Diskussion über den Blog-Artikel: Wo sind Loriots Erben?
Ich werde öfter gefragt, warum ich eigentlich so liebend gern auf die sogenannten Comedians draufhaue – wenn ich darüber nicht lachen könne, sei das schließlich mein Problem und müsse das anderen ja nicht aufzwingen. Okay, sehe ich ein.
Mir geht es allerdings nicht darum, Menschen das Lachen zu verbieten oder ihnen vorzuschreiben, was Humor ist. Vielmehr möchte ich deutlich machen, dass das, was als Humor verstanden wird, immer auch ein Abbild der jeweiligen Zeit und Gesellschaft ist. Oder anders ausgedrückt: Heutzutage wird einem fast alles häppchenweise, schnell, oberflächlich serviert – heute gesehen, morgen vergessen. Dies gilt auch für den Humor im deutschen Fernsehen – und deswegen sind Comedians so angesagt. Leute wie Atze Schröder, Cindy aus Marzahn und Mario Barth haben Erfolg, weil die Menschen auch im Humor-Supermarkt lieber zur Billig-Pizza greifen anstatt auf dem Wochenmarkt frische Ware einzukaufen. Der Witz muss eine einfach zu schnallende Pointe haben – sonst erreicht er das Kleinhirn nicht. Und das bitte im Sekundentakt.
Besonders verärgert bin ich dann obendrein, wenn von all diesen Lachnummern ausgerechnet der meisterhafte Loriot als ihr großes Vorbild, als DER große Humorist verehrt wird. Man stelle sich nur vor, ein 40 Jahre jüngerer Loriot käme heute zu einem Fernsehsender (egal ob privat oder öffentlich-rechtlich) und stelle seine Sketche einem Redakteur vor. „Ja, und hier habe ich dann noch einen Sketch mit einem Kosakenzipfel.“ – „Versaut ist immer gut“, würde der Fernsehmensch Loriot vermutlich entgegengehalten. Und des Weiteren würde der Redakteur sagen: „Bei diesem Sketch mit dem Bettenkauf da gibt’s ja gar keine zündende Pointe. Viel zu wortlastig, das Ganze. Das kürzen Sie man erstmal auf höchstens 1:30 und bauen noch paar Sprüche unter der Gürtellinie ein.“ Loriot würde wohl frustriert von dannen ziehen – wir können froh sein, dass er ein paar Jahrzehnte früher Fernsehen machen durfte. Über ihn werden die Menschen noch in 100 Jahren lachen – Atze Schröder ist bereits in 20 Jahren vergessen!