@ Greggy: Danke für den Link!
@ alle:
Hier wird durch Frau Wiese offenbar etwas verwechselt: Nämlich die fehlende Fähigkeit, eine Sprache zu sprechen und „Originalität“. Eine Sprache hat nämlich eine Grundstruktur und gewisse grammatische Regeln und braucht diese auch. Wenn man die Sprache aber nicht kann, dann kann man sie eben auch nur in falscher und ausdrucksarmer Weise verwenden.
Mein Französisch ist beispielsweise nicht sonderlich gut, und wenn ich gezwungen wäre, komplizierte Sachverhalte auszudrücken, für die ich einfach nicht die Voraussetzungen besitze, dann käme wohl etwas Ähnliches wie das „Kiezdeutsch“ heraus. Ich würde dann auch irgendwelche Worte in grammatisch womöglich falscher Weise aneinanderhängen, und wenn ich Wörter nicht kenne, dann würde ich die nehmen, die ich kenne, und die noch am Besten zu passen scheinen. Nur käme ich im Leben nicht auf die Idee nun zu behaupten, dass mein solcherart kreiertes „Französisch“ besser, differenzierter und logischer ist als richtiges Französisch.
Zudem handelt es sich bei dem Kiez-„Dialekt“ noch nicht einmal um einen Dialekt, anders als im Artikel behauptet. Denn ein Dialekt stsetzt einen gewissen Wortschatz und eine gewisse Grammatik voraus und kommt somit der Ursprungsssprache nahe. Das „Kiez-Deueutsch“ ist in diesem Sinne vielmehr ein „Straßen-Slang“, ein „Jargon“, der kaum irgendwelche definierte grammatischen Regeln besitzt.
Zitat Spiegel Online:
Wer Wiese wütend erleben will, der sagt am besten, Kiezsprache sei falsches, schlechtes Deutsch. Wiese ist überzeugt, dass die Sprache aus den sozialen Brennpunkten oftmals logischer ist als Standarddeutsch. Die häufige Verwendung des Wörtchens „so“ sei ein Beispiel - es werde benutzt, um die Bedeutung eines Objekts hervorzuheben: „Sind wir so Kino gegangen“.
Hier irrt Frau Wiese. Denn natürlich kann man auch in korrektem Deutsch etwas hervorheben. Dann sagt man etwa: „Wir sind tatsächlich ins Kino gegangen.“ Nur ist es natürlich unsinnig, ständig etwas ohne Grund hervorzuheben. So etwas doch zu tun, zeugt auch nicht im Entferntesten von überlegener Logik, sondern schlicht und ergreifend von schlechter Sprache.
Auch ist das „so“ hier wohl keine überflüssige (und daher fehlplatzierte) Hervorhebung, wie Wiese meint, sondern ein reines Füllwort, das aber aufgrund seiner ständigen Verwendung ebenso fehl am Platze ist wie eine ständige Hervorhebung.
Zitat Spiegel online:
Machst du rote Ampel - Eine Feststellung, die heißen soll „Du gehst bei Rot über die Ampel.“ Das Wort „machen“ bekommt dabei eine ganz andere Bedeutung, ebenso wie beim oft belächelten Ausspruch „Ich mach dich Messer!“
Dies ist ein schönes Beispiel dafür, dass jemandem die korrekten Vokabeln fehlen, und er daher nicht in der Lage ist, sich differenziert oder auch nur annähernd korrekt zu artikulieren. Der Betreffende kennt eben nur ganz wenige Allgemeinausdrücke wie „machen“. Und aZuhörer können bestenfalls aus dem Sinnzusammenhang erraten, was tatsächlich gemeint ist. Es wäre so, als würde jemand im Englischen nur immer „make“ als Verb gebrauchen, weil er die englische Sprache nicht beherrscht und daher auch kaum Wörter in ihr kennt (und auch nicht die Artikel korrekt verwenden kann). (Beispiel: „I make car“ ansatt „I drive the car“.)
Eine solche Art von „Slang“ beruht eben gerade nicht auf einer Bereicherung, Differnernzierung oder höheren Logik, wie Frau Wiese das zu glauben scheint, sondern auf Unkenntnis und Sprachverarmung.
Dass man dies noch extra betonen muss, noch dazu gegenüber einer „Expertin“, ist mehr als peinlich (für diese). Die politische Korrektheit scheint hier wirklich blind zu machen. Wenn man das falsche und schlechte Deutsch von Menschen mit Migrationshintergrund für richtig und gut erklärt, hilft man ihnen aber nicht. Helfen würde man ihnen, indem man sie unterstützt, die Sprache korrekt zu sprechen. Es ist traurig, dass man jeden offensichtlichen Unsinn in der Öffentlichkeit sagen „kann“, wenn man einen akademischen Grad im entsprechenden Fach besitzt. Es geht manchmal auch nicht darum, dass es verschiedene Meinungen gibt, sondern manchmal ist etwas auch einfach offensichtlicher Unsinn.
Besonders unangenehm finde ich auch, wenn in dem Spiegel-Artikel wiederholt so getan wird, als sei jener Kiez-Slang „die“ Jugendsprache. Selbst wenn einige deutsche Jugendliche einige Ausdrücke übernehmen mögen, so sagt das wenig; denn ein paar Ausdrücke zu übernehmen und eine Sprache zu sprechen sind zwei sehr verschiedene DInge.
Aber gegen MessenFan:
Der Hintergrund ist klar, danken können wir den Unterschichtlern aus dem Islambereich speziell der Türkei.
Nun wird sich dieser Slang sicher nicht durchsetzen. Aber ansonsten verdanken wir das nicht „Unterschichten aus dem Islambereich“, sondern den Deutschen, die das überrnehmen. Niemand ist gezwungen, Ausländer, die Probleme mit der Sprache haben, zu imitieren. Denn dass jemand sich mit einer fremden und komplexen Sprache schwertut, und sich daher mit einer stark simplifizierten Ersatz-Sprache („Slang“) notmäßig behelfen muss, ist nachvollziehbar; dass man diese Sprachprobleme nun aber zu korrektem und sogar logisch überlegenem Deutsch umdeutet, ist allerdings einfach nur absurd.
Ach ja: Mein Beitrag steht unter dem Vorbehalt, dass die Darstellung des Kiez-Slangs im SPON-Artikel adäquat und die Beispiele paradigmatisch sind. Davon ist aber wohl auszugehen…