Weltwirtschaftskrise - Mit Vollgas gegen die Wand!

Tach zusammen. Möchte eure Aufmerksamkeit auf folgenden Artikel lenken, der die Ursachen & Geschichte der Weltwirtschaftskrise analysiert. Und zwar abseits von Personalisierungen oder anderweitig verkürzten Sichtweisen. Bei weitem der beste Artikel den ich bisher gefunden habe. Ist recht viel Text, obwohl er selbst schon eine Zusammenfassung ist. Lohnt sich aber!

Kapitalismus am Abgrund
(erschienen u.a. in: 45/Streifzüge 25.03.09; ältere Version in Junge Welt 20.01.09 und indymedia 25.01.09)

von Tomasz Konicz
Angesichts der im atemlosen Tempo voranschreitenden Implosion des in den letzten drei Dekaden errichteten internationalen Finanzsystems ist allenthalben eine hektische Suche nach den Ursachen dieses Zusammenbruchs ausgebrochen, die oftmals in der mit neoliberaler Deregulierung und Liberalisierung einhergehenden Expansion der Finanzmärkte verortet werden. Der vorliegende Text sieht hingegen bereits die Genese des Neoliberalismus – mitsamt der von den Finanzmärkten dominierten Ökonomie – als die Folge einer fundamentalen Krise der Kapitalreproduktion in der realen, warenproduzierenden Wirtschaft. […]

Link: http://docs.google.com/Doc?docid=0AU2b7 … c4cnd6eGdu

Ich kann dem Artikel nur vollkommen zustimmen. Deckt sich auch mit anderen Quellen. Was man noch diskutieren könnte wäre, was für Chancen der „New Green Deal“ von Attac, Grünparteien & co hätte. Imho jedenfalls keine langfristige, weil das Ersetzen der alten fossilen Energieversorung durch die erneuerbaren eher eine Art Strukturwandel und keine völlig neuen Märkte darstellt. Dazu kommt, dass der Umbau ja selbst auf Basis der Mikroelektronik und entsprechenden Rationalisierung vonstatten geht. Außerdem wurde die Weltwirtschaftskrise von 29 nicht durch den New Deal gelöst, sondern eigentlich erst mit dem zweiten Weltkrieg und dem darauf folgenden Fordismus. Es könnte allerdings durch die Illusion dessen durchaus eine kurzlebige neue Spekulationsblase entstehen, wie bspw. die Dotcom-blase. So, bin gespannt auf Meinungen & Diskussionsbeiträge. :slight_smile:

Worauf willst Du hinaus?

Der Artikel ist zwar informativ, aber das übliche hochgestochene Gesülze um ein simples einfaches Problem. Immer mehr Leute geben mehr Geld aus, als sie haben. Börsen sind nicht mehr der Handelsplatz, der sie mal waren … sie sind bessere Spielcasinos.

Für mich ist die pseudoakademische Betrachtungsweise von volkswirtschaftlichen Prozessen ohnehin Augenwischerei. Jede Hausfrau, die ein “Familienunternehmen” zu managen hat, ist ein besserer Finanz- und Wirtschaftsexperte, als Keynes & Co.

Punkt.

Das ist ja bekannt mittlerweile. Was nicht bekannt ist, und das sollte der Artikel eigentlich klären, dass dieser Boom der Finanzmärkte ja schon eine Reaktion auf eine Krise seit Anfang der 70er war und zwar die mangelnden Verwertungsmöglichkeiten in der Realwirtschaft qua tendenziellem Fall der Proditfrate & der Mikroelektronik (Folge: Stagflation). Das Problem sind also nicht die wuchernden Finanzmärkte, denen eine “gesunde” Realwirtschaft gegenüberstehen würde - Im Gegenteil, das wenige Wachstum das wir die letzen Jahre hatten war überhaupt nur durch den Finanzboom möglich! Hätte man die Finanzmärkte rechtzeitig reguliert bzw. die Amis weniger konsumiert, wäre die Weltwirtschaft schon viel früher zusammengebrochen!

Das haben übrigens auch schon einige bürgerliche Ökonomen erkannt. Nur haben sie keine Ahnung von den tieferen Ursachen und meinen das Problem wäre auf der Ebene der Kredite:
Finanzkrise und der totale Kollaps [Youtube]
"[…]Auf den ersten Blick stellt sich daher die ganze Krise nur als Kreditkrise und Geldkrise dar." (Marx)

Die Immobilienkrise war keine Folge von fehlender Regulierung, sondern das Gegenteil.
Die US-Regierung hat die Banken indirekt gezwungen, Immobilienkredite an nicht kreditwürdige Privatpersonen zu vergeben.

