Das Fernsehprogramm. Eine Ursachenforschung.

Falls der folgende Thread schon in irgendeiner Form existiert, bitte dichtmachen und mich verweisen. Falls er nicht hier reingehört, dann bitte verschieben.

Der Fernsehkritiker hat in eine seiner Sendungen einmal den Film Free Rainer empfohlen. Nun hab ich mich schon vorher gefragt, wer denn eigentlich unser tolles Fernsehprogramm macht. Natürlich nicht im Sinne von herstellen, sondern eher im Sinne: “Wer drängt hier wem etwas auf?”. Also manipuliert das Fernsehen uns oder wir das Fernsehen? Nun schaue ich aufgrund des Programms selbst nicht viel Fernsehen, sondern eher selbst gewählte Filme/Serien über DVD und dergleichen. Trotzdem frage ich mich, was kann man direkt gegen unser Programm tun außer sich bei den Sendern zu beschweren. Und überhaupt, wann hat dieser Trend mit solchen Soaps, Daily Soaps, Realityshows etc. begonnen. Mir selbst kommt es so vor, als sei dies von heute auf morgen geschehen. Wäre froh eure Meinung dazu zu hören und wenn jemand der tiefer in der Materie steckt ein paar Fakten liefern könnte. Schließlich werden hier massenhaft Sendungen kritisiert und mich würde einmal interessieren woher das ganze kommt.

Es fing in den 80ern mit dem Auftreten der Privaten an.

Die Privaten waren damals noch Eintagsfliegen, die auf den freigegebenen Frequenzen wechselten, wie Fahrgäste auf den Sitzplätzen im Omnibus. Die deutsche Zuschauerschaft war verwirrt,… zum ersten Mal hatte man das - bisher - ungewohnte Erlebnis, das mitten im Film Werbung kam.

Die Öffentlich Rechtlichen regten sich auf und sahen ihre Quoten fliegen gehen, man motzte über den Senderinhalt und die allgemeine Qualität.

Und die war anfangs auch wirklich unter aller Kanone.

RTL versuchte sich als ARD-ZDF-Pendant zu etablieren, anderes (vor allem Sport) destillierte sich in Spartenkanälen und … es zogen „amerikanische Verhältnisse“ in deutschen Stuben ein. Und nicht nur hinsichtlich des Werbungsverhaltens. Kiddies zogen ihre Weisheit nicht mehr aus der „Bravo“ oder aus „Popcorn“,… „MTV“ (damals noch ein erstklassiger Musiksender) wurde ein Muß, wenn man „cool“ sein wollte.

Die Sender starteten mit teilweise minimaler Kapitaldecke. Die aus der Werbung erwarteten Einnahmen waren noch nicht zu verzeichnen, die Wirtschaft hielt sich noch zurück, man traute dem neuen „Medienmarkt“ noch nicht so über den Weg. Und deshalb mussten die Sender entsprechend ihrer Kapitaldecke wirtschaften.

Und das hieß: Konserven.

Serien und Gameshows („Glücksrad“, „Der Preis ist heiß“, „Jeopardy“ und „Der Zonk“), die in den USA abgelegt wurden, fanden bei SAT1, RTL, Tele5 und dem „Kabelkanal“ (heute Kabel1) ein neues Publikum,… und es kamen in diesem Zuge auch die „Seifenopern“ über den grossen Teich.

Vormittägliches Hausfrauenfernsehen … „California Clan“ und andere. Serien, die - wie ich sie immer nannte - „Einraum-Serien“ waren,… alle Sets standen in einem Studio und diese milchig-geweichzeichnete Beleuchtung war symptomatisch für diese Serien. Schön garniert in den Werbepausen mit „Homeshopping“.

Von da an ging es langsam und stetig weiter. Die Sender begannen sich langsam zu etablieren, die Quoten stabilisierten sich und die Kanäle begannen sich ihrem Publikum anzupassen … RTLII ist da das große Beispiel. Wer die Historie dieses Senders von Anfang an verfolgt hat, wird merken, das die Zielgruppe schon immer die Leser der „Yellow Press“ bzw. einschlägiger "bild"ender Printmedien war.

Erst mit fester werdender Finanzdecke begannen die Sender eigene Produktionen auf die Beine zu stellen und risikoreicher zu werden. Nachdem sich das Konzept der Privaten allmählich durchzusetzen begann, kam Onkel Leo mit dem nächsten Amerikanismus auf den Deutschen Fernsehmarkt: Premiere.

