Hallo Forumsgemeinde,
seit 5 Monaten habe ich nun mein Fachabitur und seitdem frage ich mich, wieso mich das nicht so recht glücklich macht…Dazu muss ich aber bezüglich meines Werdegangs noch etwas ausholen. Ich kam auf die Hauptschule, nachdem in der Grundschule nach der 4. Klasse (Bayern halt…) entschieden wurde, dass ich nicht zum elitären Kreis derer gehöre, die auf weiterführende Schulen gehen werden. Auch nach der 6. Klasse schaffte ich es nicht. Grund waren nicht etwa die Noten sondern mehr der mangelnde häusliche Fleiß. So war mein Weg weitestgehend vorbestimmt: Ich würde eine Lehre anfangen. Nach dem Quali (klassenbester) tat ich das auch, zuerst bei der Post, dann als Bäcker, wobei ich auch hier beste Noten erzielte und meine Mittlere Reife nachholen konnte. Schnell war klar, Bäcker würde nicht der Beruf sein, den ich bis zur Rente ausüben wollte, ganz einfach aus dem Grund, weil ich sonst körperlich am Ende wäre und das Geld knapp bemessen ist. Handwerk eben. Also entschloss ich mich, Lebensmitteltechniker zu “studieren” und in der Tat, es kommt vom Arbeitsaufwand einem Studium gleich (aufs Semester gesehen). Es war nicht leicht, mir fehlten Grundkenntnisse in Physik und Chemie, da an den Hauptschulen die Fächer Physik, Chemie und Biologie auf das Fach PCB (Das Kürzel muss ich nicht erklären) zusammengestaucht wurden und hier nur an der Oberfläche gekratzt wurde. Aber ich zog diese zwei Jahre durch und erwarb mir einige Zertifikate, die mir im Berufsleben später nützlich sein konnten. Auch machte ich mein Fachabitur, obwohl im vom Prüfungsfach Mathe keine Ahnung hatte. Ich lernte auch hier fleißig und zog es durch. Große berufliche Chancen wurden uns an der Schule versprochen, Produktentwickler, Qualitätsmanager oder Interner Auditor, wenn nicht sogar mehr bis hin zum mittleren Management.
Doch das böse Erwachen kam bald: Ich bekam wie viele meiner Kollegen nur eine Stelle als einfacher Mitarbeiter und meine Qualifikationen wurden kaum gefragt. Stattdessen wurde mir Sachen erklärt weshalb es wichtig ist seine Hände zu waschen- nach 2 Jahren Mikrobiologie…
Gottseidank wurde ich schon nach einem Monat gefragt, ob ich Lust hätte, stellvertretenden Schichtleiter zu machen. Natürlich hatte ich! Doch auch hier werde ich nicht sehr gefordert und die Arbeit ist immer noch sehr körperlich geprägt.
Das alles wäre nicht schlimm… mein Gott, bin ja noch jung! Doch dann sah ich leider etwas, was mich verärgert hat. Denn auch bei uns gibt es Produktentwickler, QMs und Auditoren… alle frisch besetzt mit Studenten, die ihren Master oder Bachelor machen oder fertig studierten Leuten. Und da frage ich mich, was haben die, was ich nicht habe. Erfahrung? Mit was? Mit purer Theorie? Wunderbar… mit eben diesem Argument (keine Erfahrung) wurde ich bei den meisten Firmen abgelehnt und in der jetzigen zum einfachen Mitarbeiter degradiert!
Ist das der Preis, dass sich jemand, der sich richtig hochgearbeitet hat, am Ende doch wieder den kürzeren zieht vor Leuten, deren Lebensweg schon ab der 4. Klasse damals noch von Ihren Eltern (meist in der Erwartungshaltung “In meiner Familie XY muss jeder aufs Gymnasium”) vorbestimmt wurde?
Ich habe nichts gegen Studenten oder gegen Leute, die es einfach drauf haben! Ich finde es nur schade, wie unvoreingenommen unsere Gesellschaft und Wirtschaft Leuten aus der Uni gegenüberstehen und welchen, die gleiche Leistung gepaart mit praktischer Erfahrung bei fehlender Promovation bringen. Es wird sich doch immer über Fachkräftemangel beschwert. Die Fachkräfte sind da, nur nicht da wo gesucht wird!
Ich weiß, auch Leuten die eine Masterarbeit oder ähnliches in einer Firma machen wollen, muss man einen Platz geben, aber mir fehlt die Durchmischung solcher Abteilungen, das Bindeglied. In vielen Firmen ist das leider alles zu hierarchisch strukturiert…
Bin gespannt wie ihr unser Schulsystem und die ganze Problematik seht…