Finanzberichte usw. zum ÖRR

Hallo zusammen,

ich habe mir heute aus Spaß mal vorgenommen zu schauen für was der ÖRR unsere Gebühren auf den Kopf haut. Leider konnte ich nicht viel mehr finden als den KEF-Bericht. [1] Erstmal fällt schon negativ auf, dass die Farben der Plots kaum zu unterscheiden sind. Hellblau, blasses Hellblau und mittelmäßiges Blau sind jetzt nicht wirklich gut unterscheidbar. Dazu ist der Bericht mit Fließtext aufgebläht mit Text der hauptsächlich das wiedergibt was sowieso schon in den Tabellen steht. Aber den Bericht soll wahrscheinlich eh keiner lesen. Braucht auch keiner, da man sich nur mit den Spesen des ÖRR beschäftigt. Übertragungskosten und Altersvorsorgezahlungen werden ausgiebig für jeden Teilbereich aufgeschlüsselt. Aber man fragt sich wofür. Das muss sowieso bezahlt werden und da kann auch kaum gespart werden.
Die Dinge bei denen gespart werden kann, beim Programm, ist der Bericht eher zugeknöpft. Man erfährt nur Durchschnittspreise pro Sendeminute nach Einteilung in groben Kategorien. Da fallen extreme Kostentreiber auch kaum auf.
Rund 10% mehr Festangestellte möchte man haben. Warum man eine Personalerhöhung braucht, kann ich dem Bericht nicht wirklich entnehmen. Vielmehr ist schon bedenklich, dass man freie Mitarbeiter in festangestellte umwandeln möchte. (S. 155 Tz. 244) Ich bin mir nicht sicher ob das vergaberechtlich zulässig ist. Man kann die Aufgabe in eine Festanstellung überführen, jedoch nicht unmittelbar die Person. Ohne Connections zum ÖRR hat man aber sicher gleiche Chancen auf die Stellen. reusper
Genial ist auch der Punkt „Nicht indexierbarer Sachaufwand“. Schlappe 2300 Mio € (+320 Mio €) hätte man gerne für vier Jahre Sonstiges (u.a. „signifikanter Einmalaufwand aufgrund von begründeten Sondereffekten“). Genauer geht die KEF nur auf den ausgleich von gesunkenen Zinsen bei der Altersvorsorge ein. Was da alles versteckt ist sieht man nicht.

Da der Bericht nicht wirklich aussagekräftig ist, wollte ich fragen ob ihr Quellen/Linklisten für weitere Dokumente kennt. (u.a. ausführliche Protokolle/Berichte der Rundfunkräte, Aufschlüsselung von Kosten nach Programmen) Im KEF Bericht wird fast nichts zitiert bzw. auf Quellen verwiesen, wo sich die Zahlen nachvollziehen lassen.

Außerdem würde mich noch interessieren, in welcher Art und Weise die Mittel verteilt werden. Wer bestimmt eigentlich wie viele Stellen die einzelnen Sendungen bekommen? Wer entscheidet wer eingestellt wird? Und wer kontrolliert das?

[1] https://kef-online.de/fileadmin/KEF/Dateien/Berichte/22._Bericht.pdf

Linkliste (wird ständig erweitert)
ÖFF Allgemein:
KEF-Berichte (Ausgabe 14-22)
Beitragsservice Jahresbericht
ARD:
Geschäftsberichte der ARD-Sender
Finanzen der ARD - Einnahmen und Ausgaben
ZDF:
Das ZDF veröffentlicht jährlich ein Jahrbuch: 2020, 2019, 2018, 2017, 2016, 2015, 2014, 2013, 2012, 2011, 2010, 2009, 2008, 2007, 2006, 2005, 2004, 2003, 2002
Unter diesen Links findet man nur eine fürs Web aufbereitete Version. Die pdfs der Jahrbücher sind nicht online gestellt. (oder ich kann sie nicht finden) Im gemeinsamen Verbundkatalog sind die Jahrbücher nur bis zum Jahr 2013 zu finden. Link
Hier sind auch die nach §30a ZDF-Staatsvertrag zu veröffentlichen Berichte enthalten. Dies sind jedoch nicht alle die erstellt werden. Einige müssen nur an die Landesregierung und den Rechnungshof des Sitzes des ZDF übermittelt werden.

