Sonntagsfrühstück #20: Die 90er

Nicht falsch verstehen. Ich respektiere völlig das heute andere Musik “in” ist. Für mich hat halt der Wandel mit dem Aufkommen der CD begonnen. Über MP3 will ich gar nicht erst reden.
Wie schon geschrieben höre ich mir viele neue Sachen gerne an. Aber leider meistens nur einmal. Nicht weil es mir nicht gefällt sondern weil ich irgendwie lieber in mein Plattenregal greife und eine alte LP von zB Yes oder King Crimson anhöre.
Das wahrscheinlich einzige Konzert in das ich noch gehen würde wären die Kinks, wenn sie denn hoffentlich nochmal touren sollten.

Der Hauptwandel in der Rock-/Pop-Musik war m. E. das Aufkommen des Musikfernsehens. Optische Inszenierungen und gutes Aussehen waren nun wichtiger als die Musik. Daher auch Talente wie Madonna, die musikalisch sehr limitiert war und ist, aber sehr gut zum Setzen von Trends imstande war. Viele Bands der 70er hätten nun keine Chance mehr gehabt, da sie zwar musikalisch hochbegabt, aber visuell nicht vermarktbar waren.

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Die Beobachtung, dass sich kreative Werke (Musik, Film, Literatur, bildende Kunst, was auch immer) nicht weiterentwickeln, dass Stillstand herrscht und früher alles besser war, ist ein Trugschluss und wird immer ein Trugschluss sein. Kunst unterliegt einer steten Entwicklung; das ist ein Evolutionsprozess, der andauert. Davon zu trennen, ist natürlich der persönliche Geschmack.
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Da musst du aber noch weiter zurückgehen bis zur Erfindung des Fernsehens oder zumindest bis zur Etablierung des Fernsehens in den 40er und 50er Jahren. Sobald zu einem reinen Tonwerk, was die Musik ja nun mal ist, die visuelle Ebene dazukommt, ändert sich etwas in der Darbietung und in der Rezeption. Richtig los ging das in den 60er Jahren mit den ganzen Talk- und Musikshows im Fernsehen, in denen sich alle Stars die Klinke in die Hand gaben. Elvis Presley hatte seinen Durchbruch im Wesentlichen seinen Fernsehauftritten zu verdanken.

Pop(uläre)-Musik war schon immer zu einem gewissen Teil auch Show. Manchmal mehr, machmal weniger. Madonna und ähnliche Künstler sehe ich daher auch eher als Entertainer und nicht als reine Musiker. Viele von diesen Stars schreiben ja nicht mal Songs, sondern haben Autoren- und Produzententeams.

Dass manchen Talentierten der Erfolg verwehrt bliebt, weil sie nicht ins Vermarktungsschema passten, galt vielleicht für eine gewisse Zeit in den 80ern und 90ern, als nichts ohne PR-Maschinerie und großes Plattenlabel lief. Heute aber können auch Adele und Ed Sheeran Superstars werden (beides nun keine Top-Models).

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Ach ja, was bei den 90ern natürlich nicht fehlen darf:

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und der hier auch nicht…

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Einer der wenigen Eurodance-Songs, die ich gelten lasse :slight_smile:

Wie konnte ich nur eine der wichtigsten Bands der 90er vergessen…: Portishead. Damit beende ich meine Beweisführung, wie wichtig und gut die 90er musikalisch waren. Mein nächster Themenvorschlag für’s Sonntagsfrühstück wird wahrscheinlich „Die 90er – Gegendarstellung“ :wink:

Natürlich wären auch noch Daft Punk, The Prodigy und die Chemical Brothers zu nennen. Letztere haben mich dazu veranlasst, mit einem Freund zusammen ein Tonstudio einzurichten und Teil einer Bewegung zu sein. Mangels Talent ist leider nix draus geworden und das als Elektroduo angedachte Projekt entwickelte sich in Richtung Blink 182 (eine andere Strömung der 90er)… und dann bin ich ausgestiegen :wink:

