Diskussion über den Blog-Artikel: Ein Mann mit Grundsätzen
Wenn es um Rechtsextremismus geht, fahren die Sender ja normalerweise eine klare Linie: Alles, was auch nur im Ansatz einen rassistischen oder anti-semitischen Geruch hat, wird sofort aus dem Programm geschmissen und geahndet. Manchmal reagieren die Sender fast schon zu übertrieben eifrig, zumeist aus Angst davor, selbst in eine solche Ecke zu geraten. Meine Meinung etwa zum Umgang mit der Band Frei.Wild ist ja inzwischen allgemein bekannt. Umso erstaunter dürfte nun mancher über Folgendes sein: Auf RTL 2 darf ein womöglich nach wie vor bekennender Rechtsextremist als Teilnehmer der Dokusoap “Traumfrau gesucht” vor die Kamera. Und nicht nur das: Er darf sogar menschenverachtende Sprüche vom Stapel lassen.
Dirk Chittka redet gern von Erfolg. Wie viel Erfolg er selbst tatsächlich im Leben hatte, bleibt ein wenig unklar. Dass er nun bei “Traumfrau gesucht” mitmacht, spricht eher dafür, dass es mit dem Erfolg nicht immer so hinhaut - jedenfalls nicht mit dem Erfolg bei Frauen. Er tut dennoch gern so, als könne er anderen etwas von Erfolg erzählen. So hat er zum Beispiel vor einigen Jahren ein Buch zu dem Thema geschrieben. Zudem bot er auf seiner persönlichen Seite Seminare zu happigen Preisen an. Diese Seite ist seit einiger Zeit nicht mehr online, allerdings lässt sich über web.archive.org noch bruchstückhaft einiges davon finden. Der ganz entscheidende Punkt ist aber: Chittka hat eine eindeutig rechtsextremistische Vergangenheit - und es ist nicht erkennbar, dass er sich davon aus Überzeugung losgesagt hat.
Im Jahr 1999 trat er als Bürgermeisterkandidat für die FDP in Oer-Erkenschwick (NRW) an. Als ans Tageslicht kam, dass er zuvor bereits Mitglied der NPD war, rief die FDP selbst dazu auf, ihn nicht zu wählen. Damit war seine rechtsextremistische Vergangenheit aber nicht abgehakt, im Gegenteil: Im Jahr 2006 trat Chittka als Spitzenkandidat der als rechtsextrem eingestuften Partei “Ab jetzt… Bündnis für Deutschland” in Mecklenburg-Vorpommern an - auch in der Funktion war er nicht erfolgreich. Zwei Jahre später, also 2008, hielt Chittka noch bei der NPD in Dortmund einen Vortrag über “schleichende Islamisierung” und Überfremdung und plädierte für einen “nationalen Politikwandel”. Von einer Jugendsünde kann hier nicht die Rede sein, denn Chittka, inzwischen Anfang 50, wird auch mit Mitte 40 genau gewusst haben, was er tat und sagt. Spätestens nach der Affäre um seine FDP-Spitzenkandidatur hätte er sich lossagen müssen von braunen Überzeugungen - hat er aber nicht.
Dieser Mann ist nun aktuell im Fernsehen auf der Suche nach der großen Liebe - und zeigt dabei, dass er nach wie vor ein menschenverachtendes Weltbild zu haben scheint. Dies wurde besonders deutlich in der Ausgabe der Sendung “Traumfrau gesucht” (RTL 2) vom 18. Februar 2013. Chittka wird mit einer rumänischen Frau bekannt gemacht und redet derart diskriminierend über sie, dass es unfassbar ist. Er bezeichnet sie als “Schabracke” und sagt vor laufender Kamera: “Eine Frau mit so einem Gebiss, die dürfte mir noch nicht mal einen bla***.” Da die Dame kein Deutsch sprechen kann, verarscht er sie im Gespräch mit Macho-Sprüchen wie “Eigentlich kann ich dich schön trinken, aber die haben hier gar nicht so viel Alkohol, dass ich dich schön trinken kann.” Bei der Partnervermittlerin beschwert er sich über sein Date: “Um Gottes willen, ist die hässlich. 30 Jahre nicht beim Zahnarzt gewesen, Warze aufm Kopp… Katastrophe!”
Es ist ernsthaft die Frage angebracht, wie RTL 2 einem solchen Zeitgenossen in einer Primetime-Sendung ein Podium bieten kann. Der Sender selbst nahm auf Anfrage meinerseits folgendermaßen dazu Stellung: “‘Traumfrau gesucht’ ist eine Unterhaltungssendung, in der Singlemänner auf Brautschau im Ausland gehen. Der betreffende Protagonist war Mitglied mehrerer Parteien, u.a. CDU, CSU, FDP und NPD. Von Zielen und Inhalten letzterer Partei hat sich Herr Chittka uns gegenüber nachdrücklich distanziert.” Aber tat er dies wirklich aus Überzeugung? Sein letzter nachgewiesener NPD-Vortrag ist fünf Jahre her. Was sollte ihn zum Umdenken gebracht haben? Die Art und Weise, wie er sich vor einem Millionenpublikum diskriminierend über andere äußert, lässt daran zweifeln. Vielmehr ist die Frage angebracht, warum so jemand überhaupt an einer Brautschau im Ausland teilnimmt, wenn er doch selbst im eigenen Land vor Überfremdung warnt. Die Antwort: Chittka plant offenbar eine musikalische Karriere unter dem Pseudonym “Dirk Dorian” - und möchte “Traumfrau gesucht” als Sprungbrett nutzen. Es existierte bis vor kurzem ein entsprechendes Facebook-Profil, dies wurde inzwischen gelöscht. Auch ein privates Facebook-Profil unter seinem echten Namen ist nicht mehr online. Ein (ehemaliger?) Rechtsextremist, der an einer Trash-Sendung im Fernsehen teilnimmt und mit schlechter Musik Karriere machen will - manchmal kann das reale Leben echt hart sein.