyotake: Früher waren solche Bilder einfach flüchtiger Natur. Jetzt werden zeitlich unbegrenzte Verknüpfungen erstellt. Da ist ein großer Unterschied. Aber ich weiß, dass dass viele auch nicht nachvollziehen können.
Wo wird da was verknüpft? Oder hab ich was verpasst? Es ist doch letztlich ein ganz normales Foto und die Leute können sich, wenn sie wollen, selbst dort markieren.
In den AGB’s für die Eintrittskarte weist Schalke auch explizit nochmal daraufhin, dass sich der Besucher einverstanden erklärt, dass von ihm Fotos gemacht werden dürfen.
Das hat in diesem Fall aber nichts zu bedeuten, da der Kunde natürlich annehmen muss, es handele sich um die übliche Aufnahmen, die für die Berichterstattung und/oder Übertragung notwendig sind. Eine solche Aktion wie hier kann man anhand dieser AGBs unmöglich erwarten. Folglich hat auch niemand durch diese AGBs in diese Aktion eingewilligt.
Ich hab Facebook nie genutzt - kann man dort z.B. die eigenen Freunde ohne deren Zustimmung auf Fotos markieren? Wenn ja wär das ganze nämlich schon ziemlich fies, weil ich ja praktisch gegen meinen Willen mein Name dort auftauchen könnte.
Irgendwann während meiner Schulzeit hab ich mir mal aus einer Laune heraus einen StudiVZ-Account gemacht, in den ich dann bestimmt 2 Jahre nicht reingeschaut hab.
Als ich ihn dann mal löschen wollte, hab ich festgestellt das ich auf enorm vielen Fotos verlinkt war, die Schulfreunde online gestellt hatten - ohne mein Wissen oder Zustimmung! Das fand ich schon ziemlich erschreckend…
@Maschendraht: 1) Du spielst vrmtl. auf die AGB-Formulierung “im Rahmen der Veranstaltung” an. Das Foto ist aber eindeutig i.d.S. entstanden. Nicht im Rahmen der Veranstaltung hingegen wäre, wenn sie dich auf dem Klo fotografieren würden.Und 2) braucht es dies mE auch garnicht, siehe Wikipedia:Bildrechte#Aufnahmen mit Personen.
Personen, die sich auf öffentlichen Versammlungen (z. B. Demonstrationen, Festen, Aufzügen) oder zufällig in einer Landschaft aufhalten, dürfen ohne deren Zustimmung auf den entsprechenden Fotos zu sehen sein (so genanntes Beiwerk oder Staffage). Jedoch darf die betreffende Person nicht der Zweck der Aufnahme sein. Demnach ist es erlaubt, eine Menge von Fußballfans auf einer Tribüne zu zeigen, jedoch nicht, einen einzelnen Fußballfan ohne dessen Einwilligung herauszugreifen und in einem Porträtfoto darzustellen.
Muss etwa bei Aufnahmen von Rockkonzerten künftig das komplette Publikum rausgepixelt werden? Irgendwo fängt es wirklich an extrem paranoid zu werden. Es gibt glaube ich wesentlich heftigere Datenschutzprobleme, worüber sich keine Sau Gedanken macht, weil sie halt meist im Verborgenen passieren. Nur wenn man heute mit einer Kamera durch die Stadt läuft, wollen einen manche Zeitgenossen schon fast lynchen, weil sie Angst haben, Du würdest ihnen ihre Seele rauben oder sowas.
Es geht ja nicht primär darum, dass es solche Fotos gibt, sondern darum, dass man nicht richtig darauf aufmerksam gemacht wird. Das wichtigste ist aber die Möglichkeit der Wiedererkennung von Peronen. Angenommen jemand ist dort markiert, hat aber bisher keinerlei Profilbild etc. bei Facebook, könnte dieses Bild demnächst sofort mit dem Namen bei Suchmaschinen u.a. verknüpft werden.
Ich stelle mir gerade vor, jemand verlinkt einen Freund, der ein paar Kopfhörer auf hat und ein schlauer GEZ-Geier sieht das und meldet für ihn Radio an :-o
"Sehr geehrter Herr XYZ, wie dem unten verlinkten, datierten Foto zu entnehmen sind, hielten sie zum besagten Zeitpunkt neuartige Rundfunkempfänger bereit ohne diese bei der GEZ angemeldet zu haben und schulden daher der GEZ rückwirkend € … "
Oder: "Wir bedauern Ihnen mitteilen zu müssen, dass sie für die lebensnotwendige Lebertransplantation nicht in Frage kommen, da sie letztes Jahr auf Schalke mit einem Bier in der Hand und - offenkundig - volltrunken zu sehen waren."
abgeschwächt polemisch: “Wir müssen leider ihre PKV-Beiträge erhöhen, da sie seit dem Fussballspiel wieder rauchen/trinken/trotz Fieber zum Fussball gehen/fremde umarmen”
Mir geht der ganze Facebookhype dermaßen auf den Geist. Nicht genug, dass die ÖR einen Teil der Diskussionen dorthin auslagern, wo sie auf Gedeih und Verderb von einem privaten Unternehmen abhängig sind, wie ja auch von der Zensur von Youtube etwa, nein, die werben auch noch in vielen Sendungen für die Firma: “Diskutieren sie mit uns auf unserer Facebookseite (und nur dort)” und nötigen so sicher einige, sich dort anzumelden… .
Ich hab Facebook nie genutzt - kann man dort z.B. die eigenen Freunde ohne deren Zustimmung auf Fotos markieren? Wenn ja wär das ganze nämlich schon ziemlich fies, weil ich ja praktisch gegen meinen Willen mein Name dort auftauchen könnte.
Irgendwann während meiner Schulzeit hab ich mir mal aus einer Laune heraus einen StudiVZ-Account gemacht, in den ich dann bestimmt 2 Jahre nicht reingeschaut hab.
Als ich ihn dann mal löschen wollte, hab ich festgestellt das ich auf enorm vielen Fotos verlinkt war, die Schulfreunde online gestellt hatten - ohne mein Wissen oder Zustimmung! Das fand ich schon ziemlich erschreckend…
Sowohl bei Facebook als auch bei StudiVZ (zumindest damals, als ich dort noch einen Account hatte), gibt/gab es die Option, dass Foto-Verlinkungen mit deinem Namen erst angezeigt werden, wenn du sie bestätigt hast oder dass man deinen Namen gar nicht erst verlinken darf.
*edit @Topic: Ich sehe auch die Kritik weder an der Aufnahme, noch an der Möglichkeit des Verlinkens so richtig angebracht, sondern hauptsächlich daran, dass WDR & Co. ja immer wieder gerne auf die Datenschutz-Buschtrommel hauen, wenn äquivalente Aufnahmen vom Google-Auto aufgenommen werden.
Du spielst vrmtl. auf die AGB-Formulierung “im Rahmen der Veranstaltung” an. Das Foto ist aber eindeutig i.d.S. entstanden.
Im Rahmen der Veranstaltung wurden die Bilder sicherlich gemacht, aber nicht auf die Weise und zu dem Zweck, wie es zu erwarten gewesen wäre. Mir ging es bei den AGB nicht so sehr um die rechtliche Komponente, sondern nur darum, dass der Zuschauer auch nach Lesen der AGB nicht mit einer solchen Aufnahme rechnen konnte. Mit Bildrechten kenne ich mich nichts aus, aber spontan könnte ich spekulieren, dass es hier Probleme geben könnte, da es sich hier bei den Zuschauern eben nicht um Beiwerk oder Staffage handelt:
Als Beiwerk bezeichnet man im Recht Personen oder Gegenstände, die sich gleichsam zufällig auf einem Bild befinden.
(http://de.wikipedia.org/wiki/Beiwerk)
In diesem Sinne wären die Zuschauer kein Beiwerk, denn von “zufällig im Bild” kann ja keine Rede sein. Vielmehr war jederZuschauer der Zweck der Aufnahme. Es geht ja hier gerade darum, jeden einzelnen Zuschauer erkennbar zu machen.
Das ist aber nur meine persönliche Meinung, wie gesagt.