Presseartikel und Literatur

Runde frei zum großen Schlagabtausch:

Ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk nun STAATSFUNK oder nicht?

Der stete („Staatsfunk, Staatsfunk“)-Tropfen der F.A.Z. höhlte den Nervenstein der Öffentlich-rechtlichen so lange in Permanenz, bis es zur Reaktion der Pikierten kam:

Hier der Deutschlandfunk
„Liebesbrief“ an die FAZ-KollegInnen
(von Brigitte Baetz, 21.8.2017)

Was ist eigentlich bei Euch los?

Immer wieder druckt Ihr dieses böse Wort vom Staatsrundfunk. Wo es doch in Deutschland seit dem Fall der Mauer gar keinen mehr gibt. Denn - glaubt es oder nicht - der Rundfunk ist in unserem demokratischen Land staatsfern organisiert. Das will die Verfassung so - und die Richter am Bundesverfassungsgericht erst Recht. Und irgendwie verstehen wir nicht, warum Ihr das nicht versteht. …

Und auch der Journalist Stefan Fries steht ihr bei

FAZ hantiert mit AfD-Begriff für öffentlich-rechtliche Sender
Stefan Fries, 21.8.2017

… Nun steht es der FAZ natürlich frei, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ausdrücklich als staatsnah zu kritisieren – wenn sie das dezidiert tun. Indem sie aber immer wieder die Begriffe „staatlicher Rundfunk“, „Staatsrundfunk“, „Staatssender“ usw. ganz selbstverständlich so verwenden, als sei das eine Beschreibung von Tatsachen, verlassen sie die Ebene der Meinungsäußerung.

Es handelt sich in der Permanenz dieser Zuschreibungen vielmehr um eine Kampagne gegen die öffentlich-rechtlichen Medien.

Heute schlug Jürgen Kaube in der F.A.Z. (auf Seite 1 der Printausgabe!) zurück

Von Staatsrundfunk und Zwangsgebühr

Zwar gewährt das Fernsehen auch stets Politikern großzügig Sendezeit für immer dieselben Sprüche. Sie nennen es „Interview“ oder „Talkshow“. Hier aber sind eher Einfallslosigkeit und Opportunismus am Werk als staatlicher Auftrag.

Die größenwahnsinnige Bezeichnung der Fernsehgebühren als „Demokratieabgabe“ durch einen Moderator, der vor allem durch das Vorlesen von Wählerumfragen hervorgetreten ist, unterstreicht die Fusion von Politik und Funk in den Köpfen der Begünstigten. Man hält sich für die Öffentlichkeit der Demokratie und zieht daraus den Schluss, einen Beitrag selbst von denen eintreiben zu dürfen, die sich andernorts oder gar nicht informieren wollen. Nur weil sie im Sendegebiet einen Haushalt führen. Oder eine Firma haben.

Was die politische Unabhängigkeit der staatlich finanzierten Medien angeht, so kann jeder anhand der Biographien von Rundfunk- und Fernsehräten nachschauen, wie viele von ihnen ihren Sitz in dem Aufsichtsgremium einer politischen Karriere verdanken. Der Trick, auf den Websites der Sender oft nur bei gegenwärtigen Landtagsabgeordneten die Parteizugehörigkeit anzugeben, ist dabei leicht durchschaut. Denn auch Funktionäre des Lottos, der Bauernverbände, der Vertriebenen oder der Gemeindetage sind übers Parteiticket in ihre Ämter gekommen.

Was viele Bürger gegen die Öffentlich-Rechtlichen aufbringt, sind aber nicht nur Krisen eines politisch unbefangenen, unabhängigen Journalismus. Es ist vielmehr die impertinente Behauptung, man brauche das viele Geld und immer mehr davon, um die Grundversorgung der Demokratie zu gewährleisten.

Niemand in den Zeitungen schätzt gering, was das Deutschlandradio und andere Sender leisten. Oder Arte, 3sat, ARD-alpha. Aber das Gros des zwangsfinanziert Ausgestrahlten hat nichts mit der Demokratie, einem Bildungsauftrag oder auch nur dem Anregen von Gedanken zu tun, die anders als durch immer höhere Pflichtabgaben nicht zu haben wären. Dürfen wir also unsererseits fragen, weshalb ständig das Gegenteil behauptet wird?

Bitte selbst ganz lesen! Großes Kino!

Und so nebenbei: Danke an Bildblog, ohne die ich diesen Thread nicht nähren könnte!
(und der Spendenaufruf sei hiermit wärmstens unterstützt!)

Gerne geschehen Nobbse.

Habe nochmal was recht interessantes gefunden:

Scripted Reality mal aus der “Innenperspektive” eines Drehbuchautors. Sehr “zielgruppenorientiert” das Ganze:

“Eine große Zielgruppe sind Hartz-IV-Empfänger und Hausfrauen, die nachmittags bügeln oder so. Dabei können sie ja nicht immer auf den Bildschirm gucken, also muss die Geschichte über Worte und vor allem laut erzählt werden. Statt ‘Show, don’t tell’, heißt es bei uns ‘tell, don’t show’. Das Anschreien ist der Höhepunkt jeder Folge, dann stimmt auch die Quote. Denn natürlich geht es immer um die Quote. Ist sie gestiegen, wird im Büro Sekt aufgemacht; sinkt sie, bricht Panik aus.”

Vor allem die Aussage kurz vor Ende des Artikels fand ich ziemlich gruselig:

“Peinlich ist es mir aber nicht, für solche Sendungen geschrieben zu haben. Obwohl die Geschichten stumpf sind.”

Es sollte dir ja auch nicht peinlich sein, dass du bloss armselige Plots schreibst, sondern es sollte dir peinlich sein, dass du Plots schreibst, anhand derer “unbedarfte” Personen in menschenverachtender Weise vorgeführt werden. Aber für solch ein moralisches Bewusstsein scheint im Zweifelsfalle ja kein Platz mehr zu sein.

Sorry, ich habe den Link zu Stefan Fries versaubeutelt :oops: [QUOTE=Nobbse;495792]
Und auch der Journalist Stefan Fries steht ihr bei

FAZ hantiert mit AfD-Begriff für öffentlich-rechtliche Sender
Stefan Fries, 21.8.2017 [/QUOTE]

Hier also nochmal, da voriger Beitrag leider schon nicht mehr editierbar

FAZ hantiert mit AfD-Begriff für öffentlich-rechtliche Sender
Stefan Fries, 21.8.2017

Dass die Redaktion ihre Unabhängigkeit vom Verlag zugunsten einer Kampagne gegen die öffentlich-rechtlichen Sender aufgibt, hat eine gewisse Ironie, wirft sie den Sendern doch gleichermaßen vor, abhängig zu sein – nämlich vom Staat.

Das ist mit der notwendigen inneren Pressefreiheit nicht zu vereinbaren. Die Redaktion macht sich zum Handlanger des Verlags. Journalismus ist das nicht.

und einen Tag später kam noch dieser Beitrag mit mehr „Meta“ mit weiteren Links zu meedia und taz

FAZ gegen Öffentlich-Rechtliche: Wie aus einem ironischen Liebesbrief eine erbitterte Diskussion wurde
Stefan Fries, 22.8.2017

Ich verstehe durchaus, dass man manchmal um den eigenen Job bangen muss, glaube aber nicht, dass für die Strukturveränderungen der letzten und kommende Jahre auch bei Zeitungen der öffentlich-rechtliche Rundfunk verantwortlich ist. Damit würde man es sich zu einfach machen.

Das ist das Problem des Medienjournalismus: Man berichtet über eine Branche, der man selber angehört. Das macht Kritik so angreifbar – es wird geglaubt, man übe sie nur gegenüber der Konkurrenz oder man übe sie nur, um die Konkurrenz zu diskreditieren. In der Diskussion zeigt sich auch, dass die Fronten weitgehend klar sind: hier die Rundfunkmacher, dort die Zeitungsmacher (inkl. dem Branchendienst Meedia, der zur Verlagsgruppe Holtzbrink gehört). Jeder verteidigt sein Medium, das ist nur verständlich.

[QUOTE=farfan;495799] … Scripted Reality mal aus der „Innenperspektive“ eines Drehbuchautors. Sehr „zielgruppenorientiert“ das Ganze:

„Peinlich ist es mir aber nicht, für solche Sendungen geschrieben zu haben. Obwohl die Geschichten stumpf sind.“

[/QUOTE]
Ein Beispielbeschreibung aus der TV-Zeitung über die Story EINER „Schicksale - und plötzlich ist alles anders“ - Folge

"Eigentlich schon alles perfekt. Der 25-jährige Simon Kotoko und seine Freundin Jasmin Berg erwarten ein Kind und wollen heiraten.Doch Lasmins rassistische Mutter legt dem Paar Steine in den Weg. Dann verliert Basketballtrainer Simon auch noch seinen Job. Alles scheint sich gegen den jungen Afrikaner verschworen zu haben. Jasmin hält eisern zu Simon - doch eines Nachts stürmt das SEK die gemeinsame Wohnung. Jasmin weiß nicht mehr, wem sie glauben soll … "

„Stumpf“ scheint mir da nicht das richtige Wort zu sein … :slight_smile:

Aber kommen wir mal zur Abwechslung wieder zur Literatur, da wäre zum einen ein Interview-Auszug aus einem neuen Buch:

Ja, lügen die Medien denn nun oder nicht?
Telepolis, 7.9.2017, Jens Wernicke
Ja, lügen die Medien denn nun oder nicht? | Telepolis

Walter van Rossum über Wahrheit in den Medien, warum Journalisten oft Brandbeschleuniger sind und sich an geltende Sprachregelungen, Normen und Konventionen halten:

Doch die Falle besteht darin, dass die Kritik dann so tut, als hätte sie die „echte“, die wahre Wahrheit. Es bringt uns nicht weiter, Journalismus nach Wahrheit und Lüge zu sortieren. Das endet notwendigerweise in Dogmatismus.

Und ich will noch einen dritten Punkt nennen: das Verschwinden der Medienkritik seit ein paar Jahrzehnten. Deshalb hat auch der Aufstand eines erheblichen Teils des Publikums die Macher so unvorbereitet getroffen. Parallel zur großen Aufrüstung hin zur sogenannten Mediengesellschaft ist die mediale Reflexion fast vollständig verschwunden.

zum Buch geht es hier lang

Lügen die Medien?
Propaganda, Rudeljournalismus und der Kampf um die öffentliche Meinung.

v. Jens Wernicke

m. Beiträgen von Walter van Rossum, David Goeßmann, Ulrich Teusch, Volker Bräutigam, Ulrich Tilgner, Stephan Hebel, Werner Rügemer, Eckard Spoo, Noam Chomsky, Uwe Krüger, Rainer Mausfeld, Jörg Becker, …

ein weiteres neues Buch ist dieses hier:

Medienkrise und Medienkrieg
Brauchen wir überhaupt noch Journalismus?

v. Siegfried Weischenberg

der Werbetext des Verlags zum Buch

Die Medien stecken in einer Dauerkrise – und daran ist nicht nur das Internet schuld. Sie leiden unter der ‚amerikanischen Krankheit’; Kommerzialisierung der Inhalte, Reduzierung der Investitionen und Minimierung des journalistischen Personals sind die Folge. Jahrelang wurde versäumt, ihr altes Geschäftsmodell zu modernisieren. Zudem haben professionelles Unvermögen und ethisches Versagen von Journalisten das Vertrauen in die Berichterstattung erschüttert. Inzwischen führen ein US-Präsident und deutsche ‚Wutbürger’ sogar einen Krieg gegen die Medien. In diesem Buch wird rekonstruiert, wie es zu dieser Lage gekommen ist, und legitimiert, dass eine demokratische Gesellschaft (guten) Journalismus weiterhin braucht. Autonomie von ökonomischen Zwängen und Kompetenz der Akteure sind die Voraussetzung für sein Funktionieren.

und hier geht es zum SWR2-Kulturgespräch mit dem Autor
(evtl. fkt. der Link nicht für jeden und man muss sich dann selbst durch die Mediathek hangeln)
Brauchen wir überhaupt noch Journalismus?
Neueste Neuigkeiten zwischen „Medienkrise und Medienkrieg“

Kulturgespräch am 22.8.2017 mit Siegfried Weischenberg
https://www.swr.de/swr2/kultur-info/journalismus-medienkrise/-/id=9597116/did=20144138/nid=9597116/1cenu86/index.html

Der Glaubwürdigkeitsverlust im Journalismus habe teilweise schon in den 70er Jahren eingesetzt, sagt der Kommunikationswissenschaftler und Soziologe Siegfried Weischenberg im SWR2 Kulturgespräch. Das Internet sei aber ein ganz wesentlicher Faktor für die Vertrauenskrise der Medien, weil viele Menschen sich nur noch im Netz informierten, wo sie ihre eigene Meinung bestätigt bekommen. Auch die Bedingungen des Berufs hätten sich erheblich verschlechtert. Viele Journalisten können von ihrer Arbeit nicht mehr leben. Ein Internetjournalismus, der mit Hilfe von Algorithmen ohne Journalisten auskomme sei aber auf keinen Fall der richtige Weg. Auch die Kooperation mit Facebook und Twitter sei eine „zweischneidige Sache“. Wie bei einem großen Hund im Park wisse man bei Facebook nie: „Will der nur spielen oder will der einen fressen“.

Ein umfangreiches Thesenpapier skizziert eine denkbare Zukunft der öffentlich-rechtlichen:

Neues aus dem Fernsehrat (15): Zehn Thesen zur Zukunft der öffentlich-rechtlichen Medien
Leonhard Dobusch, 10.09.2017

Ein von 45 Vertreterinnen und Vertretern von Wissenschaft und Zivilgesellschaft erstunterzeichnetes Papier skizziert in zehn Thesen die Voraussetzungen für einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk im digitalen Zeitalter. …

und hier geht es zum krass pinken Voll-PDF
Zur Zukunft der öffentlich-rechtlichen Medien

Leider fehlt mir grad die Zeit, intensiv darauf einzugehen, aber einen Punkt möchte ich schon mal als sehr positiv herausheben:

Seit vielen Jahren befindet sich die Europäische Union in einer permanenten Krise und steht unter erhöhtem Legitimationsdruck. Eines der wichtigen Mitgliedsländer ist dabei, die Europäische Union zu verlassen. Zugleich sieht sich die EU im Äußeren wie auch im Inneren starken Herausforderungen gegenüber. Dem gegenüber ist die Europäische Union für die Bewahrung zukünftiger Entwicklungschancen der Europäerinnen und Europäer von größter Bedeutung. Umso wichtiger ist es, einen Prozess der europäischen Meinungsbildung zu etablieren, der einer medialen Unterstützung bedarf. Hierin liegt eine zentrale Aufgabe der öffentlich-rechtliche Anbieter: die Intensivierung der Europa-Berichterstattung.

Ich würde ja ergänzen: nicht nur die Berichterstattung als solche ist wichtig, sondern auch die Ermöglichung eines echten europäischen Diskurses (in dem dann nicht nur Politiker u. Journalisten schwafeln dürfen) . Da fällt mir ein: ich wollte ja seit der Karlspreisverleihung an Timothy Garton Ash in diesem Jahr mal etwas umfänglicher auf das Thema „Europa in den Medien“ eingehen … aber das ist so viel Arbeit seufz .

ein weiteres Interview mit Siegfried Weischenberg, dem Autor von
Medienkrise und Medienkrieg
Brauchen wir überhaupt noch Journalismus?

findet sich hier:

Telepolis, Marcus Klöckner, 17.9.2017
Medien in der Filterblase: „Das ist nicht nur eine Gefahr, sondern eine Tatsache“

Frage: Wie sieht es denn mit den ökonomischen Verwerfungen innerhalb der Medien aus?

Siegfried Weischenberg: Die sind wesentlicher Teil des Problems. Das „Jahrhundert des Journalismus“ ist insofern vorbei, als das alte Geschäftsmodell jedenfalls der Printmedien, sich vor allem durch Reklame zu finanzieren, nicht mehr so trägt wie früher. Die ökonomischen Verwerfungen haben dann zu erheblichen Einsparungen im redaktionellen Bereich und damit zu einem Qualitätsverlust der Berichterstattung geführt.

Zudem gibt es das generelle Problem, dass die soziale Zusammensetzung der Journalistengruppe (Männer/Frauen, Deutsche/Personen mit Migrationshintergrund, Schichten-Rekrutierung) weit entfernt ist von den Verhältnissen in der Gesamtbevölkerung. Und da passiert es dann, dass dieser „Mainstream“ nicht mitkriegt, wenn er die Wirklichkeit - zum Beispiel bei einem so heiklen Thema wie „Flüchtlinge“ oder früher „Hartz 4“ - ganz anders wahrnimmt als beispielsweise von den Folgen direkt Betroffene.

Um Exklusivinterviews mit emotionaler Tränendrüse zu bekommen hat RTL für seine Produktionsteams offenbar besondere Vorgaben (von der “Zeitung” mit 4 Buchstaben kennt man das im Grunde ja schon; so liegt es nahe, dass die televisionäre Niveau-Entsprechung aus Köln genauso verfährt):

http://www.bildblog.de/93217/journalisten-ohne-klasse-dringen-in-klasse-ein/

Hier der von bildblog.de zitierte Originalartikel derNeuen Rottweiler Zeitung:

Eigentlich steht ja noch eine größere Zusammenfassung des aktuellen Stands zum Thema „Staatsfunk“ aus, aber ich habe gerade privat an anderen Fronten zu kämpfen :frowning: Deswegen ein kleineres Häppchen für zwischendurch.

