Radio Multicult 2.0

Nicht nur im Fernsehen, auch im Radiobereich treffen die Intendanzen der öffentlich-rechtlichen Sender des öfteren Entscheidungen, die kaum nachvollziehbar scheinen. Eine solche Entscheidung war, gerade auch für mich als Berliner, die Einstellung des Radiosenders “Radio Multikulti” vom rbb. Dieser Sender setzte sich aktiv für Integration ein, Deutsche mit und ohne Migrantionshintergrund, sowie Ausländer gestalteten zusammen ein anspruchsvolles Programm das für mich einen gehörigen Teil des “Berlin Feelings” ausmachte. Nicht nur, dass unkommerzielle, “echte” Musik aus aller Welt zu hören war, der Sender holte die Künstler auch gleich noch für Auftritte nach Berlin, organisierte und promotete die Konzerte und war einer der Hauptbeteiligten am “Karneval der Kulturen”.Außerdem waren hier auch “Weltmusiker” aus Berlin zu hören, die nicht aus dem Mainstream kamen. Der erste Sender der damals “Seeed” spielte war Multikulti. Das alles machte satte 0,1 % des rbb Budgeds aus. Trotzdem wurde der Sender, mit Hinweis auf die finanzielle Lage des rbb, am 31.12.2008 geschlossen. Daran konnten auch 31.000 Unterschriften von Berliner/innen und Brandenburger/innen nichts ändern, die eine Initiative für den Erhalt des Senders gesammelt hatte. Als ob 0,1 % Einsparniss den rbb retten würden. Wie währe es denn mal stattdessen mit einem TV Programm was einer Hauptstadt und Kulturmetropole wie Berlin gerecht würde und entsprechend Leute vor die Geräte locken würde? Wer das Programm des rbb, mit seinen “Knut” Dokus und “quivive” Ratgebern kennt, weiß wovon ich rede. Dabei gäbe es, gerade hier, genug junge, kreative Leute die für wenig Geld gutes, innovatives Programm machen würden - die ganzen “Ich-mach-was-mit-Medien” Leute die hier herumrennen brennen darauf, neue Sachen zu probieren.
Trotz alle dem lässt sich die multikulturelle Community nicht unterkriegen und hat nach der Schließung von Multikulti ein Webradio namens “Multicult 2.0” gestartet, an dem viele der früheren Mitarbeiter beteiligt sind.
Ab 18:00 gibt es wieder Musik aus aller Welt unter http://www.multicult.eu :smt020
Ein weiteres Mal erweist sich hier das Internet als Plattform für progressive Inhalte, die im (öffentlich-rechtlichen) TV und Radio langsam aber sicher keinen Platz mehr haben.

Das ist eine Sache, die mir schon lange auf die Nerven geht:

Es gibt eine sehr gute Seite bzgl.Fernsehkritik, aber überhaupt keine, nicht eine einzige bzgl. Radiokritik, wo gerade das noch nötiger wäre. Die Sache mit Radio Multikulti, der jahrelange fortschreitende Verfall von Radio Fritz und viele andere Ungereimtheiten in den RBB-Wellen verdienen schon lange mal eine ordentliche Aufmachung

Ähnlich lief es doch damals mit dem Computerclub, der nun im Internet weiterlebt und mittlerweile auf NRW.TV als ComputerClub 2 einen neuen Sendeplatz gefuden hat - nebst wöchetnlicher Audiocasts.

Unglaublich, dieser Thread LEBT!! :slight_smile:

@ Nucksen: Einerseits gebe ich dir recht, andererseits auch wieder nicht.
Was die einst sehr guten rbb Wellen betrifft, so stimme ich dir zu. Es gab Zeiten, da war Berlin als eine der deutschen Regionen mit den besten Radioprogrammen bekannt, „radioeins“, „fritz“ und „radiomulticulti“ standen für Innovation. Inzwischen muss man bei „radioeins“ auf die Nacht ausweichen um wirkliches Programm mit interessanter Musik und Hintergrundinfos zu hören und keinen Dudelfunk, „fritz“ spielt entweder belanglosen, inhaltsleeren Kommerzmist aus Mainstream A (Der BunnyHip HopAldaProSiebenMTV Mainstream) oder belanglosen, inhaltsleeren Kommerzmist aus Mainstream B (Der pseudo-alternative, aber in Wahrheit ganz genau so kommerzielle zweite Mainstream à la Kaiser Chiefs) und radiomultikulti hat man aus Gründen die keine waren abgestellt. Es ist kaum zu glauben dass es Fr. Dagmar Reim tatsächlich geschafft hat ein Angebot das Maßstäbe setzte zu einem austauschbaren durschnittsbrei zu verhunzen!
Trotzdem zahle ich meine Radiogebüren (im Gegensatz zum Fernsehen) - denn Programme wie „Deutschlandfunk“ und „Deutschlandradio Kultur“ bieten fast alles, was ich im ÖR Fernsehen inzwischen vermisse - Nachrichten, die diesen Namen verdienen, Kommentare die kritisch sind und die Dinge von allen Seiten beleuchten, Kultur auch außerhalb des Mainstreams, Sendungen für Minderheiten und das alles den ganzen Tag - nicht erst nach 23:00 Uhr.