Presseartikel und Literatur

Nachtrag: Um das Zitat

Dennoch ist Satire mehr als eine abhängige Variable des Journalismus. Sie kann ihn ergänzen, …
noch etwas zu unterfüttern, möchte ich auf die eingeblendeten Banderolen der „Anstalt“ hinweisen: Es empfiehlt sich tatsächlich, Ihnen zu folgen: Auf Die Anstalt - ZDFmediathek finden sich unter Die Anstalt checkt Fakten sehr schön zusammengestellte Hintergrundinformationen und Linksammlungen pro Sendung, so ist z.B. das Dossier zur Sendung vom 6.12.2016 (bei der mir insbesondere die Schlussansprache von Mely Kiyak ab etwa Min. 57:30 aus dem Herzen gesprochen hat) als PDF downloadbar und immerhin 18 Seiten lang!

Dafür zahl ich gern

ich darf hier doch auch mal „political incorrect“ sein … 8)

Um an das vorige Posting anzudocken: auch die Literaturliste zur „Anstalt“-Sendung vom 7.März über den VW-Diesel-Skandal ist wieder sehr empfehlenswert und umfangreich (22 Seiten!)

Sorry für die lange Abwesenheit, aber das Ende der imdb-Foren steckt mir noch in den Knochen.

Eine von vielen Bestätigungen des Trends, dass das Netz in Blasen zerfällt, die sich immer weiter voneinander entfernen. Und somit gibt es immer weniger Plätze, auf denen man international massenwirksam seine verschiedenen Wahrheiten miteinander abgleichen kann. Die Kosten der Moderation steigen und werden geschäftsrelevant.

Aber zunächst zu etwas anderem Traurigen: kein Aprilscherz - jetzt haben doch die Landesmedienanstalten tatsächlich youtube als neues Betätigungsfeld entdeckt!

Sie fordern Lizenzen von Live-Kanälen mit mehr als 500 Zuschauern:

Die Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) hat den Twitch-Gamerkanal PietSmietTV dazu aufgefordert, bis zum 30. April bei der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen (LfM) eine 1.000 bis 10.000 Euro teure Rundfunklizenz zu beantragen.

oder gehen gegen Schleichwerbung vor:

Die Medienanstalt Hamburg / Schleswig-Hostein (MA HSH) hat gegen den Hamburger YouTuber „Flying Uwe“ ein medienrechtliches Verfahren eingeleitet. … Laut Medienanstalt präsentierte er in seinen Videos Eigenprodukte, kennzeichnete diese jedoch nicht eindeutig als Werbung.

Hintergründe liefert der F.A.Z.-Artikel
Erst die Gamer, dann das ganze Internet (28.3.2017) von Michael Hanfeld

… Landesmedienanstalten zuständig, die als Medienaufsicht ziemlich in Vergessenheit geraten sind, jetzt aber die Chance sehen, groß rauszukommen. Ihr habt ein Problem mit dem Internet, mit Hassrede und Fake News?, rufen sie der Politik zu, und: Wir haben die Lösung, wir sind die Lösung, verteilen Lizenzen und räumen auf.

Sogar dem einen oder anderen Politiker wird es hier unheimlich, so spürt laut F.A.Z. an anderer Stelle (nur im Print) bsp.weise Peter Tauber (CDU) dass zur Anpassungen der rechtlichen Rahmenbedingungen dringender Handlungsbedarf besteht, aber leider man vor der Wahl im September keine Anpassungen des Medienrechts an die Anforderungen des digitalen Zeitalters erwarten könne. Journalist Michael Hanfeld wird am Ende dann ganz deutlich:

Der Rundfunkbegriff bedarf dringend einer Revision. … Die Lander lassen die Medienaufsicht machen. Gegen deren Schritte wird sich Widerstand im Netz formieren müssen.

Fehlt eigentlich nur noch, dass die LMAs erfolgreichen Youtubern „Drittsenderlizenzen“ aufbrummen … :twisted:

Doch woher kommt dieser plötzliche Überarbeitungseifer der sonst so tief schlafenden Behörden? Möglicherweise ist es eine gewisse Arbeitsgruppe der Länder, die Arbeitsweise und Finanzausstattung der Landesmedienanstalten prüft:

[B]„Wir wollen uns einen Überblick verschaffen“ /B medienpolitik im Gespräch mit Dr. Olaf Joachim,
http://www.medienpolitik.net/2017/02/rundfunkwir-wollen-uns-einen-ueberblick-verschaffen/

medienpolitik.net: Wo sehen Sie Synergien und Sparmöglichkeiten in der Arbeit der Landesmedienanstalten?

Dr. Olaf Joachim: Es ist noch zu früh, darüber zu sprechen, ob und, wenn ja, an welcher Stelle Sparpotentiale gegeben sind. Mit der Länderarbeitsgruppe wird ein erster Schritt gemacht, einmal in den Blick zu nehmen, welche Aufgaben an welchen Stellen wahrgenommen werden und ob eine Vergleichbarkeit unter den Medienanstalten besteht. Dabei wird sich zeigen, ob es z.B. gemeinsame Tätigkeiten mit überregionalen Bezug gibt, die gebündelt effektiver wahrgenommen werden können.

Kein Wunder, dass da bei lange schlafenden Behörden plötzlich Übereifer ausbricht :slight_smile:

Oder wollen sie gar durch ihre Aktivitäten gar die Politik dazu zwingen, endlich die Medienpolitik zu reformieren?

So kann es jedenfalls nicht bleiben:
(laut FAZ)

Tobias Schmid formuliert aber schon einmal eine grobe Faustregel: „Was aussieht wie Rundfunk, und sich bewegt wie Rundfunk, ist Rundfunk.“

Nachtrag: wegen der Landesmedienanstalten lese man auch gern nochmal zur „Erheiterung“ alles durch, was bei Stefan Niggemeier unter diesem Stichwort in der Vergangenheit so abgelegt war: Landesmedienanstalten – Stefan Niggemeier

z.B.Neues von den Schlaf- und Skandalbehörden
http://www.stefan-niggemeier.de/blog/9953/neues-von-den-schlaf-und-skandalbehoerden/

Warnung an mich selbst: „Wenn du einen Artikel schreibst, der zum Ergebnis kommt, dass die Medienaufsicht in Deutschland womöglich funktioniert, hast du vermutlich nur nicht gründlich genug recherchiert.“
:slight_smile:

aber nun zu etwas anderem: Wie viele private Initiativen braucht es eigentlich noch, bis dem Rundfunk klar wird, dass er nicht mehr um einen Publikumsrat herum kommt? Neben Maren Müllers Dauerprojekt „Ständige Publikumskonferenz“ (zur Erinnerung: Archiv - Ständige Publikumskonferenz der öff.-rechtl. Medien - Foren-Übersicht ) sprießen immer wieder neue Ansätze, so z.B. „Rundfunk mitbestimmen“ , was ich über dieses Interview bei „Netzpolitik“ gefunden habe:

Neues aus dem Fernsehrat (6) - Ein Gespräch über „Rundfunk mitbestimmen“
(Interview Leonhard Dobusch mit Rundfunk-Mitbestimmen.de )
Neues aus dem Fernsehrat (6): Ein Gespräch über Rundfunk-Mitbestimmen.de – netzpolitik.org

Die Rundfunkanstalten selbst haben großes Interesse an den Daten, aber sie sind sehr vorsichtig sobald es um das Thema öffentliche Meinung geht. Allerdings ist den Rundfunkanstalten ihre Legitimationskrise durchaus bewusst, vor allem weil immer weniger junge Leute den Rundfunk nutzen. Rundfunk Mitbestimmen könnte genau für diese Legitimationskrise eine konstruktive Lösung sein.

Und hier geht es zur Webseite dieser Initiative, deren Hauptidee zunächst smart erscheint: man verteilt seine Haushaltsabgabe auf die Sendungen, die einem zusagen, man sehe:

Rundfunk Mitbestimmen
https://rundfunk-mitbestimmen.de/

Doch so ganz bin ich noch nicht glücklich damit, wie einem vorgeschlagen wird, was man zu bewerten hat. Ich würde mir da eine Art Programmzeitschrift wünschen (am besten über den ganzen Monat) auf der man seinen virtuellen Geldhaufen verteilt. Und wäre es nicht auch bedenkenswert, Sendungen von privaten Anbietern zur Auswahl zu stellen? So nach dem Motto: „Das hätte ich mir von den öff.-rechtlichen gewünscht!“ . Aber meines Erachtens können Ansätze nach einem „So hätte ich das Geld verteilt“ - Prinzip ohnehin ein gut kuratiertes Programm nicht ersetzen. Zudem kann man nur das bewerten, was es gibt und keine fiktiven Sendungen/Themen nennen, die man sich wünschen würde (oder habe ich das nur nicht gefunden?).