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Ja klar, wir haben über Popmusik gesprochen. Und das natürlich in diesem Format eher oberflächlich bzw. halt das womit man in einer allgemeinen Runde reden kann weil es jeder kennt und eine Meinung dazu hat.
Wenn demnächst mal die Retro-Shows der 80er von denen über die 90er abgelöst werden, sind ja Eurodance, Take That, Dr. Alban und Blümchen das was dort auftauchen wird und wozu dann die vor die Kamera gesetzten B-Promis ihren Kommentar absondern.
Klar hätte ich auch die Glaubensfragen stellen können, ob man denn damals im Thema Blur oder Oasis war, ob „Kid A“ oder doch „OK Computer“ das wichtigere Radiohead-Album ist und ob man nicht sowieso die gesamte Rockmusik in eine Zeit vor und nach „Nevermind“ einteilen müsste. Ich glaube aber nicht, dass sich daraus in der Runde eine abendfüllende Diskusison ergeben hätte. :wink:
Was ja auch gar nicht Ziel der Sache ist, denn "Musik"war ja nur ein Aspekt.
Und Euen Austausch dazu hier fand ich sehr interessant.

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Apropos Internet. Wir hatten 1996 einen Internet-Anschluss zusammen mit einem ISDN-Anschluss bekommen. ISDN (64 kbit/s) war zwar im Vergleich zum Modem richtig schnell, aber für das, was man so im Internet machen wollte, war das immer noch nicht überragend. Viel dramatischer als die Geschwindigkeit, waren damals allerdings die Kosten. Minutenabrechnung! Es gab Monate, da hatte ich mein gesamtes Azubi-Gehalt für die Telefonkosten verplempert.

Als T-Online dann eine ISDN-Flatrate einführte, ich glaube zu 99 DM/Monat, konnte man kurzzeitig etwas von der Freiheit des Internets erahnen. Leider stellte T-Online die Flatrate nach einem Jahr wieder ein, denn die Kunden hatten diese zu großzügig ausgenutzt. Was ja zu erwarten war.

Es dauerte dann noch geraume Zeit, 2004 oder so, bis hier endlich ADSL verfügbar war (1 Mbit, später 2 Mbit). Das war eigentlich der Zeitpunkt, ab dem man das Internet erst wirklich produktiv nutzen konnte. Alles davor war Rumgewurschtel.

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Genau :smiley: Bei mir war es auch um 1996. Wir hatten aber kein ISDN. Das bedeutet, dass ich immer, wenn ich ins Internet wollte, ein analoges Telefonkabel vom Telefonanschluss im Wohnzimmer in mein Zimmer ausrollen musste… und dass dann erst einmal stundenlang das Telefon besetzt war. Ach ja… mein PC ist noch ein anderes Thema. Meine Eltern waren technologiefeindlich und ich war sehr kreativ in der Begründung, warum ich denn unbedingt für die Schule einen PC brauche und dass ich ohne quasi gar keine Hausaufgaben mehr machen könnte. Bevor ich den Luxus eines eigenen 56k-Modems genoss, bin ich immer mit dem Bus in die Essener Innenstadt gefahren, um bei Karstadt ins Internet zu gehen. Die hatten nämlich das erste Internetcafé im Umkreis. Da war dann auch immer 'n ganzer Tag um.

Ich erinnere mich übrigens, dass Gerhard Schröder noch mit „Eine Stunde Internet darf nicht mehr als 1 DM pro Stunde kosten“ Wahlkampf gemacht hat… :wink:

Zu den Filmen der 90er muss noch was gesagt werden. Meiner Ansicht nach gab es in diesem Jahrzehnt mindestens zwei wichtige Ereignisse.

  1. Der Durchbruch des CGI und die damit verbundene neue Art des Filmemachens. Das startete Anfang des Jahrzehnts mit Filmen wie Terminator 2 und Jurassic Park und endete in Vollendung Ende des Jahrzehnts mit Matrix.

  2. Die Hollywoodisierung des Indie-Films. Miramax, Weinstein, Tarantino, Kevin Smith, Linklater, usw. Plötzlich kauften die Majors kleine Studios auf oder gründeten selbst welche, um Indie-Filme zu produzieren, die dann ja paradoxerweise eigentlich keine wirklichen Indie-Filme mehr waren. Damit änderte sich auch die Wahrnehmung des Indie-Films.

Als 3. könnte man vielleicht noch den deutschen Film erwähnen, der in den 90ern eine neue Bedeutung bekam. Sei es durch diese Welle von Beziehungskomödien oder Personen wie Tykwer, Petersen und Emmerich.

