Wolfgang Herles - der Pöbelliterat

Ich muss zugeben, vor einer Woche kannte ich diesen Mann, der beim ZDF Leiter der Literatursparte und Moderator vom Blauen Sofa ist, noch nicht, aber momentan dominiert er irgendwie meine Facebook-Zeitleiste und hat damit sogar Joachim Gauck abgelöst.

Folgende Aussage ist schuld daran:

Also ich kenn Wutbürger, die mir absolut nicht behagen. Nehmen wir diesen wildgewordenen Jungfaschisten, grün angestrichen, der in Bayern ein radikales Rauchverbot per Volksbefragung durchgesetzt hat.

Man kann ja über das bayerische Rauchverbot geteilter Meinung sein, aber ich frage mich ganz ehrlich, was muss diesen Mann reiten, so tief in die Godwin-Kiste zu greifen?

Die Äußerung passierte in der Sendung „Unter den Linden“ auf Phönig (ab 22:30) und Herr Herles redete dabei ruhig und gelassen. Die Einwände des Moderators Christoph Minhoff kontert er ebenso ruhig und wiederholt dabei seinen Vergleich. Als ihn die Süddeutsche Zeitung dann darauf anspricht, antwortet er „Davon ist keine Silbe zurückzunehmen“. Es war also kein Ausrutscher während einer hitzigen Diskussion, sondern eine gezielte Provokation.

Die Äußerung hat Konsequenzen. Einige lokale, aber auch überregionale Zeitungen haben dieses Thema aufgegriffen. Herr Frankenberger hat sich inzwischen einen Medienanwalt genommen und prüft rechtliche Schritte gegen diese Beleidigung. Und etliche Facebookuser haben schon eifrig den Link zur ZDF-Zuschauerredaktion geteilt und rufen dazu auf, sich über Herrn Herles zu beschweren. Doch wie wird das ZDF reagieren?

PS: Ich hab mich gleich mal über diesen Mann informiert und bin dabei auch auf andere Pöbeleien (z. B. bei Anne Will zum Thema Atomkraft) gestossen:

Bei einigen versagen jetzt offensichtlich wieder die Kühlsysteme im Kopf.

(wurde übrigens auch schon hier im Forum mal erwähnt)

Hoch anrechnen muss man ihm allerdings die Pöbeleien gegen den früheren ZDF-Hausherrn Helmut Kohl, die ihm schließlich seinen Posten als Leiter vom ZDF-Hauptstadtstudio (damals noch Bonn) gekostet hat (siehe Spiegel).

Und was genau möchtest du damit jetzt sagen?

Eigentlich war ich erstmal nur empört. Ich bin es ja gewohnt, dass man in diversen Foren als “Nazi”, “Faschist” und dergleichen beschimpft wird, wenn man sich für ein Sachthema einsetzt, dass nicht allen passt, aber von einem Journalisten in einer leitenden Stellung hätte ich etwas mehr Differenzierung erwartet.

Herr Herles hat sich damit selbst disqualifiziert und ich hätte nichts dagegen, wenn er beim ZDF seinen Hut nimmt oder nehmen muss.

Ich bin auch kein Freund des Rumpöbelns. Allerdings würde ich den Begriff ‚Faschist‘ nicht mit Nazi gleichsetzen. Heutzutage wird er auch für andere politische Extreme verwendet. ‚Linksfaschist‘ z. Bsp. ist ein durchaus verbreiteter Ausdruck. Habe ich schon häufiger gelesen und gehört. Und ich meine mich auch zu erinnern, dass selbst der Fernsehkritiker einmal von Linksfaschisten sprach, als sich einige Linksextreme von einem seiner Beiträge angegriffen fühlten und dies hier im Forum zum Ausdruck brachten. Ich schweife ab…

Was ich sagen möchte, ist, dass „Jungfaschist, grün angestrichen“ wohl in eine ähnliche Kerbe schlägt. Halte ich zwar dann immer noch für unnötiges Rumpöbeln, ich denke nur nicht, dass mit Jungfaschist „rechtsextrem, Nazi“ gemeint ist. Inwieweit das die Beleidigung abschwächt sei einmal dahingestellt.

“fascismo” war nunmal die Selbstbezeichnung der Faschisten unter Benito Mussolini. Dieser Begriff wurde dann auch für andere rechtsradikale, autoritäre, totalitäre und nationalistische Ländern verwendet (z. B. Spanien, Österreich). Der Faschismus weist außerdem eine starke Nähe zum Nationalsozialismus auf, aber du hast Recht: Nicht alle Faschisten waren/sind auch Nazis. Trotzdem würde ich den Begriff nur für rechtsgerichtete Gruppen verwenden, die dem historischen Original auch nahe kommen.

Natürlich kenne ich auch die Wörter “Linksfaschismus” oder “Ökofaschismus”, aber da sollte man sich immer im Hinterkopf behalten, dass diese Wörter von den politischen Gegnern als Beleidigung geprägt wurden.

Völlig abwegig ist jedoch, diesen Begriff für jemanden zu gebrauchen, der ein Volksbegehren initiiert hat. Also könnte man auch sagen, Herr Herles ist eigentlich der “Antidemokrat”.

PS: Wenn ich damals am 4. Juli 2010 mit JA gestimmt habe, bin ich dann nach der Logik von Herrn Herles eigentlich auch ein Faschist?