Weitere Ausnahmen beim Mindestlohn

Ein Mindestlohn mit Ausnahmen ist kein Mindestlohn. Eine Vespa ist ja auch keine Harley, nur weil beide zwei Räder haben.

Wenn mit Ausnahmen, dann muss das Ganze unter anderem Namen kommen. Oder aber wir haben es hier, mal wieder, mit Wahlbetrug zu tun. Aber da sogar die Merkel das betreibt, ist es ja nicht so schlimm. :roll:

Bravo GroKo.

Ist schon irgendwie lustig, dass Diskussionen zur Arbeitsmarktpolitik hier häufig von einer Person gestartet werden, deren Einstellung zur [-]Erwerbstätigkeit[/-] “Lohnsklaverei” langjährigen Forenmitgliedern mittlerweile bekannt sein dürfte und die vermutlich (früheren Beiträgen nach) noch nie selbst länger Vollzeit gearbeitet hat, geschweige denn einen mies bezahlten Drecksjob machen musste. (???) Und der obligatorische Seitenhieb auf die Fußball-WM-Gucker musste hier auch noch untergebracht werden, nachdem die ständige Stänkerei an anderer Stelle endlich unterbunden wurde…

Sorry, Anchi, aber ich finde das so langsam etwas unglaubwürdig. Inwiefern du anderen etwas von der “Wirklichkeit” erzählen kannst will sich mir momentan nicht so ganz erschließen.

[QUOTE=SethSteiner;363463][…] dabei sollte jemand, der seine Arbeitnehmer nicht anständig bezahlen kann, auch gar keine Arbeitnehmer einstellen dürfen.[/QUOTE]

[QUOTE=Caeshijque;363466]Ein Mindestlohn mit Ausnahmen ist kein Mindestlohn.[/QUOTE]

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Wie stellst du dir das vor? Wie kann der Staat wissen, in welchen Branchen die Mitarbeiter unanständig bezahlt werden, bevor das auch tatsächlich passiert? Ohne (funktionierende) Gewerkschaft wird der Staat spät oder nie davon erfahren – verlässt du dich hier auf das Team Wallraff?

Nein, heißt es nicht. Das liest du da jetzt heraus.

Das lese ich nicht heraus, das ist eine simple Schlussfolgerung. Du verbittest dir einen Mindestlohn für kleine und mittelständische Unternehmen. Das bedeutet automatisch, dass du diesen Unternehmen weiter die Möglichkeit anbieten willst, Mitarbeiter für einen Lohn zu beschäftigen, der unter einem Mindestlohn von 8,50 €/h liegt. Falls ich hier falsch liege, korrigiere mich bitte. Im Übrigen kommt das Phänomen Hungerlohn auch bei Großkonzernen vor, das aber nur am Rande.

Das der Staat eingreifen muss, wenn der Markt versagt (Also vor allem im Pflegedienst, weil keiner für Opa Heino das bezahlen will, was es kosten würde, würde man die Leute anständig bezahlen), habe ich ja sogar explizit hervorgehoben.

An der Stelle vertreten wir die gleiche Meinung (darf ja mal vorkommen). Nur bei der Frage, ob der Markt bereits versagt hat, scheiden sich unsere Geister.

Wenn Gewerkschaften ihre Mitglieder bescheißen kann da der Markt ja nichts dafür :mrgreen:

Und wieder: Im Niedriglohnsektor haben viele Branchen keine Gewerkschaft. Was sollen die machen? Weiter auf den Staat hoffen?

[QUOTE=Silentium;363474]
An der Stelle vertreten wir die gleiche Meinung (darf ja mal vorkommen). Nur bei der Frage, ob der Markt bereits versagt hat, scheiden sich unsere Geister.
[/QUOTE]
wenn die lohnentwicklung dauerhaft hinter der produktivtätsentwicklung bleibt, hat der Markt versagt, das ist relativ eindeutig.
dementsprechend sieht das für deutschland so aus: http://www.maskenfall.de/wp-content/uploads/2013/07/brd-prodwage-sum.png

Quatsch. Der Markt macht genau das, was er soll. Es gibt deutlich mehr Arbeitnehmer als vorhandene Jobs. Dementsprechend sind die Löhne niedrig. Das kommt insbesondere in den schwächeren Regionen zum Tragen. Dort gibt es nicht die vielen Jobmöglichkeiten, wie in Ballungsgebieten. Also wird dort eher die Ausbildung zu “herkömmlichen” Berufen, wie Koch oder Friseur oder Pfleger gewählt.

[QUOTE=hans_wurst;363478] Es gibt deutlich mehr Arbeitnehmer als vorhandene Jobs. .[/QUOTE]
Ich würde sagen, das war bis jetzt dein Meisterstück.

[SPOILER]Ich hab ja aus dem russischen Fernsehen gehört, dass nur der Putin das kann.[/SPOILER]

Die Fefe-Leser haben den Link vielleicht schon gelesen.
Etwas zu den Ausnahmen der Zeitungszusteller
"Warum werden eigentlich ausgerechnet Zeitungszusteller vom Mindestlohn ausgenommen?"

[QUOTE=Silentium;363474]Wie kann der Staat wissen, in welchen Branchen die Mitarbeiter unanständig bezahlt werden, bevor das auch tatsächlich passiert?[/QUOTE]

Der Punkt ist aber, das du gesagt hast der Staat dürfe laut mir nicht weiter oben eingreifen. Ich sage lediglich das man es in Betracht ziehen muss…

[QUOTE=Silentium;363474]Ohne (funktionierende) Gewerkschaft wird der Staat spät oder nie davon erfahren [/QUOTE]

Wenn es keine Gewerkschaften gibt muss der Staat natürlich eingreifen - Ist doch logisch…

[QUOTE=ExtraKlaus;363447][…] grundsätzlich sind solche planwirtschaftlichen Methoden in einer sozialen Markt(!)wirtschaft abzulehnen.[/QUOTE]

Weil…?

[QUOTE=hans_wurst;363478]Es gibt deutlich mehr Arbeitnehmer als vorhandene Jobs.[/QUOTE]
Unabhängig davon, ob das jetzt stimmt oder nicht: Das hat nicht der Markt zu verantworten, sondern der Staat – der Niedriglohnsektor hat haufenweise Arbeitsplätze geschaffen, die vorher nicht existiert haben. Blöde nur, dass von denen niemand existieren kann. Dass wir zwischen guten und schlechten Arbeitsplätzen unterscheiden sollten, scheint in der öffentlichen Diskussion keine Rolle zu spielen. Stattdessen subventioniert der Staat lieber die unterbezahlten Arbeiten (Stichwort Aufstocker). Für mich klingt das fast nach Planwirtschaft, aber den Begriff bemühe ich jetzt lieber nicht, sonst springt der Klaus noch im politischen Dreieck.

Das kommt insbesondere in den schwächeren Regionen zum Tragen. Dort gibt es nicht die vielen Jobmöglichkeiten, wie in Ballungsgebieten. Also wird dort eher die Ausbildung zu „herkömmlichen“ Berufen, wie Koch oder Friseur oder Pfleger gewählt.

Dafür hätte ich dann doch ganz gerne mal irgendeine Quelle.

Ich kenne das aus meiner Erfahrung nämlich andersherum: Ich wohne ja in Thüringen, das Niedriglohnland, unangefochten seit Jahren, hier macht sogut wieder jeder der es kann Abitur und studiert danach um möglichst entweder
a) schnell wegzuziehen oder
b) einen der wenigen gut bezahlten Arbeitsplätze zu erhalten.

Berufe wie Koch oder Pfleger will sowhol in Ballungsgebieten als auch im ländlichen Bereich keiner mehr machen. Warum auch, wenn man mitbekommt, dass in Gaststätten kein richtiger Koch mehr arbeitet und Pflegekräfte gerne aus den naheliegenden Ausland ( bei uns Polen) geholt werden oder examninierte Pfleger wie Hilfskräfte bezahlt werden.

Berufe wie Friseur und Kauffrau/-mann i.E. werden als „Dauerbrenner“ immer ausgebildet, sind halt sehr beliebt. Hier wird aber über Bedarf ausgebildet damit dürfte die Erwerbslosenquote in diesen Branchen ziemlich hoch liegen - das aber deutschlandweit.

Ha, ich komme aus M-V. Da sind NPD-Ergebnisse zu finden, von denen ihr in Thüringen nur träumt :stuck_out_tongue:
Ich meinte jetzt schon die Leute, die da bleiben (wollen/müssen). Was machen die für Ausbildungen? Da M-V hauptsächlich vom Tourismus lebt sind Gastro- und Hotelberufe deutlich häufiger vorhanden als woanders. Da hast du recht.

@Silentium Wir haben in Deutschland offiziell 2,8 Mio Arbeitslose. Die Dunkelziffer ist noch weitaus höher. Willst du behaupten die sind alle faul oder wie soll die Zahl zu Stande kommen, wenn es genügend Arbeitsplätze gibt? Für den Arbeitsmarkt gibt es keine guten oder schlechten Jobs. Das ist ja das Problem. Der Arbeitsmarkt macht genau das, was er soll. Löhne niedrig halten.
Mit einem BGE kann man dieses Ungleichgewicht zwischen Arbeitsplätzen und Arbeitsuchenden schnell umkehren und dann wären die Karten neu gemischt.

sagt mal bin ich der einzige dem es aufgefallen ist, dass es per definition nicht mehr arbeitnehmer als jobs geben kann?

zur arbeitslosigkeit @hans:
dir ist sicher bewusst, dass es friktionelle, strukturelle und konjunkturelle Arbeitslosigkeit gibt oder?

Die erstere kannte ich nicht, die letzten beiden kannte ich, ja. Und nun?

Wo habe ich das behauptet? Dass wir in Deutschland mehr Arbeitslose haben als uns die Statistik Monat für Monat weismachen will, weiß jedes Kind. Ich sage nur, dass der Niedriglohnsektor dazu geführt hat, dass wir vermutlich noch weniger Arbeitslose haben als ohne diese menschenunwürdigen Jobs. Merkel & Co. schönen damit ihre Zahlen, um sich vor dem Wahlvieh zu rühmen und ihre Macht zu erhalten. Um die Menschen schert sich die Regierung nicht (mehr?).

Für den Arbeitsmarkt gibt es keine guten oder schlechten Jobs. Das ist ja das Problem. Der Arbeitsmarkt macht genau das, was er soll. Löhne niedrig halten.

Ob das wirklich die Aufgabe eines gesunden Arbeitsmarkts ist? In erster Linie stellt der Arbeitsmarkt Arbeit bereit, nicht mehr und nicht weniger. Zwischen guten und schlechten Jobs müsste die Politik unterscheiden. Will sie aber nicht, weil schlechte Jobs politisch gewollt sind (siehe oben).

weil schlechte Jobs politisch gewollt sind

Das würde ich nicht einmal unbedingt so sagen wollen.
Das würde bedeuten, dass die Politiker durchweg schlechte Menschen wären.

Eine etwas differenziertere Aussage:

Die Politiker sind (fühlen sich) selber vollkommen machtlos. Sie sehen keine gangbare Alternative zum derzeitigen System. Was auch daran liegt, dass sie per se zu den Gewinnern des derzeitigen Systems gehören. Guckt euch das mal bei einem Brettspielabend an. Diejenigen die nicht gewinnen haben sehr viel schneller Ideen wie man das Spiel ‚verbessern‘ könnte. Insofern hast du dann natürlich recht, schlechte Jobs sind „politisch gewollt“.
Aber das liegt nicht daran das die Politiker wollen, dass Menschen leiden, es liegt daran das die Politiker nicht an den bestehenden Machtverhältnissen rütteln wollen. (Was man ihnen ja auch nicht übel nehmen kann)

Allerdings sehen sie halt, dass man mit schlechten Jobs keine Wählerstimmen gewinnt, zumindest nicht wenn man sie als das verkauft.
Daher kommen dann Sprüche wie: „Sozial ist was Arbeit schafft.“

Ich würde die Aussage daher umändern in:
„Schlechte Jobs sind politisch geduldet.“

Wenn jemand mit einer tollen finanzierbaren Idee daher kommen würde, wie alle Leute gute Jobs haben könnten ohne, dass sie bestehenden Machtverhältnisse radikal geändert werden müssten, dann würden sich die meisten Politiker dagegen wohl kaum wehren.

Der Mindestlohn geht halt in die Richtung. Es ist der Versuch die Gesellschaft sozial gerechter zu gestalten ohne groß in die bestehenden Machtverhältnisse einzugreifen. Allerdings beschweren sich halt genug Menschen, dass der Mindestlohn angeblich doch eine Gefährdung eben dieser Machtverhältnisse darstellen würde und deshalb werden entsprechende Ausnahmen geschaffen.

Na also wenn ein Politiker oder mehrere mit einem Problem konfrontiert werden aber nichts an den Machtverhältnissen ändern wollen, würde ich durchaus sagen, dass man ihnen das Übel nehmen kann. Es ist nun Mal nicht ihr Job den Status Quo zu erhalten, sondern Probleme zu lösen. Das ist der ureigenste Job dieser Kaste und wenn sie diesen nicht erfüllt, muss sie im Grunde ausgetauscht werden.

Hast du natürlich durchaus recht mit. Ich meinte damit auch eher auf einer rein “menschlichen” Ebene.
Also der einzelne Politiker an sich, als Individuum. Dem kann ich es nicht übel nehmen wenn er in erster Linie an seine eigene Zukunft denkt.

Den Politikern als kollektiv, allerdings schon. Dadurch ist dann auch jeder einzelne Politiker wieder “schuld” und man kann und muss es ihm vorwerfen. Nur eben auf einer Ebene, bei der ich durchaus sagen kann: Ich verstehe die Motivation.

Genau das kann und muss ich ihnen übel nehmen – dem Politiker wie dem Menschen dahinter. Wer sieht, dass Menschen leiden, eine alternative Politik aber nur wegen der sich verändernden Machtverhältnisse scheut, macht seine Arbeit nicht richtig. Zum Politiker-Dasein gehört auch das Unangenehme und Zeitraubende. Na gut, ich korrigiere mich: Das sollte dazu gehören.

Ich kann deine Sichtweise nachvollziehen, das macht den Politiker auch nicht zu einem schlechten Menschen, sondern erst mal nur zu einem Heuchler. Wie ich das bewerte, ist dann eine Frage der eigenen Moralvorstellungen. :wink:

Wenn jemand mit einer tollen finanzierbaren Idee daher kommen würde, wie alle Leute gute Jobs haben könnten ohne, dass sie bestehenden Machtverhältnisse radikal geändert werden müssten, dann würden sich die meisten Politiker dagegen wohl kaum wehren.

So funktioniert die Welt leider nicht. Ich kann auch nicht einfach mal so im Internet Geld verdienen oder eine Kolonie auf dem Mars gründen – alle Entscheidungen, die das Vorher auf den Kopf stellen, erfordern Mut und die Bereitschaft, sich aufzuraffen und einfach mal zu machen. Leider vermisse ich Mut und Tatkraft bei unseren Politikern. Stattdessen darf ich zu oft die Mühe um Machterhalt bewundern.

[QUOTE=Skafdir;363565]Es ist der Versuch die Gesellschaft sozial gerechter zu gestalten[/QUOTE]

Nicht wirklich… Es ist nur der Versuch die zu bestrafen, die mehr haben als man selbst. Deswegen ist davon ja auch immer der Mittelstand betroffen weil das für viele Menschen mit beschränktem Horizont schon Reiche Menschen sind.
Die Politik hat die Aufgabe das Versagen der marktwirtschaftlichen Systeme abzudämpfen und aufzufangen, Rahmenbedingungen zur Selbstbestimmung der Betriebe schaffen. Der Mindestlohn in der Form wie er immer realitätsfremd von Linkspartei und teilweise Grünen propagiert wird, ist weder das eine, noch das andere. Es ist eine wirtschaftliche Doktrin, die von oben bis unten vorgegeben ist. Und diese Doktrin ist Planwirtschaft.

Anstatt also dort einzugreifen wo die Selbstbestimmung versagt, weil z.b. keine Gewerkschaften entstehen oder z.b. Praktika ausgenutzt werden (Was auch nicht in allen Branchen der Fall ist) und die ganze Problematik auch auf die Bereiche zu beschränken, wo es stattfindet, wird ein völlig utopisches System propagiert, das nun mal so in der Form (zu recht) nie durchkommen wird. Aber das ganze ist halt panem et circenses der GroKo.