Ratlosigkeit über den Fernsehrat

Diskussion zu diesem Blogtext: http://fernsehkritik.tv/blog/2014/05/ratlosigkeit-uber-den-fernsehrat/

Ich frag mal direkt sehr provokativ:
Wären die Parteien nicht dumm, wenn sie ihre Vormachtstellung jetzt früher aufgeben als unbedingt notwendig?
Das passende Inzestivsystem wurde ja nun überhaupt nicht geschaffen, oder?

Zu Antwort 2: Diese Logik soll jemand verstehen. Der neu gewählte Bundestag, dem die FDP nicht mehr angehört, wurde im September 2013 gewählt. Man greift also jetzt, im Mai 2014, noch auf ein Bundestags-Wahlergebnis von 2009 zurück?

Hier ist der alte ZDF-Staatsvertrag irrsinnig, aber nicht das Handeln das Fernsehrats. Was soll er denn auch sonst tun? Solange es keinen neuen Staatsvertrag gibt muss er sich wohl an den Alten halten. Die können sich ja nicht einfach Regelungen aus den Fingern saugen.

Hier ist der ZDF-Staatsvertrag. Die entscheidende Passage steht hier:

c) zwölf Vertretern der Parteien entsprechend ihrem Stärkeverhältnis im
Bundestag, die von ihrem Parteivorstand entsandt werden,

Später heißt es dann

(10) Die Amtszeit der Mitglieder des Fernsehrates beträgt vier Jahre. Die unter
Absatz 1 Buchst. a) bis f) genannten Mitglieder können von den entsendungs-
berechtigten Stellen
abberufen werden. Scheidet ein Mitglied aus, so ist nach den für
die Berufung des ausgeschiedenen Mitglieds
geltenden Vorschriften ein Nachfolger
für den Rest der Amtszeit zu berufen.

Insofern muss ich leider dem ZDF zustimmen. Allerdings ist damit die FDP-Präsenz ja auch bis 2016 begrenzt. Die nächste Bundestagswahl kommt (vermutlich) danach. Aber ist dann ja eh egal, da die Zusammensetzung ja geändert werden muss.

So sitzt beispielsweise der gerade geschiedene Gewerkschaftsbosss Michael Sommer im Fernsehrat, er ist aber auch SPD-Mitglied.

Sollte dort niemand sitzen der überhaupt in irgendeiner Form etwas mit Politik zu tun hat? Dass man ein Problem damit hat, wenn ein Bundestagsabgeordneter oder Landtagsabgeordneter dort drin sitzt, kann ich das ja verstehen, aber wenn deiner Meinung nach schon die Mitgliedschaft bei einer Partei Schwierigkeiten bereitet, was denn dann nicht? Dann sollte man vielleicht auch Religionsangehörigkeit verbieten.

Zu Antwort 2: Diese Logik soll jemand verstehen. Der neu gewählte Bundestag, dem die FDP nicht mehr angehört, wurde im September 2013 gewählt. Man greift also jetzt, im Mai 2014, noch auf ein Bundestags-Wahlergebnis von 2009 zurück?

Das hat ezzendy gut zusammengefasst. Der Fernsehrat macht nicht die Gesetze und muss sich trotzdem an diese halten. Dafür kann der Fernsehrat aber nichts.

Die Politiker, die im Fernsehrat sitzen, machen auch die Gesetze - das sind ja nicht zwei Paar Schuhe.

Sicher ist das formal korrekt mit der FDP - trotzdem wirkt es aus meiner Sicht absurd.

Natürlich ist das absurd. Ich denke mal, wenn der Fernsehrat anders entschieden hätte, hätte die FDP geklagt. Und nach 2 Jahren wäre entschieden worden, dass der Fernsehrat nicht verfassungsgemäß zusammengesetzt gewesen wäre. Nach einer Vorschrift, die ebenso verfassungswidrig ist. Und dann ist auch schon wieder Ende der Amtszeit. Man hat sich im Haus, das Verrückte macht, diesmal für Tor 2 entschieden, und dahinter sitzt [-]der Zonk[/-] Herr Lindner.

Im Fernsehrat saßen bzw sitzen ja nicht nur Politiker des Bundes, sondern auch solche, die von den Ländern dorthin geschickt werden.
Und die FDP sitzt nun mal noch in ein paar Landtagen, und ist dort teilweise sogar noch an der Regierung beteiligt.
Deswegen lässt sie sich auch vorerst nicht ganz ausschließen.

Das verlangt ja auch keiner - aber ich behaupte mal, die Grünen haben auch in den Ländern eine größere Position als die FDP

Die Regelungen sind falsch und müssen geändert werden.
Das ist aber nicht Aufgabe des Fernsehrates, sondern der Politik. Und was soll der Fernsehrat denn machen, als sich an die einzig aktuell vorhandene und gültige Version zu halten? Sich selbst erfinden?

Er ist also der falsche Adressat. Das Verfassungsgericht hat die Regierung aufgefordert, bis zu einem Stichtag aktiv zu werden- sowas geht nicht als Schnellschuss und braucht Zeit.

@P-Joker
Doch, das ginge.

Der Fernsehrat besteht aus siebenundsiebzig Mitgliedern, nämlich
a) je einem Vertreter der vertragsschließenden Länder, der von der
zuständigen Landesregierung entsandt wird,…

Das ist die Passage zur Ländervertretung. Da steht nichts von irgendeiner Quote. Die CDU/FDP-Länder können auch nur CDU-Leute entsenden.

[QUOTE=venceremos;356561]Die Regelungen sind falsch und müssen geändert werden.
Das ist aber nicht Aufgabe des Fernsehrates, sondern der Politik. [/QUOTE]

Der Fernsehrat IST die Politik!

Also in meinem Bundesland macht die Gesetze immer noch das Landesparlament. Das wär ja noch schöner, wenn die Politiker aus dem Fernsehrat selbständig die sie betreffenden Gesetze „machen“ würden - so als gäb’s sowas wie Parlamente nicht mehr.

Wenn es Dich tröstet, falls die FDP dann 2017 wieder in den Bundestag kommt, wären sie trotzdem von 2016 bis 2020 nicht im Fernsehrat vertreten.

Die Frage wurde doch beantwortet. Polenz hat als Mitglied des Fernsehrates gleichberechtigt alle „organschaftlichen Rechte“ wie jedes andere Mitglied. Ihn aufgrund seiner Parteizugehörigkeit zu diskriminieren, würde aufs Gleiche hinauslaufen, als würde der Fernsehrat die Parteimitglieder eigenmächtig gleich ganz rauswerfen. Da das bisherige Gesetz aber weiterhin in Kraft ist, wäre sowas gesetzeswidrig und nach meinem Verständnis demokratischer Abläufe höchst fragwürdig.

Nochmal: weder das Bundesverfassungsgericht noch der Fernsehrat beschließen oder ändern Gesetze. Dafür sind die Parlamente(!) zuständig. Und das ist gut so.

Das BVerG hat doch klar geurteilt, dass der Status Quo in der Abwägung des „Schutzes überragender Güter des Gemeinwohls“ derweil bestehen bleiben darf. Ansonsten hätten sie das Gesetz für nichtig erklärt und das ZDF hätte den Tag drauf dicht machen können. So ist es aber nicht. Und daher handelt der Fernsehrat in Übereinstimmung mit dem BVerG-Urteil.

Soweit die §§ 21 und 24 ZDF-StV mit der Verfassung nicht vereinbar sind, sind sie nicht für nichtig zu erklären, sondern ist nur ihre Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz festzustellen, verbunden mit der Anordnung, dass sie bis zu einer Neuregelung übergangsweise weiter angewendet werden dürfen.

Die bloße Unvereinbarkeitserklärung, verbunden mit der Anordnung einer vorübergehenden Fortgeltung der verfassungswidrigen Regelung, kommt in Betracht, wenn die sofortige Ungültigkeit der zu beanstandenden Norm dem Schutz überragender Güter des Gemeinwohls die Grundlage entziehen würde und es den betroffenen Grundrechten bei Gesamtsicht eher entspricht, die Verfassungswidrigkeit für eine Übergangszeit hinzunehmen als die Norm für nichtig zu erklären (vgl. BVerfGE 33, 303 <347 f.>; 109, 190 <235 f.>).

Für Parteien-Rundfunk zahle ich nicht!

http://www.zahlungsstreik.net

[QUOTE=Fernsehkritiker;356565]Der Fernsehrat IST die Politik![/QUOTE]

nein, diverse Verbände und Organisationen sitzen da, Experten und eben auch Politiker. “Die Politik” (was auch immer das sein soll) ist er selbstverständlich nicht.

Interessant wird es dann am 18.09.2014:

Der Fernsehrat wird schon in seiner nächsten Sitzung am 18.09.2014 beraten, welche Schlussfolgerungen aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 25.03.2014 für das Gremium zu ziehen sind. Dabei soll auch diskutiert werden, wie der Fernsehrat seine Arbeit künftig noch transparenter gestalten kann.

Bedeutet wohl, dass man da gedenkt, die Geschäftsordnung des Fernsehrates hinsichtlich der Bestimmungen der Transparenz zu ändern. Konkret würde ich erwarten, dass man (nach dem Vorbild anderer Rundfunkanstalten) die Fernsehratssitzungen generell öffentlich abhält und die Sitzungsniederschriften im Netz veröffentlicht. Da der Staatsvertrag hierzu nichts Genaues festgelegt hat, kann der Fernsehrat über seine GO das selbstständig ändern. OK nicht ganz, man müsste wohl auch die ZDF-Satzung anpassen, also den Verwaltungsrat mit ins Boot holen.

leute, ihr solltet vielleicht lieber nicht soviel kritisieren, sonst wird hier wieder zugemacht.