Ich habe darüber erst vor kurzem mit mehreren Studenten gesprochen. Einer hat ein Argument eingebracht, das mir erst im Nachhinein richtig bewusst geworden ist. Früher hatte Geld immer einen gewissen Gegenwert - seien es Gegenstände wie Gold, Zucker oder auch körperliche wie geistige Arbeit. Aber welche Aufgabe hat der Zins, den man auf jedem üblichen Konto gut geschrieben bekommt? Man bekommt Geld des Geldes wegen - der eigentliche Gegenwert fehlt aber. Der Goldstandard wurde bereits in vielen Ländern dieser Welt aufgehoben - in welchen gilt er eigentlich noch?
Es lohnt sich sicherlich, mal über diesen Sachverhalt nachzudenken.

Also

The gold standard is not currently used by any government, having been replaced completely by fiat currency

Der Goldstandard wurde also anscheinend komplett abgeschafft.

Jaja, der Goldstandard wurde ja Anfang der 70ger Jahre abgeschafft.
Die USA drucken jetzt aber massiv Dollar, jedoch steigt weder die Nachfrage nach irgendetwas noch gibt es im Land mehr Wertschöfpung. Das einzige was man meiner Meinung nach einfach ankurbeln könnte wäre die Kriegsindustrie, damit der Dollar nicht inflationiert. Beendigung eines Krieges führt aber zu Inflation, da z.B. Kriegsmaterial verbraucht wurde oder nicht mehr produziert wird. Die Geldmenge ist aber jedoch noch vorhanden.

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P.S.
China kauft viel Gold ein.

Der Kapitalismus strebt immanent, mit oder ohne Zins, nach unendlichem Wachstum. Das ist mit Naturressorucen nicht vereinbar, somit ist eine Deckung auf Dauer unmöglich. Wieso Zinskritik alleine falsch ist wird hier recht gut erklärt: http://deu.anarchopedia.org/Zins

Der Kapitalismus strebt immanent, mit oder ohne Zins, nach unendlichem Wachstum. Das ist mit Naturressorucen nicht vereinbar, somit ist eine Deckung auf Dauer unmöglich.

Dazu sage ich als Betriebswirtschaftlerin nur: Wachstum als Materielles Wachstum aufzufassen (also als immer weiterführende Investition in materielle Anlagen und Produktionsgüter), ist nicht nur der unklügere Ansatz, sondern auch der, der am Ende versagen wird. Vielmehr ist das Wachstum, das die Theoretiker hier meinen, auch als geistiges und immaterielles aufzufassen.

Mein VWL-Lektor hat mal gemeint, die Krise wäre nie so groß geworden, hätten die Medien sie nicht so gepuscht. (Stichwort selffulfilling prophecy)

Mein VWL-Lektor hat mal gemeint, die Krise wäre nie so groß geworden, hätten die Medien sie nicht so gepuscht. (Stichwort selffulfilling prophecy)

Haha. Is klar. Die wird doch andauernd von allen Politikern, Medien usw. heruntergeredet! Am Anfang hieß es noch wir wären super aufgestellt für die Krise, das is nur da drüben bei den blöden amis. Irgendwann gingen dann die Prognosen von Nullwachstum zu -2 und mittlerweile sinds afaik um die 7% Minus"wachstum". Jetzt wird davon geschwafelt, dass sich das Falltempo schon verlangsamere und es bald wieder Wachstum gäbe.
Wer sich den verlinkten Artikel mal durchgelesen hat kann darüber nur lachen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Krise deutlich härter wird als 29.

selbst, wenn sie herunter geredet wird, find ich das noch sinnvoller als das, was in den medien so verbreitet wurde (nämlich im Grunde Panik). wenn der Verbraucher denkt, alles wäre ok, investiert er auch wieder mehr, was eine wesentlich bessere richtung für die gesamtwirtschaft ist, als wenn er sich vor lauter zahlen (selbst wenn sie richtig sind) und prognosen total einspart und damit die gesamtwirtschaft noch viel mehr schädigt.