Nur mal so als Beispiel für ein Thema, das ich seit langem in einer Talkshow gerne behandelt gesehen hätte:

Gesetzeskontrolleur: Erst die Flüchtlingswelle hat E-Government etwas vorangebracht

… zunehmende Migration und die damit verknüpften Herausforderungen haben dem früheren Bahnchef zufolge gezeigt, welche beschränkten IT-Möglichkeiten es bei den Ländern und auch bei der Polizei bis vor Kurzem noch gegeben habe: „Da war nichts miteinander kompatibel.“ Seitdem hätten die Verantwortlichen zumindest „einen Zahn zugelegt“ und endlich erkannt, wie weit Deutschland beim E-Government zurückgefallen sei, nämlich „im EU-Ranking auf Platz 18 hinter Italien“. Ihm sei unerklärlich, wie ein derart gravierendes Struktur- und Standortproblem so lange unter den Teppich habe gekehrt werden können.
Warum man solche ein gravierendes Problem unter den Teppich kehrt und nicht zum Thema macht? Ganz einfach: weil es allen Parteien unangenehm ist, hier kein Konzept vorweisen zu können - insofern sind sich da (fast) alle in den Rundfunkräten einig … :slight_smile:

Nicht dass die öffentlich-rechtlichen Sender nicht könnten, wenn sie wollen, da gibt es schon noch Nischen. So ist ein ähnliches Thema, das trotz großer Relevanz lange Zeit so gut wie nicht behandelt wurde, die „elektronische Gesundheitskarte“. Für diese gibt es immerhin seit ein paar Wochen einen wirklich guten „SWR2-Wissen“-Hörbeitrag, dessen Transskript sogar als PDF heruntergeladen werden kann. Wegen der Link-Individualisierung auf der Webseite von SWR2 kann ich leider keinen Direktlink angeben, aber empfehle den Hörbeitrag auf den Seiten des SWR unter diesem Titel zu suchen

„Der Patient als Datenpaket - Kommt die elektronische Gesundheitsakte?“
von Marcus Schwandner vom 21.3.2017 unter SWR2 Wissen

Ein Beispiel von gutem Journalismus, der Komplexität nicht unterschlägt und die Personen, die Tacheles reden, zu Wort kommen lässt, so muss das sein!

Wir sind da in Deutschland sehr weit hinten dran, was die Verbreitung solcher Lösungen angeht, weil da zwei Dinge zusammen kommen. Das Eine ist unsere Selbstverwaltung, die das nicht so einfach macht, weil da Kassen und Ärzte unterschiedliche Interessen haben, und das Andere ist, dass auch das Gesundheitsministerium bei uns keine führende Rolle übernimmt, was zu strukturieren und nach vorne zu bringen

Auch auf die entstandenen Insellösungen wird hingewiesen und die Verantwortlichkeiten klar benannt:

Diese verschiedenen ‚Inseln‘ im Nachhinein zu verbinden, kann schwierig werden. Das Bundesgesundheitsministerium hat es verpasst, rechtzeitig auf einheitliche Standards hinzuarbeiten.

Nebenbei bemerkt, ein Bekannter (ein ehemaliger IT-Professor) hat mir erzählt, dass er sich das Datenmodell der elektronischen Patientenakte in Heidelberg (eine dieser Insellösungen) mal angeguckt hat - und er war nicht gerade glücklich damit, er meinte gar, er hätte dieses Datenmodell Informatik-Erstsemestern um die Ohren geschmissen… aber jetzt hör ich wirklich auf, um nicht vom 100.ten ins 1000.te zu kommen.

Also, alles in allem: gut gemacht, lieber SWR … aber angesichts der Tatsache, wie lange die Politik schon daran rummurkst - hätte man das Thema nicht schon vor 10 Jahren adressieren können? Und wäre es nicht Zeit an einer TV-Talkshow, in der die beteiligten Lobbyisten sich gegenseitig zerlegen?

Ein Blick zurück:

Die Dauerberichterstattung der privaten Sender in den USA rund um die Uhr hatte Donald Trump zu solch einer Popularität verholfen, dass es auf seinen abgesonderten inkonsistenten Unsinn (in dem vereinzelt auch einige unangenehme Wahrheiten herumschwammen) kaum noch ankam. Diese Erkenntnis drang mit etwas Zeitverzögerung von den USA in den deutschen Sprachraum, hier ein paar Beispiele:

Trump hat von einer veränderten Medienwelt profitiert

Zum einen wird der klassische Journalismus schwächer, die Durchschlagskraft seiner Enthüllungen nimmt ab. Breite Kreise begegnen den etablierten Medien mit Misstrauen und Skepsis und ziehen sich in ihre Selbstbestätigungsmilieus zurück … Zum anderen gibt es eine verstörende Komplizenschaft zwischen dem Fernsehen und Populisten: Man feiert den Pöbler durch Dauersendungen, belohnt seine Aggression mit Aufmerksamkeit, schenkt ihm dadurch Werbezeit, um seine Ansichten zu propagieren. (Pörksen)

Trumps Inszenierung: „Bedenkliche Nähe zu totalitären Regimes“
Interview von Thomas Trescher mit Medienwissenschaftler Bernhard Debatin, (Kurier vom 27.02.2017)

… Ihm ist Inkonsistenz völlig egal, er ist an der Unterscheidung zwischen Lüge und Wahrheit nicht interessiert. Das kratzt ihn und seine Unterstützer nicht. Da muss man als Journalist sehr vorsichtig sein, weil man davon ausgehen muss, dass jede Äußerung strategischer Natur ist. Wenn sie falsch ist, zuckt er mit den Schultern und sagt: Aber ihr berichtet nicht über all die anderen positiven Dinge, die wir machen. … Es wird ja auch ganz offen diskutiert, dass uns diese Sender Trump gebracht haben. Weil er dauernd provoziert hat, hat er kostenlos Berichterstattung bekommen – unter anderen Umständen wäre er als Kandidat nie in Frage gekommen, das ist ja absurd. Die Republikaner konnten das ja selbst nicht glauben. Durch diese 24-Stunden-News wurde Trump mitproduziert.

So langsam dämmert es auch einzelnen Personen in den öffentlich-rechtlichen Medien, dass sie hier in der Verantwortung stehen. Jedenfalls bei dem Teil der öffentlich-rechtlichen, den die Quote vermutlich nicht ganz so drückt, wie es bei den extern eingekauften Polittalkshows leider der Fall ist. Und so kam es doch tatsächlich in ARD-„Monitor“ zu einer Kritik an dieser Mediensparte!

Interview mit Christian Demith, Politikwissenschaftler

… und da müssen Talkshows aufpassen, Talkshowmacher aufpassen, wie weit man der AfD ein Podium bietet … und genauso sind Talkshows aufgebaut, in denen ein Feindbild aufgebaut wird, in denen eben micht konstruktiv Argumente diskutiert werden, sondern einfach Schlagworte gewechselt werden, in denen auch immer ein Tabubrecher eingeladen wird, diese Rolle übernimmt dann oft die Person der AfD, um die ganze Sache spannend zu machen, aufzumischen, um einen Streit zu inszenieren, die Leute lassen sich nicht gegenseitig ausreden, nervig für den Zuschauer

Interview mit Kai Hafez, Medienwissenschaftler vom 19.1.2017

wenn man die Logik von Talkshows verstehen will muss man zweierlei verstehen … da ist auf der einen Seite ein Hang zu krisenorientierten Themen, da ist auf der anderen Seite ein bestimmtes Provokationspotential in der Gesellschaft, was genutzt wird symbolisch …

Als man gar beim Zusammenzählen der Talkthemen feststellte, dass es bei insgesamt 141 Polit-Talkshows von ARD/ZDF im Jahr 2016 in 54% davon um den Themenkomplex Flüchtlinge (40 Sendungen), Islam/Gewalt/Terrorismus (15 Sendungen) und Populismus (21 Sendungen) ging. Andere wichtige Themen kamen dabei unter die Räder, gar keine Talkshows gab es beispielsweise zu Energiewende, Bildung und den Abgasskandal!

Talkshows: Bühne frei für Populisten
Monitor vom 19.01.2017 (ARD)
Talkshows: Bühne frei für Populisten - Monitor - Das Erste

Sprecher: „Was sagen die Macher und Macherinnen der Talkshows? Können sie die Kritik nachvollziehen?
Juliane von Schwerin ist die verantwortliche NDR-Redakteurin bei Anne Will:“

Juliane von Schwerin: „ja, das kann ich nachvollziehen, das geht mir auch so, wennich in das Talkportal gucke und die Titel der Woche aller Talksendungen sehe, bin ich auch manchmal überrascht. Wir versuchen das nüchtern zu halten, wir versuchen, es möglichst unalarmistisch zu machen, trotzdem muss man natürlich eine gewisse Spannung kreieren, damit die Menschen auch Lust haben, diese Sendung zu sehen“

Juliane von Schwerin: „Rückblickend ist, glaube ich, zu viel über Populismus geredet worden und vielleicht ist auch von zuviel Populisten Agenda diktiert worden, nicht unbedingt in unserer Sendung, aber ich habe das zu oft gesehn in Talks dieses Jahr und würde mir wünschen, dass im nächsten Jahr zumindest auch bei uns wieder Sachthemen im Vordergrund stehen, dass wir uns mit den Problemen der Menschen, die sie im Alltag haben, wieder auseinandersetzen und die kontrovers diskutieren und wenn es passt, auch mit der Teilnahme von Vertretern der AfD.“

Moment, wieso WÜNSCHT sie sich das nur?
Sie IST doch an einer zentralen Schaltstelle!
Wieso SORGT sie dann nicht dafür?

Witzigerweise kam es zwei Monate danach zu dieser Sendung

Anne Will vom 19.3.2017 (ARD)
Klare Kante statt leiser Töne - Bekämpft man so die Populisten?
http://daserste.ndr.de/annewill/videos/Klare-Kante-statt-leiser-Toene-Bekaempft-man-so-die-Populisten,annewill5130.html

Die Partei des niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte hat bei der Parlamentswahl deutlich mehr Stimmen bekommen als die seines Herausforderers Geert Wilders. Im Wahlkampf hatte Rutte klare Kante gegenüber der Türkei und ausländischen Mitbürgern gezeigt. Jetzt werden auch in Deutschland Rufe nach einer härteren Gangart gegenüber Erdogan und einem entschlosseneren Vorgehen gegen Populisten laut. Ist das der richtige Weg, um nationalistische Politiker in Europa zurückzudrängen?

Aber wem war der monotone Themenstau in den Talkshows aufgefallen?
Es war ein SPD-Politiker namens Marco Bülow:

„Krasses Missverhältnis“ bei der Themensetzung der Polit-Talkshows (Telepolis)
"Krasses Missverhältnis" bei der Themensetzung der Polit-Talkshows | Telepolis

… Der Politiker aus Dortmund spricht gar von einem „krassen Missverhältnis“ bei den Themen, die in den Talkshows der großen Fernsehsender aufgegriffen werden. … In jeder vierten Sendung, so führt Bülow aus, sei es speziell um das Thema Flüchtlinge gegangen. In jeder zweiten Sendung waren es die Themenkomplexe „Flüchtlinge, Islam, Terror/IS, Populismus/Extremismus“, die im Mittelpunkt der Sendung gestanden haben. „In nur sechs von 204 Sendungen“, so Bülow, „wurde über Armut und Ungleichheit diskutiert. Wichtigen Themen wie NSU, Rassismus und rechte Gewalt wurde zum Beispiel jeweils nur eine Sendung gewidmet. Klimawandel kam sogar gar nicht vor.“ Der SPD-Mann hält diesen Befund nicht nur für bedenklich, sondern er geht davon aus, dass durch diese problematische Themenauswahl auch „die öffentliche Debatte sehr einseitig“ geprägt werde. „Die Themenauswahl“, so Bülow, „spiegelt absolut nicht die tatsächlichen Probleme in unserer Gesellschaft wider und stellt damit ein Zerrbild der Wirklichkeit dar.“ … Der Abgeordnete kündigte an, sowohl den Bundestag als auch die Verantwortlichen der entsprechenden Sender und Sendungen über seine Ergebnisse zu informieren. „Ich bin gespannt wie offen und konstruktiv diese Kritik behandelt wird und werde selbstverständlich darüber berichten“, so Bülow.
Was sich Bülow nicht traut, ist, den Gedanken zu formulieren, die einseitige Prägung könne gar beabsichtigt sein, aber man soll sich ja nicht zu sehr aus dem Fenster lehnen, wenn man von den Spin Doctors nicht das Bann-Label „Verschwörungstheoretiker“ aufgepappt bekommen will.

Hier geht es zu Marco Bülows Seite mit seiner Auswertung über einen Zeitraum von eineinhalb Jahren

Talkshows einseitig und verzerrend
http://www.marco-buelow.de/neuigkeiten/meldung/artikel/2017/maerz/talkshows-einseitig-und-verzerrend.html

und hier sind die Reaktionen, die er erhalten hat

Debatte zu Talkshows eröffnet viel Resonanz
[B]http://www.marco-buelow.de/neuigkeiten/meldung/artikel/2017/april/debatte-zu-talkshows-eroeffnet-viel-resonanz.html[/B]

… Mittlerweile habe ich auch die ersten Gespräche geführt. Es gab zum Beispiel ein erstes konstruktives Gespräch mit der Redaktion von „Hart aber fair“. Sandra Maischberger hat sich ebenfalls zu der Untersuchung geäußert. Sie wurde dazu von Meedia.de befragt, die zuvor ausführlich über meine Ergebnisse berichtet hatten. Ihre Aussage, dass diese Einseitigkeit aufgrund der damaligen Themenlage entstand, finde ich sehr ausweichend und schwach. Der NSU war damals auch Thema, wurde aber nicht in den Talkshows berücksichtigt. … Auch jetzt zeichnet sich leider ab, dass die Themen Flüchtlinge etc. nun durch die Themen Putin, Erdogan und Trump ersetzt werden. Mit innenpolitischen Belangen setzt sich weiter kaum jemand auseinander. Es muss also weiter darüber diskutiert werden. Ich werde diese Untersuchung weiter fortsetzen und am Ball bleiben.
da bin ich gespannt!

Aber kehren wir nochmal zur Aufmerksamkeitsökonomie zurück.
Was sollte man in all dem Elend tun?

Was tun gegen Fake News?
Aus Sicht der Medienwirkungsforschung sind Factchecking oder Richtigstellen keine geeigneten Gegenmittel.
Ein Interview von Nikolai Promies mit Dr. Philipp Müller, Medienforscher an der Uni Mainz.

Wer ein Weltbild vertritt, das eine Verschwörung der Eliten gegen das Volk vermutet – und das tun zurzeit nicht wenige Menschen – wird einer Falschmeldung, die diesem Weltbild entspricht, auch dann noch glauben, wenn daneben ein Factchecking-Hinweis steht, der sie als Falschmeldung abtut. … Algorithmen … sollten Nutzer im Idealfall mit einem pluralistischen Informationsrepertoire versorgen und nicht ausschließlich darauf zugeschnitten sein, den Nutzerpräferenzen zu entsprechen und damit das Weltbild, das ein Nutzer bereits mitbringt, zu bestätigen. Das ist allerdings kaum mit einer gewinnorientierten Logik vereinbar. Ökonomisch gibt es keinen Anreiz für die Betreiber, ihre Algorithmen so einzustellen, da sie befürchten müssen, dass Nutzer dadurch verprellt werden könnten. Soziale Netzwerkseiten müssten dazu also vermutlich gemeinwohlorientiert organisiert sein und nicht als gewinnorientierte Wirtschaftsunternehmen.
Ha, höre ich da den Wunsch nach einem öffentlich-rechtliches Facebook?

Man muss eingestehen, dass die gesellschaftlichen Eliten tatsächlich Fehler gemacht haben im Umgang mit diesen Entwicklungen und so eine wachsende ökonomische Ungleichheit auf der Welt ermöglicht haben. Nur wenn man diese Punkte offen anspricht, kann man Populisten und die aus ihrem Lager gestreuten Falschmeldungen ihrer Wirkungskraft berauben. Das ist die Aufgabe vor der derzeit sowohl Medien als auch Politik stehen. Das Argumentieren gegen Fake News ist nur ein Stellvertreter-Krieg, der womöglich sogar vom eigentlichen Problem ablenkt und gesellschaftliche Gräben aufreißt, anstatt sie zuzuschütten.
Na endlich, endlich spricht es jemand aus!

Mir mag es scheinen, dass die Medien in letzter Zeit dazugelernt haben und im Umgang mit der AfD nicht mehr ganz so hysterisch sind. Wird auch langsam Zeit, dass sich das normalisiert, nachdem diese Partei vor ein paar Jahren zuerst viel zu wenig Aufmerksamkeit bekam (was m.E. zu ihrer Radikalisierung beitrug) und dann viel zu viel mediale Aufmerksamkeit bekam (was die Radikalisierung weiter verstärkte).

Inzwischen habe ich mir Anja Rützels Buch Trash-TV aus dem Reclam-Verlag gekauft.

Trash-TV. 100 Seiten.

Es ist eine locker-flockig geschriebene Anekdotensammlung über das gleichnamige Phänomen. Was mir die Lektüre aber ziemlich vergällt, ist der kritiklose Umgang mit diesem Genre. Ich schließe mich da dem Fazit der TAZ-Kritik (gefunden über Perlentaucher) an:

Am Ende ist es allerdings das „Es ist Mist, aber ich mag´s“ -Motto, was überwiegt und den Rezensenten ratlos bis befremdet zurücklässt.

Nun wird die Kritik am Format von Frau Rützel zwar nicht gänzlich verschwiegen, aber sie lenkt durch redundante Beispiel-Floskeln

„Denk ich an Deutschland in der Nacht“ … „Armes Deutschland“ … „Was hat denn das mit Kultur zu tun“ … „Ich höre lieber Mahler“
von substanzielleren Kritikpunkten ab und zieht sich bequem auf dem Standpunkt „Über Geschmack braucht man nicht zu diskutieren“ zurück. Ein weiteres Alibi, sich nicht mit den gesellschaftlichen Folgen des Trashs befassen zu müssen, liefert ihr am Ende Jennifer L. Pozner. In deren Buch „Reality bites back. The troubling truth about guilty pleasure TV“ wird die These vertreten, man könne an den repetitiven Tricks des Trash-TV auf einfache Weise „media literacy“ erwerben.

Aber schon auf Seite 18 erwähnt Rützel die Familie Leps, die wegen eines gefilmten Zornausbruchs auf Frauentausch von ihrer Nachbarschaft so gemobbt wurde, dass sie sogar aus ihrer Stadt ziehen musste. Auf die Medienkompetenz des Volkes geht Rützel da nicht mehr ein… Und das Wort „Menschenwürde“ wird zwar sogar noch früher auf Seite 13 in einer rhetorischen Frage erwähnt: „Wenn Menschen rund um die Uhr von Kameras beobachtet werden - kann dann der verfassungsgemässe Schutz der Menschenwürde noch garantiert werden?“ aber ein paar Sätze später lenkt Rützel über ein Zitat des Schweizer „Medienhefts“ weg von der Ethik hin zur Dramaturgie, so dass die Ausgangsfrage „zum Glück“ nicht mehr beanwortet werden muss. Da fällt mir dieses kürzlich erschienene Essay ein:

Ware Leben Süddeutsche vom 14.4.2017
von Rainer Erlinger

Reality-TV galt einmal als menschenverachtend. Lange her. Wo ist die Empörung geblieben?

… wenn aber die Menschen, die im Reality-TV gezeigt und „bloßgestellt“ werden, weil das emotionale und soziale Nacktsein sowohl wegen der Gewöhnung der Zuschauer als auch wegen der inzwischen eingetretenen Üblichkeit der Offenlegung des Privaten in den sozialen Medien und auf Youtube nicht mehr herabwürdigend ist, wenn diese Menschen auch ausreichend Wissen um die Öffentlichkeitswirkung haben, dann hätte Reality-TV tatsächlich zumindest einen Teil seiner ethischen Problematik verloren. Oder man hat sich doch nur daran gewöhnt.
„Man“ mag sich daran gewöhnen, ich jedenfalls nicht. Das „Du brauchsts ja nicht zu gucken“-Argument zieht bei mir nicht, wenn die Gesellschaft offensichtlichen Schaden dabei davonträgt., weil der kalkulierte Tabubruch aus freien Stücken nie einen Halt finden wird.

Nur mal so als Beispiel, was nächsten Montag, 22:15 Uhr auf RTL2 anläuft: Da haben wir z.B. auf ihr Potenzial als Wichsvorlagen reduzierte Teilnehmer in der Glasbox in „Naked Attraction“ . Die Sendung wird uns als „spannende wissenschaftliche Fakten rund um das Thema Partnerwahl geben einen tiefen Einblick, was wirklich hinter sexueller Anziehung steckt“ verkauft. Über Rützels Buch findet man noch andere Formate, die am Horizont drohen. So berichtet sie eher voller Vorfreude

Mit dem Tod flirtet auch von „With Love from Above“, in dem todgeweihte Menschen herzzerreißende letzte Nachrichten an ihre Lieben aufnehmen und Geschenke aussuchen dürfen, die den Hinterbliebenen nach ihrem Tod zugestellt werden
Also ich würde ja „Tränenpornografie“ dazu sagen, aber die Produktionsfirma findet ein weniger unappetitliches Label: Emotainment! :shock:

Ein DWDL.de-Schmuckstück „With Love From Above“ (Niederlande)

Es sind sehr persönliche Einblicke, die manche Zuschauer womöglich als zu persönlich wahrnehmen dürften - so oder so ist es aber bewegend, wenn sich der kürzlich verstorbene Mensch noch einmal an seine Liebsten wendet und an schöne gemeinsame Momente erinnert. Ein sehr warmherziges Format, das - bei der entsprechend rücksichtsvollen Umsetzung - auf sehr einfühlsame Weise zeigt, dass die Erinnerung stärker ist als der Tod. …

Aber ich will nicht falsch verstanden sein. Dokumentationen, die das echte Leben zeigen, ohne ihre Protagonisten dabei vorzuführen, sondern dem Zuseher Gelegenheit geben, über Ursachen und Wirkungen nachzudenken, also z.B. das Genre „Direct Cinema“, finde ich weiterhin sehr berechtigt. Ein aktuell anlaufendes Beispiel ist

„Kommunion“ von Anna Zamecka

//youtu.be/dQx4_x47K0M

… ob die Mutter in diesem Film deswegen fast nur am Telefon zu sehen ist, weil sie gerade uns in Deutschland dabei hilft, den Pflegenotstand zu bewältigen? … :oops:

und auch wenn dieses Posting wieder lang geraten ist, sei mir noch ein kleiner Nachtrag zu meinem Posting vom 29.4.2017 gestattet.

(zum monitor-Beitrag "Talkshows: Bühne frei für Populisten)

Juliane von Schwerins seltsamer Nicht-Einfluß auf die Sachthemen der Talkshow, die sie redaktionell betreut, wird eventuell durch ein Bourdieu - Zitat aus „Über das Fernsehen“ verständlicher, das ich bei den Nachdenkseiten gefunden habe:

Über das Meinungsmanagement im Neoliberalismus oder der Kampf gegen den unsichtbaren Feind
Brigitte Pick, 3.5.2017

Die Medien spielen ihre Rolle und gaukeln immer wieder vor, andere Standpunkte zu berücksichtigen. Die werden jedoch vorher strukturiert, wie Pierre Bourdieu in seinem Buch „Über das Fernsehen“ thematisiert hat. Deren Manipulation in Talkshows funktioniere über die nicht sichtbare Arbeit:

Die Runde selbst ist das Ergebnis einer unsichtbar bleibenden Arbeit. Da ist zum Beispiel die ganze Arbeit der Einladung: Manche Leute lädt man gar nicht erst ein; andere lädt man ein, und sie lehnen ab. Schließlich steht die Runde und das Sichtbare verbirgt das Unsichtbare. Ein konstruiertes Sichtbares zeigt die sozialen Voraussetzungen seiner Konstruktion nicht.

Heute hat die 3-tägige

re publica 2017

unter dem Motto „Love Out Loud“ in Berlin begonnen, hier der Zeitplan

https://re-publica.com/de/17/schedule?day=2017-05-08
https://re-publica.com/de/17/schedule?day=2017-05-09
https://re-publica.com/de/17/schedule?day=2017-05-10

Das Establishment (Daimler, Techniker Krankenkasse, Öffentl.Rechtlicher Rundfunk, EU, … ) hat diese Plattform inzwischen auch für sich entdeckt. Das muss aber kein Nachteil sein, weil (zumindest theoretisch) damit auch der Rückkanal von der Zivilgesellschaft an die Entscheider offen ist. Und wer hätte vor zwei Jahren gedacht, dass der Innenminister dort jemals mit „Landesverrätern“ diskutieren würde? :slight_smile:

Viele, viele interessante Talks, auch in unserem Themengebiet findet sich jede Menge Stoff, beispielhaft herausgreifen möchte ich diesen hier:

Beitragskürzung oder erweiterter Auftrag.
Wohin entwickelt sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

https://re-publica.com/17/session/beitragskurzung-oder-erweiterter-auftrag-wohin-entwickelt-sich-offentlich-rechtliche

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht unter Veränderungs- und Rechtfertigungsdruck, in Deutschland und in ganz Europa. Der Druck kommt nicht nur durch neue Medientechnologien und veränderte Medienrezeptionsgewohnheiten der Nutzer, sondern auch aus Politik und den eigenen Reihen. Innerhalb der Rundfunkanstalten wird in Arbeitsgruppen über zukünftige Strukturen, Reformansätze, Angebote und die Vorstellungen der Beitragszahler diskutiert.

persönliche Anmerkung Ist ja schön, wenn ihr innerhalb der Rundfunkanstalten ÜBER die Vorstellungen der Beitragszahler diskutiert, aber wer redet von Euch dann MIT den Beitragszahlern? Rundfunkräte und Fernsehräte, die die Beitragszahler eigentlich vertreten sollen, werden ihrer Aufgabe ja anscheinend immer noch nicht vollumfänglich gerecht … Bei der Aufzählung, woher der Veränderungsdruck kommt, fehlt mir das berechtigte Verlangen der Beitragszahler nach größerer Themenvielfalt und -tiefe der INHALTE. (*) Dass diese dann natürlich über neue Medien abgerufen werden können sollen, sollte selbverständlich sein … Wenn ich Sätze wie diese lese

Können sich die Sender selbst reformieren? … Sind ARD und ZDF bereit, Ressourcen für diese Reformen freizusetzen oder müssen die finanziellen Mittel erhöht werden?
ahne ich die Erpressung, so nach dem Motto "den Rundfunk, den ihr Beitragszahler wollt, kriegt ihr erst von uns, wenn ihr mehr Knete rüberwachsen lässt und wenn Euer Spardruck zu hoch wird, sparen wir zuerst dort, wo es EUCH wehtut, nicht UNS … "

Die öff.-rechtlichen machen mit dem einen oder anderen Talk auch Eigenwerbung

[B]Fakes, Leaks und Desinformation

nur schade, dass bei diesem Talk nur Teilnehmer des öff.rechtlichen TV dabei sind … :?

(*) ein kleiner Exkurs darüber, welche INHALTE zu intensivieren wären, nur mal so als Beispiel:

ARD und ZDF sind zwar Mitglieder in der EBU (European Broadcasting Union) ,

aber nicht an deren gemeinsam gesendeten Programm euronews beteiligt. Zum Grund sagt wiki darüber

Euronews versucht, auch Deutschland für eine Beteiligung zu gewinnen. Dies scheiterte bisher vor allem an der komplizierten Rechtslage. In Deutschland befindet sich der Rundfunk in der Verantwortung der Bundesländer, so dass die Länderregierungen von einem Einstieg überzeugt werden müssen.

Wenn man bedenkt, wie wenig kontinuierliche Europa-Berichterstattung in ARD und ZDF stattfindet (Das „Europamagazin“ ist nur ein kleiner „Weltspiegel“, liebe ARD, ein trans-europäischer Diskurs findet dort leider nicht statt), wäre es doch ein Gewinn, wenn dafür auch bei uns Platz wäre

Daneben strahlen noch 25 Sender aus 17 Ländern nationale Sendefenster von Euronews aus, wodurch sich die Zahl der Zuschauer deutlich erhöht.
Auch wenn es sich dabei um „EU-Propaganda“ handelt, erweitert es den Blick doch ungemein, wenn man sich des Blicks der anderen Nationen auf Europa gewahr wird und nicht nur im deutschen Blick auf Europa verharrt.

Aber mit dem europäischen Journalismus bleibt es generell erstmal im Argen. Wie wichtig wäre es doch, unsere gemeinsamen europäischen Werte im Diskurs zu erarbeiten? Aber ohne sie genau zu kennen, wollen wir sie anscheinend schon mal gegen Außen verteidigen:

Lügenmärchen und Hassreden in der EU
https://re-publica.com/17/session/lugenmarchen-und-hassreden-eu

Bislang geht jeder EU-Mitgliedstaat mit Fake News und Hassreden in den sozialen Medien unterschiedlich um. Doch in der Europäischen Union laufen seit August 2016 Anstrengungen, die Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung von Fake News und dem Umgang mit Hassreden zu unterstützen. Europaabgeordnete verlangen europäische Regelungen gegen die Verbreitung von Fake News im Internet. Wie betroffen sind die EU-Mitgliedstaaten eigentlich? Was wird auf nationaler und auf EU-Ebene gemacht? Welche Rolle spielen die Medien? Braucht die EU eine gemeinsame Strategie? Und wenn ja, wie könnte sie aussehen?
Eine sehr schöne Berufsbezeichnung hat Rebecca Harms:
Europaabgeordnete und Schattenberichterstatterin der Entschließung des Europäischen Parlaments zum Thema „Strategische Kommunikation der EU, um gegen sie gerichteter Propaganda von Dritten entgegenzuwirken“

Falls jemand vor Ort sein sollte, mag er gern an Frau Harms diese Frage weiterleiten:

Ich verstehe ja, dass mit „Dritten“ Rußland gemeint ist, wird dann nach dem Brexit auch das Murdoch-Imperium damit gemeint sein? Oder sogar vorher schon? :wink:

Um nochmal zu betonen, dass wir immer noch qualitative Nischen im Hörprogramm haben, möchte ich ein tolles SWR2 Radio-Feature mit unserem Thread-Thema Medienkritik erwähnen, das 2015 produziert wurde und vor zwei Wochen am 3. Mai 2017 abends gesendet wurde. Es ist sowohl als MP3 als auch als (Sonderlob!) PDF-Transscript verfügbar!

Vertrauen ist gut …
Die Medien und ihre Kritiker

Von Ulrich Teusch
Sendung: 03.05.2017
Redaktion: Wolfram Wessels
Regie: Maria Ohmer
Produktion: SWR 2015

Beispielausschnitte

Bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten laufen Waschkörbe von E-Mails, um mal in diesem schlechten Bild mich auszudrücken, auf von Leuten, die sich wirklich übel beschweren. Diesen Aufstand wegen Inhalt, den hab ich zu meinen [Lebzeiten, also] journalistischen Lebzeiten[,] noch nicht erlebt. (Walter van Rossum, Hörfunkjournalist, Medienkritiker)

Wir sind jetzt da, wo die Rezipienten von Medien zum ersten Mal wirklich massiv kritisch nachfragen. Das sind die gar nicht gewöhnt. Und sie sind jetzt sehr, sehr, ich sage mal, angepisst, dass das nicht mehr so ist. (Lars Schall, Journalist, arbeitet für Alternativmedien.)

Wir laufen in eine wahnsinnige Kluft hinein. Wir haben die veröffentlichte Meinung und die öffentliche Meinung, und das geht weit, immer weiter auseinander nach meinem Eindruck. (Johannes Grotzky)

Soziale Netzwerke, Alternativmedien, Mainstream-Medien – was ist gegen diese große Vielfalt einzuwenden? Belebt Konkurrenz nicht das Geschäft? Ist es nicht schön, wenn tausend Blumen blühen? „Im Prinzip, ja“, könnte man antworten. Wir verfügen heute über historisch einzigartige Möglichkeiten, uns umfassend zu informieren, einen permanenten „Fakten-Check“ zu betreiben, dissidente Meinungen einzuholen. Nie zuvor gab es in der Medienlandschaft so viel „Außenpluralität“. Aber, sagt Uwe Krüger, längst nicht jeder ist auch in der Lage, dieses Angebot zu nutzen. Außenpluralität ist allzu oft „eine Vielfalt für Archivare“. (eingesprochen)

Nützt mir nichts, wenn ich’n Familienvater bin mit nem Acht-Stunden-Job und vielleicht zwei Stunden am Tag maximal habe für Medienkonsum und dann nicht auf dissidente Infos stoße oder abweichende Meinungen und dann in so nem informationellen Klima, in so nem Umfeld lebe, wo’s klare Feindbilder gibt, dann kann man sich auch nicht dagegen wehren, ist meine Ansicht, so gebildet man auch ist. (Uwe Krüger)

Besteht also die Gefahr einer Fragmentierung der Gesellschaft? „Informationsreiche“ hier, „Informationsarme“ dort? Oder einer Aufsplitterung in viele parzellierte Öffentlichkeiten, kleine Medienwelten, die nur noch Selbstgespräche führen? (eingesprochen)

Das ist möglicherweise ein sehr zwiespältiger Prozess, auf den wir dort zusteuern. Anders formuliert: Es kann sein, dass die Soziologie ihr Beobachtungsfeld völlig verliert, weil wir uns in so viel einzelne nicht miteinander verbundene Gruppen aufteilen, dass der Begriff Gesellschaft möglicherweise gar keinen Sinn mehr macht. (Jörg Becker)

Ich habe mir mal die Mühe einer Linkliste zu diesem gut recherchierten Feature gemacht

Eine Auswahl im Feature genannter Alternativmedien

Nachdenkseiten http://www.nachdenkseiten.de/
Telepolis Onlinemagazin für Politik & Medien im digitalen Zeitalter | Telepolis

Eine Auswahl im Feature genannter „alternativer Journalisten“

Chris Hedges Chris Hedges - Wikipedia
John Pilger John Pilger – Wikipedia
Lars Schall http://www.larsschall.com/
Robert Parry Robert Parry
Seymour Hersh Seymour Hersh – Wikipedia
Udo Ulfkotte http://www.ulfkotte.de/

Eine Auswahl weiterer im Feature genannter Personen, z.B. „klassische“ Journalisten, Politikwissenschaftler, etc.

Peter Scholl-Latour Peter Scholl-Latour – Wikipedia
Gerd Ruge Gerd Ruge – Wikipedia
Johannes Grotzky Johannes Grotzky – Wikipedia
Jörg Becker Jörg Becker (Politikwissenschaftler) – Wikipedia
… dessen Webseite http://profjoergbecker.de/
Udo Lielischkies Udo Lielischkies – Wikipedia
Uwe Krüger Uwe Krüger – Wikipedia
Walter van Rossum Walter van Rossum – Wikipedia

um die Sendung noch zu finden
(schnell, schnell, bevor sie weg ist)
muss man hierhin gehen

http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/feature/
und von dort auf - SWR2 Feature Rückschau und Nachhören
oder auf - SWR2 Feature Suche in SWR2 Feature klicken.

Doof, liebe ARD, ist übrigens diese Seite

Feature und Hintergrundstücke in der Übersicht
http://programm.ard.de/Radio/Listen/Kalender/Feature

Auf den ersten Blick scheint die Suche (Suche verfeinern) ja komfortabel zu sein, aber ich kann heute am 16. Mai schon nicht mehr den 3. Mai anwählen? :cry: (aus Rechtegründen?)

Nützt mir nichts, wenn ich’n Familienvater bin mit nem Acht-Stunden-Job und vielleicht zwei Stunden am Tag maximal habe für Medienkonsum und dann nicht auf dissidente Infos stoße oder abweichende Meinungen und dann in so nem informationellen Klima, in so nem Umfeld lebe, wo’s klare Feindbilder gibt, dann kann man sich auch nicht dagegen wehren, ist meine Ansicht, so gebildet man auch ist.

Wohl das Hauptproblem mit Informationen heute. Selbst ohne Kinder kann man sehr oft nicht annähernd die Zeit aufbringen um wirklich alle relevanten (muss man erstmal entscheiden wer / was relevant ist) Blickwinkel zu sichten, checken und so weiter.

Danke fürs feedback, KingMö! (seh ich auch so)

Die GEMA hat vor ein paar Tagen bekannt gegeben, dass hr2-kultur, SWR4 Baden-Württemberg und SWR4 Rheinland-Pfalz den

Radiokulturpreis der GEMA

erhalten. Die Begründung:

https://www.gema.de/aktuelles/hr2_kultur_und_swr4_erhalten_radiokulturpreis_der_gema/

hr2-kultur überzeugt mit einem engagierten, anspruchsvollen und vielfältigen Programm

SWR4 Baden-Württemberg und SWR4 Rheinland-Pfalz punkten in der Förderung deutschsprachigen Repertoires

mein Bauch grummelt so vor sich hin

die kriegen also einen Preis dafür, dass sie das tun, was selbstverständlich sein sollte?
Oder bekommen sie einen Preis dafür, dass sie die Musikindustrie am Laufen halten?
Würden sie auch einen Preis bekommen, wenn sie mehr GEMA-freie Musik spielen würden?
Und was machen sie, wenn sie in 12 Jahren alle Sender durchgepreist haben?
Fangen sie dann wieder von vorne an?
und wollen Phil Collins und Coldplay SWR1 einen Preis zur Sicherung ihrer Altersversorgung geben? :mrgreen: )

Arte war nicht so brav (ist ja auch kein Radio) kriegt leider keinen Preis und muss seine 25 Jahre alleine feiern

25 Jahre Arte
http://25jahre.arte.tv/index-de.html

„Tracks“ bekommt von mir den Pokal „zwickender Schwan mit lohendem Grinsen“ dafür,
dass sie wenigstens für eine Dreiviertelstunde eine Ahnung davon geben,
was aus mtv hätte mal werden können, wenns um Qualität gegangen wäre …
http://www.arte.tv/de/videos/071432-004-A/tracks

Um nochmal an das 25-jährige Jubiläum von arte anzudocken, hier ein Interview mit dem stellvertretende Programmleiter Bernd Mütter im Deutschlandfunk (via Bildblog Unpopuläre Populisten, Arte-fiziell, Menschenfleisch — BILDblog gefunden):

„Wenn es Arte nicht schon gäbe, dann müsste man ihn jetzt erfinden“

Interessant ist z.B. dieses Detail, das man am Stammtisch gegen die üblichen Miesepeter ( „arte?, das guckt doch eh’ kein Schwein“ ) argumentativ verwenden kann:

Der Marktanteil errechnet sich ja nach gesehenen Minuten. Also ein Zuschauer, der 5h fernsieht am Tag geht stärker ein in die Zählung als jemand der nur 90 Min. fernsieht am Tag. Und für uns ist deshalb eine Zahl viel relevanter als der Marktanteil: Das ist die Reichweite. Wir erreichen pro Woche zwischen 9 und 10 Mio. Menschen in Deutschland, die mindestens eine 1/4h lang Arte sehen. In Frankreich sind es ein bisschen mehr, zwischen 11 u. 12 Mio. . Also gut 20 Mio. Menschen in Deutschland und Frankreich, die pro Woche mindestens eine Viertelstunde lang Arte sehen. Da sind wir doch sozusagen kein so ganz kleiner Player wie das möglicherweise der Marktanteil als Eindruck erwecken könnte.

ebenfalls bemerkenswert:

Während wir in Deutschland ja eher eine Diskussion in der Perspektive haben, die öffentlich-rechtlichen sollen sich nicht zu stark ausdehnen, haben wir in Frankreich sehr stark die Erkenntnis, dass am Ende es die globalen Player sind: Google, Amazon, Apple, Facebook, die den Kulturmarkt bestimmen werden wenn es nicht starke europäische Player gibt, die ein attraktives Angebot machen, was bei den Nutzern auch geschätzt wird.

