Unabhängigkeit von ARD-Journalisten

Folgende Email ging eben an die ARD:

Sehr geehrte Damen und Herren,

Nebentätigkeiten von Journalisten der ARD sind eine Gefahr für die journalistische Unabhängigkeit der ARD. Aus der Vergangenheit sind mir die Fälle Gries
http://www.dwdl.de/nachrichten/22194/wi … i_der_ard/
Bankhofer
http://www.handelsblatt.com/unternehmen … 93860.html
sowie Martens
http://www.stefan-niggemeier.de/blog/da … nmassaker/
in Erinnerung.
Gestern erhielt ich nun postalisch einen Werbeflyer der Hypovereinsbank, in der unter der Überschrift „Immer neue Krisen. Wie schütze ich mein Geld?“ drei „Experten“ angepriesen werden, unter anderem „Frank Lehmann, ARD Börsenexperte und Wissenschaftsjournalist“. Verwiesen wird auf einen Film, den man sich unter http://www.hvb.de anschauen kann.
Wie bewerten Sie die Tatsache, dass genau dieser Frank Lehmann am Abend in der Sendung „Maischberger“ auftrat, in der das Thema lautete: „Geld in Gefahr: Erst Eurobetrug, jetzt Inflation?“
http://www.daserste.de/maischberger/sen … seite=true
Meinen Sie, ich hätte den Eindruck gehabt, unabhängig informiert zu werden, als jenem Herrn Lehmann ausführlich Gelegenheit gegeben wurde, sich zum Thema Inflation zu äußern? Halten Sie das zeitliche Zusammentreffen für Zufall? Wie schätzen Sie diese Nebentätigkeit generell ein?
Mit der Bitte um baldige Antwort und Weiterleitung an die zuständigen Gremien

PS: Ich werde sowohl diese Email als auch ihre Antwort auf http://www.forum.fernsehkritik.tv veröffentlichen.

Immer wieder wird von den ÖR Sendern die Unabhängigkeit ihrer Journalisten hervorgehoben, im Gegensatz zu den bösen Privaten. Dabei sind sie auch nicht besser. Was meint ihr dazu? Ist euch auch so etwas aufgefallen?
Edit: Auch wenns hier keinen interessiert, die Antwort kam prompt:

vielen Dank für Ihre e-mail und Ihr Interesse am Ersten Deutschen Fernsehen.
Frank Lehmann ist 2006 in den Ruhestand gegangen. Seither ist er nicht mehr regelmäßig für Das Erste als Moderator oder Redakteur tätig. Nebentätigkeitsgenehmigungen sind nur für Mitarbeiter erforderlich, die fest angestellt oder programmprägend tätig sind.

Gut, das erklärt es dann.

Nur weil ein Redakteur eine Nebentätigkeit hat, heißt es noch lange nicht dass seine Aussagen und Meinungen falsch oder von Interessen Dritter geleitet sind. Aussagen über Fakten müssen/ können immer nachgeprüft werden z.B. von anderen Experten auf dem jeweiligen Gebiet. Es wurden ja schon wie in deiner E-Mail erwähnt wird einige Falschinformationen aufgedeckt.

Das Grundlegende Problem ist wohl, dass Redaktionen gar keine fachkundigen Reporter einstellen, die Expertenmeinungen fachlich hinterfragen könnten, sich also eine Autoritätenhörigkeit einstellt. Somit können u.a. verzerrende Faktenaussagen großformatig verbreitet werden.

Nur weil ein Redakteur eine Nebentätigkeit hat, heißt es noch lange nicht dass seine Aussagen und Meinungen falsch oder von Interessen Dritter geleitet sind.

Wenn ein Reporter zusätzlich in der Pressestelle eines Pharmaunternehmes arbeitet und dann Artikel für eine Automobilzeitung schreibt ist das ja in Ordnung.
Er kann dann aber keine Artikel mehr über Arzneimittel schreiben selbst wenn sie inhaltlich korrekt sind, da er nicht unabhängig ist und daher unglaubwürdig.

Würde ja auch kein Unternehmen wollen, die wollen vor allem seinen guten Ruf und seine Medienpräsenz einkaufen. So wie bei Herrn Lehmann: Morgens der Flyer mit ihm, und abends kann er im Fernsehen Panik verbreiten. Am nächsten Tag geht Mutti dann zur Hypovereinsbank, um ihr Geld zu retten.
Übrigens finde ich es trotzdem unverschämt, dass er sich dann “ARD Börsenexperte” nennt, wenn er schon längst im Ruhestand ist.

Nur weil ein Redakteur eine Nebentätigkeit hat, heißt es noch lange nicht dass seine Aussagen und Meinungen falsch oder von Interessen Dritter geleitet sind.
Ich glaube eine sachliche Neutralität ist bei dieser Art von Interessenkonflikt doch eher Wunschdenken. Wie Twipsy schon am Beispiel erklärt hat.

Das Grundlegende Problem ist wohl, dass Redaktionen gar keine fachkundigen Reporter einstellen, die Expertenmeinungen fachlich hinterfragen könnten, sich also eine Autoritätenhörigkeit einstellt.
Wieso eigenes teures Personal beschaffen wenn man doch „qualifizierte Zuarbeit“ bekommen kann. :twisted:

Was der Regierung ihre Lobbyisten sind den Journalisten ihre… ja, ihre Lobbyisten.

Hallo,

Frank Lehmann hatte ziemlich am Anfang eine Grafik einblenden lassen, die die Diskrepanz zwischen Rentenerhöhung und Inflation darstellen sollte. Die Zahlenreihen sahen so aus:

Jahr:Rente:Erhöhung in %:Inflation in %:Rentenwert
(Startwert)1000€
2011: : +1%: 1,6%: 994
2012: : +1%: 1,7%: 986,93
2013: : +1%: 3,0%: 966,52
2014: : +1%: 3,0%: 944,91
2015: : +1%: 3,0%: 922,45
2016: : +1%: 3,0%: 899,10

Ich versuche jetzt schon den ganzen Tag, nachzuvollziehen, wie diese Berechnung zustande kommt - ich kann es nicht.
Meiner Meinung nach ist die Berechnung falsch, denn im Jahre 2011 erhalte ich 1000+1% Erhöhung= 1010€. Die Waren sind aber aufgrund der Inflation von 1,6% um 16€ teurer geworden, d.h. ich erhalte für meine Rente nur 1010/1016 von dem, was ich vor einem Jahr bekommen hätte = 0,99409 * 1000€ Anfangswert => 994,09€ Kaufkraft, usw. Dann bin ich aber bei 2016 nicht bei 899,10, sondern bei rund 912€.
Oder nicht?

Das ist die Formel:

y(i)=x(i)+x(i)*p(erhöhung)-x(i)*p(inflation)

folglich:

y(2016)=922,45 + 922,450,01 - 922,450,03 = 904,001

Wenn du SUM(x1+e)/SUM(x1+i) rechnest erhältst du einen Prozentwert/Anteilswert. Das ist keine gültige Operation.

Hab übrigens schon beim zweiten Wert was anderes raus. Wenn man die Werte so nimmt wie sie da stehen, sind die Berechnungen falsch. Kann natürlich sein, dass die Angaben von Inflation und Erhöhung stark gerundet sind, was bei Tabellen immer Sinn macht. Diese sollen Daten vereinfachend darstellen und nicht Rohdaten liefern.

die %-Zahlen sind ja bloß Schätzungen. Falls da wirklich gerundet wurde, hätte man es konsequenterweise auch bei den Nachkommazahlen machen müssen.
Nichtsdestotrotz will mir auch diese Formel nicht einleuchten. Was ist denn da was überhaupt und warum. Effektiv ziehe ich doch die Prozente einfach nur voneinander ab:

x*(1+p-q) sozusagen (x=letzter Wert, p=erhöhung, q=inflation)

Du nimmst den Ausgangswert z.B. von 2013 (x4=966,52) addiert die Rentenerhöhung (966,521,01) und ziehst die Inflation ab ([966,521,01] - [966,52*0,03]). Das Ergebnis ist der Wert für 2014: y(2014)=947,1896.

y(i)=x(i)*[1+p(erhöhung)-p(inflation)] geht natürlich auch, ist ja nur vereinfacht. Aber in deinem Beispiel hast du doch einen Prozentwert zum Ausgangswert+Inflation ermittelt.

1010/1016 von dem, was ich vor einem Jahr bekommen hätte = 0,99409 * 1000€ Anfangswert => 994,09€

Das macht keinen Sinn. Das sagt aus, dass die SUM(Ausgangswert+Erhöhung) 99,4% von SUM(Ausgangswert+Inflation) beträgt. Das kannst du nicht einfach mal 1000 nehmen, nur weil die Ergebnisse ungefähr übereinstimmen. Darauf wollte ich nur hinweisen.

aber genau da seh ich das Problem: der Ausgangswert ist ja gar niemals “real” 966,52 oder so was, sondern eine Zinseszinsrechnung basierend auf dem Anfangswert 1000 mit jährlicher Erhöhung von 1%, während die Inflation genau dasselbe macht, mit anderen Werten. Und die beiden Werte konvergieren (bzw divergieren) gegeneinander, und das Verhältnis aus beiden bezogen auf den Ausgangswert ist die verbliebene Kaufkraft.

Du sagst, das ergibt keinen Sinn. Wie hoch wäre denn die Kaufkraft nach einem Jahr, wenn die Erhöhung 100% und die Inflation 200% wäre?

1000*(1+1-2) = 0

Das kann aber doch nicht sein, denn wenn die Dinge jetzt 3000 € kosten, ich aber noch 2000 € habe, kann ich mir doch zumindest 2/3 davon kaufen?

Lehmann machte jedenfalls einen recht verdatterten Eindruck, als seine ganze Rechnung (aus anderen Gründen) nach einem Einwurf des WWlers keinen Sinn mehr machte. :ugly

Da muss man an die Rohdaten ran, die Tabelle gibt das nicht her. Warum willst du das überhaupt nachrechnen? Solche Prognosen gibt es wie Sand am Meer - auch ohne ceteris paribus Annahme mit diversen Szenarien.

an welche Rohdaten? das Ganze war nur eine Beispielrechnung, rohere als diese wirds dazu nicht geben.

Ich seh auch irgendwie nicht, wie man das anhand eines konkreten Beispiels beweisen soll -weder deine noch meine Rechnung

Die konkreten Daten mit denen gerechnet wurde und die Rechenoperationen. Aus der Tabelle geht nicht hervor, ob überhaupt ein Zinseszins eingerechnet wurde bzw. was überhaupt gemacht wurde. Vielleicht wurde sogar irgendeine Transformation durchgeführt von der wir nichts wissen und die für den nicht-Volkswirtschaftler irrelevant ist. Die Tabelle ist für eine mathematische Überprüfung absolut unzureichend.

Vielleicht wurde sogar irgendeine Transformation durchgeführt von der wir nichts wissen und die für den nicht-Volkswirtschaftler irrelevant ist. Die Tabelle ist für eine mathematische Überprüfung absolut unzureichend.

Wenn es denn aber so ist, dann sag ich mal, ist die Berechnung samt Tabelle eine reine,nicht nachvollziehbare Behauptung von jemandem, der in der Sendung gerühmt wurde, alles Finanzmathematische klar und verständlich darzustellen bzw. zu können. Und da sehe ich einen Widerspruch. Und damit wären wir wieder beim Ausgangsthema „Brief von twipsy“:
Der Psycho-Trick ist der, daß so eine Zahl wie 899 am Ende steht, schön die 8 vorne wie im Supermarkt, damit es billiger als 900 aussieht -> Panikmache.

Tabellen sind dafür da um Daten übersichtlich darzustellen. Du verlangst doch nicht ernsthaft, dass die dahinter stehenden Rechenoperationen im Fernsehen expliziter werden!? Fernsehformate sollen eine möglichst hohe Bandbreite an Zuschauern erreichen, dies ist nur durch Vereinfachung von Inhalten möglich. Wenn du detailliertere Informationen willst, kannst du dir die Fachliteratur zu Gemüte führen und die jeweiligen Datenbanken nutzen (z.B. auf http://www.deutsche-rentenversicherung.de).

Ich kann diese Bemerkung bestenfalls nur ironisch verstehen.
Du gehst zB auf das 100%/200%-Beispiel gar nicht mehr ein, sondern verschiebst das Problem auf “unbekannte Faktoren”. Du könntest zB auch sagen, daß die Formel mit x(1+p-q) nicht dem entspricht, was in dem Balkendiagramm zu sehen war und damit falsch ist, ja falsch sein muß, denn sie tut genau das, was du vorher bei meiner Berechnung bemängelt hattest: Die Ergebnisse sind nur zufällig annähernd gleich.
Und es existiert überhaupt keinen Grund, unbekannte Faktoren einzuführen, solange es plausiblere Gründe gibt (z.B. der Herr FL hat keine Ahnung, was er da berechnet, oder er hat Ahnung, hat die Daten aber in seinem Sinne “dramatisiert”). Die Methode, unbekannte Faktoren einzuführen, hat die Eigenschaft, daß man damit einfach alles begründen kann, d.h., die völlige Beliebigkeit steht einem offen. Das hat dann aber nichts mehr mit Wissenschaft zu tun, sondern mit Pseudo-Wissenschaft.