Übersetzungsfehler

Hallo Tom,

mir fallen häufig Übersetzungsfehler auf. Wie wäre es, mal dieses Thema zu beleuchten?

Beispiele: “Dead end” übersetzt in “totes Ende”, statt in “Sackgasse”. Und “(I) see you later” wird eigentlich immer mit: “Ich sehe dich später” übersetzt, obwohl die korrekte deutsche Redewendung: “Wir sehen uns später” lautet. Ist das alles der Lippensynchronität geschuldet oder wird bei der Übersetzung oft geschludert?

Hallo,

dazu möchte ich den Autor Alexander Löwe zitieren, den ich für Folge drei Interviewt habe:

Es hat sich aber in den letzten 20, 30 Jahren aber auch eine eher unschöne Synchronsprache entwickelt, die jenen Übersetzungsschwierigkeiten geschuldet ist. Ein falsches, oder sagen wir, unnatürliches Deutsch, bei dem ich genau höre, woher es kommt. Nämlich aus schlecht synchronisierten Filmen.

Meinen Sie damit Konstruktionen wie „Sinn machen“?
Zum Beispiel. „Sinn machen“ ist ein Anglizismus, das ist nicht deutsch. Wenn ich Nachrichtensprecher sagen höre „Das war’s für den Moment“ das ist ein ebenso absurder Anglizismus. Solche Anglizismen halten immer mehr Einzug in unsere Umgangssprache. Schade. In schlechten Synchronisationen hören Sie auch oft dieses alberne Futur, das wir in der deutschen Umgangssprache nicht haben. Wir drücken Zukünftiges häufig unter Verwendung des Präsens aus. Ich behaupte, dass wir in 80 Prozent aller Fälle mit dem Präsens gut durchkommen, wenn im Englischen ein Futur steht. Sie sagen doch auch, „Morgen gibt’s Spaghetti“ und nicht, „Morgen wird es Spaghetti geben“. Klingt doch unelegant. Wenn Sie darauf achten und aufmerksam fernsehen, wird Ihnen das auffallen. Und sobald sich Ihre Ohren auf das „falsche Synchronfutur“ eingeschossen haben, werden Sie wahnsinnig.

Was geht für Sie vor: Lippensynchronität oder Originaltreue?
Natürlich ist die Originaltreue unheimlich wichtig. Ich möchte dem Film ja nichts antun, also muss ich so gut es geht originaltreu sein. Wenn ich aber eine Großaufnahme habe mit einem riesigen Gesicht auf der Leinwand, dann muss ich mich dem natürlich beugen, kann also nicht ganz asynchron werden. Haben sie „Gefährliche Liebschaften“ gesehen? Dort gibt es einen immer wiederkehrenden Satz von John Malkovich, dem Vicomte de Valmont, der sagt, „Dagegen bin ich machtlos“. Das knallt er der Marquise de Merteuil immer wieder vor den Latz, Glenn Close zerbricht daran, er quält sie und sagt immer wieder diesen Satz: „Dagegen bin ich machtlos“. Im Original sagte er, „That’s beyond my control“. Das ist eine Übertragung, die ungeheuer gut und 100 Prozent synchron ist! Das ist die ganz Hohe Schule und letztlich das, worum wir tagtäglich ringen, solche Lösungen zu finden.
Wenn Sie dagegen in Billy Wilders „Some like it Hot“ mal ganz genau auf die Lippensynchronität achten, werden Sie viele asynchrone Stellen entdecken. Das ist einem aber egal, der deutsche Synchrondialog ist Kult, weil jedes Wort stimmt, es ist auf den Punkt getextet, da stimmen Timing und Rhythmus. Und die paar fehlerhaften Lippenverschlüsse interessieren keinen. Der wunderbare Kollege Arne Elsholtz sagt immer, „Das Ohr ist schneller als das Auge“, und da hat er recht.
Die Autoren heute trauen sich aber nicht mehr so recht, die Lippensynchronität zugunsten des Inhalts über Bord zu werfen.

Ah, vielen Dank! :cool: