Diskussion über den Blog-Artikel: SAT.1 drückt sich zu Tode*
Ein Fernsehsender kann nur dann wirklich erfolgreich sein, wenn er ein positives und glaubwürdiges Profil hat. Denn: Auch wenn wir in der “Zapper”-Ära leben, so gibt es eben doch noch jede Menge Stammzuschauer - eine wichtige Grundlage für jeden TV-Sender. SAT.1 hatte diese Stammzuschauer mal, denn in den 90er Jahren war der Sender auf einem guten Weg. Kaum einer erinnert sich heute noch daran, dass die wohl beste deutsche Polit-Talkshow der letzten 20 Jahre auf SAT.1 lief: “Talk im Turm” mit Erich Böhme. Der Sendeplatz am Sonntagabend um 22 Uhr für eine politische Talkshow wird heute wie selbstverständlich von der ARD besetzt - eigentlich ist er eine Erfindung von SAT.1. Ebenso galt dies im Unterhaltungsbereich: Serien wie “Kommissar Rex” sind zu TV-Klassikern geworden, im Fernsehfilm-Bereich entstanden grandiose Produktionen wie Dieter Wedels “Der König von St. Pauli” oder “Das Schwein - Eine deutsche Karriere” mit Götz George (ein wunderbarer Dreiteiler, der leider seit Jahren nicht wiederholt wurde). Natürlich lief auch damals schon Trash auf SAT.1, aber im Großen und Ganzen bemühte man sich immer darum, auch dem anspruchsvolleren Publikum gerecht zu werden.
Dieses Image hat SAT.1 inzwischen total kaputt gemacht. Der Sender hat sich in den vergangenen zehn Jahren derart ins Abseits befördert, dass es schon traurig ist. Und dies ging natürlich auch am Zuschauer nicht spurlos vorüber. Egal, was SAT.1 momentan an neuen Produktionen ins Programm nimmt: Die Quoten sind zumeist miserabel. Neue Serien wie “Klinik am Alex”, “R.I.S.” und “Deadline” floppen reihenweise. Selbst die “Schillerstraße” mit Jürgen Vogel erreichte in der ersten Ausgabe gerade mal 2,95 Millionen Zuschauer - zumindest in der angeblichen “Zielgruppe” soll es ganz gut gelaufen sein. Aber insgesamt unter drei Millionen für eine Sendung, über die im Vorwege so groß berichtet wurde und die mal eine riesige Fangemeinde hatte? Katastrophal!
Und nun auch noch das: Durch den Umzug nach München und die Proteste der Berliner Mitarbeiter dagegen erwirbt sich SAT.1 obendrein das Image eines rücksichtslosen Profitgeiers, dem das Wohl der Mitarbeiter egal ist - Hauptsache, es lässt sich ordentlich Kohle einsparen. Und der Eindruck der Geldgeilheit wird noch verstärkt: SAT.1 hat die “Quiz Night” wieder ins Programm geholt - veranstaltet von 9LIVE, also eine unverschämte Abzocksendung. “Wirtschaftlich sinnvoll” sei dies, begründete SAT.1-Sprecherin Kristina Fassler die Entscheidung, die “Quiz Night” zurückzuholen, nachdem diese im April 2008 erfreulicherweise aus dem Programm geflogen war. Es ist doch schon unfreiwillig komisch, wenn Ulrich Meyer am Dienstagabend in “Akte 09” über Betrügereien bei Kaffeefahrten oder anderswo berichtet - und zwei Stunden später zieht SAT.1 selbst die Leute über den Tisch.
SAT.1 stehen schwere Zeiten bevor, denn ein solch ruiniertes Image wieder zu verbessern, ist eine verdammt schwere Aufgabe. Aber es scheint momentan ohnehin so, als gebe es dort gar kein Interesse an einem besseren Image. Doch das ist ein fataler Weg, denn zu glauben, der Zuschauer spüre nicht, wie sehr ein Sender ihn für dumm verkauft, ist schlichtweg naiv.
*in Anlehnung an den ehemaligen Sender-Slogan “SAT.1 - Ich drück dich!”