ÖR und Proteste in Spanien

Die ÖR haben wieder mal einen Shitstorm an der Backe.

Nachdem gestern abend eine Großdemo in Madrid (“Occupy Congress”) von der spanischen “Riot Police” gewaltsam niedergeknüppelt wurde und das live von spanischen Medien im TV und internet übertragen wurde forderten viele über facebook und twitter eine Erwähnung in den Spätnachrichten (tagesthemen).
Nachdem das ausblieb nahm der Shitstorm seinen Lauf. Es wurden Vorwürfe laut, die EU-Politik wolle (vor allem) in Deutschland die Berichterstattung von Protesten in Krisenländern unterdrücken. Auch wurden die später auf tagesschau.de veröffentlichen Teilnehmerzahlen zu og Demo als viel zu gering kritisiert [tagesschau.de]

Offenbar sah man sich soeben genötigt, sich zu rechtfertigen:

Da auch für die kommenden Wochen Protestaktionen in Spanien und anderen Krisenländern geplant sind kann man die Entwicklung weiter beobachten.

Dass in Tagesschau und ko. von derartigen Protesten, selbst wenn es heftige Ausschreitungen gibt, nicht oder nur banalisierend oder ganz knapp berichtet wird, kam in der näheren Vergangenheit öfter vor. Gerade in Spanien gab es immer wieder Proteste, größere Streiks, Aufstände und völlig unverantwortliche Polizeiaktionen, von denen man hier so gut wie nichts gehört hat.
Ich finde da fragen sich die Leute zu Recht: Warum?

Gerade wenn ich in mich gehe und das mal mit den Beiträgen vergleiche, die die Tagesschau stattdessen bringt, frage ich mich manchmal ernsthaft, was das für ein merkwürdiges Relevanzraster ist und ob es nicht irgendwo krümmt. Zumal es durchaus immer wieder gern wirtschaftlichen und politischen Interessen entgegen zu schlagen scheint… aber wahrscheinlich kommt mir das nur so vor. Selektive Wahrnehmung, Vorurteile und so, ihr wisst schon. Man sollte das vielleicht mal genauer im Auge behalten.

Wenigstens ist die Tagesschau nicht RTL2 News. Sogesehen können wir ja froh sein, sie zu haben. Man bemüht sich ja wenigstens noch.

Die Proteste in SPanien sind durchaus unterschiedlich. Warum sind die südlichen europäischen Staaten eigentlich so schlecht zu sprechen auf Deutschland, oder Merkel in Persona?

Naja, die “Sparbemühungen”, die angestrengt werden müssen, nehmen teilweise sehr dramatische Züge an. Wie ich hier im Forum schonmal ausgeführt habe, gibts in den Schulen zB kein Klopapier mehr - wegrationalisiert. Klar, jetzt sagen wieder einige “Wenn man sonst keine Probleme hat”, aber das ist ja nur eine der vielen Sachen, die wegrationalisiert wurden. Und wenn man schon beim Klopapier angekommen ist, kann man sich ja EVENTUELL vorstellen, was sonst noch alles zum Opfer gefallen ist.
Auch die spanischen Krankenkassen sind betroffen. Es gibt weniger/keine Zuzahlungen mehr zu Arzneimitteln, die KK Beiträge sind aber gestiegen. Da die Arbeitslosigkeit steigt und das Pro Kopf Nettoeinkommen sinkt, können sich viele die Medikamente garnicht mehr leisten - obwohl sie krank sind.

Tjoa, aber das wird hier alles unter den Teppich gekehrt.

Noch ein Artikel dazu. :smt011

Wenn man halbwegs sachlich der Tagesschau vorwerfen möchte, dass sie die Proteste in Spanien “verschlafen” haben, so müsste man in die wichtigsten Nachrichtensendungen der anderen europäischen Ländern reinschauen. Ohne direkten Vergleich zu anderen Ländern, klingt es ansonsten tatsächlich nach einer Verschwörungstheorie, dass die Tagesschau absichtlich zur Unterstützung, oder gar als ein ausführendes Instrument der EU, die Bedeutung der Proteste herabgesetzt und deswegen nicht berichtet habe. (Dass die Tagesschau-Redakteure nicht völlig unabhängig von ihrer eigenen politischen Meinung sind, kann man schon eher behaupten, aber absichtliche Abwertungen solcher Proteste?)

Witzig finde ich aber, dass selbst die Tagesschau keinen deutschen Begriff für einen “Shitstorm” finden konnte. Ich warte auf den Einsatz des Wortes in den eigentliche Nachrichten.

SpON zum selben Thema:

Ein großer Anteil der Kommentare stammt allerdings von Verschwörungstheoretikern sowohl aus dem extrem rechten wie auch dem extrem linken Lager. Da ist zum Beispiel ein einziger Teilnehmer, der gleich 43 Anmerkungen hinterlässt, und sich, seinen Facebook-Interessen zufolge, auch für Marihuana, Frieden in Syrien, bedingungsloses Grundeinkommen und Anti-Israel-Karikaturen interessiert.

http://www.spiegel.de/netzwelt/web/shit … 58397.html

Da ist zum Beispiel ein einziger Teilnehmer, der gleich 43 Anmerkungen hinterlässt, und sich, seinen Facebook-Interessen zufolge, auch für Marihuana, Frieden in Syrien, bedingungsloses Grundeinkommen und Anti-Israel-Karikaturen interessiert.

Das sind schon furchtbare Interessen. Das muss schon fast ein Terrorist sein. Immerhin wünscht er sich Frieden, er lacht gerne - sei es auf Grund Marihuana- oder Karikaturen-Konsums - und er will zu allem Überdruss noch, dass jeder Mensch ein würdiges Leben über der Armutsgrenze führen kann? Schlimm, schlimm, schlimm …

Mal im Ernst, was haben sich denn die Herren Christian Stöcker und Hakan Tanriverdi dabei gedacht? Da gibt es doch viel krassere Beispiele von Leuten, die auf ihren FB-Chroniken öffentlich verfassungsfeindliche Symbole, ihre Mitgliedschaft in verbotenen Organisationen, etc. zeigen…

Nichts desto trotz können auch Leute mit extremen Ansichten in manchen Diskussionen mal recht haben. Es ist ja nicht so, dass ein Nazi (Beispiel) IMMER, bei egal welchem Thema, unrecht zu haben hat! Von daher ist es doch völlig unsinnig, die politische Ausrichtung einzelner zus sezieren um die kollektive Empörung zu diffamieren??