Wir sehen, dass Europa, die europäische Idee offenbar ein Stück weit ein Vermittlungsproblem hat. Ich glaube, die Kommunikation darüber, was ist Europa, welchen Reichtum bedeutet auch diese Vielfalt, die wir in Europa haben, die journalistische Perspektive aus vielen Ländern vereinigen zu können - das ist schon etwas sehr Starkes.

Zum Thema Sport in den öffentlich-rechtlichen Medien gibt es gerade eine Sendereihe des Deutschlandfunks. Erhellend ist dabei der Einblick in die Denkweise des NDR-Sportchefs Gerd Gottlob, der hier seine quotenorientierte Sicht gegen die m.A. nach berechtigten Vorwürfe von verschiedenen Sportlern und gegen Dagmar Freitag, der Vorsitzenden des Sportausschusses im Bundestag, verteidigt:

Sport im TV - Warum immer nur Fußball?
Von Moritz Cassalette, 07.06.2017

„Es ist nicht unsere Aufgabe, sozusagen ein Marketinginstrument für Sportarten zu werden. Unser Auftrag ist es, ein gutes Programm herzustellen, damit die Zuschauer zufrieden sind.“
Ach, und wieso braucht dann Fußball in Deutschland noch Marketing?

Zusammen mit den dritten Programmen zeige die ARD weit mehr als einhundert Sportarten - live oder in Nachberichten:
tja, allein schon bei den leichtathletischen Laufdisziplinen kann man sich die Zahl der verschiedenen Sportarten schon ganz schön hochlügen …

"Ein krasses Beispiel: Olympia, Halbfinale Beachvolleyball. Ludwig/Walkenhorst wollen 8,5 Millionen Zuschauer im Ersten sehen. Einen Monat später übertragen wir die deutsche Beachvolleyball-Meisterschaft aus Timmendorf live im NDR Fernsehen. 30.000 Menschen wollen sich das angucken.
Herr Gottlob, weil selbst die öffentlich-rechtlichen, die sich nicht nach der Quote ausrichten müssen, nach dieser Kennzahl handeln, hat die Gesellschaft einen Zustand erreicht, der sich gut mit einem Kommentar zum Turnfest in Berlin illustrieren lässt:

„Ein Plädoyer fürs Turnen“
RHEINPFALZ, Printausgabe, Seite 2, vom 9. Juni 2017
(ein Kommentar von Klaus D. Kullmann)

… Menschen in Trainingsanzügen tummeln sich in diesen Tagen genügend auf dem Berliner Turnplatz. Was diesem fehlt sind Fotoapparaten und Laptops, die nicht nur da sind, wenn oder weil die Bundeskanzlerin oder der Bundesvorturner Hambüchen ihren Auftritt vor Zigtausenden in einer Stadiongala nehmen, sondern wenn eben diese Zigtausenden selbst aktiv sind, wenn sie turnen, tanzen, tolerieren. Daran krankt es in unsere Gesellschaft: Das Kleine, das Normale, das Alltägliche verliert an Wert und Aufmerksamkeit gegenüber dem Großen, Besonderen, Sensationellen. Die Gesellschaft ist, wenn es um Sport geht, vielfach nur noch darauf aus, den ganz großen Sport zu sehen, den Fußball und andere Profisportarten, gelenkt von Medienschaffenden.

Wir bezahlen aber einen Rundfunk, damit dieser aus Verantwortung über unseren Zusammenhalt und zur Unterstützung der Identifikationsbildung unsere gesamte Vielfalt des gesellschaftlichen (und damit auch sportlichen) Lebens wiederspiegelt, Herr Gottlob! Damit eben nicht nur die Fußballer, sondern auch die Bahnengolfer, Volleyballer, Rhönrad-Turner, Modellkunstflieger, Rollstuhl-Basketballer, Voltigierer, Kanuten, Radballer, Agility-Enthusiasten, Softballerinnen (und Tausende sportliche Aktivitäten mehr bis zum Rettungsschwimmer oder gar nur Klapprad-Spass-Strampler) ihre Bühne bekommen, auf dass sie Begeisterung entzünden und Nachwuchs finden können. Können sie sich vorstellen, Herr Gottlob, dass die Sportart, deren Berichterstattung mir in den Dritten Programmen am meisten im Gedächtnis geblieben ist, ausgerechnet Schach beim WDR war? Weil nämlich die Kommentare von Vlastimil Hort und Helmut Pfleger so launig waren!

Und könnte nicht sogar der ganz einfache Schweinehund, der zum Erwerb eines Sportabzeichens oder eines Seepferdchens überwunden werden will, Thema einer Sendereihe sein? Aber selbstredend ohne die Teilnehmer dabei im „Trash-TV“-Stil vorzuführen! Und wissen wir, welche Sportarten unsere ehemaligen Gastarbeiter so alles mitgebracht haben? Und welche neuen Sportmöglichkeiten die Flüchtlinge, die wir ins Land aufgenommen haben, uns zu offerieren haben?

Da ich nicht im Sendegebiet des NDR lebe, maße ich mir nicht an, zu wissen, welche präsentationswürdigen sportlichen Aktiv-Täter in diesem Gebiet so alles vertreten sind, aber es wäre doch mal eine Post-/Mail-Aktion an Herrn Gottlob mit Kenntnisnahme an Frau Dagmar Freitag wert, oder? Aber Vorsicht! Wenn ihr Segeln in die Liste mit aufnehmt, liefert ihr wieder das berühmte Totschlagargument, das Chartern der Helikopter sei ja leider, leider so teuer - (obwohl da mit neuerer Drohnentechnologie bestimmt billigere Lösungen denkbar sind … ).

Zunächst noch eine Entschuldigung an Herrn Kullmann von der RHEINPFALZ, dass mir beim Zitieren ein Lapsus unterlief, der fett markierte Teil fehlte nämlich

Was diesem fehlt sind Multiplikatoren… Diejenigen, die die Turnfest-Ideen erfassen und nach außen tragen. Es fehlen in der Tat Journalisten mit Kameras, Fotoapparaten und Laptops, die nicht nur da sind, wenn oder weil die Bundeskanzlerin oder der Bundesvorturner Hambüchen ihren Auftritt vor Zigtausenden in einer Stadiongala nehmen, sondern wenn eben diese Zigtausenden selbst aktiv sind, wenn sie turnen, tanzen, tolerieren. Daran krankt es in unsere Gesellschaft: Das Kleine, das Normale, das Alltägliche verliert an Wert und Aufmerksamkeit gegenüber dem Großen, Besonderen, Sensationellen. Die Gesellschaft ist, wenn es um Sport geht, vielfach nur noch darauf aus, den ganz großen Sport zu sehen, den Fußball und andere Profisportarten, gelenkt von Medienschaffenden. …

(aber die Botschaft kam hoffentlich dennoch 'rüber)

Jetzt, da nicht mehr so viel Kohle durch das Champions-League-Fenster rausgeschmissen wird, wäre doch Geld für mehr Breitensport-Berichterstattung da, liebes Fernsehen, oder? Man kann nämlich diesem auch publizistisch gerecht werden, wenn man will!

Nun zu einem bemerkenswerten Interview bei der zdf-Pressekonferenz
(gefunden via Bildblog)

ZDF-Pressekonferenz vom 09.06.2017
Es gibt keinen Grund, so etwas zu verschweigen.

dem anzumerken ist, wie sehr sich die Chefs inzwischen rhetorisch winden müssen, um den Status Quo zu verteidigen:

Frage: Auch Claus Kleber taucht in den Jahresberichten (PDF) der Atlantik-Brücke auf. Sehen Sie einen Interessenskonflikt, wenn sowohl der heute-journal-Chef als auch der stellvertretende ZDF-Chefredakteur Mitglied der Atlantik-Brücke sind?

Antwort Bellut: … [binsenweisheitiger Schutzredeschwall zur Gewinnung von Zeit zum Nachdenken …] ich gebe Ihnen recht: Es gibt überhaupt keinen Grund, irgendetwas zu verschweigen. Ich würde bei jeder Frage dazu, die über einen Kollegen oder eine Kollegin kommt, immer dafür sorgen, dass sie klar beantwortet wird.“

und siehe da:

*** UPDATE 13.06.: In Reaktion auf dieses Transkript und auf eine Mail von uns an Herrn Theveßen hat das ZDF seine Mitgliedschaften am 13.06.2017 online ergänzt

Steter Tropfen höhlt den Stein - geht doch!

Apropos Atlantikbrücke: Hier geben die mutmaßlichen „Putintrolle“ :wink: Uli Gellermann, Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam bei Telepolis ein 5-teiliges Interview zu ihrem neuen Buch über die ARD-Tagesschau mit dem Titel „Die Macht um 8: Der Faktor Tagesschau“

„Es handelt sich um Missbrauch der Deutungshoheit“

Nicht alles kann ich nachvollziehen, so sollte sich m.E. der Vorwurf, die „Tagesschau blende ökonomische und historische Wurzeln von Kriegen aus“, eher an das vertiefende Begleitprogramm (wie z.B. ARD Brennpunkt etc.) richten. Allerdings ist es richtig, dass das in der Tagesschau verwendete „Wording“ oft schon eine ganz bestimmte politische Haltung induziert.

Frage: Sie haben in der Tagesschau Nachrichtenkosmetik bzw. Wording entdeckt. Was ist das?
Volker Bräutigam: Täuschungsmanöver mittels geschickter Wortwahl. Politisch motivierte Sprachregelung. Wenn eine todbringende Militärmission im Ausland trotz fehlenden UN-Mandats oder anderer völkerrechtlich akzeptabler Grundlagen als „Übernahme von mehr internationaler Verantwortung“ oder gar als „Eintreten für die Menschenrechte“, als „Verteidigung der Freiheit“ ausgegeben wird, dann hören wir vorbedachtes Wording. Planvolle Irreführung.

und bei der Berichterstattung über Trump/Clinton heißt es zu recht

Gut 80 Prozent der Tagesschau-Anmerkungen zu Trump waren negativ, die Fußnoten zu den Clinton-Aktivitäten waren durchweg positiv bis neutral. Weder wurde Clintons miese Rolle im Libyen-Krieg erwähnt, noch fanden ihre schäbigen Tricks gegenüber ihrem Konkurrenten Bernie Sanders eine vertiefte Erwähnung. Auf diesem parteilichen Holzweg war zu keiner Zeit eine ordentliche Analyse des Wahlkampfes möglich. Gefangen in einem primitiven Pro-Amerikanismus - alles, was die USA so tun, sei wohlgetan lautete der Kanon deutscher Medien - war die Tagesschau nicht in der Lage, das Phänomen Trump und seine America-First-Linie zu begreifen.
Diese einseitige Parteiergreifung war mir damals auch schon aufgefallen - nicht, dass ich fordern wollte, Trump in positiverem Licht darstellen zu lassen, aber die fehlende Bereitschaft der Amis, Hillary Clinton zu wählen, ging aus der deutschen TV-Welt kaum hervor - umso grausamer das schreckliche Erwachen in der Wahlnacht!

Um nochmal auf das Thema der Fußball-Dominanz im TV zurückzukommen:

Da der Fußball in Deutschland eine der wichtigsten Plattformen der Wirtschaft darstellt, lassen sich auch Journalisten finden, die seine solitäre Vormachtstellung verteidigen. Schauen wir dovh einmal auf die typische Argumentations-Linie anhand der RHEINPFALZ. Nachdem ihr Klaus D. Kullmann vor einigen Tagen ein Plädoyer fürs Turnen abhielt (s. vorige Postings) nahm seine Kollegin Anja Kunz die Feder für die Gegenposition auf. Anlässlich der neuen vertraglichen Situation, in der das öff.rechtl. TV nur noch das Finale der Champions League übertragen darf, wenn eine deutsche Mannschaft ins Finale kommt, schrieb sie den Kommentar

"Ich bin der Meinung, … " RHEINPFALZ, Sportteil, 17.Juni 2017 (Anja Kunz)
(kein Link, nur Print)

Im ersten Abschnitt " … dass es ein Recht auf Spitzenfußball gibt" skizziert Frau Kunz zunächst die Entwicklung der Gelder, die dem Fan aus der Tasche gezogen werden. Sie gesteht dem Fußball wegen der großen Zahl seiner Fans gesellschaftliche Relevanz zu, um dann darauf hinzuweisen, dass die Legitimation des Abwälzens der fußballbedingter Kosten (Polizeieinsätze) auf die Allgemeinheit schwindet, wenn der Fußball nicht mehr von allen gesehen werden kann. Im zweiten Teil " … dass ARD und ZDF das Risiko scheuen" gesteht sie zwar den öffentlich-rechtlichen Sendern zu, bei exorbitanten Summen das Portemonnaie zu schließen, aber hält den Wunsch nach mehr Breitensport bei ARD/ZDF für Wunschdenken:

Am Ende zählt die Quote. Und so viele Menschen wie ein Testspiel der Nationalelf vor die Schirme lockt, so viele schauen sich nie ein Volleyball-WM-Finale an. Das kann man gutheißen oder schlecht - es ist jedoch die Realität. Wer Volleyball live sehen will, der geht in die Halle. Die Tickets sind bezahl- und meist verfügbar.
Aber Frau Kunz will ihre Argumentation nicht zu Ende denken: auch die Champions League bleibt für den Fan, der sich Pay-TV nicht leisten kann (oder die technische Investition scheut) erschwinglich: der Abend in der Kneipe mit Bezahl-TV ist ein netteres soziales Erlebnis als im eigenen Zuhause. Bei all dem muss man bedenken, dass der lokale Journalismus bei der Darstellung dieser Problematik nicht unbefangen ist und deswegen den Status Quo schützen will:

„Spiegel“-Reporter Rafael Buschmann über Fußballjournalismus:
„Bei regionalen Tageszeitungen besteht ein enormes Abhängigkeitsverhältnis“

kress, 20.06.2017

Rafael Buschmann: Oft besteht bei regionalen Tageszeitungen und kleineren Medienhäusern ein enormes Abhängigkeitsverhältnis, weil die es sich nicht leisten können, vom Informationsstrom des Vereins abgeschnitten zu werden. Noch schlimmer steht es um Reporter, die für Zeitungen arbeiten, die gleichzeitig Medienpartner der Klubs sind. Solche Konstruktionen gibt es immer häufiger. Da wird es wirklich sehr schwierig. Die oft unkritische Berichterstattung hat nichts damit zu tun, dass diese Kollegen Fans wären, wie ihnen manchmal vorgeworfen wird. Sie wollen einfach im Job bleiben. Diese Abhängigkeit tut dem Journalismus nicht gut.

Nochmal den Öffis also ins Stammbuch: Wer nur auf Fußball setzt, maximiert zwar seine Quote, aber nicht seine Reichweite und reduziert damit auch seine gesellschaftliche Akzeptanz und Relevanz!

Um sich ins trockene Thema „Sportrechte“ zu wühlen, ist zur Zeit Walulis die lockerste Empfehlung:
Wettbieten um die Champions League - Das Geschäft mit den Sportrechten

Und es sei auch nochmal an Frau Terschüren erinnert, die schon Gast bei Fernsehkritik TV war:
SPIEGEL: Zu viel Geld, zu wenig Leistung (31.5.2013)

Terschüren widerlegt die Argumentation der Sender und setzt sich vor allem mit der Frage auseinander, was passierte, wenn den Öffentlich-Rechtlichen ein Sponsoringverbot auferlegt werden würde: ARD und ZDF argumentierten, dass durch ein Sponsoringverbot die Sportartenvielfalt in der Berichterstattung gefährdet sei. Terschüren hält dagegen, dass gerade wegen des Sponsorings quotenstarke Sportarten gezeigt würden. Zudem seien die Einnahmen aus Sponsoring „so gering, dass ihr Wegfall insgesamt ausgleichbar sein sollte“.

Das Thema „Politisch motivierte Sprachregelung“ („Wording“) wird in diesem Telepolis-Artikel nochmal vertieft:

Die vertraulichen Sprachregelungen der ARD
(Telepolis, 30.6.2017, v. Paul Schreyer)

Um die Sprachregelungen der ARD seriös öffentlich debattieren zu können, müssten sie natürlich zunächst einmal selbst ans Licht der Öffentlichkeit. Vieles ist unklar. Zu welchen politischen Gruppen und Personen gibt es überhaupt Richtlinien? Wie lauten sie und wer hat sie wann warum verfasst? An dieser Stelle aber mauert der Chefredakteur …

"Selbstverständlich wäre es angemessen, diese Richtlinien zu veröffentlichen. Noch besser wäre allerdings, wenn sich die zur Kontrolle der Programmarbeit befugten Rundfunkräte ihres Amtes würdig erwiesen und prüften, ob diese Richtlinien überhaupt mit dem Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vereinbar sind. Ich bezweifle es. "  ( Volker Bräutigam )

Immer wieder interessante Artikel von dir gepostet, Danke dafür!

Ein recht interessanter Diskussionsbeitrag zum Thema “Fernsehquoten und deren Sinnhaftigkeit”:

[QUOTE=farfan;494350]Ein recht interessanter Diskussionsbeitrag zum Thema „Fernsehquoten und deren Sinnhaftigkeit“:

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/das-fernsehen-und-seine-zahlen-die-grosse-quoten-luege-12803540.html[/QUOTE]

Danke, Farfan, dass Du hier die Stellung gehalten hast. Diesen FAZ-Beitrag wollte ich auch schon lang mal verlinken.

Die Saarländer unter uns könnten morgen, am Samstag, den 19.August mal ihrer Landesmedienanstalt auf die Finger gucken, die Landesmedienanstalt des Saarlands lädt nämlich morgen zu einer Art „Tag der offenen Tür“ ein:

http://www.lmsaar.de

Was macht eigentlich eine Landesmedienanstalt und wer arbeitet dort?

https://www.lmsaar.de/2017/08/lms-mediensommer-am-19-august/

Von 10 bis 15 Uhr haben Sie die Gelegenheit, eine Entdeckungsreise quer durch die Medienwelt zu unternehmen. Wir bieten verschiedene Kurzvorträge und Workshops zum Reinschnuppern an und informieren Sie über unsere Projekte Onlinerland Saar, Erbe on Tour und das DoppelEinhorn. Im LMS-Betaraum — Zen*trum für digitale Kompetenz können Sie außerdem neueste technische Enwicklungen wie Virtual Reality Brillen oder eine 3D-Drucker ausprobieren oder sich im Programmieren (für Anfänger) üben, um z.B. auf Bananen Klavier zu spielen oder mit dem Tablet Lego-Autos zu steuern.

Hier ein paar Ideen für Fragen, die ihr dort stellen könntet:

Was halten Sie von den Ideen der privaten Rundfunkveranstalter, dass die LMA die Haushaltsgebühren an würdige Produktionen vergeben? Was halten Sie davon, dass die Landesmedienanstalt RLP seit mehreren Jahren den Workflow für die die sog. Drittsenderlizenzen nicht juristisch sauber bewältigt? Was die LMAs von der Medienpolitik halten? … usw. …

Weil ich wie viele andere auch sonst immer über die Landesmedienanstalten schimpfe, nutze ich die Gelegenheit, diese auch mal zu loben. Wenn es der Chef der Landesmedienanstalt NRW selbst ist, der sich zur Gamescom traut, dann ist das schon ein verdammt mutiger Schritt, geradezu in die „Höhle des Löwen“!

Rundfunklizenzen für Streamer: „Medien sind keine Schraubenfabrik“ (heise newsticker, 21.08.2017 Volker Briegleb)

und es zeigt sich, dass meine gewagte Hypothese richtig ist: die Landesmedienanstalten sind es leid, die Prügel für die Medienpolitik zu kassieren - eine Medienpolitik, die sich schon lange nicht mehr als aktiv gestaltend versteht. Die Landesmedienanstalten wurden bezüglich der Youtube-Streamer aktiv, um das Thema auf die politische Agenda zu setzen:

Auf der Kölner Konferenz Spobis Gaming & Media 2017 im Rahmen der Gamescom zeigt sich der Chef der Medienanstalt, Tobias Schmid, kompromissbereit, mahnte aber dafür notwendige Gesetzesänderungen an. Schmid hatte das bisher weitgehend ignorierte Thema auf die Agenda gesetzt, indem er ersten Betreibern von Social-Media-Kanälen Schreiben zustellen ließ, in denen die Landesmedienanstalt fehlende Lizenzen und Verstöße gegen Werberegularien anmahnte.

und was macht die Politik? Sie lässt den medienpolitischen Sprecher salbadern:

Martin Dörmann, medienpolitischer Sprecher der SPD im Bundestag, bestärkte Schmid auf der Konferenz in seinem Ruf nach Reformen: Es stünde der Politik gut an, das Thema aufzugreifen", sagte der Medienpolitiker. So arbeite die SPD gerade aktiv an einer Neuregelung und wolle sie über Landesregierungen einbringen, in denen sie den Ministerpräsidenten stelle. Wann eine solche Regel Gesetz werden könnte, ließ Dörmann jedoch offen.
Um einen ungerechten Vergleich zu machen: Ein Arbeiter der Straßenmeisterei auf dem Mittelstreifen der Autobahn sinnierend: "Es stünde mir wohl gut an, der Wanderbaustelle nachzulaufen … "

Ja, verdammt nochmal, dann GREIFT DIE THEMEN ENDLICH AUF und zwar im OFFENEN DISKURS!

Nur so nebenbei: Ich habe das Thema Medienpolitik schon vor zwei Jahren bei Malu Dreyers (SPD) RLP-Wahlkampf in Speyer angemahnt - Antwort: „Sie scheinen sich ja auszukennen, aber das Thema ist zu kompliziert, um es hier zu erörtern“ Und Julia Klöckner war tatsächlich noch schlechter aufgestellt, da hatte man gar Mühe, einen zuständigen Namen zu finden, den man hätte fragen können (später war dann laut Schattenkabinett für den medienpolitischen Posten der OB von Pirmasens vorgesehen… ) Offener Diskurs darüber? Fehlanzeige!

Eine wichtige Gestalterin ist Heike Raab, (SPD), Medienstaatssekretärin in Rheinland-Pfalz,

hier ist ihre Sichtweise des aktuellen Stands

Medienpolitik: - „Das Medienkonzentrationsrecht hat Defizite“
Meinungsmacht und Marktmacht fallen immer häufiger zusammen
14.08.17 Interview mit Heike Raab (SPD), Medienstaatssekretärin in Rheinland-Pfalz
http://www.medienpolitik.net/2017/08/medienpolitikdas-medienkonzentrationsrecht-hat-defizite/

Wir haben heute in Deutschland eines der besten und vielfältigsten Mediensysteme der Welt.

na dann brauchen Sie ja nix mehr zu tun … obwohl

Die interessanteste Passage ist diese hier:

Ein vielfältiges und attraktives Angebot lässt sich nicht an der Anzahl der Programme festmachen. Der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bezieht sich auf alle Bevölkerungsgruppen, auf Männer und Frauen, auf Jung und Alt. Verändert sich die Mediennutzung, muss sich auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk verändern. Das Nutzungsverhalten der Menschen unterscheidet sich immer stärker. Dies gilt für die Auswahl der Themen und Inhalte, aber noch viel stärker dafür, wie und wo die Angebote genutzt werden. Auch Jugendliche diskutieren beispielsweise über Flüchtlinge oder den „Brexit“. Sie tun dies aber überwiegend nicht mehr im heimischen Wohnzimmer, sondern unterwegs, in Bus und Bahn auf dem Smartphone. Und sie tun dies dort, wo sie auch sonst mit ihren Freunden kommunizieren, in sozialen Netzwerken. Onlineinhalte sind für die Jüngeren bereits heute die Hauptnachrichtenquelle. Keinesfalls dürfen wir das unter Umständen fehlende Interesse jüngerer Menschen am Format der klassischen Fernsehtalkshow mit einem grundsätzlichen Desinteresse am Thema verwechseln. Wie es gehen kann, zeigen Projekte wie der im Rahmen des gemeinsamen Jugendangebots von ARD und ZDF „funk“ veranstaltete YouTube-Kanal „Datteltäter“. Dort thematisieren die Macher auf humoristische Weise Vorurteile gegenüber Muslimen, wofür sie erst jüngst mit dem Grimme-Online-Award ausgezeichnet wurden. Ich bin der Meinung, dass wir langfristig zu einer viel stärker aufgabenbezogenen Beauftragung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kommen müssen, anstatt lediglich Programme zu zählen. Mit „funk“ sind wir diesen Weg schon ein Stück weit gegangen. Und auch mit den geplanten Veränderungen des Telemedienauftrags tragen wir den Veränderungen entsprechend Rechnung.

Und wann dürfen die Datteltäter (nebst anderen Medienjungspunden) neben Herrn Bosbach sitzen und ihre Sicht in den politischen Diskurs einbringen? Youtube-Interviews mit der Kanzlerin sind nur ein Vorgeschmack auf echten Diskurs.

Ah, Heike Raab persönlich liest hier mit und schreibt gleich zwei Tage später einen Gastbeitrag für die F.A.Z

Rundfunklizenz für Youtuber? Wir brauchen ein neues Medienrecht
F.A.Z. vom 24.08.2017, ein Gastbeitrag von Heike Raab

Die Medienaufsicht hat für Aufsehen gesorgt, weil sie Streaming im Netz wie Rundfunk behandelt. Das ist nicht zeitgemäß. Plattformen und kreative Amateure sind nicht gleich zu betrachten.

In vielen Sätzen schafft sie es tatsächlich, die heutige Situation zur Kenntnis zu nehmen und zu beschreiben:

… Das Internet zeichnet sich gegenüber anderen Übertragungswegen durch eine nie dagewesene technische Freiheit aus. Das Netz kennt keine Frequenzknappheit. Ohne Übertragungskapazitäten beantragen zu müssen, ist der Start eines Online-Angebots wie Streaming ohne großen Aufwand und mit nur wenigen Klicks möglich. So kann fast jeder online „Fernsehen“ betreiben und aktiv am gesellschaftlichen Diskurs teilnehmen. …

Für einen Politiker ist das tatsächlich schon einmal eine gewaltige Leistung. Und ja, es ist traurig, dass man so etwas schreiben muss! Hier die Arbeitsbeschreibung der FAZ für Frau Heike Raab:

Heike Raab (SPD) ist Staatssekretärin für Bundes- und Europaangelegenheiten in der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz. Sie koordiniert die Medienpolitik und leitet neben Fritz Jaeckel (CDU), Staatskanzleichef in Dresden, die Arbeitsgruppe „Auftrag und Strukturoptimierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten“.

Ausser vielen "Wir müssen … " Sätzen habe ich so gut wie nichts gefunden, was sie denn nun tatsächlich TUT, einzige Ausnahme:

Daher plädiere ich dafür, die Regelungen der Offline-Welt zu überarbeiten, um Raum zu schaffen für das kreative Potential der Netzgemeinde.

Um das Beispiel vom vorigen Posting aufzugreifen:

Der Arbeiter im Mittelstreifen der Autobahn tut also tatsächlich etwas - er plädiert dafür, die Arbeit aufzunehmen. Das ist ja schon mal was. Wenn wir jetzt noch darauf hoffen dürfen, dass er sich noch daran erinnert, in welcher Richtung ihn die Wanderbaustelle verlassen hat? Sonst läuft er ja in die falsche Richtung …

:cool: