Verjährung von sexuellem Mißbrauch abschaffen!

Sorry …

… aber das ist mir zu pauschal. Da die Definition von sexuellem Missbrauch in Deutschland in zu weiten Grenzen verläuft, ist eine Verjährung (über die Frist mag man streiten) durchaus sinnvoll.

In welchem Fall ist die Verjährung bitte sinnvoll?

Die Strafen dienen dazu einen Täter von weiteren Vergehen abzuhalten.
Es hat keinen Sinn jemanden zu bestrafen der 10 Jahre oder länger keinem etwas derartiges antut, da von dieser Person nach Jahrzehnt(en) ohne Vergehen kein entsprechendes Risiko für die Mitmenschen mehr ausgeht.
Bei Mord muss man selbstverständlich wesentlich längere Zeiten ansetzen, da die Konsequenz für die Opfer nunmal der Tod und eine Wiederholungstat entsprechend drastisch ist.
Schadensersatzforderungen, um die es in der Petition anscheinend geht, sind da wieder ne andere Sache.

Und jetzt komm nicht mit Rache oder Abschreckung.
Rache und Exempel haben in einer Gesellschaft, die sich selbst auch nur im entferntesten als zivilisiert betrachten will, nix zu suchen!

Wie muss ich das jetzt verstehen?
Wenn ein Mensch ein anderen Menschen missbraucht und das Opfer sich erst nach 10 Jahren überwinden kann Anzeige zu erstatten, hat das Opfer Pech gehabt und der Täter Glück?

Im Prinzip Ja, außer das Opfer war zum Zeitpunkt der Tat minderjährig. Dann ist die Tat erst verjährt wenn das Opfer 28 wird.

Es hat keinen Sinn jemanden zu bestrafen der 10 Jahre oder länger keinem etwas derartiges antut, da von dieser Person nach Jahrzehnt(en) ohne Vergehen kein entsprechendes Risiko für die Mitmenschen mehr ausgeht.
Bei Mord muss man selbstverständlich wesentlich längere Zeiten ansetzen, da die Konsequenz für die Opfer nunmal der Tod und eine Wiederholungstat entsprechend drastisch ist.

Wenn der erste Satz gültig wäre, könnte man - trotz der härteren Konsequenz für die Opfer - letzteres nicht rechtfertigen. Anders gesagt: entweder geht von einem Menschen Gefahr aus oder nicht. Wenn keine Gefahr mehr von ihm ausgeht, ist die ursprüngliche Tat (ob Missbrauch oder Mord) für die Gegenwart und Zukunft egal (im Bezug auf einen „Rückfall“). Geht noch eine Gefahr von ihm aus, ist dein Gedanke richtig (Mord ist drastischer) - dann sollte aber auch die Verjährung für Missbrauch beseitigt werden. Alles andere wäre fahrlässig. Wiederholungstat hin oder her - entweder ist sie möglich oder nicht. Dieser Mensch hat bewiesen, dass er dazu fähig ist - und dann anfangen, zu schachern, ab wann eine Tat so verheerend ist, dass man sie noch verhindern will (Mord) oder ab wann es legitim wäre, die Chance eines „Rückfalls“ in Kauf zu nehmen (Missbrauch), ist widerwärtig. WIe gesagt: entweder ist es noch möglich oder nicht. Was dann noch möglich ist, also ob Mord oder Missbrauch, ist bei letzterem egal und bei ersterem eine Variante von Schach… opfer ich jetzt den Bauern oder nicht…

Kann ich Dir sagen.

Aber vielleicht sollten wir erstmal den Kern meiner Aussage aufgreifen: Die Definition von sexuellem Missbrauch. Dazu ein kurzer Ausflug in den Begriff der Deliktfähigkeit:

Ein Täter wird minderschwer bis gar nicht bestraft, wenn er sich der Härte und der Konsequenz seiner Tat zum Zeitpunkt der Ausübung bewusst war. Kurz und knapp: wusste derjenige, was er tat, kriegt er richtig Ärger. Die Deliktfähigkeit wurde früher altersbegrenzt geregelt … man nannte das „strafmündig“. Mittlerweile ist die Jurisprudenz aber auch soweit, das der Begriff der verminderten Schuldfähigkeit (wegen geistiger Unreife, Alkohol oder sonstwas) mit angerechnet wird.