ZDF Übersicht Programmkosten
Tarifstruktur

3 „Gefällt mir“

Detailierteres wird kaum veröffentlicht. Meiner Meinung nach müsste alles komplett offengelegt werden, wo jeder Cent hinfließt und wer wieviel verdient. Das passiert aber nicht mit Hinweis auf Vertrags- und Geschäftsgeheimnis.

1 „Gefällt mir“

Danke erstmal,

Wer mehr hat: immer her damit. Alles was Schlüsse auf die tatsächliche Verwendung der Gelder zulässt, ist nützlich. Ich würde diesen Thread einfach mal zum sammeln gebrauchen.

Auf den ersten Blick liegt mir die Vermutung nahe, dass man mit den undurchsichtigen Berichten einen riesigen Wasserkopf und kostspielige Prestigeprojekte verschleiern will. Selbst der Bundeshaushalt ist deutlich durchsichtiger. Es fällt schon auf, dass die meisten Sender in Summe deutlich weniger Kosten aufweisen als ZDF und Gemeinschaftsaufgaben der ARD. Alleine ca. 2% des Beitrags landen beim Beitragsservice. Immerhin lassen sich diese Kosten direkt einer Verwendung zuweisen. Im Bericht des Beitragsservice sind auch Fahrtkosten und Bücher extra aufgeschlüsselt.

Ebenso würde mich interessieren was für Stellen der ÖRR schaffen will. Wollen sie mehr Redakteure, mehr Wasserkopf, usw? Vielleicht sollte man mal deren Stellenausschreibungen tracken…

Offene Fragen:
Bei Organisationen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen (Forschungsinstitute, Sozialeinrichtungen) sind die Länder zuständig und sie sind u.a. an der Vergaberecht der Länder gebunden.
Wer kontrolliert die Finanzen des ÖRR? Der Bundesrechnungshof macht ja immer wieder Schlagzeilen, wenn Verschwendung aufgedeckt wird. Warum gab es nie was zum ÖRR?

Wie werden Entscheidungen über die Zuteilung von Mitteln getroffen und wer macht das?

Wie wird sichergestellt, dass die Gelder effizient zur Erreichung des Programmauftrags eingesetzt werden?

Wie sind die Gelder auf Kostenstellen verteilt?
Auch interesannt: In welche Kategorien fallen die einzelnen Sendungen? Und warum ist „Fernsehspiel“ so teuer und was rechtfertigt es? Wie würde z.B. das Organigramm des ZDF mit Preisschildern aussehen?

Gäbe es einen effizienteren Weg des Beitragseinzugs und wurden diese schon diskutiert?

Welche Daten liegen der KEF zur Kontrolle vor?

Wie wird die Verwendung des Beitrags mit den Wünschen der Beitragszahler in Einklang gebracht?
Das BVG hat z.B. die besondere Wichtigkeit einer unabhängigen Berichterstattung hervorgehoben. Dem wurde gestern in den Kommentarspalten auch breit zugestimmt. Generell wird kritisiert, dass eine Menge Geld für Sport und Unterhaltungsprogramme verschwendet wird. Warum wird der überwiegende Teil der Beiträge in kostspielige Programme investiert, die nicht eine breite Zustimmung finden?

todo:
-Bewertung und Komprimierung der Berichte
-Vergleich der Berichte und Vergleich zu anderen rechenschaftspflichtigen Institutionen
-Vergleich der Einziehungskosten des Beitrags mit anderen beitragspflichtigen Institutionen (Parteien, Vereine, usw.)
-Daten maschinenlesbar ablegen

Ich finde diese Fragen sehr interessant! sammle diese Fragen doch einfach mal und schick dem Beitragsservice eine Email. Bin mal gespannt, was da für ein geschwurbel zurück kommt!

