Ein neues Thema? Vielleicht kannst der Dame helfen.

ch brauche dringend euren Rat!!!
Dieser Beitrag enthält Frequenzen aus meiner Klasse. Als unser Buch damals erschien, kam RTL zu uns und drehte einen Tag mit den Kindern. Es ging damals um die Leistung der Kinder, über ihre Störung zu schreiben. Ritalin nahm keiner. Die selbe Reporterin (unwissend und schlecht vorbereitet) testet nun Ritalin. Meine Schüler als Beispiel für prügelnde ADHSler.
Was kann ich machen???

//youtu.be/w5JwgZld6rU

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wann hat sie das denn geschrieben? und wann lief der Beitrag?

Am 14. Februar gepostet.
Ich habe ihr geschrieben, sie soll an presse@fernsehkritik.tv schreiben. War doch richtig?
Wann das im TV lief, weiss ich nicht. Am 10.02. auf Youtube hochgeladen.

P.S. Ich habe Antwort bekommen, der Beitrag lief am 10.02.

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Noch eine Info, hat sie mir gerade geschrieben:

Die Frequenzen meiner Klasse sind doch aus einem Beitrag rausgeschnitten, den RTL 2011 in meiner Klasse gedreht hat. Und diesen Beitrag suche ich…

Sie sucht noch den Originalbeitrag.

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Kommt gerade noch mehr Info von ihr:

Das war in RTL Aktuell Febr./März 2011, da drehte RTL einen Tag an unserer Schule, da die Schüler ein Buch über ADHS geschrieben haben…

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RTL: So gefährlich ist das Fernseh-Experiment“ – Schonungslose Gedankenarmut von punkt 12 bis Mittag.

Einige humoristische Anmerkungen zu „Ritalin: So gefährlich ist das ADHS-Medikament“ (RTL2-Beitrag der Reihe „punkt12“ vom 10.02.2014)

Wäre das medizinische Thema nicht zu ernst, seine hemmungslose Vermarktung für die Medien nicht zu attraktiv, die Reichweite des Fernsehens ungeachtet des Internets nicht noch immer zu groß – man könnte sich zurücklehnen und amüsieren, welch dilettantischen Unfug RTL unter dem reißerischen Titel „Ritalin: So gefährlich ist das ADHS-Medikament“ in der Reihe „punkt 12 Reporter“ am 10.02.2014 ausstrahlte. Da nimmt die Journalistin Alexandra Wahl nach eigenem Bekunden zwei Tabletten Methylphenidat (welches Präparat genau, ist nicht auszumachen, da mal Ritalin, mal Concerta, mal Medikinet eingeblendet werden), filmt sich à la „Blair Witch Project“ auf der Sendertoilette, schneidet ihr pseudodokumentarisches Gefasel mit Aufnahmen eines Kardiologen, eines 13-jährigen Jungen mit ADHS, dessen Mutter sowie raufenden Kindern einer Schulklasse zusammen (letztere, wie man hört, werden ohne ihr Wissen und ihre Zustimmung gezeigt) und RTL strahlt die elfminütige Filmcollage als Armutszeugnis des investigativen Journalismus für das sendereigene Bildungsprekariat aus. Schließlich gibt es kein Niveau, das die „punkt 12 Reporter“ nicht unterschreiten könnten, wie die knallharte Reportage zwei Tage später belegt: „Teenager-Teufelsaustreiberinnen: Drei US-Girls jagen Dämonen“. Da können selbst die öffentlich-rechtlichen Mitarbeiter von „brutal21“ und „zoom Henker“ nicht mithalten.

Auf Exorzismus-Kurs ist RTL inzwischen offenbar auch bei ADHS und Ritalin gegangen. „Ich raube dem Kind einen Teil seiner Kindheit, einen Teil seiner Kreativität“, spricht der Kardiologe Dr. Jörg Wiewer die albernen Hüther-Sätze aus dem Off, bebildert mit Aufnahmen des 13-jährigen Robin beim Kartenspielen: „Die Persönlichkeit kann sich nicht so entwickeln, wie sie sich sonst entwickeln würde. Ich nehme manche Aspekte weg, die störend sind für die Allgemeinheit, aber letztendlich greife ich stark in die Psyche des Kindes ein. Ich reduziere sein gesamtes Entwicklungspotenzial auf einen ganz kleinen Bereich, um ihn der Gesellschaft anzupassen.“ Wüsste man nicht, dass hier ein Arzt, der offenkundig weder von der ADHS noch ihrer Behandlung die geringste Ahnung hat, über die medizinische Anwendung von Methylphenidat spricht, könnte man glauben, er zitierte aus einer „Reader’s Digest“-Version von Huxleys „Brave New World“. Mit der Lebenswirklichkeit von ADHS-Betroffenen und ihren Familien haben die hobbypsychologischen Ausführungen aus dem unerschöpflichen Phrasenschatzkästchen der ADHS-Gegner freilich nichts zu tun.