Jetzt wieder zum Eigentlichen.

Vollzieht ein Erwachsener mit einem Minderjährigen (unter 16) sexuelle Handlungen oder veranlasst er Minderjährige zu solchen an sich oder miteinander —> vor den Kadi. Das ist die Rechtslage. Ohne wenn und aber.

Das bedeutet im Extremfall sogar, das ein Erwachsener Probleme kriegt, wenn er eine Minderjährige Person einen Tag vor deren 16. Geburtstag auf’s Kreuz legt.

Jetzt der von mir angesprochene Punkt der Deliktfähigkeit:
Für dieses ganze Hickhack ist es völlig unerheblich, ob es sich um einvernehmlichen Sex handelt oder ob die minderjährige Person dazu überredet, erpresst oder sonstwie gezwungen wurde. Warum?
Wenn man in einer Bar oder einer Disse nach 22:00 jemanden anspricht sollte man davon ausgehen, das er im abschussfähigen Alter ist. Fragt man die Person dann noch, und sie nennt ein höheres Alter … dann ist das schon nicht mehr einvernehmlich, dann ist das definitiv promiskuitiv. Wird das berücksichtigt?

Die Minderjährige Person braucht hinterher nur zu sagen, das der/die andere sie gefragt und sie wahrheitsgemäß „15“ gesagt hat … und es gibt Probleme. ist es strafbar für eine Person unter 16 Sex mit einer Person über 18 zu haben? Nö!

Ist das Missbrauch? Aber sicherlich. Denn hier kann genauso unterstellt werden, das der andere die Handlung nicht vollzogen hätte, wenn er das tatsächliche Alter gewusst hätte.

Hat das Konsequenzen?
Nicht für die Person unter 16.

Warum nicht? Diese Person missbraucht den anderen genauso. Entweder um anzugeben oder um sich Erfahrungen zu verschaffen. Auf jeden Fall missbraucht sie ihn sexuell.

Und sowas soll nicht verjähren? Wenn eine Person sich nach 10 Jahren erst entscheidet ein Vergehen anzuzeigen, von dem der andere vielleicht nicht mal weiss, das er eines begangen hat? Derjenige wird dann noch im Nachhinein zum Kinderschänder gestempelt.

Weiterhin …
… bei wievielen Verfahren werden Männer als Täter beschuldigt, die kleine Mädchen aufreissen?
Bei wievielen Verfahren werden Frauen beschuldigt, kleine Jungs vernascht zu haben?
Bei wievielen Verfahren werden Männer beschuldigt, kleine Jungs missbraucht zu haben?

Für die zweite Variante gibt es verschwinden geringe Zahlen. Warum das so ist, würde hier zu weit führen.

Aber das war der sexuelle Missbrauch an Kindern … was ist mit den anderen Formen? Vergewaltigung? Sexuelle Nötigung? Sexuelle Nötigung unter Ausnutzung von Notlagen oder Abhängigkeiten?

Das Problem ist hier die Beweisführung. Ich habe vollstes Verständnis, wenn ein missbrauchter Mensch nicht sofort zur Polizei rennt und seinen Peiniger anzeigt. Ich habe auch Verständnis dafür, wenn es - z.B. im Falle einer beruflichen Abhängigkeit - ebenfalls nicht sofort geschieht.

Aber ich habe kein Verständnis dafür, wenn es zehn Jahre dauert (fiktive Zahl). Und ich habe ebenso ein Problem damit, wenn eine Verführung später in das krasse Gegenteil gewandelt wird. Und hört jetzt auf, mir ggf. unterstellen zu wollen, das ich jede Vergewaltigung mit dem Argument: „Sie wollte doch Sex!“ vom Tisch wischen will, … das ist nicht meine Ansicht und das wird sie auch nie werden. Aber man muss auch beide Seiten sehen.