Kennt man ja schon von diversen Anfragen. Da wird dann so geantwortet, als wenn man was anderes gefragt hätte.

Mir ist bei der Durchsicht der Berichte bewusst geworden, dass diese aus einem einfachen Grund keine Aussage über Kosteneffizienz treffen können: Die Ausgaben richten sich NICHT nach den zu erwartenden Einnahmen, sondern umgekehrt. Das ist ein typisches Problem von Staatsfinanzen. Staatsfinanzierung ist nicht immer etwas grundsätzlich schlechtes, jedoch müssen auch da gewisse Spielregeln eingehalten werden. Jedoch gibt es da mMn kaum wirksame Schranken im Vergleich zu regulären Staatsausgaben.

Dem ÖRR mangelt es an Verfasstheit. Es gibt kaum eine reale Gewaltenteilung. In erster Linie ist es eine hierarchische Struktur, welche größtenteils nichtöffentlich (und sehr milde) von den Landesregierungen, Rundfunkräten und Verwaltungsräten kontrolliert wird. Diesen obliegen zwar bestimmte wichtige Entscheidungen und Kontrollfunktionen, jedoch bleibt zu bezweifeln, dass sie die Prozesse ernsthaft kontrollieren (können). Auch entscheiden sie nur über die Besetzung weniger hoher Positionen.

Das Bundesverfassungsgericht meint, dass der ÖRR für eine objektive Berichterstattung steht, weil er unabhängig ist. Dies gilt bei Gerichten auch. Jedoch unterliegen deren Entscheidungen in der Regel der Öffentlichkeit, bzw. gibt es mit den Gesetzen und Prozessordnungen vom Gesetzgeber klar definierte Spielregeln und ein ausgeklügeltes System an Beschwerde- und Kontrollmöglichkeiten. Beim ÖRR habe ich das Gefühl, dass Leute in hohen Positionen einfach nach billigem Ermessen entscheiden können und dafür kaum Rechenschaft schuldig sind, bzw. ist Gegenteiliges nicht einfach ersichtlich.

Dass man aus Gründen der Rundfunkfreiheit einen Staat im Staat gründen soll, kann ich ja noch nachvollziehen, auch wenn ich davon trotzdem nicht überzeugt bin. Ich verstehe nur nicht warum bei diesem nicht die selben Maßstäbe angelegt werden müssen wie z.B. bei der Wissenschaft. Universitäten sind auf Grund der Wissenschaftsfreiheit auch staatsfinanziert und selbstverwaltet. Hier sind die Professoren zwar auf Lebenszeit ernannt und verfügen über ein eigenes Budget. Es gibt aber nicht einmal ansatzweise eine Konzentration von Macht wie es beim ÖRR und insbesondere beim ARD und ZDF der Fall ist.
Möchte ein Prof. über mehr Mittel verfügen, als 2-3 Mitarbeiter und einen Betrag für Sachkosten im unteren fünfstelligen Bereich, muss die Notwendigkeit begründet und von vielen verschiedenen Gremien bestätigt werden. Klar wird es hier auch Vetternwirtschaft geben. Jedoch gibt es eine Menge verschiedene Stellen, wo Forschungsmittel beantragt werden können und irgendwann hat man auch mal Glück.

Man stelle sich mal vor, dass der Rektor und irgendein Rat einer Uni nichtöffentlich und quasi nach billigem Ermessen die Mittel verteilt. Was hier schon absurd wirkt, scheint beim ÖRR leider Realität zu sein.

Es wäre wirklich mal spannend, wenn jemand das System ÖRR staatswissenschaftlich untersuchen könnte. Mich würde nicht wundern, wenn rauskommt, dass das System einer frühen konstitutionellen Monarchie nicht unähnlich ist, wo trotz Parlament und Gerichten der Monarch und sein Hofstaat machen kann was er will…