Doch für Frau Wahl und ihren kleinen MPH-Selbstversuch ist der herzkundige Medizinmann offenbar ein idealer Gesprächspartner, mithin die richtige Wahl. Ihre Erkenntnis „sechs Tabletten am Tag ist unglaublich viel“ (ich persönlich finde ja, dass 24 Stunden am Tag noch viel mehr ist, ganz zu schweigen von 1440 Minuten!), ergänzt er durch die tiefschürfende Erläuterung: „Wenn das Kopfkino erstmal anfängt, dann werden Hormone im Körper ausgeschüttet und der Herzschlag wird noch beschleunigt.“ Aha, so funktioniert das also mit diesem Herz und diesem Hirn und dem erstaunlich simplen Stoffwechsel im menschlichen Körper. Vor dem Hintergrund dieses profunden ärztlichen Fachwissens wird auch verständlich, warum die ominöse „Überdosis“ von täglich sechs Tabletten Ritalin die Medizinstudentin Sabine F. (übrigens die jüngere Schwester von Christiane F.) verändert hat: „Sie raucht viel mehr, isst kaum mehr, schottet sich von ihren Freunden ab, fängt an zu lügen.“ Hoffentlich schwindelt sie sich nicht auch noch durch Physikum und Staatsexamen, sonst ist zu befürchten, dass die von hinten mit Wollmütze und verfremdeter Stimme gezeigte vermeintliche MPH-Großkonsumentin in der nächsten RTL-Reportage von vorne und mit Arztkittel zu sehen ist, wie sie als Psychiaterin übers Kammerflimmern philosophiert: „Wenn das Herzkino erstmal anfängt, dann werden Hormone im Körper ausgeschüttet und der Hirnschlag wird noch beschleunigt.“

Eigentlich braucht die tapfere Journalistin mit dem gleichermaßen selbst- wie sinnlosen Hang zur Laienempirie gar keinen Kardiologen, denn ihre rücksichtlose Eigenschau, gepaart mit einem messerscharfen Verstand, lassen sie die fatalen Wirkungen des Methylphenidats selbst erkennen: „Mein Herz geht auch schon total schnell, das kann nicht gut sein.“ Satz und Szene waren den RTL-Redakteuren so kostbar, dass sie gleich zweimal im selben Beitrag unterbracht wurden. Später räsoniert sie mit gleicher Stringenz: „Dass nur zwei Tabletten meine Stimmung, meine körperliche Verfassung so verändern können, hätte ich nie gedacht. Dabei war ich in ständigem Kontakt mit meinem Arzt.“ Wie gut, dass sich Frau Wahl kein Insulin spritzte oder Desfluran inhalierte, metaphysischer Arztkontakt hin oder her, denn da hätte sich Schlimmeres einstellen können als ein erhöhter Puls. Allerdings: Warum sollte sie ihrem Körper Wirkstoffe für Diabetiker oder gar ein Anästhetikum zuführen, ohne zuckerkrank zu sein oder einer Narkose zu bedürfen?! Mit gleicher Berechtigung lässt sich jedoch fragen, warum jemand, der nicht an ADHS oder Narkolepsie leidet, ein Stimulans wie Methylphenidat einnimmt – und zudem glaubt, es würde ihm gut tun.

Leider hat niemand bei RTL die Sinnfrage gestellt, zumindest nicht die Frage nach einem inhaltlichen Sinnzusammenhang des kruden Fernsehbeitrags. Hätten nicht ein wenig Recherche im Internet sowie die Nachfrage bei einem Facharzt, der sich damit auskennt, die Nebenwirkungen des Selbstversuchs voraussagen und sogar verstehen lassen? Methylphenidat ist ein Sympathomimetikum: Es wirkt stimulierend auf den Sympathikus – einen Teil des vegetativen Nervensystems, das u.a. den Blutdruck und die Herzfrequenz reguliert. Selbiges steht auch im Beipackzettel eines jeden MPH-Präparates. Da Herz und Hirn (zumindest für die meisten Menschen und in den meisten Berufen) recht wichtige Organe sind, können Substanzen, die an diesen Orten wirken, auch bedeutsame Nebenwirkungen haben, nachgerade in einem gesunden Körper, der einer künstlichen Stimulation nicht bedarf. Immerhin führt selbst der Beipackzettel einer nicht verschreibungspflichtigen Substanz wie Acetylsalicylsäure (Aspirin) u.a. Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Hirnblutungen, Magen-Darmblutungen, Blutdruckabfall, Anfälle von Atemnot, Entzündungen der Nasenschleimhaut, allergischer Schock, Schwellungen von Gesicht, Zunge und Kehlkopf, dazu Kopfschmerzen, Schwindel, Tinnitus und geistige Verwirrung als Nebenwirkungen auf. Verwunderlich ist in diesem Zusammenhang allenfalls, dass Frau Wahl ungeachtet ihrer zuvor eindrücklich verfilmten Lektüre des Beipackzettels von Concerta einige Filmsequenzen später in einem Moment nächtlicher Selbstbespiegelung äußert, das Medikament solle „heute noch gar nicht richtig anschlagen, […], erst in den nächsten Tagen“. Eine solche Erwartung muss den Hersteller gerade dieses Präparates besonders enttäuschen, hat er sich doch alle Mühe gegeben, die üblicherweise rasche Anflutung und kurze Wirkdauer des Methylphenidats von drei bis vier Stunden auf ein Mehrfaches auszudehnen.