Fazit:
Mit dem Einfluß der Privaten und der damit verbundenen Investoren der amerikanischen Medienwelt kamen auch amerikanische Verhältnisse in die deutschen Stuben. Nachrichtensendungen, die bis dahin betonungsneutral präsentiert wurden (Köpke z.B.) erfuhren einen immer stärker werdenden Showcharakter,… die bis dato einzige deutsche „Talkkshow“ („Der Frühschoppen“ mit Werner Höfer) bekam Konkurrenz und Harald Schmidt war der erste, der das Format (fast 1:1) von Jay Leno über den Teich holte.

Und es ging anfangs noch um witzige Dialoge, ich habe „Dirty Harry“ selber gerne gesehen, aber nachdem nun alle versuchen, das Ganze zu klonen („Kerner“ usw.) und es nur noch darum geht, den Studiogast mainstreamwirksam niederzumachen, ist das Ende der Fahnenstange erreicht.

Die deutsche Medienlandschaft ist - in fast allem, bis auf wenige Ausnahmen - „US-TV light“ und daran wird sich auch sobald nichts ändern …

Die von uns so verteufelten „Call-In-Shows“ sind nur ein weiterer pervertierter Auswuchs des Ganzen.

Und wie aus diesem Post auch schon zu entnehmen ist … nicht nur das Fernsehen ändert sich.

Wir haben „Soaps“, „Talkshows“, „Anchormen“, „News“, „Call-In-Shows“, usw. usw.

Und ohne „off-topic“ (pardon, ich meine natürlich „abschweifend zu werden“) zu gehen: Fast unmerklich hat sich mit der Etablierung US-amerikanischen Medienverhaltens hier in Deutschland auch das Klima in der Wirtschaft abgebaut,… und ich meine jetzt den Umgang mit den Arbeitskräften. Hony soit, qui mal y pense. :mrgreen:

Die kulturelle Metamorphose eines Volkes vom Volk der Dichter und Denker zurück zu einer Ansammlung von Medienkonsumenten und Fernsehgläubigen, deren die Kritikfähigkeit allmählich immer mehr - und fast unbemerkt - abhanden kommt und die sich von ihrer gewählten Obrigkeit genauso ignorierend „regieren“ lässt, wie es die Amerikaner erleben.

Schlußsatz:

Natürlich ist der große Satan schuld. :roll: … NOOOOOT.

Wären die deutschen wirklich die kritischen Dichter und Denker gewesen, die du hier portraitierst, hätte sich doch niemand “Tutti Frutti” oder amerikanische Daily Soaps angeschaut.
Wenn es keine Nachfrage nach solcher Unterhaltung gegeben hätte, wären die Privaten doch nicht so erfolgreich gewesen. (Also es sei denn, in Coca-Cola sind irgendwelche mysteriösen, manipulativen Inhaltsstoffe enthalten)

Und selbst wenn gewisse Privatsender nur von Bild-Lesern geschaut werden, na und??? Wie dir vielleicht aufgefallen ist (du liest ja das Grundgesetz, hab ich gemerkt) werden in Deutschland alle Bürger als gleich und mündig betrachtet (auch die Bild- und Bunte-Leser).
Ich jedenfalls finde, das die Privaten ein große Bereicherung für die deutsche Medienlandschaft darstellen. Sendungen, die mir nicht gefallen schaue ich einfach nicht. Und wenn jemand “Hai-Alarm auf Mallorca 5” oder “Die große Jörg und Dragan Show vom Ballermann” gucken möchte, dann soll er das tun.

Und im Gegensatz zu den öffentlich-rechtlichen ist privates Pay TV immerhin ehrlich, denn man kann es abbestellen, wenn man das Programm zum Kotzen findet.

Ich denke viel eher, dass der Erfolg des amerikanischen Modells einfach in seiner ungeheueren Attraktivität liegt, und dass sich freie, mündige Menschen in Deutschland dafür entscheiden, weil sie gerne diese Art von Fernsehen hätten und nicht, weil irgendwelche dunklen Mächte, sie dazu bringen.

@ Sherman …

Jetzt hast Du mich fehlinterpretiert. :cry:

Es ist mir sicherlich schnuppe, wer, wann was guckt … ich fühle mich nicht vom fernsehen „vergewaltigt“ … ich kann um- oder ausschalten. Und das ist auch gut so.