Im Grunde bin ich also eher für Lügen, die Zuversicht wecken, als für die Wahrheit, die alle runter zieht. Leider ist der Normalbürger nämlich nicht so besonnen, alle Hintergründe zu erforschen und trotz schlechter Prognosen weiter zu konsumieren. Lieschen Müller hört nur, sie hätte wohl in den nächsten 2 Jahren Geldprobleme und fängt an zu sparen, was die Abwärtsspirale nur noch weiter fördert.

Das ist doch eh schon ne ziemlich seltsame Ordnung in der Konsum als ne Art Selbstzweck gilt und der Staat das teilweise sogar mitfinanziert. Es wäre für die Menschen deutlich sinnvoller sich das wahre Ausmaß der Krise bewusst zu machen und entsprechend mit diesem Müll Schluss zu machen wo die eigenen Lebensinteressen für ungültig erklärt werden, weil sie nicht durch das Nadelöhr der abstrakten Kapitalverwertung durchpassen. Objektiv gibt es doch alles was man braucht. Es gibt sogar massenweise Überkapazitäten und gleichzeitig Hunger & Armut. Noch nie auf die Idee gekommen, dass hier irgendwas grundlegend schief läuft?

mir ist klar, dass dabei was falsch läuft, aber ich sehe auch, dass das system, das wir leben sich über lange jahrtausende entwickelt hat und dass es auch noch lange jahrtausende benötigen wird, um sich zu wandeln. und wenn es nur aus gründen wie dem langsamen lernen der gesamten menschheit und dem zu langsamen wandel menschlicher einstellungen und wertehaltungen so ist.
also so gern ich mich auch einem weltumfassenden sozialen putsch anschließen würde, ich sehe keinen erfolg darin, solange der mensch ist, was er ist und erkenne, dass alles, was ich erwarten kann langsame entwicklung innerhalb des systems des kapitalismus ist.

wie gut, dass wir nicht gesellschaftssysteme hier zum thema haben sondern die krise, die innerhalb eines dieser (nun mal bestehenden, so sehr du dich auch wehrst) entstanden ist.

übrigens zum artikel: Die Verwendung von überflüssigen (weil durch verständliche deutsche Wörter ersetzbare) Fremdwörtern mit einem geschätzten Anteil am Text von ca 60% und die Ausdehnung von Sätzen und Teilsätzen über 3 oder mehr Zeilen verbessert weder Qualität des Textes noch Tauglichkeit des selben für die breite Masse (Eine diesbezügliche Anspielung durch meine eigene Schreibweise ist nicht geplant, aber wird schmunzelnd hingenommen). Wer diesen Text versteht, gehört nicht unbedingt zu einer Bevölkerungsgruppe, für die der Inhalt des Textes eine Neuigkeit oder eine Überraschung oder eine wichtige Information darstellen.

Die Krise führt aber genau zur Systemfrage. Schau dir mal die Geschichte an, was bei der ersten passiert ist…
Für Fragen steh ich übrigens zur Verfügung. :smiley:
Habs ja auch nochmal knapp zusammengefasst.

Die Frage ist:
War die Weltfinanzkrise bzw. die Wirtschaftskrise wirklich eine Folge eines zu freien Marktes, oder war es in Wirklichkeit die Folge eines falsch regulierten Marktes, indem Lobbygruppen durch die Politik/Institutionen nicht marktkonforme Privilegien/Vorteile erhielten? Bestes Beispiel ist unser verhunztes Gesundheitssystem.

Seehofer über Lobby:

Ich meine, wer soll den prinzipiell etwas regulieren, streng genommen kann man ja keinem trauen. In den
Zentralbanken sitzen ja auch logischerweise Ex-Chefs oder Ex-Führungskräfte anderer Banken und diejenigen leben ja auch nicht in einem Vakuum.

ein wirtschaftssystem wie das der freien martiwirtschaft funktioniert auch unter anderem deshalb nicht, weil man politisch immer dreinzupfuschen versucht und weil eben durch lobbying die interessen einzelner nicht über marktfunktionen sondern über marktexterne einflussmöglichkeiten durchgesetzt werden.
ich kann da bloedeltv nur zustimmen.

Die Frage ist:
War die Weltfinanzkrise bzw. die Wirtschaftskrise wirklich eine Folge eines zu freien Marktes, oder war es in Wirklichkeit die Folge eines falsch regulierten Marktes…?

