Aktenzeichen XY (19.11.2014)

Gerade gab es bei Aktenzeichen XY im ZDF (Sendungssponsor ist seit langen Jahren ABUS, Hersteller von Sicherheitstechnik) eine Demonstration zum Thema Einbruchsprävention. Mit dabei waren der Polizist Harald Schmidt und der Experte Rolf Bremicker. Auffällig dabei war, dass man anstatt Tipps zu geben, eher den Zuschauern Angst gemacht hat und die Sicherheitstechnik als Lösung gleich mit angeboten hat. Das hatte etwas von Teleshopping. Es wurde sogar auf die Möglichkeit der KfW-Förderung hingewiesen.
Dadurch war ich etwas misstrauisch geworden, auch weil man im Close Up kurz ein ABUS-Logo auf einem Schloß sehen konnte. Nach kurzem Googlen war klar: Der volle Name der Firma ABUS lautet “ABUS - August Bremicker Söhne KG” und Rolf Bremicker ist Sicherheitsexperte dieser Firma (http://www.abus.com/Media/Multimedia/Videos/Alarmanlagen/Praeventive-Sicherheit-durch-Mechatronik2). Weiterhin ist das Verbreiten von Angst vor Einbrüchen schon seit Jahren sein Job (http://www.bankkaufmann.com/a-14852-Erhoehte-Einbruchgefahr-zur-Weltmeisterschaft-Interview-mit-dem-Sicherheitsexperten-Rolf-Bremicker-von-ABUS.html). Das ZDF hielt es aber nicht für nötig, darauf hinzuweisen, dass der gute Mann bei einer Firma der Branche arbeitet. Der normale ZDF-Zuschauer hat also heute abend zur Prime Time eine Dauerwerbesendung für Sicherheitstechnik zu sehen bekommen, obwohl dort Werbung nach 20 Uhr eigentlich verboten ist.

Aktenzeichen XY wurde mal lange Zeit von ABUS gesponsert. Da kam meine ich auch früher mal zum Beginn und Ende der Sendung ein Sponsoring-Clip.

Die Regeln für Produktplatzierungen sind ziemlich kompliziert. Also wenn es Waren von unerheblichem Wert (<1% der Produktionskosten) sind und keine Gegenleistung geflossen ist, mag Produktplatzierung zulässig sein. Unzulässig ist in jedem Fall aber Schleichwerbung also wenn die Darstellung absichtlich und irreführend zu Werbezwecken geschieht. Sprich: alles Grauzone.

Immerhin haben sie beim Türspion den Markennamen abgeklebt. Auf dem Fenstergriff war er aber zu lesen. Naja kann man wieder sagen: war ein Versehen. Koscher sieht das aber jedenfalls nicht aus, wenn ein Hersteller die Sendung über Jahre gesponsort hat und dann just ein Vertreter dieser Firma als “Sicherheitsexperte” eben jene Produkte vorführt. Und inwiefern die Panikmache dort noch was mit objektiver Aufklärung zu tun hat, mag man auch bezweifeln (á la gefühlte Sicherheit gibt’s nur mit dem 5-Tonnen Panzerriegel aus Titan).

Das ZDF kommt aus dem Filz, den diese Dinosaurier-Produktionen über Jahrzehnte angesammelt haben, einfach nicht raus.

[QUOTE=Kiyotake;386222]Koscher sieht das aber jedenfalls nicht aus, wenn ein Hersteller die Sendung über Jahre gesponsort hat und dann just ein Vertreter dieser Firma als “Sicherheitsexperte” eben jene Produkte vorführt.[/QUOTE]
Wenn man schon einen Vertreter einer Firma anstatt gefühlt neutralere Experten z.B. vom Branchenverband oder der Verbraucherzentrale einlädt, sollte das auch deutlich gemacht werden. In der XY-Sendung hätte der Polizist die Demo wohl auch allein stemmen (hihi) können, da wäre ein zweiter Experte also nicht unbedingt notwendig gewesen.

[QUOTE=Kiyotake;386222]Und inwiefern die Panikmache dort noch was mit objektiver Aufklärung zu tun hat, mag man auch bezweifeln (á la gefühlte Sicherheit gibt’s nur mit dem 5-Tonnen Panzerriegel aus Titan).[/QUOTE]
Da bin ich ja froh, dass ich den Eindruck der Panikmache nicht exklusiv habe.
Mir ist heute erst aufgefallen: Die gezeigte nachgerüstete Tür ist kompletter Unsinn. Der Panzerriegel ist nur von innen bedienbar. D.h. wenn niemand zuhause ist, schützt er nicht. Und wenn Personen in der Wohnung sind, aber eine Person z.B. abends spät nach Hause kommt, kann er auch nicht aktiviert werden, weil die Tür sonst nicht von außen geöffnet werden kann. Der Türspion mit Kamera ist sicherlich ein nettes Feature, aber sicherheitsrelevant bestimmt nicht. Wenn sich jemand z.B. als Paketbote ausgibt, wird die Tür wohl geöffnet, egal ob ohne Spion, mit normalem Spion oder Hightech-Spion.