Schafft man jegliche Verjährung ab, wird jeder One-Night-Stand zu einer Zeitbombe … weil man immer und ewig befürchten muss, das man - obwohl es einvernehmlich war - jederzeit vor den Kadi gezogen werden kann und zumindestens erstmal Stress hat. Und das nicht wenig.

Sorry … aber hier müssen für beide Seiten klare Grenzen geschaffen werden …

Ist doch wohl nicht dein Ernst, dass du die Abschaffung der Verjährung ablehnst, um ein paar One-Night-Stander vor spinnenden Mädchen zu schützen und im Gegenzug eine Masse echter Opfer zum Schweigen verdonnerst.
Vielleicht bin ich bisschen überempfindlich, weil ich zu nah am Thema dran bin, aber DAS ist wirklich kein Argument.
Und ob ich nun mit jemandem Sex habe um anzugeben oder jemanden ZWINGE ist ein gewaltiger Unterschied. Du scheinst dir der Folgen für die Opfer von erzwungenem Sex nicht im geringsten bewußt zu sein.
Komm jetzt bitte nicht mit “Ich hab genug mit sonstwem gearbeitet…”. Nichts hast du, wie ich an deiner Ausführung deutlich erkenne.
Egal ob mißbraucht oder vergewaltigt… diese Menschen sind für immer zerstört.

Aber nichtsdestotrotz würde ich persönlich aus dem Bauch heraus sagen, das es weit mehr bringen würde, wenn die Verjährungsfrist abgeschafft und die Strafen höher ausfallen würden.

Spekulation. Ein Täter könnte sich da genauso denken „wenn ich eh so ne riesen Strafe bekomme, such ich mir gleich 10 Opfer damit es sich auch lohnt“. Ein solches Phänomen ist bei Morden nicht unbekannt.

Aber ich habe kein Verständnis dafür, wenn es zehn Jahre dauert (fiktive Zahl).

Dem muss ich jetzt aber auch mal zustimmen. Ich persönlich sehe die Problemursache oftmals darin, dass das Opfer:
a) wenig Selbstbewusstsein hat,
b) riesige Schamgefühle hat,
c) sich selbst die Schuld gibt,
d) nie/nicht richtig aufgeklärt wurde.

Ganz ehrlich? Ich kann mich zwar nicht in die Lage eines Opfers versetzen, ABER ich kann mir nicht vorstellen, dass alle (pozenziellen) Punkte bis ins Rentenalter bestehen bleiben.

Deshalb schließe ich mich an:

Sorry … aber hier müssen für beide Seiten klare Grenzen geschaffen werden …

Gerade bei diesem Thema verfällt man leicht in ein rein moralisch angetriebenes Wunsch-Denkmuster.

Es geht mir nicht um Täterschutz … es geht mir um eine objektive Betrachtung beider Seiten.

Und hierbei ist auch definitiv die von mir angesprochene Seite zu sehen. Ich will - und werde - in keiner Weise die Opfer von Vergewaltigungstaten geringschätzen, schmähen oder ihr Schicksal versuchen in Pastellfarben zu sehen. Aber Gerechtigkeit bedeutet nun auch einmal zwangsläufig Regularien für diejenigen zu schaffen, die das Schicksal echter Vergewaltigungsopfer für ihre Zwecke ausnutzen.

Das was Du willst ist keine Gerechtigkeit: Du willst ein ewiges Kainsmal für die Täter und eine andauernde Stimmung der Unsicherheit schaffen, in der sich die “Täter” befinden sollen.

Wenn ein Chef von seiner Sekretärin (als Synonym für eine beruflich abhängige Person) verführt wird und mit ihr poppt … soll er ewig nach ihrer Pfeife tanzen, aus Angst, das sie diese Nacht gegen ihn verwendet?

Wer missbraucht da bitte wen?

