Unsere Regierung pennt

Entschuldigung, aber ich muss mal kurz meinem Ärger Luft machen. Das Wahlrecht für die Bundestagswahlen ist Verfassungswidrig - nix neues, das hatte das Verfassungsgericht schon vor der letzten Wahl entschieden. Leider schaffte es die große Koalition nicht, ein neues vor der Bundestagswahl 2009 zu Verabschieden - ärgerlich zwar, nach einem bekanntermaßen verfassungswidrigen Recht wählen zu müssen, rechtlich aber okay, denn die gesetzte Frist läuft bis 30. Juni 2011. Doch nun melden mehrere Zeitungen, dass Schwarz-Gelb es versäumt das Wahlrecht Fristgemäß zu ändern. Und was heißt das? Dass wir nur hoffen können, das es keine Neuwahlen gibt. Weil die müssten nach dem alten Wahlrecht stattfinden - wären dann anfechtbar, und es gäbe keine legitime Instanz mehr, die ein neues Wahlrecht verabschieden könnte. Klasse. Sauber gemacht, liebe Bundesregierung. :smt011

Ich glaube, für die Konsequenzen bei einer Neuwahl braucht man wohl einen Wahlrechtsexperten. Vermutlich stimmt die Einschätzung des CSU-ler, dass das Verfassungsgericht im Notfall die bestehenden Wahlgesetze in Kombination mit dem Grundgesetz nun deuten würde und die Regelungen für eine Wahl so neu bestimmen würde.

Aber nichtsdestotrotz ist dies eine Peinlichkeit. Man hat mehrere Jahre Zeit und man ist scheinbar nicht mal ansatzweise in der Lage zumindest ein Gesetz vorzulegen. Dann hätte man ja zumindest etwas, worüber der Bundestag offiziell debattieren und die Öffentlichkeit reagieren könnte. Die Einschätzung des Spiegels, dass es scheinbar nur um Machterhalt geht, halte ich für zutreffend und beschämend.
So kann man eine Demokratie auch langsam zugrunde richten.

Szpiro: Die verflixte Mathematik der Demokratie

Wahlrechtsreform ist eine riesen Aufgabe aber nur eine unter vielen wichtigen, die leider alle Zusammenhängen.

Gut man kann in unserer Medienlandschaft das aufkommende Problem auch so betiteln.

Ab 1. Juli kann Deutschland nicht mehr alle Staatsgewalt vom Volke ausgehen lassen
Verfassungsblog.de

Ich muss mich, meinen Kommentatoren sei Dank, in zwei Punkten korrigieren: Erstens gab es natürlich zuletzt mit Hartz IV den Fall, dass eine Übergangsfrist ohne Umsetzung verstrich. Zweitens hat das BVerfG § 7 III 2 BWahlG nicht für nichtig, sondern für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt. Die Übergangsfrist ist nicht eine Art aufschiebende Bedingung für die in § 78 BVerfGG verlangte Rechtsfolge der Nichtigkeit. Denn die muss formell festgestellt werden vom BVerfG, und daran fehlt es einstweilen, also gilt § 7 III 2 BWahlG, wenngleich verfassungswidrig, formell fort.

Woran man aber nur einmal mehr sieht, in welch Teufels Küche sich das BVerfG mit dieser selbstherrlichen Auslegung von § 78 S. 1 BVerfGG gebracht hat, welcher bekanntlich lautet:

Kommt das Bundesverfassungsgericht zu der Überzeugung, daß Bundesrecht mit dem Grundgesetz oder Landesrecht mit dem Grundgesetz oder dem sonstigen Bundesrecht unvereinbar ist, so erklärt es das Gesetz für nichtig.

Politisch kommt das ohnehin auf das Gleiche heraus. Wir haben schon eine Bundestagswahl nach einem verfassungswidrigen Wahlrecht gehabt, mit dem Segen des BVerfG. Wir können nicht noch eine nach einem verfassungswidrigen Wahlrecht haben, ohne den Segen des BVerfG. Das hieße die Legitimationskraft des Wahlrechts mutwillig aufs Spiel setzen.

Die letzte Quote ist bemerkenswert, da man einfach erkennen muss, dass selbst unsere „gute“ Justiz einfach nicht hinterher kommt, Stellenabbau und Druck von Oben, haben die letzten 10 Jahre enorm zugenommen.

