Klasse Folge, die mich prompt wieder zurückversetzt in meine Schulzeit. Also wenn ich an meine Schulzeit denke, denke ich in erster Linie an Typen. An Originale. An Schüler/innen, die damals aus der Masse herausgefallen sind:
Da war zum einen Tim K. Ca. 2 Jahre älter als alle Anderen, weil sitzen geblieben. Sohn einer Schrottplatzdynastie. Trug mit Vorliebe Military-Klamotten. Hatte im Alter von 15 (!!) sein erstes Tattoo, kam stolz in die Schule, hatte es gerade frisch gestochen, trug ein Muskelshirt (im Spätherbst) und fing mitten im Unterricht an, es einzucremen. Einmal ging es um die Frage, was wir denn später mal werden wollen. Wir anderen haben das Übliche gesagt… Arzt, Rennfahrer, Schauspieler… nur er meinte trocken: „Einzelkämpfer bei der Bundeswehr“.
Vadim J., Sohn eines erfolgreichen russischen Unternehmensberaters. Er hatte 1994 in Klasse 9 im Alter von 15 ein Handy. Das war damals wirklich eine Besonderheit… das kannte man allenfalls aus Filmen. Mitten im Unterricht klingelt plötzlich sein Handy… er geht ran… steht auf und verlässt telefonierend den Klassenraum. Die Lehrerin war ebenso wie wir sprachlos. An Coolness (damals) nicht zu überbieten.
Und da war Babsi. Parallelklasse. Sehr frühreif. Schon auf der ersten Klassenfahrt in der fünften Klasse hat sie den Ton angegeben, was den Pflichtteil bei „Wahrheit oder Pflicht“ angeht. Kurze Zeit später war sie bekannt dafür, auf der Schultoilette… sagen wir mal… den Horizont der Jungs zu erweitern. Man ist als alberner, kichernder Eiergrabscher rein- … und als Mann rausgegangen (zumindest hat man sich so gefühlt). Mit 15 von der Schule abgegangen… mit 16 hat sie uns noch einmal an einem Tag besucht… mit ihrem Neugeborenen. Hab mich immer gefragt, was aus ihr wohl geworden ist. Bis ich sie dann viele Jahre später in einer SpiegelTV-Reportage über Bernd Wollersheim gesehen habe, in der sie als einer seiner „Damen“ interviewt wurde und berichtet hat, wie toll es ist, für ihn zu arbeiten
Thomas N. Ziemlich chaotischer Typ, ungepflegt, Flodder-Kind. Wenn man Geburtstag hatte, hat man Kuchen für die Klasse spendiert. Als er dran war, hat er Rumtorte mitgebracht. Statt eines Esslöffels hat er wohl ne halbe Pulle Rum reingekippt… der Kuchen war regelrecht nass vor lauter Rum. Der Höhepunkt war aber, als einer auf eine rostige Schraube gebissen hat, die sich in dem Kuchen befand und sich dabei ein Stück vom Zahn abgebrochen hat.
Ansonsten gab es auch üble Erlebnisse. Die schlimmste Erinnerung ist, wie unsere Physiklehrerin systematisch fertig gemacht wurde. Sie war unheimlich gutmütig und lieb… und sah aus wie aus dem Telekolleg aus den 70er Jahren inkl. Nana-Mouskouri-Brille und selbstgestrickten Pullovern. Somit war sie zum Abschuss frei gegeben. Unterricht war nicht möglich, es ging drunter und drüber. Das ging so weit, dass sich die Schulbehörde eingeschaltet hatte… und fortan immer ein weiterer Lehrer mit Autorität im Klassenraum dabei saß, damit Unterricht überhaupt möglich war. Ihr wurde sogar das Auto beschädigt… es wurde unter anderem Zucker in den Tank gekippt, sie wurde zuhause belästigt… usw. Ich habe mich daran nie beteiligt… aber ich hatte nicht die Reife, mich dagegen zu stellen, was auch nicht gerade rühmlich ist.
Was ich auch noch in Erinnerung habe… die Schlägereien. Wenn zwei Jungs sich geprügelt haben, ging es immer erst langsam los. Man hat sich geschubst… böse angeguckt. Dann kamen schon die ersten Gaffer und haben eine Traube gebildet und fingen an, die beiden anzufeuern. Alle kamen angerannt und wollten zusehen. Dann ging es zur Sache, bis einer am Boden lag, der Andere auf ihm saß. Irgendwann kam dann der Aufsichtslehrer und hat die Sache aufgelöst. Es war brutal, aber mit klaren Grenzen. Richtige Faustschläge oder üble Tritte, wenn man am Boden lag, gab es nicht. Richtig brutal wurde es eigentlich nur, wenn sich zwei Mädchen geprügelt haben. Werde nie vergessen, wie die Emine die Rebecca an den Haaren über den Schulhof gezogen hat… und am Ende blutige Kampfspuren zurückblieben.
Leider kann ich mich an Einen nicht erinnern, der an meiner Schule war. Dieter Nuhr war dort kurze Zeit Referendar, den ich zeitlich 88/89 hätte erleben können. Jemand, den ich kenne, hatte ihn aber als Lehrer und meinte rückblickend, dass er absolut keinen Bock auf Schule und Schüler hatte und auch keinen Hehl draus machte Zehn Jahre zuvor war es Ingo Appelt als Schüler, an den sich mein älterer Bruder, der auch dort war, aber auch nicht erinnern kann.