Egal ob mißbraucht oder vergewaltigt… diese Menschen sind für immer zerstört.

Quelle über Schäden sexuellen Missbrauchs
Auszug daraus:

Weiterhin:

Das dient nur als Stütze bzw. allgemein als Anhaltspunkt für die Folgen. Weiß man ja als Nicht-Betroffener nicht unbedingt…

@Isegrimm: Sorry, aber deine Argumentation ist mir (ebenso wie Merit-Seto) z.T. unverständlich. Zum einen hast du kein Verständnis dafür, wenn Missbrauchsopfer erst nach 10 Jahren zur Polizei gehen - bringst aber andererseits als Argument, dass manche Frauen ja nach über 10 Jahren darauf kommen könnten, einen ehemals einvernehmlichen Geschlechtsverkehr als Vergewaltigung anzuzeigen - was ihnen durch die fehlende Verjährung auch gelingen könnte? Ersteres lässt sich durchaus nachvollziehen - dass Menschen Jahrzehnte brauchen, um bestimmte Dinge zu verarbeiten (oder dass es ihnen nie gelingt), ist nun nicht ungewöhnlich. Dein Argument dagegen ist für mich sehr weit hergeholt… oder anders gesagt: Dass die Verarbeitung lange braucht, ist (für mich) einzusehen. Dass manche aber über ein Jahrzehnt warten, um einen One-Night-Stand als Vergewaltigung darzustellen, ist - selbst wenn es passieren sollte - kein Argument gegen einen Wegfall der Verjährung. Beim besten Willen nicht. Die fehlgeleiteten Gedanken einiger Menschen, die sowas tatsächlich tun würden (abgesehen davon, dass das genauso innerhalb der ersten 10 Jahre geschehen kann…) sind schlicht kein Argument dafür, warum darunter die Masse der wirklich betroffenen Menschen leiden sollte. Ansonsten könnte man mit diesem Argument auch jegliche Versicherung usw. abschaffen. Rest siehe untern, von wegen „nach der Pfeife tanzen lassen“ (wenn also die Drohung nach einer Anzeige das Problem ist, und nicht ein Racheakt oder Geldsorgen (Schmerzensgeld) nach > 10 Jahren).

Bei einigem gebe ich dir Recht; z.B. dass man beide Seiten sehen sollte. So sehr mich Sexualdelikte auch aufregen (Untertreibung des Jahrhunderts), so sehr muss man beachten, wie leicht man deswegen belangt werden könnte, ohne dass man etwas getan hätte. Insofern hast du natürlich auch Recht, dass man dieses „unschuldig angeklagt“ so weit wie möglich unterbinden sollte. Aber wie gesagt - warum darunter die wirklichen Opfer zu leiden haben sollen, erschließt sich mir nicht. Der Gewinn für Letztere ist in jedem Fall größer als der etwaige Verlust Ersterer.

Nebenbei noch: Du schreibst, dass ein Erwachsener, der Sex mit einer unter 16-Jährigen hat, deswegen belangt werden könnte. So einfach ist das nicht, aber ich denke, dass du das wissen wirst. In jedem Fall hätte eine Anzeige unter solchen Umständen bei weitem andere Chancen auf „Erfolg“ (soll heißen: Verurteilung), als dies bei einer echten Straftat in diesem Rahmen wäre. (STGB 182).

Wenn ein Chef von seiner Sekretärin (als Synonym für eine beruflich abhängige Person) verführt wird und mit ihr poppt … soll er ewig nach ihrer Pfeife tanzen, aus Angst, das sie diese Nacht gegen ihn verwendet?

Wer missbraucht da bitte wen?

