@Isegrimm:
Aus der Kritik folgt die Konsequenz und ohne richtige Kritik kommt nur Unsinn raus. Ich halte mal fest, dass die Marktwirtschaft am Boden ist und das Licht am Ende des Tunnels höchstwahrscheinlich ein Zug ist. Die Systemfrage stellt sich quasi von alleine. Von daher isses auch ok wenn wir bissl von der Krise weggekommen. Wenn jemand dazu aber noch fragen oder anmerkungen hat, immer her damit.
Nun zur Analyse:
Der Staat verorndet Privateigentum. Nun gibts Menschen die haben Produktionsmittel usw. und andere die haben nix außer ihrer Arbeitskraft, die sie an die Kapitalbesitzer verkaufen müssen, in der Hoffnung diese können sie irgendwie zur Vermehrung des Kapitals gebrauchen. Alle die nun nicht zur abstrakten Geldvermehrung (als Selbstzweck der Produktion!!!) zu gebrauchen sind müssen halt verhungern oder auf Spenden & staatliche Wohltat hoffen. Der Grund ist immer der selbe: Ausschluss vom vorhandenen Reichtum & den Möglichkeiten die notwendigen Dinge herzustellen qua Privateigentum (an Produktionsmitteln). Dazu gehören auch Patente auf Saatgut, Grund & Boden u.ä. das sich meist irgendwelche Großkonzerne unter den Nagel gerissen haben. Dann kommen noch die erzwungenen Privatisierungen & andere Verbrechen von IWF & co dazu und fertig sind die Milliarde Hungernden. Jeden Tag sterben bis zu 100.000 Menschen an Hunger oder dessen Folgen obwohl man leicht 12 Mrd ernähren könnte.
Dieser schon erwähnte Selbstzweck der Produktion führt dazu, dass das Gemeinwohl immer nur Abfallprodukt der Kapitalvermehrung ist. Die Bedürfnisse der Menschen sind nicht Zweck der Produktion, sondern nur der Haken um möglichst viel Geld aus ihnen herauszupressen. Das äußert sich dann konkret in massenhaft Werbung wodurch uns neue „Bedürfnisse“ eingeredet werden sollen; Verpackungen mit viel Luft drin; diverse Lebensmittelskandale (BSE&co); Produkte die nach Ablauf der Garantie sofort kaputt gehen usw.
Kapitalismus(vulgo: Marktwirtschaft) ist schon was tolles…
Und noch mal zur Ideologie des Liberalismus, die besagt der Markt sei nutzenmaximierender Funktionszusammenhang, wo jeder auf seine Kosten kommt sofern er sich anstrengt. Wenn sich nur der Staat genug aus dem Markt raushalte gibts Arbeitsplätze & Wohlstand für alle. Mal abgesehen davon, dass die Geschichte so einen Unsinn schon x fach widerlegt hat (Chile etc.), ist dem eine gewisse immanente Logik nicht abzusprechen. Wenn alle umsonst arbeiten würden, gäbs natürlich mehr Arbeitsplätze. Nur ginge es den Menschen eben nicht besser sondern extrem schlechter. Bei dem heutigen Produktivitätsniveau könnte man die Märkte soviel liberalisieren wie man will, Vollbeschäftigung wird nur zum Preis einer riesigen Masse unterernährter und hungernder Menschen möglich sein. Das sieht man in den USA, die diesbzgl. immernoch Spitzenreiter sind, trotzdem x Millionen an Arbeitslosen haben, aber schon ~35 Millionen (2008) in ungesicherter Ernährungssituation. Die Wirtschaftskrise wird das nochmal verstärken. Da bin ich doch froh, dass bei uns das noch eine ziemliche Ausnahme ist, wobei es nach einer weiteren neoliberalen Regierung ohne stärkere Klassenkämpfe oder soziale Bewegungen schon ganz anders aussehen kann…
Arbeitslosigkeit ist schon ein Irrsinn für sich. In einer vernünftigen Gesellschaft würde man die notwendige Arbeit aufteilen und fertig.
Ergänzung zum Sozialstaat: Dieser bzw. der Staat überhaupt hat ja gerade die Aufgabe den kapitalistischen Normalbetrieb abzusichern. Ohne diesen Sozialstaat würde der Markt seine eigenen Vorraussetzungen, nämlich halbwegs gesunde Arbeitskräfte, systematisch vernichten. Zudem hat er eine gewisse Befriedungsfunktion. Ständige Revolten wie im Frühkapitalismus sind auf Dauer ziemlich lästig für Kapital & Staat.
Die eindeutige Konsequenz wäre schonmal:
Privateigentum an Produktionsmitteln abschaffen!
Aus der Kritik der Konkurrenz folgt die Forderung nach Kooperation. Aus der Kritik des chaotischen Marktes und seinen zyklischen Krisen folgt die Forderung nach bewusster gesellschaftl. Planung der Produktion. usw.
Wie man dahin kommt? Dabei ist wohl die große Frage nach dem Staat, wo ich mir auch unsicher bin. Klar ist jedenfalls: NUR über den Staat geht gar nichts. Das war z.B. der Fehler von Allende. Gerade in Deutschland scheint das leider ziemlich illusionär, aber der kürzeste Weg wäre die Besetzung von Betrieben durch eine Massenbewegung, Generalstreiks, Bildung von Räten auf allen Ebenen, die dann Produktion & Konsumption koordinieren. Historisch war der weiteste Vorstoß in diese Richtung immernoch die spanische Revolution. Aktuell gibts die interessantesten Entwicklungen in Venezuela.
Politische Partizipation ist in Venezuela zentral. So z. B. in den neuen Kommunalen Räten, eine Form der Selbstorganisierung auf kleinster lokaler Ebene. Diese „Kiezräte“ funktionieren wie Räte, gewählt werden nur Sprecher und Sprecherinnen, entschieden wird in der Nachbarschaftsversammlung. Die Kommunalen Räte können nicht nur „mitbestimmen“, sondern sie entscheiden über ihren Kiez. Und was sie entscheiden ist für die Institutionen bindend. Langsam wird das Rätesystem um weitere darüber stehende Ebenen ergänzt. Langfristiges Ziel ist es, den bürgerlichen Staat durch einen „kommunalen Staat“ zu ersetzen – eine Art Räterepublik.
http://www.amerika21.de/hintergrund/200 … erepublik/
Man muss dazu sagen, dass es in Venezuela anders als in Spanien damals keine große Selbstorganisation gab, sondern nur Wut & Unzufriedenheit. Über Chavez hat sich das dann radikalisiert und innerhalb weniger Jahre fand eine enorme Politisierung statt. Chavez hat nämlich im Gegensatz zu den Bolschewiki die Räte nicht entmachtet sondern erst möglich gemacht. Trotzdem hängt der Prozess eben stark an Chavez und daher bin ich auch entsprechend skeptisch.
Die Peer-Economy sieht damit recht gut vereinbar aus. „Beitragen statt Tauschen“ Wenn ihr also unbedingt ein ausgearbeitetes Konzept wollt dann schaut euch mal das hier an. Ein Text zum „kommunistischen Anspruch“, der das recht gut zusammenfasst gibts hier. Weiteres Material: http://peerconomy.org/wiki/Deutsch
Diese begreift sich aber auch nur als Vorschlag und nicht als fertiges Konzept (obwohls schon sehr fertig klingt :D) Dazu lohnt sich vll. sogar nochn neuer Thread.