2 nette Erfahrungsberichte von Steuerfahndern, Staatsanwaltschaften.

Staatsanwaltschaften im Kampf gegen Wirtschaftskriminalitaet (mp3)
Wirtschaftsmacht und Steuerkriminalitaet (mp3)

Aber zurück zu Wahlen.

Lawblog

Der Bremer Landeswahlleiter beschreibt die Änderungen:

Die Wahlurnen werden nach Schließung der Wahllokale (18:00 Uhr) mit Lastwagen zu einem zentralen Ort in der Stadt Bremen bzw. in der Stadt Bremerhaven gebracht, wo die Auszählungen erfolgen sollen.

[…]
Ich sage nicht, dass die Bremer Wahlen manipuliert wurden. Aber eine Stadtrundfahrt ausgefüllter, aber ungezählter Wahlzettel schafft eine unnötige Lücke, die ausgenützt werden kann. Gelegenheit schafft Diebe – und irgendwann natürlich auch Wahlfälscher.
Genau deshalb gilt die unmittelbare Stimmauszählung im Wahllokal nicht nur als gute Idee, sondern zählt auch zu den anerkannten Grundsätzen für eine transparente Wahl. Denn eines kommt hinzu: Nur bei direkter Auszählung vor Ort behält neben dem Wahlvorstand eine zweite wichtige Kontrollinstanz das Geschehen im Blick. Es ist der wahlberechtigte Bürger selbst.

Diese einfachen Wahlen wie wir sie jetzt haben werden unser Problem nicht lösen, wenn selbst unsere Richterverbände um Hilfe klagen.

Die Aufarbeitung der Vorkommnisse werden noch Jahre dauern, der Machtwechsel muss aber so schnell wie möglich geschehen,
Um so länger wir brauchen um so mehr schaden richten sie an.

Wie sagte Seehofffer so schön.

Die Tür zur Wahrheit ist geöffnet und lässt sich nicht mehr schliessen.

Um einfach mal ein paar andere Quellen zu dem Thema zugeben und nicht nur unser Sturmgewehr.

Beispielhaft wird das sichtbar an den Militäreinsätzen und zum Beispiel an einem Artikel bei Spiegel Online, wo den Autor vor allem die Sorge umtreibt, die NATO könnte nicht mehr in der Lage sein, lange genug Gewalt anzuwenden. Siehe hier. Albrecht Müller.

Die Regierung pennt auch an anderer Stelle wie der Anwalt Emanuel Schach der, so wie Holger auch, ein Nest gefunden hat.

Sie begann: „Sie möchten also die Option Internet Flat L dazubuchen für monatlich € 15,00, wobei der erste Monat kostenfrei ist.“

Ich: „Nein.“

Sie: „Äh, bitte?!“

Eine solch unfähige Regierung ist nicht in der Lage dem Volke zu dienen!

Es muss ein Regierungswechsel geschehen… wieder mit der SPD an der Spitze… mit einem linken SPDler als Kanzler und nicht Peer Steinbrück, der sich von jeder Verantwortung zurückhalten möchte und kein Sigmar Gabriel, der das Absturzwerk von Gerhard Schröder fortsetzen möchte. Frank-Walter Steinmeier ist ein guter Redner, leider hat dieser Genosse keine eigenen Ideen… Wenn es doch ein Kanzlerkandidat der SPD gäbe, der friedlich wie Brandt und so klug wie Helmut Schmidt wär, der Selbstvertrauen hat und zeigt.

:smt005 Na das hat mich zum lachen gebracht. Wenn du das so wirklich meinst, ist es dagegen weniger lustig sondern irritierend. :roll:

Bei all der Lächerlichkeit und Realsatire Deines Posts lieber Superhel, glaube ich kaum, dass irgendwer im Bundestag dazu in der Lage ist, oder den Willen hat, irgendwas fürs Volk zu verbessern. Btw. Propagandaaufrufe sind hier glaube ich unerwünscht.

Bitte versucht auf die Grenze zwischen eigener politischer Meinung und Parteiwerbung zu achten.

Wieso eine Wahlrechtsreform ?

Interessiert doch eh keinen !