Angesichts des boulevardjournalistischen RTL-Selbsterfahrungstrips darf die Mär von den „Studien“, die angeblich belegten, Ritalin sei „unter jungen Erwachsenen zur Modedroge geworden“, durchaus bezweifelt werden. Methylphenidat lässt nicht allein das Herz von Journalisten schneller schlagen, sondern raubt auch anderen bisweilen den Schlaf. Manch ADHS-Betroffener kennt diese Nebenwirkung aus den ersten Wochen der Medikamenteneinnahme bis zum Abschluss der Dosistitration. Danach sind nur wenige fachärztlich korrekt diagnostizierte und medikamentös eingestellte Patienten durch anhaltende Nebenwirkungen einer MPH-Behandlung belastet. Im Fall der ADHS überwiegt der Nutzen der Medikation die unerwünschten Nebenwirkungen sowohl aus Sicht der Betroffenen als auch der Angehörigen bei weitem. Welche Mutter und welcher Vater eines ADHS-Kindes würde diesem jahrelang tagein tagaus ein Medikament geben, das nichts bringt außer Nervosität und Schlafstörungen??? Da mögen sich die Eltern bisweilen tatsächlich wünschen, der hyperaktive Nachwuchs ließe sich durch eine Tablette kurzerhand ruhigstellen, wie es die dümmliche Anmoderation des RTL-Beitrags einmal mehr als vermeintliches Ziel jedweder medikamentöser ADHS-Therapie formuliert. Doch gerade das leisten die in der ADHS-Behandlung als Substanzen erster Wahl eingesetzten Stimulanzien nicht.

Soll man sich nun über einen Fernsehbeitrag wie „Ritalin: So gefährlich ist das ADHS-Medikament“ ärgern? Zu ernst, zu attraktiv, zu verbreitet ist das Thema, schrieb ich eingangs der Rezension, als dass man sich über die experimentelle Selbst-Investigation eines sinnbefreiten Journalismus unbeschwert amüsieren könnte. Andererseits landen die „punkt 12 Reporter“ so treffsicher auf derselben Stelle, von der sie abgesprungen sind, dass man ihre Documentary mit ein bisschen Ironie kurzerhand als unbewusst-ungewollte „Mockumentary“ begreifen kann, die der medialen Diskussion der ADHS und ihrer medikamentösen Behandlung durchaus parodistische Momente abzugewinnen vermag. RTL gelingt es, nicht nur alle Klischees zum Reizwort „Ritalin“ in einen Fernsehbeitrag von elf (!) karnevalesken Minuten zu packen, sondern auch jede noch so zynisch-alberne Vorstellung des Medienlaien, wie zielgruppenorientierter Journalismus heute funktioniert: talentfreie Laiendarsteller spielen in eleganter Schlichtheit die vermeintlichen und realen Dramen einer Welt, die viel zu kompliziert ist, als dass der Zuschauer sie nach 30 Jahren Privatfernsehen in Deutschland noch ernsthaft sehen und verstehen möchte. Was kommt nach dem geistigen Sparprogramm des redaktionseigenen MPH-Selbstversuchs? Wird Frau Wahl einen Airbus voller Touristen nach Mallorca fliegen, um zu zeigen, wie gefährlich Urlaub am Ballermann sein kann? Wird das RTL Nacktjournal künftig exclusiv, explosiv und extra aktuell über „Risiko: So gefährlich ist das Leben“ berichten und endlich klären, warum es meistens tödlich endet? Oder schickt RTL seine Reporter künftig „punkt 12“ zum Mittagessen, damit sie kein weiteres mediales Unheil anrichten?! Fragen über Fragen, die „Mein RTL“ mir, Dein RTL dir und unser aller RTL der Menschheit dringend beantworten sollte, bevor es uns, wie Oliver Kalkofe es einst so trefflich formulierte, in die geistige Insolvenz gesendet hat. Schonungslose Gedankenarmut von punkt 12 bis Mittag.

Dr. Johannes Streif