Völlig wertfrei. Das waren zumindest Einschnitte, die die Filmwelt verändert haben.

Als Rausschmeißer hier noch die wichtigsten Skandale, News und Affären aus dem Fachblatt Praline vom 17.04.1997. Als Gerhard Schröder noch gute Chancen hatte und Tanja Schumann noch nicht pleite war. :grin:

Man beachte die Hollywood-News.

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Schaut man auf seine IMDb-Seite, scheint es mit dem Mega-Vertrag nicht viel auf sich gehabt zu haben.

Und Johnny Depp war schon vor 20 Jahren etwas seltsam.

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Filmbezogen finde ich die 90er auch ein etwas schlappes Jahrzehnt. Ähnlich wie ich die 80er musikalisch mit der Blüte der Metalszene von Bands wie Iron Maiden über Metallica, Slayer u. Co. bis hin zum Death Metal verbinde, gab es in den 80ern jede Menge harte Horror- und Actionstreifen, von den ganzen Slasherfilmen über Hellraiser, die Klassiker von Cronenberg und Carpenter oder Seagal, Lundgren usw. bis hin zu den unzähligen HK-Actiongranaten. Anfang der 90er ist das alles weggebrochen und statt richtigen Horrorfilmen kam dann so ein selbstironischer Quark wie Scream, und der Actionbereich präsentierte sich mit Filmen wie Con Air oder The Rock auch ziemlich mainstream-orientiert (vgl. auch den ersten Terminator-Film von 1984 mit einem bösen Terminator für Erwachsene gegenüber dem zweiten von 1991 mit einem positiv besetzten Terminator, der mit einem Kind kooperiert). Positive Ausnahmen gibt es natürlich auch wie immer, z. B. Verhoevens Actionfilme, wobei er den Stil ja schon mit Robocop in den 80ern begonnen hat. Positiv zu vermerken in den genannten Genres sind musikalisch Black Metal (naja, ein paar Bands zumindest mag ich schon sehr gern), Prog Metal und im Filmbereich (auch wenn das erst Ende der 90er losging) die große Welle des japanischen Horrors mit “Ring” u. a.

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Bitte was? Nur ein ganz kurzer Blick in mein Videoregal behauptet etwas anderes:

Wenn wir jetzt anfangen, engagiert zu suchen, werden wir noch sehr viel mehr gut gealterte Filme finden, die auch heute noch Spaß machen. „Schlapp“ ist da doch anders definiert finde ich.

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Innerhalb einer 10jahres Spanne eine handvoll guter Filme zu finden ist ja nicht so das schwierige Ding. :wink:

(eine Chuzpe allerdings, darin ST Generations einzureihen)

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Zu behaupten, dass die Neunziger ein „schlappes“ Filmjahrzehnt sind, ist frech. Punkt. Und die Filme, die ich da aufgeführt haben waren die ersten Treffer allein in meinem Filmregal - und ich habe beim besten Willen nur ein Bruchteil der Filme.

Ist vielleicht Geschmacksache, aber schlecht ist der Titel definitiv nicht :slight_smile:

Ich habe ja begründet, was ich an den 90ern schlapp finde. Mir persönlich fehlt das harte Action- und Horrorkino, das in den 80ern Standard war. Wem diese Genres egal sind, mag es anders empfinden. Natürlich gab es jede Menge gute Filme in den 90ern, aber das gilt sowieso für jedes Jahrzehnt.

Die ganzen Actionstars wie Lundgren, Van Damme, Seagal haben doch die 90er durchgearbeitet. Die Horrorregisseure auch. Und die meisten Horror-Franchises wurden weitergeführt und leben selbst heute noch fort. Die Filme wurden halt immer schlechter. Da ist es dann irgendwann mal an der Zeit Neues auszuprobieren. Scream, Braindead, From Dusk till Dawn, usw. kamen da gerade zur richtigen Zeit. Selbst Blair Witch Project, den ich persönlich überhaupt nicht mag.

Ja eben, es geht ja um eine Gesamtbewertung des Jahrzehnts. Und da finde ich die 70er und 80er dann auch deutlich überzeugender. Vor allem die 70er waren ein wahnsinnig spannendes Jahrzehnt im Filmbereich.