Es ging Ampler - so jedenfalls habe ich ihn verstanden - darum, zu ergründen, wie sich die Medienlandschaft in Deutschland so entwickelt hat, wie sie ist … und - da gebe ich Dir völlig Recht - da bestimmen Angebot und Nachfrage die Qualität. Wenn es genug Leute gibt, die diesen Ausschuß gucken oder die Sender sogar anschreiben, das die oder die Serie aus anderen Ländern hier gezeigt werden sollte, dann wird das auch passieren.

Und das ist sicherlich auch nicht verkehrt.

Wer unabhängige Information will oder wer anspruchsvolle Unterhaltung sucht, der kann sie sich auch verschaffen … und der tut das auch.

Das Hauptargument der Öffentlich Rechtlichen ist immer die Unabhängigkeit und Ausgewogenheit der Nachrichten,… der „Staatsauftrag“ den sie aus dem „Rundfunkstaatsvertrag“ ableiten und den sie als „Bollwerk gegen die, durch Werbung beeinflussten, Nachrichten der Privaten“ verfechten wollen.

Was davon zu halten ist, das wissen wir - spätestens - seit dem Putin-Interview.

Und dafür bekommen sie von uns Geld,… Gebüren, die wir zu entrichten haben, ob wir wollen oder nicht. Vergleicht man die Haushalte der Privaten gesamtaddiert im Vergleich mit dem Haushalt der ÖR, dann kann man sich leicht vorstellen, wer besser haushalten kann und muß.

Und das die Privaten dann dem Mainstream folgen und „kundenorientierter“ sind, weil nur durch Quoten Werbeeinnahmen erzielt werden können … das ist nur natürlich.

Müssten die ÖR sich aus Werbeeinnahmen finanzieren wie die Privaten … sie hätten sehr schnell ein sehr identisches Programm. :smiley:

Wenn sich die ÖR mal auf ihre Kernaufgaben beschränken würden, könnte man sie aus Steuergeldern bezahlen. Dann würde die GEZapo wegfallen und man würde wahrscheinlich einiges an Verwaltung sparen.
Dafür müsste man den ÖR aber endlich mal den staatlichen Unterhaltungsauftrag entziehen, und sie zu reinen Infosendern umformen (ungefähr so wie Euronews oder Phoenix).
Das wäre dann auch in Ordnung, aber es fällt mir schwer das Musikantenstadl oder Wetten, dass als Einwohner einer Qualitätsinsel einzuordnen :slight_smile:
Aber das geht etwas am Thema vorbei.

Das Fernsehprogramm hat sich also durch Wegfall des staatlichen Monopols zu dem entwickelt, was der Kunde wollte. Die ÖR überleben nur durch staatliche Protektion und werden dadurch sozusagen die Steinkohlezechen der Fernsehlandschaft.

Zunächst einmal wäre es für mich essenziell, den öffentlich-rechtlichen Sendern mit sofortiger Wirkung die Quotenerhebung zu verbieten. Denn die Quoten sind irrelevant für deren Programm.
Ausserdem muß das gesamte Programmpaket auf ein erträgliches Maß geschrumpft werden. Braucht jedes Bundesland denn wirklich sein drittes Programm, und muß dieses dritte Programm denn wirklich noch mal in zig Regionalfenster aufgesplittet sein? Es ist daher nicht verwunderlich, daß die öffentlich-rechtlichen Sendern mit ihren sieben Milliarden Euro jährlich kaum haushalten können, wenn man sich den gewaltigen Apparat mal anschaut, in den diese Gebühren gesteckt werden. Das sich ein Sender sehr wohl aus Steuergeldern finanzieren kann, und dabei noch gutes Programm abliefert zeigt meiner Meinung nach die Deutsche Welle.

Beim Privatfernsehen bin ich der Meinung, daß sie dem Volk in den ahtzigern genau das gegeben haben, was das Volk wollte. Denn wer sich noch an die Anfangstage des Privatfernsehens erinnert, der wird aus dem Grinsen nicht mehr raus kommen, so schrecklich waren RTLPlus, PKS, Eureka TV etc. Aber nichts destotrotz hat man es geschafft, dem etablierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Zuschauer immer schneller wegzuschnappen. Und an dem Punkt hätte das öffentlich-rechtliche Fernsehen umdenken müssen. Hier hätte man den Qualitätsvorteil nutzen müssen, aber statt dessen saßen die Verantwortlichen auf ihrem hohen Roß, und haben sich darum keine Gedanken gemacht. Auf diesem hohen Roß sitzt man auch heute noch, nur von Inseln der Qualität sehe ich jedenfalls nichts mehr. Viel mehr hat man sich gebührenfinanziert immer mehr den Privatsendern angeglichen, was aber nicht im geringsten dem eigentlichen Auftrag entspricht. Um daran jetzt, im Jahr 2008 noch etwas ändern zu können, muß entgültig die Reißleine gezogen werden, und es müssen sehr, sehr viele Köpfe rollen, und das nicht zu knapp. Ansonsten hat das Privatfernsehen gewonnen.

Überflüssige Leerzeichen schenke ich euch, meine Leertaste gibt gerade den Geist auf.

Und an dem Punkt hätte das öffentlich-rechtliche Fernsehen umdenken müssen. Hier hätte man den Qualitätsvorteil nutzen müssen, aber statt dessen saßen die Verantwortlichen auf ihrem hohen Roß, und haben sich darum keine Gedanken gemacht.

u Frage:[/u]

Wenn man Dir die Millionen rektal verabreicht und es so ziemlich egal ist, ob Du ein qualitativ hochwertiges Magazin (was Arbeit erfordert), das Testbild oder den „Mutantenstadl“ (was mit dem davorgehenden - abgesehen von 'nem bewegten Bild - qualitativ identisch ist) sendest,… würdest Du Dir dann 'n Kopp darum machen, wie Du Deine Zuschauer befriedigst?

Die gleichen Leute, die sich über (a littlebit offtopic) HARTZ IV-Empfänger und ihren Leistungswillen aufregen, Marke: „Die kriegen eh die Kohle in den … geschoben, dann können sie auch was für die Gesellschaft tun!“ sind genau die, die eben die Gebühren aus der GEZ abgreifen und dafür keine adäquate Leistung erbringen.

Is doch bequem, gelle?

Ich bekomme die Gebühren aber nicht fürs nichtstun, sondern vor dem Hintergrund eines Bildungsauftrages. Natürlich machen sich die Herren dort einen faulen Lenz, aber hier ist die Politik gefragt, den Rundfunkstaatsvertrag anzupassen. Wobei auch dies wieder schwierig ist, da in den Aufsichtsräten der Sender auch Politiker sitzen. Was können wir also tun? Theoretisch könnten wir alle aufhören, GEZ Gebühren zu zahlen. Ich verwette meinen Arsch darauf, das wir dann schneller eine Kopfpauschale haben, als uns lieb ist. Ob diese dann vor dem Bundesverfassungsgericht stand hält ist eine andere frage, aber F akt ist: Solange der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht von Quotenmessung und Einflußnahme von Politikern befreit wird, wird sich nichts ändern. Wir haben hier also den klassischen Teufelskreis.

Nachdem sich das Konzept der Privaten allmählich durchzusetzen begann, kam Onkel Leo mit dem nächsten Amerikanismus auf den Deutschen Fernsehmarkt: Premiere.

Teleclub gab es in der Schweiz schon seit 1983, Premiere kam erst 1990 und war damals bis auf den Sport dasselbe.

Womit uns damals RTL und SAT1 überzeugten, waren die Trickfilme am Samstag und Sonntag morgen, denn davor schauten wir sie auf SkyChannel und SuperChannel, und das war noch in englisch. (obwohl ich da viel gelernt hab)

… Theoretisch könnten wir alle aufhören, GEZ Gebühren zu zahlen. Ich verwette meinen Arsch darauf, das wir dann schneller eine Kopfpauschale haben, als uns lieb ist. …

Guter Ansatz, aber leider illusorisch. Und … Deinen Ar… wirst Du behalten bei der Wette. :smiley:

Ob diese dann vor dem Bundesverfassungsgericht stand hält ist eine andere frage, …

Trust me,… sie hätte Bestand (Gleichbehandlungsgrundsatz!)

… aber F akt ist: Solange der öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht von Quotenmessung und Einflußnahme von Politikern befreit wird, wird sich nichts ändern. Wir haben hier also den klassischen Teufelskreis.

Quoten können die von mir aus messen, wie sie lustig sind … aber im Punkt der Einflußnahme gebe ich Dir Recht. Ein Ergebnis dessen haben wir ja - schön in Folge 17 aufgezeigt - in den „malerisch inszenierten“ Interviews gesehen,… brav dienern, keine unbequemen Fragen stellen und schön easy-going.

Teleclub gab es in der Schweiz schon seit 1983, Premiere kam erst 1990 und war damals bis auf den Sport dasselbe.

Teleclub gab es auch bei uns. Ich erinnere mich an mein Abo was ich Mitte / Ende der 80er Jahre abgeschlossen hatte !