Hallo ihr Lieben!
Heute möchte ich ein Thema ansprechen, das mich als Studentin der Uni Wien momentan besonders beschäftigt.
Momentan ist die gesamte Uni in Aufruhr. Es wird protestiert. Über was? Nun, die Liste beinhaltet so einiges:
Die Forderungen die gemeinsam von allen Studierenden dort verfasst wurden
sind:
- Re-Demokratisierung und Stärkung der Mit- und Selbstverwaltung in allen Bildungseinrichtungen!
- Ausfinanzierung der Unis!
- Selbstbestimmtes Lernen und Leben ohne Konkurrenz- und Leistungsdruck!
- Freie Masterzugänge!
- Keine verpflichtende STEP!
- Abschaffung aller Bildungs- und Studiengebühren!
- Keine Aufnahmeprüfungen!
- Unabhängige Lehre und Forschung!
- Schluss mit prekären Dienstverhältnissen für Lehrende, Angestellte und ArbeiterInnen!
- Genug Studienplätze für alle!
- Abschaffung der Erweiterungscurricula!
- Flexible und selbstbestimmte Studienpläne!
Die Proteste gingen von einigen Studenten des Instituts für angewandte Kunst aus (da noch hauptsächlich finanzielle Aspekte beinhaltend) und fanden bald viele Zuläufer. Vorige Woche wurde also der größte Hörsaal der Universität, das Audimax besetzt und es können dort seither keine Vorlesungen mehr stattfinden, was natürlich so einige Studenten, die dort wichtige Vorlesungen und Prüfungen machen sollten, ärgert, denn Prüfungstermine sind auf Einschreibungstermine abgestimmt, das Audimax ist für ein Jahr im Voraus ausgebucht und wird entsprechend genau verwaltet.
Aber nun zu den Protesten selbst. Alles begann geordnet, die ersten zwei Tage standen für gesittete Proteste und gute Aktionen. Danach artete alles aus. Immer mehr kleine Gruppierungen schlossen sich an, die einfach nur ihre eigenen Anliegen auch noch mit einbringen wollten, Frauenrechtler, Kommunistische Kleinparteien, Rechte, Punks, die skurilsten Meinungsvertreter. Die Liste der Forderungen ist deshalb mittlerweile schon mehr als unübersichtlich und utopisch geworden.
Aber noch schlimmer ist das Verhalten der Demonstranten. Im rauchfreien Audimax wird mittlerweile gegrillt, geraucht, gesoffen, gekifft, plakatiert, die Wände beschmiert, campiert, es stinkt, die Leute sehen verwahrlost aus.
Kurz: Es ist in kürzester Zeit von einer sinnvollen Demo zu einem absolut lächerlichen und nicht- ernstnehmbaren Saustall geworden. Alles mit Unterstützung und unter Leitung der österreichischen Hochschülerschaft.
Andere Studenten zeigen nur noch ihren Unmut aufgrund der vielen Ausfallenden Vorlesungen und Seminaren, aber die werden von den Demonstranten nur abschätzig angeschaut und als „Verräter“ oder ähnlich sinnloses bezeichnet. und ein solches Verhalten schadet auch nur noch den Zielen, die wohl nicht mehr durchgesetzt werden können.
Besonders schlimm finde ich die mittlerweile ganz klare „Prinzips-Demonstranten-Kultur“, wie sie mir auch bei anderen Demonstrationen hier in Wien und bei anderen Gelegenheiten der letzten Jahre aufgefallen.
Es gibt immer eine Menge Leute in so einer Demonstration, denen würde man einfach schon auf der Straße ansehen, dass sie gegen jeden Scheiß demonstrieren. Meist Dreadlocks bzw. alternatives Aussehen, immer Gras oder Alkohol dabei, einfach mal gegen alles, immer eher auf der Suche nach dem sozialen Aspekt einer Demo als nach den wirklichen politischen oder andersgearteten Zielen.
Diese Kultur gefällt mir nicht. Sie macht Demonstrationen unglaubwürdig. Und ich finde sie lächerlich. Sie lässt geordnete und besonnene Demonstrationen regelmäßig aus dem Ruder laufen und Polizei und Ordnungsämter auf den Plan treten. Sie lassen Demos zu Festivals werden und nicht zu einer kraftvollen Unmutsbekundung.
Ich weiß nicht, vielleicht reagiere ich über, vielleicht „sind junge Leute nun mal so“, aber wenn ich gegen etwas demonstriere, dann bin ich nüchtern, gehe gesetzeskonform vor und halte mich an die Anweisungen der Demonstrations-Leitung. Einfach, damit meine Ziele auch Gehör finden.
Fällt euch das auch auf? Womit hängt das zusammen? Wie kann man gegen so etwas arbeiten?