Die REALwirtschaft ist am Arsch weil die Profitrate im Keller ist. Wenn du das Finanzsystem jetzt streng regulierst bricht alles noch mehr ein! Darum macht man das auch nicht sondern versucht sich in großen Worten statt Taten. Es ist wirklich ein Teufelskreis. Kurzfristig könnte man vll. durch radikale Umverteilung (Vermögenssteuer 20% o.ä.) das etwas abmildern. Allerdings wird man das kaum durchsetzen können, sonst gibts kompletten Investitionsstreik usw.
Langfristig seh ich da eh keine Perspektive innerhalb der Marktwirtschaft.

Marktwirtschaft & Konkurrenz heißt Gewinner & Verlierer heißt extreme Ungleicheit und da wirtschaftl. Macht auch politische Macht bedeutet haben die Reichen immer mehr Einfluss als die Armen. Soviel zum Lobbyismus.

Aber Du hast jetzt das perfekte Patentrezept in der Tasche, hmm?

Wenn man Euch so “zuliest”, dann kann man nur noch den Kopp schütteln. Ihr macht genau das Gleiche, das ihr “der Gegenseite” in fast jeder Zeile vorwerft: viel Geschwafel ohne tatsächliche Inhalte. Ich hab fast das Gefühl, das betriebswirtschaftliche Fachausdrücke auf einige aphrodisierend wirken und nur dazu da sind, um den Inhalt des Gesagten auf ein höheres Level - bei gleicher Inhaltsschwäche - zu heben.

Das Problem ist doch ziemlich simpel:

Geld kann nicht “wachsen” und sich vermehren, wie man immer so schön anpreist. Wenn ich jemandem Geld für Zinsen leihe, dann muss der das Geld (+Zinsen) auch woher holen … vereinfacht gesagt: der Zins ist nix, was einfach entsteht.

Und irgendwo ist Ende der Fahnenstange …

Mehr isses nicht.

Zum Patentrezept ein Zitat von Robert Kurz (Schwarzbuch Kapitalismus):

„Menschen, die gerade unter dem Diktat der kapitalistischen »Selbstverantwortung« jeder Selbstbestimmung
über das eigene Leben beraubt und eigentlich selber nichts mehr sind, fragen unvermeidlich nach einem »Rezept«, wenn sie sich der Ausweglosigkeit ihrer Daseinsweise überführt sehen. Damit beweisen sie nur, daß sie selbst die Überwindung des Kapitalismus noch in kapitalistische Kategorien einbannen wollen. Denn ein »Rezept« setzt bereits voraus, daß die anzustrebende Selbstbestimmung nach vorgefertigten Mustern einer äußerlichen Instanz abzulaufen hat, also sich selber dementiert. Was sich angeben läßt, sind nicht »Rezepte« nach einem sozialen Baukastensystem (das wäre nichts als Sozialtechnologie, die ihren Ort nur im Kapitalismus haben kann), sondern vielmehr Kriterien der Emanzipation. Die »böse Horizontale« fängt nicht mit dem Abspulen eines vorgedachten Programms an, sondern mit der sozialen Rebellion gegen die unverschämten Zumutungen von »Marktwirtschaft und Demokratie«.“

Die Krise heißt Kapitalismus und wird man nur durch dessen Abschaffung lösen. Die „Kriterien der Emanzipation“ könnten bspw. lauten: Kurzfristig - radikale Umverteilung & Kontrolle der Betriebe durch die Beschäftigten. Langfristig - horizontale Vernetzung, Kooperation statt Konkurrenz, dezentrale gesellschaftl. Planung der Produktion jenseits verselbstständigten anonymen Märkten und autoritärem Staat.

Sicher kann ich Zinsen verlangen. Wenn ich jemandem Geld leihe, dann kann derjeniger mehr arbeiten z.B. Überstunden machen um mir die Zinsen zurückzuzahlen. Die Zinsen sind durch keinerlei Ressourcen gedeckt, sondern durch mehr geleistete Arbeit (Bei den Amis ist das gesamte Geld auch durch keine Naturalien gedeckt).

Man hatte keinen wahren freien Markt, deswegen ist das alles den Bach runtergegangen. Jetzt will man dem Volk weismachen, dass der freie Markt Schuld sei, den freien Markt gabs aber überhaupt nicht. Super Logik. :mrgreen: