Es fing in den 80ern mit dem Auftreten der Privaten an.
Die Privaten waren damals noch Eintagsfliegen, die auf den freigegebenen Frequenzen wechselten, wie Fahrgäste auf den Sitzplätzen im Omnibus. Die deutsche Zuschauerschaft war verwirrt,… zum ersten Mal hatte man das - bisher - ungewohnte Erlebnis, das mitten im Film Werbung kam.
Die Öffentlich Rechtlichen regten sich auf und sahen ihre Quoten fliegen gehen, man motzte über den Senderinhalt und die allgemeine Qualität.
Und die war anfangs auch wirklich unter aller Kanone.
RTL versuchte sich als ARD-ZDF-Pendant zu etablieren, anderes (vor allem Sport) destillierte sich in Spartenkanälen und … es zogen „amerikanische Verhältnisse“ in deutschen Stuben ein. Und nicht nur hinsichtlich des Werbungsverhaltens. Kiddies zogen ihre Weisheit nicht mehr aus der „Bravo“ oder aus „Popcorn“,… „MTV“ (damals noch ein erstklassiger Musiksender) wurde ein Muß, wenn man „cool“ sein wollte.
Die Sender starteten mit teilweise minimaler Kapitaldecke. Die aus der Werbung erwarteten Einnahmen waren noch nicht zu verzeichnen, die Wirtschaft hielt sich noch zurück, man traute dem neuen „Medienmarkt“ noch nicht so über den Weg. Und deshalb mussten die Sender entsprechend ihrer Kapitaldecke wirtschaften.
Und das hieß: Konserven.
Serien und Gameshows („Glücksrad“, „Der Preis ist heiß“, „Jeopardy“ und „Der Zonk“), die in den USA abgelegt wurden, fanden bei SAT1, RTL, Tele5 und dem „Kabelkanal“ (heute Kabel1) ein neues Publikum,… und es kamen in diesem Zuge auch die „Seifenopern“ über den grossen Teich.
Vormittägliches Hausfrauenfernsehen … „California Clan“ und andere. Serien, die - wie ich sie immer nannte - „Einraum-Serien“ waren,… alle Sets standen in einem Studio und diese milchig-geweichzeichnete Beleuchtung war symptomatisch für diese Serien. Schön garniert in den Werbepausen mit „Homeshopping“.
Von da an ging es langsam und stetig weiter. Die Sender begannen sich langsam zu etablieren, die Quoten stabilisierten sich und die Kanäle begannen sich ihrem Publikum anzupassen … RTLII ist da das große Beispiel. Wer die Historie dieses Senders von Anfang an verfolgt hat, wird merken, das die Zielgruppe schon immer die Leser der „Yellow Press“ bzw. einschlägiger "bild"ender Printmedien war.
Erst mit fester werdender Finanzdecke begannen die Sender eigene Produktionen auf die Beine zu stellen und risikoreicher zu werden. Nachdem sich das Konzept der Privaten allmählich durchzusetzen begann, kam Onkel Leo mit dem nächsten Amerikanismus auf den Deutschen Fernsehmarkt: Premiere.
Fazit:
Mit dem Einfluß der Privaten und der damit verbundenen Investoren der amerikanischen Medienwelt kamen auch amerikanische Verhältnisse in die deutschen Stuben. Nachrichtensendungen, die bis dahin betonungsneutral präsentiert wurden (Köpke z.B.) erfuhren einen immer stärker werdenden Showcharakter,… die bis dato einzige deutsche „Talkkshow“ („Der Frühschoppen“ mit Werner Höfer) bekam Konkurrenz und Harald Schmidt war der erste, der das Format (fast 1:1) von Jay Leno über den Teich holte.
Und es ging anfangs noch um witzige Dialoge, ich habe „Dirty Harry“ selber gerne gesehen, aber nachdem nun alle versuchen, das Ganze zu klonen („Kerner“ usw.) und es nur noch darum geht, den Studiogast mainstreamwirksam niederzumachen, ist das Ende der Fahnenstange erreicht.
Die deutsche Medienlandschaft ist - in fast allem, bis auf wenige Ausnahmen - „US-TV light“ und daran wird sich auch sobald nichts ändern …
Die von uns so verteufelten „Call-In-Shows“ sind nur ein weiterer pervertierter Auswuchs des Ganzen.
Und wie aus diesem Post auch schon zu entnehmen ist … nicht nur das Fernsehen ändert sich.
Wir haben „Soaps“, „Talkshows“, „Anchormen“, „News“, „Call-In-Shows“, usw. usw.
Und ohne „off-topic“ (pardon, ich meine natürlich „abschweifend zu werden“) zu gehen: Fast unmerklich hat sich mit der Etablierung US-amerikanischen Medienverhaltens hier in Deutschland auch das Klima in der Wirtschaft abgebaut,… und ich meine jetzt den Umgang mit den Arbeitskräften. Hony soit, qui mal y pense.
Die kulturelle Metamorphose eines Volkes vom Volk der Dichter und Denker zurück zu einer Ansammlung von Medienkonsumenten und Fernsehgläubigen, deren die Kritikfähigkeit allmählich immer mehr - und fast unbemerkt - abhanden kommt und die sich von ihrer gewählten Obrigkeit genauso ignorierend „regieren“ lässt, wie es die Amerikaner erleben.
Schlußsatz: