Inwiefern ist ein Mensch für seine Auftritte im Fernsehen selbst verantwortlich?
Ein mündiger Mensch ist absolut selber verantwortlich für seine Auftritte. Und nun das große ABER (und wir merken uns der Teil eines Satzes der vor einem „aber“ steht ist nichts wert)
Auch ein mündiger Mensch kann verzweifelt, einsam, hilflos, etc. sein. Wenn sich so ein Mensch nun nicht mehr zu helfen weiß und man seine Notsituation ausnutzt um einige tolle Bilder für die Kamera zu kriegen.
Es geht weniger um die Verantwortung des Menschen der sich auf den Auftritt einlässt, als viel mehr um die Verantwortung des Senders mit Problemfällen entsprechend umzugehen.
Da ist eine Person die ein bestimmtes Problem hat, psychisch körperlich, etc. Vollkommen egal, in jedem Fall bräuchte die Person hilfe bei der Lösung des Problems. Sie hat vielleicht aus irgendwelchen Gründen Angst professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen oder hat schlechte Erfahrungen damit gemacht.
Nun sieht sie das Fernsehen als letzten Strohhalm. Der Sender kommt macht Aufnahmen, die Hilfe bleibt vollkommen auf der Strecke, sechs Monate später sieht diese Person einen Beitrag der dazu geeignet ist, dass andere Menschen sie als „Versager“ sehen und sich für „ein Stündchen über sie ämusieren“ während sie davon überzeugt sind gerade den „Bodensatz der Bundesrepublik“ zu sehen.
Die Gefahren eines nicht gelesenen oder nicht verstandenen, aber dennoch unterschriebenen Vertrags besteht überall, nicht nur beim Fernsehen.
Und eigentlich überall gilt, dass ein Vertrag nichtig ist wenn irgendeine Notsituation ausgenutzt wird.
Im Prinzip wird nur das selbe für das Fernsehen gefordert. Das Problem ist natürlich das eine solche Anfechtung eines Vertrags wegen „Sittenwidrigkeit“ sehr schwer ist und viel Ausdauer braucht. Dann kommen spezialisierter Anwälte des Senders und schon hat man keine Chance mehr.
Es geht hier also wie schon gesagt wurde nur darum aufzuklären und die Menschen vor ihrem eigenen Verhalten zu warnen.
Zuletzt: Was ist entwürdigender? Einen Menschen vor der Kamera vorzuführen oder aber von Kritikersessel aus diesem Menschen den freien Willen oder den Intellekt abzusprechen, die Folgen seines Handelns selbst abzusehen.
Eindeutig das erstere. Das zweite ist eine logische Folge. Vor allem gelingt hier ein Trugschluss dem sich viele hingeben, nämlich die Vorstellung das man selbst ein rational handelnder Mensch ist.
Kaum jemand ist wirklich in der Lage immer die Folgen seines Handelns abzuschätzen. Vor allem dann nicht wenn es kaum Negativbeispiele gibt.
Noch dazu kommt die häufige Einschätzung, des „ich kann es nunmal besser als die anderen.“ Die Überzeugung das man selber bei DSDS eben nicht zu den Kandidaten gehört die in die lustigen Pannenvideos zu Beginn der Sendung geschnitten werden. Oder die Überzeugung das man mit seinen Problemen völlig normal rüber kommt.
Und am Ende der Glaube, dass ein Fernsehsender ein ehrliches Bild rüber bringt. Egal wie du dich verhälst, mit dem richtigen Schneideprogramm kriegt man einen immer zum Versager.
Vor allem muss es aber um eine andere Verantwortung gehen.
Der Teilnehmer: Verzweifelt, hilflos, schlechte Selbsteinschätzung… alles Sachen die passieren können. Nun gut kann man ihnen kaum vorwerfen.
Der Fernsehsender: Einschaltqouten für Geld, Arbeitsplätze, Profit… alles Sachen die nun einmal eine wirtschaftliche Notwendigkeit darstellen. Also auch hier kann man sagen, solange die Gewinnspanne stimmt kann man auch hier kaum einen Vorwurf machen.
Der Zuschauer: Hier liegt die Verantwortung eben solche Formate nicht zu gucken. Sich zu weigern den Sendern dafür Werbeeinnahmen zukommen zu lassen. Was nicht geguckt wird, wird auf lange Sicht auch nicht mehr gesendet.
Genau hier greift dieser Format denke ich am besten. In der Sensibilisierung des Zuschauers. Es sorgt dafür das sich der Zuschauer die Frage stellt: „Was darf ich eigentlich gucken? Wie lange verhalte ich mich mit meinem Konsumverhalten korrekt?“
Wenn man nun also diese Sendung guckt und dann immer noch zu solchen Aussagen kommt:
Nichts liegt mir ferner als Mitleid mit den Versagern, die da vorgeführt werden.
Dann muss man schon sagen hat man eine sehr merkwürdige Einstellung gegenüber seinen Mitmenschen.