Da wir uns um Krieg (lt.Guttenberg) mit Afghanistan befinden,
hätten eh keine Wahlen stattfinden dürfen.

Nein, das gilt nur im Verteidigungsfall. (Artikel 115 GG)

Beim Afghanistaneinsatz handelt es sich um eine “Einordung in ein System gegenseitiger kollektiver Sicherheit”. (Artikel 24 GG).
Dabei wird die Gesetzgebung und die parlamentarische Ordnung nicht aufgelöst :3

Jo das kriegen sich nich hin, aber Diätenerhöhung schaffen sie in ein paar tagen
Lest mal diesen Artikel durch und kotzt auf den Tisch, genauso wie ich :smt013

Ich muss die Parteien in Schutz nehmen. WIR sind das Volk. Wir wählen doch diese Parteien, die uns am laufenden Band veräppeln. Wenn wir etwas ändern wollen, dann müssen wir alle rein in die Parteien, sie verändern, oder neugegründete Unterstützen. Viele Beiträge haben hier den Charakter des simplen Rummeckerns. “Alles ist schlecht, aber ich wills auch nicht ändern”.

Vor allem wird niemand daran gehindert sich politisch zu engagieren. Nichts machen, aber gegen die bösen Politiker wettern. Tzja. :smt004

Politiker sind auch nur Menschen. Und durchschnittlich nicht gerade dumm, manchmal verbohrt, berechnend bzw schlicht nicht perfekt, aber nahezu nie wirklich dumm.

A) Politiker machen Fehler und verpennen manches; und B) Sie haben viele verschiedene Interresen zu berücksichtigen, und nein damit meine ich nicht zwangsläufig die desjenigen der am meisten zahlt.

Und dann gibt es da noch C) Parteipolitik und Ränkespiele (ebenfalls typisch menschlich).

Hier greift vermutlich vorallem Punkt C und ein wenig A.

Wobei C ungünstigerweise vom Wahlvolk am allerwenigsten verstanden wird, das ist eine Welt für sich :ugly .
(daraus resultiert auch die elendige 4-Jahres-Denkweise)

Viele Beiträge haben hier den Charakter des simplen Rummeckerns. „Alles ist schlecht, aber ich wills auch nicht ändern“.

…Ein Punkt den viele scheinbar nicht verstehen: Hier wird sich EMPÖRT und das ist EXTREM wichtig. Die Leute empören sich sicherlich nicht, weil sie nichts daran ändern möchten, dieser unterstellte Zusammenhang entzieht sich mir jeder Logik. Empörung ist einer der Grundsteine, die problemorientiertes Handeln erst ermöglichen. Stephan Hessel, erster Sekretär der UN-Menschenrechtskommission sprach davon, Empörung sei der Beginn allen Engagements, allen Aufstands.

Ich bitte also darum, die Leute nicht wegen eventuell fehlender Handlungsansätze zu diffamieren, dieses Verhalten trägt sicherlich dazu bei, dass sich heute so wenig ändert. Empörung ohne Handlungsalternativen wird von vielen als dummes oder gar „simples Rummeckern“ betrachtet, das nicht zur Änderung beiträgt. Dieser Verhalten gegenüber Empörung von Mitmenschen besitzt Potential problemorientiertes Handeln schon im Ansatz zu ersticken, ich bitte das zu berücksichtigen!

Grüße, TupperBrotDose

Und täglich grüßt das Bundesverfassungsgericht: http://www.spiegel.de/politik/deutschla … 46221.html

Eigentlich gehört da noch ein “wieder” in den Titel.

Warum sollte man nicht gegen Politiker wettern? Sie haben sich für den Job Beworben und machen ihn schlecht. Sie versprechen viel und halten nur das was ihnen nützt. Auch aus gemecker zu schliessen das sich niemand hier Politisch beteidigt finde ich ein trauriges Argument. Warum den Politikern ihre Ausreden abkaufen und weitergeben? Wieso nichts machen den Leuten hier unterstellen ohne das man Wissen kann wer was macht? Sind nicht z.B. die Piraten enttäuschte Bürger die nach langem warten und zuschauen sich zum selbsthandeln entschlossen haben? Immer die gleichen lamen Gegenargumente in einer sonst sehr schönen Debatte :stuck_out_tongue:
P.s. in die Parteien rein und etwas ändern? Hat man sich diese Organisation mal genau angeguckt was alles vorher kommt bevor man etwas in den etablierten Parteien ändern kann? Mit den meisten Leuten dort will ich nicht an einem Tisch sitzen oder sogar in einer gemeinsamen Partei sein. Dann doch lieber neugründungen oder Piraten. :wink:

Ja, leider geschah dies nicht überraschend. Experten haben dies lange prognostiziert, dass das neue Wahlrecht schlecht, vermutlich sogar schlechter als das alte, ist.