Was ändert das denn bitte? Bisher muss er halt 10 Jahre nach ihrer Pfeife tanzen. Glaubst du im Ernst, dass das jemand über ein Jahrzehnt mitmacht? Oder dass sich jemand sagt „Ach, früher gingen die 10 Jahre schnell rum, jetzt macht sie das bis ich in Rente gehe!“? Selbst wenn sie ihn gerichtlich nicht mehr belangen könnte - die Drohung, dass die es überall als Vergewaltigung rumerzählt, also sein Ruf (und damit, je nachdem, sein Leben) genauso den Bach runter geht als wäre er verurteilt worden, reicht doch für „nach der Pfeife tanzen lassen“ genauso aus…
Ich sehe nach wie vor keinen Grund, warum solche Fälle als Begründung für eine Verjährungsfrist herhalten müssen.

Wenn ein Mensch ein anderen Menschen missbraucht und das Opfer sich erst nach 10 Jahren überwinden kann Anzeige zu erstatten, hat das Opfer Pech gehabt und der Täter Glück?

Die Tat wird nicht dadurch ungeschehen dass der Täter bestraft wird, das Opfer hat so oder so Pech!
Das Opfer hat Jahre/Jahrzehnte später rein garnichts davon dass der Täter weggesperrt wird, höchstens Selbstbetrug in Form von irgendwelchen befriedigten primitiven Rachegelüsten!
Dem Opfer kann nur mit Schadensersatz wirklich geholfen werden, was über das Zivilrecht (und eben nicht das Strafrecht) läuft, auf welches sich die Petition btw. beschränkt.

Um mal kurz hier Nägel mit Köpfen zu machen, damit ihr euch nicht mit Vermutungen rumplagen müsst.
Ich bin in einem Forum für mißhandelte und vergewaltigte Frauen aktiv und die Einzige, die ihren Peiniger angezeigt hat- und die Einzige, die nicht an ihrer Entscheidung zweifelt. (Ja, ich war über 9h in der Gewalt eines Psychopathen)
Seine Verurteilung hat mir nicht nur gebracht, dass er halt eine gewisse Zeit weggesperrt ist (die Strafe war eh lächerlich), sondern vielmehr, dass ich ihm stolz und stark gegenüberstand und ihm gezeigt habe, dass der Bastard mich nicht klein gekriegt hat. Hat er zwar und ich leide seit 6 Jahren an den Folgen, doch mein Wille ist stärker als seine Faust. Allein das zu zeigen, hat mir unendlich geholfen.
Andere haben diesen Willen nicht und Angst davor für sich zu kämpfen. Warum?
Zum einen aus Scham, zum anderen aus Angst, dass die Justiz sie fallen lässt, als Lügnerinnen hinstellt. Sicher werden durch die Petition nicht schlagartig alle Opfer tapferer, aber es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Allein um zu zeigen, dass es noch Menschen gibt, die etwas für sie bewegen können. Ihr habt keine Ahnung, wie groß die Zahl der nicht angezeigten Mißhandlungen und Vergewaltigungen ist.
Ich hab mir im übrigen geschworen alles zu tun und meine Erfahrungen und meinen Willen zu nutzen, für die Rechte der Opfer zu kämpfen und sie stärker zu machen. Wenn nur einem Opfer durch mich geholfen ist… ist mir das zu wenig.

@Merit-Seto
Das klingt beeindruckend.

Aber rein sachlich gesehen, stellst du nun deine persönliche Erfahrung zur Norm. Dir hat es geholfen, ihn verurteilt zu sehen. Woher weißt du jetzt, dass es allen so geht? Ja die Dunkelziffer der nicht angezeigten Fälle ist groß, aber deine Ausführung sagt doch eigentlich auch aus, warum eben manche nicht verstehen können, dass Opfer 10 Jahre für ne Anzeige brauchen: Deine Reaktion, deine Reaktionszeit (?), sehen viele als fast selbstverständlich, als logisch an.

Und genau geshalb verstehe ich nicht, wie ein Wegfall der Verjährungsfrist hier wirklich was bringen soll? Wenn ein Opfer instabil ist, Angst hat, kein Vertrauen in die Justiz hat, warum soll das 10 Jahre so bleiben, nach 20 sich aber schlagartig ändern? Falls es natürlich einen Beleg gibt, dass ein Wegfall der Frist den Opfern irgendwie mehr Motivation zur Anzeige verhilft, wäre das natürlich ein starkes Argument.

Im Prinzip wollen wir doch alle das Gleiche:

Strafe für die Täter und Schutz der Opfer und der Unschuldigen. Verfolgung des Missbrauchs und … des Missbrauchs des Missbrauchs, … also der von mir geschilderten Ausnutzung des sexuellen Missbrauchs durch die Falschbezichtigung.

Soweit sind wir doch alle d’accord, oder?

Und die Aufhebung der Verjährungsfrist ist für mich ein falsches Zeichen. Und „Ja“ ich will diejenigen ebenso schützen, die in die „Venusfalle“ tappen und das nicht getan hätten, wenn mit offenen Karten gespielt worden wäre. Was ist bitte gegen eine Verjährungsfrist von (fiktiv) 6 Jahren einzuwenden? Hier liegt doch der Auftrag klar beim Opfer selbst, wie auch bei den Selbsthilfegruppen der Opfer, bei Frauenorganisationen und bei anderen Unterstützungsgruppen die Motivation der Opfer zu stärken, diese Sausäcke anzuzeigen. Nach Aussen zu gehen, offensiv zu werden … und das ist es doch, was Du willst, Merit.

Und …

… sexueller Missbrauch ist ein Straftatbestand. Das heisst ebenso, das jeder, der von einer Straftat Kenntnis erlangt hat, diese auch zur Anzeige zu bringen hat. Wer bitte hindert Dich, Merit, einen „Missbraucher“ anzuzeigen? Ich kann jederzeit zur Polizei gehen und „Hr. X“ des Missbrauchs an „Fr. Y“ anzeigen.

Die Frage ist nur, ob ich damit „Fr. Y“ einen Gefallen tue.

Die Frage ist auch, ob „Fr. Y“ in 10 Jahren die ganze Sache nochmal aufkochen will. Ob sie selbst nicht für sich selbst beschlossen hat, dieses Trauma zu begraben. Wenn eine Frau die Kraft und Stärke aufbringt, sich gegen ihren Peiniger aufzulehnen und ihn für sein Tun zur Rechenschaft zu ziehen, dann verdient das meinen Respekt.

Wenn sie sich entschlossen hat, diese Sache zu vergessen und zu begraben, dann mag das für mich unverständlich sein, aber auch diese Haltung habe ich zu respektieren. Ich kann versuchen, sie zu einer Änderung ihrer Meinung zu bewegen, aber es wäre Unrecht, sie dazu zu überreden oder zu drängen. Denn damit zwinge ich sie wieder in dieses Trauma und die Notwendigkeit, alles erneut zu durchleben. Nach Jahren.

Hilfe zur Gegenwehr: jederzeit …
Überredung und Insistierung: Niemals.

Und genau das ist die Botschaft: Steht auf und wehrt Euch … aber nicht erst, wenn es zu spät ist.

Und die Argumentation weitere Frauen vor dem Täter zu schützen sticht auch nicht: Wenn ich das will, dann leite ich umgehend Maßnahmen ein … wenn schon Jahre in’s Land gegangen sind, kommt der Schutz für die inzwischen vergewaltigten Opfer zu spät.

Wer so argumentiert, der leistet sogar dem Täter noch Vorschub.

Komm jetzt bitte nicht mit „Ich hab genug mit sonstwem gearbeitet…“. Nichts hast du, wie ich an deiner Ausführung deutlich erkenne.

Ich habe das Argument nicht gebracht und ich hätte es auch nicht.

Aber wenn Du es schon ansprichst: Ich habe Frauen unterstützt, die sich wehren wollten und es dann auch taten. Es waren 10 Prozesse, die mit einem Urteil endeten. (Über das Strafmaß mag man dabei geteilter Meinung sein). Ich habe jedoch niemals eine Frau dazu gedrängt es zu tun …

Ach,… und die Anklagen wurden fast alle im Zeitraum von bis zu 2 Jahren nach der Tat gestellt.
Noch Fragen?

