Salafisten-Bericht in der ARD vom 16.07.

Betroffenheitsjournalismus mit einer ultradünnen Schicht Hintergrundinformation. Das ist was mir zur ARD-Dokumentation “Im Netz von Salafisten” einfällt. Weinende Mütter, milchig aufgeschäumte Schicksale, traurige Hundebabys. Natürlich ist es wichtig die Leute aufzuklären, welche Ausmaße die wörtliche Auslegung des Korans mit sich bringt. Aber der Beitrag scheiterte kolossal an der Hürde irgendwann mehr zu liefern, als betroffene Mienen.

Symptomatisch war das Ende, als die Mutter einer Tochter, die sich “angeblich” freiwillig einer muslimischen Ehe “unterworfen” hat, zu einem Bekehrungsstand in der Innenstadt geht.

“Sie sind doch diese Salafisten, oder?”
"Nein, wir sind Muslime."
Aha! In diesem Mini-Dialog steckt mehr thematische Relevanz als in allen mit schauriger Musik unterlegten Außenaufnahmen von Moscheen. Irgendwann hatte jeder Zuschauer kapiert, dass die Salafisten keinerlei Interesse haben sich auch nur sporadisch mit der Presse auseinanderzusetzen. Anstatt jedoch einen theologischen Sachverständigen ins Boot zu holen, der bspw. das konfessionelle Geflecht des Islams hätte aufzwirbeln können und dadurch verständlich machen, was ausgerechnet diesen Ultra-Radikalos derartigen Zulauf verschafft, wurde eine Sozialpädagogin mit Atemproblemen vor die Kamera gezerrt. Gut, das ist unfair, bei einer entsprechenden Fragestellung hätte auch sie den ÖR fundiert Auskunft geben können. Aber das war gar nicht Sinn und Zweck des Beitrags, der auf die niederen Instinkte der Angst abzielte. Credo: Da gedeiht ein Gedankengut hinter unscheinbaren Vorstadtmauern, der Buhmann hüpft aus dem Gebüsch “Und wenn er kommt? Dann laufen wir!”.

Mich würde zum Beispiel wo der Unterschied zwischen Salafisten und Evangelikalen verortet wird. Jede Woche stehen sie bei uns vor der Mensa und argumentieren auf Basis eines ähnlich gestrickten Monotheismus’: Hölle und Paradies als Komplementärbegriffe bilden die Rahmung für eine transzendente Weltauffassung. Wer nach dem Ableben in welche Richtung wandert ist einen Moralindex von A bis Z gebunden. Hier hätte man fragen können, wo die unglaubliche Geringschätzung der Salafisten vor der Familie herrührt. Das überrascht mich wirklich und ich müsste mich schon schwer irren, wenn das Kennzeichen der Hauptströmungen dieser Religion wäre.

Edit: http://programm.daserste.de/pages/progr … 4A61554C6A

Wer sich öffentlich-rechtliche Berichterstattung zu diesem Thema ansieht, hat eh schon verloren. Das ist für niemanden interessant - weder für Rechts noch für Links. Mittlerweile kann man froh sein, dass man sich über das Netz seine eigene Meinung bilden kann, und nicht mehr auf “Qualitätsjournalisten” angewiesen ist.

Also wenn ich Moslem wäre würde ich sicherlich auch nicht mehr mit der Presse reden, erst recht nicht wenn man jedes Mal auf offener Straße direkt mit der Kamera konfroniert wird. Das ist ein einfach nur dreistes Verhalten von den Journalisten und außerdem gibt es kaum eine faire Berichterstattung in den deutschen Medien.