Negatives Stimmgewicht bleibt erhalten
Das im Gesetzentwurf geäußerte Ziel, negatives Stimmgewicht zu beseitigen oder deutlich zu reduzieren, wird durch den Entwurf nicht erreicht. Negatives Stimmgewicht ist weiterhin in ähnlicher Größenordnung möglich. So würde die SPD auch bei Anwendung des neuen Wahlgesetzes und einem Ergebnis wie zur Bundestagswahl 2009 davon profitieren, wenn sie in Bremen 10.000 Zweitstimmen weniger erhalten hätte.
(Analyse von Wahlrecht.de)

Und auch für Fernsehkritik TV wäre eventuell was zu holen:

Gerade eben, ca. 21:50 im ZDF, sagte Bettina Schausten sinngemäß: „Von der Opposition hat sich damals allerdings auch niemand aufgedrängt, somit ist dies auch eine Schlappe für das Parlament“.
Ich verfolge das Thema Wahlreicht seit längerem mit Interesse (Stichwort wahlrecht.de), und Bettina Schausten hat hier ganz einfach gelogen! Ob aus Unwissenheit, oder weil man beim ZDF immer ganz gerne CDU/CSU/FDP protegiert, weiß ich nicht. Fakt ist, dass die Grünen bereits 2009 einen Vorschlag eingebracht haben (also lange vor Schwarz-Gelb 2011), der das alte Wahlrecht weitesgehend beibehalten hätte, nur das strittige negative Stimmgewicht abgeschaft hätte, also genau das was das Verfassungsgericht gefordert hat.

Wäre der Grünen-Vorschlag angenommen worden, hätte das auch den Vorteil gehabt, dass die Bundestagswahl 2009 nicht mit einem verfassungswidrigen Wahlrecht hätte durchgeführt werden müssen. Zur Wahrheit gehört leider auch: damals hat die SPD in der großen Koalition dies mit verhindert. Aber es gab eben Vorschläge, Bettina Schausten hat hier schlicht gelogen.

Auch SPD und Linke hatten Vorschläge vor dem der Koalition, allerdings nicht ganz so früh.

Wie lange gilt bereits dieses (offensichtlich verfassungswidrige) Wahlrecht? Weiß das jemand? Hätte keine Regierung in den Jahrzehnten davor das Wahlrecht schon reformieren müssen? Es gilt aber wohl: Besser später als nie!

@Ladifari

Nichts für ungut, aber was genau hat dein Beitrag jetzt mit dem Thema zu tun? :smt017

@Danzig das Wahlrecht gibt es schon länger, für Verfassungswidrig wurde es Mitte 2008 erklärt, dem Bundestag jedoch eine Dreijährige Frist zur Änderung gegeben. Damit fand die Wahl 2009 noch nach dem alten, verfassungswidrigen Gesetz statt. Zusätzlich hat Schwarz-Gelb die Frist Mitte 2011 auch noch um ein paar Wochen überzogen*, das ist einer der Gründe warum die Richter heute so sauer waren.

*) und das war ja auch Anlass für diesen Thread hier.

Aber wie lange genau besteht es denn schon? Seit 1949? 1953? Ich finde es einfach merkwürdig, dass über 50 Jahre (?) niemand auffiel, dass unser Wahlrecht verfassungswidrig ist. Aber wenn nun ein gerechteres Wahlsystem entsteht, ist das ja gut. Es soll sich ja niemand (plötzlich) benachteiligt fühlen. Ich gebe dir aber im wesentlichen Punkt Recht. Dass sich die Wahlrechtsreform so hinzieht, ist nichts, wofür man Union und FDP (und eventuell noch SPD) beklatschen muss.