Lance: Meine Erfahrungen sind eben nicht die Norm.

Ihr denkt alle es wäre leicht, die Vergewaltiger und Mißhandler einfach so anzuzeigen. Und Ise: Du hast meine Intension irgendwie falsch verstanden. Ich will die Opfer nicht vor Gericht zerren und zu Zeugenaussagen zwingen.
Die Petition ist auch nicht mein eigentliches Ziel.
Mein persönliches Ziel ist es, Opfern zu zeigen, dass sie keine Schuld tragen, lernen mit ihrem Schicksal zu leben, stärker zu sein als die Täter und vor allem ist eine Aufklärung von Angehörigen nötig. Ich habe es selbst erfahren, dass das Thema immer wieder tot geschwiegen wird, weil Verwandte und Freunde einfach keine Ahnung haben, wie sie damit umgehen sollen und Angst davor haben was falsches zu sagen.
Dann gibt es noch die Mißhandlungsopfer, die sich ihrer Mutter offenbaren und ein eiskaltes “Ich weiß. War früher schon so.” zu hören bekommen. Diese stehen dann vollkommen allein und hilflos da. Eine Bekannte weiß bis heute nicht sicher, ob es nun ihr Opa oder Vater war. Opa tot, Vater beteuert Unschuld.
“Steht auf und wehrt euch” ist leichter gesagt als getan.

Abgesehen davon, dass die Petition es ermöglicht auch späte Therapiekosten (Therapien können auch erst 15, 20 oder mehr Jahre danach zwingend notwendig werden) einzuklagen, ist es vor allem ein Zeichen für Opfer.

Wenn jemand mit 6 Jahren im familiären Umfeld vergewaltigt wird und sich erst mit 17 traut, Anzeige zu erstatten, fände ich es sehr zynisch ihm dann zu sagen “Pech, 1 Jahr zu spät”. Solche Fälle gibt es, vermutlich mehr als die Sekretärin, die 10 Jahre wartet bis sie ihre Situation ausnutzt. Das macht sie nämlich eher sofort.

Das verstehe ich jetzt nicht. Du willst die Möglichkeit schaffen, Therapiekosten weit nach der Tat vom Täter einzuklagen, aber die strafrechtliche Relevanz der Tat ausser acht lassen?

Wie bitte soll das den gehen? Du kannst doch nicht einen Menschen zur Übernahme oder Ersatz einer Therapiemaßnahme für ein Trauma aus einer strafbaren Handlung verklagen, ohne die Straftat als solches zu thematisieren. Der korrekte Weg ist es, zuerst den Täter zu belangen und nach der rechtskräftigen Verurteilung, also nach der zweifelsfreien Feststellung der Schuld, die zivilrechtliche Seite des Schadenersatzes abzuwickeln.

Hier mal die juristische Interpretation zum Thema: „Verjährung von Kindesmissrauch

Und wenn ich die Petition und die vorangegangene Beschwerde von NetzwerkB richtig lese, …

… der Deutsche Bundestag hat meine Petition „Verjährungsfrist für sexuellen Missbrauch im Zivilrecht aufheben“ abgelehnt. …

… dann geht es auch nur um die zivilrechtliche und nicht die strafrechtliche Seite.

Und da der Grund der zivilrechtlichen Klage auf einer Straftat basiert, kann das nicht entkoppelt werden … was - im Tenor der Petition - bedeuten würde … „Strafe darf verjähren“ aber … „Schadenersatzforderungen dürfen unbefristet erhoben werden.“

Verjährung bedeutet, das ein Mensch wegen einer Tat nicht mehr belangt werden darf … also auch nicht für den Ersatz des Schadens daraus.

@Twipsy
Also was denn nu? Laut Ausage von „Merit-Seto“ hätte die 6 Jährige bis zum 27 Lebensjahr Zeit.
Wie Ist denn nun die Rechtslage bei so einem Fall?

Da hat wohl Merit recht. Zynisch wäre mein Beispiel aber.