Der WDR-Rundfunkrat hat sich zu den rituellen Mängeln zweier Talkshows geäußert, die

Stellungnahme des Programmausschusses des WDR-Rundfunkrats zu den Talksendungen des WDR vom 10. November 2017
ist hier

downloadbar. Der Programmausschuss sieht Verbesserungsbedarf in folgenden Punkten:

  • Die beobachteten Formate ‚hart aber fair‘ sowie ‚Maischberger‘ setzen nach wie vor zu häufig auf populistische Reizthemen. Das führte beispielsweise zu Beginn des Jahres zu inhaltlichen Überschneidungen bei Diskussionen über US-Präsident Trump – insbesondere wenn dabei auch die Sendung ‚Anne Will‘ in die Betrachtung einbezogen wird. Der Programmausschuss appelliert daher erneut an die verantwortlichen Redaktionen, die Themen-Abstimmung zugunsten einer größeren Vielfalt aus aktuellen Nachrichten-, Sach- und Hintergrundthemen zu optimieren, um möglichst eine große Bandbreite von gesellschaftlich relevanten Themen zu erfassen.

vielleicht ist es ja auch die Aufgabe der Talkshows durch Überbetonung bestimmter Themen andere Themen (in denen gerade keine Partei irgend einen Lösungsansatz weiß)unter den Tisch fallen zu lassen? (ich brachte schon früher Beispiele, deswegen verzichte ich jetzt darauf)

  • Der Programmausschuss kritisiert alarmistische Zuspitzungen sowohl in Titeln wie auch in der Moderation auf negative Erwartungen, Beunruhigung und Angst, weil dadurch Populismus und Vereinfachung gefördert werden zulasten von Hintergrundinformationen.
    aber es bringt doch so schöne Quooooteeeee :frowning:
  • Der Programmausschuss rät dazu, Gesprächspartner der Talkshows danach auszuwählen, dass sie sachlich und kompetent argumentieren sowie differenzierte Positionen vertreten können, um dem Auftrag zur gesellschaftlichen Willensbildung – auch in komplizierten Themenfeldern – besser gerecht zu werden. Es darf auf keinen Fall Anspruch an die Gäste sein, zu provozieren oder Skandale erwarten zu lassen, besonders wenn es darum geht, einen gesellschaftlichen Diskurs anzuregen.
    ja wo kämen wir denn da hin? Qualitäts-TV etwa?
  • Die Mischung der Gäste sollte die Vielfalt der in Deutschland lebenden Menschen widerspiegeln. Noch unterrepräsentiert sind Frauen und jüngere Menschen. Daher bittet das Gremium die verantwortlichen Redaktionen, ihre Bemühungen, die Anteile von Frauen und jüngeren Menschen zu erhöhen, fortzusetzen.
    Also speziell die jüngeren Menschen, die wir doch alle gemeinsam politisch so benachteiligen, die wollen wir doch auf gar keinen Fall in den Shows, die könnten sich ja beschweren … :wink:
  • Der Programmausschuss erwartet, dass die Moderator/innen einen respektvollen Umgang zwischen den Teilnehmern gewährleisten und damit die Zuschauer/innen in die Lage versetzen, den einzelnen Beiträgen zu folgen. Voraussetzung dafür ist eine gründliche Vorbereitung der Sendungen und der Moderation, eine stärkere Eingrenzung des Themas sowie – je nach Thema – eine Reduzierung der Anzahl an Gesprächsteilnehmer/innen. Der Programmausschuss begrüßt in diesem Zusammenhang die Bemühungen des WDR, die redaktionelle Vorbereitung und den dramaturgischen Aufbau der Sendung ‚Maischberger‘ zu verbessern.
    ja, ja, ja, sogar der Rundfunkrat bemerkt es!

- Das Gremium regt an, auch neue junge Moderator/innen einzusetzen, etwa in den Sommerpausen. Damit könnte eine Belebung des Programmes mit frischen, neuen Gesichtern und Herangehensweisen erreicht werden.

Den anderen Rundfunkräten zur Nachahmung empfohlen!

Bericht von dwdl über den Rundfunkrat

WDR-Rundfunkrat kritisiert „populistische Reizthemen“

und die Antwort des WDR
WDR weist Talkshow-Kritik des Rundfunkrats zurück

Dazu auch die F.A.Z.

Populistisch und zugespitzt? (M. Hanfeld, 25.11.2017)

Dann könnten die Rundfunkräte vielleicht auch darauf kommen, dass ein Manko der Talkshows ist, dass sie … längst rituellen Charakter angenommen haben und eine auf den Politikbetrieb in Berlin und dessen Protagonisten konzentrierte Hermetik aufweisen. Diese aufzubrechen, das wäre eine schöne journalistische Aufgabe.

über Bildblog

In der SWR-Sendung „mal ehrlich …“ diskutierte der SWR-Intendant mit der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) und dem AfD-Bundessprecher und Parteivorsitzenden Jörg Meuthen die Fragen „Wozu brauchen wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk?“ und „Sind die Bürger zufrieden mit den Programmen der ARD?“ Mit Meuthen kam ein ausgewiesener Kritiker des Rundfunkbeitrags zu Wort. Aber auch das anwesende Publikum äußerte teils heftige Kritik, zum Beispiel an den vielen Wiederholungen. Zur Verteidigung erklärte der Intendant (37. Minute), dass Hansi-Hinterseer-Sendungen so ähnlich wie abgeschnittenes Brot seien, das zu schade zum Wegwerfen ist.

habe ich diese aktuelle swr-Sendung aus der Alten Feuerwache Mannheim gefunden:

„mal ehrlich…wozu brauchen wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk?“
vom 29.11.2017 | 22.00 Uhr
http://swrmediathek.de/player.htm?show=cf5e0320-d559-11e7-a5ff-005056a12b4c
mit hochkarätigen federführenden Teilnehmern wie Malu Dreyer, Peter Boudgoust und Hermann Eicher

ein Gast der Sendung war „Wortvogel“ Torsten Dewi, der hier einen Hinter-den-Kulissen Bericht abgeliefert hat:
„mal ehrlich…“: Vor und hinter den Kulissen

Ich hatte es angekündigt und habe es durchgezogen: gestern war ich zu Gast in der relativ neuen SWR-Talkshow „mal ehrlich…“. Die ganze Sendung kann man sich die nächsten Monate noch in der Mediathek ansehen. Wem die 60 Minuten zuviel verschwendete Lebenszeit sind: meine Beiträge sind 14:30, 43:10 und 54:35 zu sehen.

An dieser Stelle möchte ich erzählen, wie so ein Besuch eigentlich abläuft.

Es gehört zu den Besonderheiten dieser Sendung, dass es genau genommen drei Sorten Gäste gibt: Prominente zum Thema, interessierte Bürger zum Thema, und einfaches Publikum. …

Eingeladen wurde er wegen seines Abschiedsbriefs an das Fernsehen vor ein paar Jahren:

Ich bin raus: Ein Abschiedsbrief an das Fernsehen

… Den ganzen Rest hast du mir nach und nach vergällt: mit schlechten Synchros und immer penetranteren Werbepausen, mit willkürlichen Sendeplatz-Änderungen und vor allem mit immer unsäglicheren „Formaten“, die mittlerweile vom Mittag bis in die Primetime das Programm verseuchen. Reiche Arschlöcher, asoziale Arschlöcher, doofe Arschlöcher, kochende Arschlöcher, pleite Arschlöcher, urlaubende Arschlöcher, semi-prominente Arschlöcher, singende Arschlöcher, streitende Arschlöcher, moderierende Arschlöcher.

Mir war lange nicht klar, dass der Siegeszug des Flachbildfernsehers sich nicht nur auf das Format, sondern auch die Inhalte bezog. Mein Fehler.

Es war mir immer klar, dass du mir nicht wirklich zuhörst. Unsere Beziehung war einseitig wie in einer schal gewordenen Ehe, in der der Mann essen muss, was die Frau ihm vorsetzt. Aber auch in einer schal gewordenen Ehe weiß die Frau meistens, was der Mann essen will. Bei dir hatte ich in den letzten Jahren das Gefühl, dass es dich gar nicht mehr schert, was ich sehen will. Dieses instinktive Gespür für ein ausgewogenes und gesundes Programm, das ging verloren.

Leider war die Sendung mit dem Geld-Aspekt so überfrachtet, dass die Diskussion über die Inhalte m.E. mal wieder zu kurz kam. Bemerkenswert jedoch fand ich in der Sendung die Frage des älteren Herren
bei etwa bei 00:06:30 - 00:07:35

MODERATOR: Sie sagen, die Qualität hat nachgelassen. Woran machen Sie das fest?

GAST: Der ÖR hat ja den Auftrag, objektiv und ausgewogen ein breites Meinungsspektrum vorurteilsfrei darzulegen - und das hapert in den letzten Jahren. Das können Sie auch daran festmachen, dasss die politische Orientierungslosigkeit zugenommen hat, die Bürger, was das Bild des ÖR darstellt, gibt nicht die Lebenswelt der Bürger wieder, sie finden sich da nicht wieder, darum hat auch das Vertrauen in den ÖR gelitten und zum anderen glauben die Parteien, dass das Bild, was ihnen gezeichnet wird, die Meinung ist der Bürger - aber das ist nur die veröffentlichte Meinung, die Bürger haben ein anderes … (Bild) … und deswegen fühlen sie sich auch nicht mehr von den Parteien vertreten - und da ist gewaltiger Nachholbedarf des ÖR Fernsehenes.

BOUDGOUST: Das ist ein subjektiver Eindruck, den ich erstmal so entgegen nehme, wir wissen aus vielen Umfragen …

der sich damit traut, anzudeuten, dass der ÖR als Medium zwischen Bürgern und Politik nicht nur gegenüber den Bürgern, sondern auch gegenüber der Politik realitätsverfärbend wirkt! (ein Verdacht, den ich schon lange hege… )

Wenn jemand Direktor der Landesmedienanstalt Rheinland-Pfalz werden möchte,
sollte er sich ganz schnell melden!

Eigentlich wollte man die Nachfolge von Frau Pepper ja in Hinterzimmern ausklüngeln,

Ein Klüngelmännchen für die Medienaufsicht
Übermedien, Boris Rosenkranz, 10.11.2017

Die LMK-Versammlung kann über das Prozedere frei entscheiden. Anfang September hat sie deshalb beschlossen, eine „Findungskommission“ einzusetzen, die nach einem Kandidaten suchen soll. Auch hierfür ist das Prozedere nirgends niedergeschrieben, Kriterien für die „Findung“ sind nicht bekannt. Die LMK möchte nicht mal verraten, welche Personen der Kommission angehören. … Auf die Frage, ob es denn von Vorteil sei, ein SPD-Parteibuch zu haben, wenn man LMK-Direktorin werden will, sagt Pepper: „Sie glauben doch nicht, dass ich Ihnen darauf eine Antwort gebe.“

aber da meldete sich querulanterweise ein Kandidat von außen: Markus Kompa

Bewerbung als Entfilzung
Telepolis, 28. November 2017, Peter Mühlbauer

Dass man in Rheinland-Pfalz wohl vergessen habe, „den Posten so richtig auszuschreiben“, könnte seiner Einschätzung nach „am Jahresgehalt von ca. 200.000,- € liegen.“

Auch dieser F.A.Z.-Artikel kommt zur Conclusio:
Ich sage dazu nichts!
Michael Hanfeld, 1,12.2017

Im von der SPD (mit den Grünen und der FDP als kleinem Annex) geführten Rheinland-Pfalz gilt medienpolitisch aber etwas anderes: das Gesetz des Schweigens und des Postenschachers hinter verschlossenen Türen.
(man achte hier besonders auf die bittere Pointe „Lex Brautmeier")

Da wittert die Opposition in RLP Morgenluft und als die AfD sich zuerst kritisch räusperte, zwang sie damit die CDU zum Nachlegen:

Der Hürdenlauf des Ex-Staatssekretärs
RHEINFALZ, Rolf Schlicher, 2.12.2017

(Paywall)

… Der CDU-Landtagsabgeordnete Josef Dötsch, selbst Mitglied der LMK-Versammlung, forderte als nächster, die für Montag geplante Wahl auszusetzen und stattdesssen die Stelle auszuschreiben: Es gebe mittlerweile um das Besetzungsverfahren zu viele kritische und irritierende Fragen, die dem Ansehen der Landesmedienanstalt schaden könnten. …
Da kann ich H. Dötsch beruhigen: seit dem nicht enden wollenden Drama um die sog. „Drittsendelizenzen“ ist das Ansehen der Landesmedienanstalt RLP sowieso im Keller … :cool:

Hier haben sich inzwischen über 4 Seiten an Meldungen zu diesem Thema angesammelt:

Natürlich wurde Herr Eumann zum Direktor der LMK gewählt - wer denn sonst?

Eine interne Diskussion der Findungskommission war nichtöffentlich,

hier der Bericht von Markus Kompa
http://www.kanzleikompa.de/2017/12/

Heute habe ich als Gast an der Versammlung der LMK Rheinland-Pfalz in Ludwigshafen teilgenommen. Zu Beginn wurde die Öffentlichkeit für den ersten Tagesordnungspunkt ausgeschlossen, nämlich für den Bericht der etwas diffusen Findungskommission.

In der Rheinpfalz vom 5.12.2017
„Medienanstalt wählt Eumann zum Direktor“
wurde vermerkt, dass die kritischen Stimmen (AfD-Politiker Matthias Joa und CDU-Politiker Josef Dötsch) auf Anträge zur Verschiebung der Wahl verzichteten, weil keine Mehrheit dafür absehbar war. Im Kommentar von Rolf Schlicher wurde aber der Vorsitzende der Findungskommission Albrecht Bähr am meisten für das „Verstecken in der Nicht-Öffentlichkeit“ kritisiert. Dankbar bin ich H. Schlicher auch für den Hinweis, dass H. Eumann schon mit dem früheren Medienpolitik-Strippenzieher H. Martin Stadelmaier ein Buch zur Medienregulation herausgegeben hat - da ist der Stallgeruch unverkennbar!

-UPDATE -
Ein Artikel über die
Gratulationswelle, die über Herrn Eumann einbricht
Telepolis, Peter Mühlbauer, 6.12.2017

viele lesenswerte süffisante Links darunter, z.B.

Eumann: Also finde schon tatsächlich die Frage, ob es denn eine Wahl gewesen ist, vor dem Hintergrund, dass es eine Wahl gewesen ist, besonders merkwürdig, Frau Klein

-UPDATE -

Aber lassen wir uns mal nicht von der Politik ablenken, sondern kommen wir wieder zu den Inhalten.

Da war doch gerade das

Fernsehfilmfestival in Baden-Baden
vom 27.11. - 1.12.2017

In der F.A.Z. gab es dazu gestern einen hochinteressanten Artikel

Fernsehenden Auges in den Abgrund
F.A.Z. Axel Weidemann, vom 5.12.2017

… die Studenten der Filmakademie Baden-Württemberg, der Hochschule für Fernsehen und Film München sowie der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf … . Dann lesen vier von ihnen eine Erklärung vor: „Ein Film, der von Studenten ausgezeichnet wird, muss als Allerletztes perfekt sein. Er muss uns jedoch grundlegend begeistern und in die Zukunft weisen.“ Die Studenten haben beschlossen, keinen Preis zu vergeben. Nicht, weil sie uneins gewesen wären, sondern – weil „nicht ein einziger Film auch nur ein einziges Jurymitglied wirklich zu begeistern vermochte“. Fernsehen könne und müsse mehr. „Auch Preise haben eine Verantwortung!“ Im Saal Aufstöhnen, Lachen, Raunen, vereinzelter, dann stärker werdender Applaus. So etwas gab es hier noch nicht.

Auch wenn sich der Präsident der Akademie, Hans-Jürgen Drescher, zuvor nicht an einem „modischen Bashing der öffentlich-rechtlichen Sender“ hatte beteiligen wollen, machte er deutlich, dass man von den Sendern mehr erwarte. Es sei besorgniserregend, dass ihren Kulturauftrag anscheinend „nachrangig“ behandelten.

Hier geht es zur originalen Begründung der Studentenjury, keinen Preis zu vergeben:

Eigentlich wollte ich mich zurücklehnen, um die Entwicklung der „Staatsfunk“-Diskussion mal in Ruhe in genaueren Augenschein nehmen zu können. Und auch genüsslich darauf hinweisen, dass die Doku „Kommunion“ von Anna Zamecka, auf die ich im Mai dieses Jahres in diesem Thread hingewiesen hatte, weil sie ein Beispiel dafür ist, wie man über reale Menschen in Würde berichten kann, vor wenigen Tagen einen europäischen Filmpreis gewonnen hat:

European Film Awards

Und dann wollte ich auch noch ein medienkritisches Buch nachtragen, das mir bisher durch die Lappen gegangen ist.

Lückenpresse
Das Ende des Journalismus, wie wir ihn kannten
von Ulrich Teusch

hier ein Interview mit dem Autor beim Deutschlandfunk

Sein Ziel sei es, sagte Teusch, beide Seiten zu einem medienkritischen Dialog zusammenzubringen: „Sowohl die kritischen Rezipienten, die bereit sind zu differenzieren – als auch die selbstkritischen Journalisten.“

und hier ein Interview mit dem Autor bei Kress

Frage: Fürchten Sie nicht, nach so heftiger Kritik als Nestbeschmutzer dazustehen und von der ARD keine Aufträge mehr zu bekommen? …

Ulrich Teusch: Ich habe keine Polemik geschrieben. Alles ist gut belegt, und ich weiß, dass Mitarbeiter in den Öffentlich-Rechtlichen genau die Fragen diskutieren, die mein Buch thematisiert.

(Zu meiner Ehrenrettung: Immerhin hatte ich Ulrich Teuschs SWR Feature „Vertrauen ist gut … Die Medien und ihre Kritiker“ in diesem Thread erwähnt.)

Aber kommen wir doch nochmal zurück zur „Eumann-Affäre“: Markus Kompa hat inzwischen den Rechtsweg begangen, hier der neueste Stand:

http://www.kanzleikompa.de/2017/12/18/faq-zu-kompa-eumann/

Frage: Wie ist der aktuelle Verfahrensstand?

KOMPA: Der Presse entnehme ich, dass das Gericht die Gegenseite gebeten hat, die Stelle vorerst nicht zu besetzen, bevor über meinen Eilantrag entschieden wurde. Dem wird man nachkommen. Wann die Gerichte entscheiden werden, weiß ich nicht

und es gibt evtl. neue Arbeit für unseren Fernsehkritiker Holger:

Frage: Müssen Sie sich als LMK-Direktor das Programm von Sat.1 ansehen?

KOMPA: Möglich. Sat.1 folgt zwar dem Beispiel der hauseigenen Wanderhure und versucht gerade, von der LMK Rheinland-Pfalz zur Landesmedienanstalt von Schleswig-Holstein zu flüchten. Allerdings treffen den LMK-Direktor weitere Verpflichtungen wegen der bundesweiten Kooperation der Landesmedienanstalten etc., so dass der Blick auf Privatfernsehen nicht ausbleiben wird. Ich erwäge, den entsprechend gestählten Experten Holger Kreymeier von massengeschmack.tv als Referenten einzustellen.
:cool:

und man sehe sich auch die via Kompa verlinkte Plenarsitzung an, es ist die 46. Plenarsitzung des Rheinland-Pfälzischen Landtags, bei der auch die LMK_Wahl zur Sprache kommt!

//youtu.be/XhEq_GtNwGQ

das Thema wird von etwa 01:00:00 bis 01:45:00 bearbeitet

bei mir wars manchmal asynchron und flimmrig, aber egal, da muss man durch!

Auf eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung wollte ich auch noch hinweisen:

„Polarisiert und radikalisiert? Medienmisstrauen und die Folgen für die Demokratie“
https://www.otto-brenner-stiftung.de/otto-brenner-stiftung/aktuelles/polarisiert-und-radikalisiert.html

Das online-Lesen funktioniert mit meinem Browser zwar nicht, aber das PDF ist ja schnell heruntergeladen.

Ein Interview mit dem Soziologen Oliver Decker ist hier zu finden

„So groß ist das Misstrauen gegenüber den Medien nicht“
Telepolis, Marcus Klöckner, 7.12.2017

darin findet sich u.a. diese Sätze

Wir leben in einer Welt, in der die Komplexität der Ereignisse es nicht zulässt, dass man sich über alles selbst informiert. Es bedarf im Sinne der Demokratie ein bestimmtes Maß an Glaubwürdigkeit der Berichterstattung. Es ist wichtig, dass Menschen die Leistung der Medien, nämlich die Informationsverarbeitung und Reduzierung auf das Wesentliche, zumindest in einem gewissen Rahmen anerkennen, ihnen also glauben. Ist dem nicht so - und das ist, wie ich angesprochen habe, bei einem bestimmten Teil der Bevölkerung der Fall - dann erstreckt sich das Problem auch auf das Funktionieren der Demokratie im Allgemeinen. …

und diese Passage

Frage: Ich möchte nochmal auf die Repräsentation zurückkommen. Es ist doch nicht falsch zu sagen, dass die Interessen bestimmter Bevölkerungsgruppen nicht oder nicht ausreichend genug im Parlament vertreten sind.
Oliver Decker: Das muss man auch kritisieren. …

Das Thema der repräsentativen Abdeckung hatten wir ja schon öfter in diesem Thread, schauen wir doch mal, was der „Mediendienst Integration“ dazu schreibt:

Medien in der Einwanderungsgesellschaft

„Erfassung von TV-Einschaltquoten“ aufklappen!

Lediglich sogenannte Drittstaatenausländer, die nicht aus einem EU-Land stammen, kommen zu kurz: Sie werden zwar mit 58 Teilnehmern in der TV-Quotenmessung berücksichtigt, wie das AGF erläutert. Bei insgesamt 11.000 Teilnehmern entspricht das jedoch lediglich 0,5 Prozent. Ihr Anteil an der Bevölkerung liegt mit rund 4,4 Millionen zehn Mal so hoch. Das bedeutet: Die Fernsehvorlieben von Ausländern aus Drittstaaten spielen bei Einschaltquoten und damit bei der Programmplanung kaum eine Rolle.

Warum ein Teil der Bevölkerung nicht erfasst wird, hat der Mediendienst in einem Bericht veröffentlicht.

Darum gehen wir auf diesen Bericht:

TV-Einschaltquoten
Wer zählt und wer nicht
(13.11.2013)

Die Idee, das Panel zu erweitern, sei grundsätzlich da. So gibt es laut Nicklas Bestrebungen, das Fernsehverhalten von Ausländern aus Drittstaaten zu untersuchen. Für die Macher der Serie „Türkisch für Anfänger“ zum Beispiel, die 2006 in der ARD angelaufen ist, wären solche Ergebnisse sicher interessant. Allerdings seien Sender der öffentlich-rechtlichen Anstalten in werbefreien Zeiten nicht auf Profit aus, während Profitabilität der Hauptgrund ist, warum es die TV-Quote überhaupt gibt. Die Interessen der Auftraggeber sind unterschiedlich. Neue Erfassungsmethoden hätten vermutlich wirtschaftliche Konsequenzen.

Doch eine breitere Erfassung könnte überraschende Gewinner hervorbringen. „Gerade bei RTL nutzen viele Nicht-EU-Ausländer das Programm. Aber die Entscheidungsträger bei RTL müssen sich ja mit den anderen in der AGF auf eine gemeinsame Paneldefinition einigen“, so Nicklas. Das führe dazu, dass von Zeit zu Zeit zusätzliche Studien in Form von Befragungen bei der GfK in Auftrag gegeben werden. Nicklas zum Beispiel hat Ende der 90er Jahre ein Panel mit türkischen Haushalten aufgebaut.

Unter Kritikern ist das Verfahren der TV-Quotenmessung schon lange umstritten. Sie beklagen, dass die Zusammensetzung der Teilnehmer die Gesellschaft nicht angemessen repräsentiere. Karl-Heinz Hofsümmer, Leiter des Bereichs Methode bei der Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung pflichtet bei: „Die Grundgesamtheit der AGF ist nicht in Stein gemeißelt.“

Jährlich müsse die AGF rund 20 Prozent neue Teilnehmer anwerben, also um die 1.000 Haushalte mit gut 2.000 Personen, so Hofsümmer. Prinzipiell bietet das dem AGF die Möglichkeit, die Grundgesamtheit schrittweise zu erweitern. Diverse kleine Schritte in diese Richtung hat es bereits gegeben. Jahrelang hat man zum Beispiel Kinder erst ab einem Alter von sechs Jahren zugelassen, dann wurde das Alter auf drei Jahre herabgesetzt. Auch ostdeutsche Zuschauer sind nach der Wende nachträglich in das Panel einbezogen worden.

Der Stand des obigen Textes war vom Jahre 2013, ist aber seitdem nicht angepasst worden.

Die Methodik der AGF hat sich aber inzwischen geändert:

https://www.agf.de/forschung/methode/

Die AGF Videoforschung hat am 01.01.2016 ihr Forschungssystem auf die Grundgesamtheit der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse (agma) umgestellt. Dies bedeutet, dass die Stichprobe des Fernsehforschungssystems die Bevölkerung in privaten Haushalten mit einem deutschsprachigen Haupteinkommensbezieher (HEB) und mit mindestens einem TV-Gerät repräsentiert. Damit werden für die Leistungswertermittlung alle Zuschauer erfasst, die in Deutschland leben - unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit.
Aber ab welcher Generation sind dann auch türkische Familien drin? Wenn der „HEB“ hauptsächlich Deutsch spricht oder wenn er auch Deutsch spricht? Das bleibt vage. Meine sehr naive Interpretation: Also hat man schon Interesse daran, die Rußlanddeutschen in die Panel-Gemeinschaft mit aufzunehmen, lässt aber weiterhin zu, dass Unterschichten-TV mit laxer Menschenwürde-Auslegung zielsicher auf die Gastarbeiter-Nachfolge-Generationen losgelassen wird.

Aber 2011, wir erinnern uns, ja damals war alles in Ordnung …
ARD/ZDF-Studie: Die meisten Zuwanderer in Deutschland nutzen bevorzugt deutsche Medien
http://www.ard.de/home/die-ard/presse-kontakt/pressearchiv/ARD_ZDF_Studie__Die_meisten_Zuwanderer_in_Deutschland_nutzen_bevorzugt_deutsche_Medien/264396/index.html

„Von einer medialen Parallelgesellschaft der Migranten kann in Deutschland nicht die Rede sein. Insbesondere bei den Jüngeren dominiert die Nutzung deutscher Medien. Sie haben in Bezug auf die Mediennutzung mehr Gemeinsamkeiten mit ihren deutschen Altersgenossen als mit ihren Eltern und Großeltern. Das ist eine wichtige Erkenntnis, die in der Integrationsdebatte eine Rolle spielen sollte“, sagte die ARD-Vorsitzende und WDR-Intendantin Monika Piel bei der Vorstellung der Ergebnisse.

was schrieb ich am 21.9.2011 hier in diesem Thread?

grobes Milchmädchen-Schönrede-Fazit der 50 Seiten: junge Migranten gucken deutsches TV (gut!) aber hauptsächlich private (schlecht!) . Weil sich das aber kaum vom Nutzungsverhalten der deutschstämmigen Zielgruppe unterscheidet, ist das nicht schlimm… (* hüstel *) Hauptsache, das Info-Image von ARD und ZDF ist ok.

mein Lügenpreis fürs schönste Schönreden geht an diesen Satz des Interviews: "… Das, was man daraus lernen kann ist, dass die Strategie des WDR und der ARD, Migranten in den Programmen anzusprechen und auch mitwirken zu lassen, funktioniert… "

In der Schweiz steht das Öffentlich-Rechtliche TV auch im Fokus der Kritiker. Die „No-Billag“ Initiative möchte die Schweizer Rundfunkgebühr loswerden. Anlässlich dieser dramatischen Entwicklung schreibt Daniel Binswanger am 22.01.2018 für die „Republik“ diesen unbedingt lesenswerten Artikel

Fox News: Die Geschichte einer Machtübernahme
Der vor 22 Jahren gegründete Kabelsender Fox News hat die Medienlandschaft und die Politik in den USA fundamental verändert. Ein Modellfall für die Schweiz?

Der eigentliche Paradigmenwechsel von Fox News ist weniger ein politischer als ein journalistischer: Der Sender hat das Kerngeschäft von TV-News verändert. Fakten sind weitgehend ersetzt worden durch Meinungen. Auch deshalb kann in der amerikanischen Öffentlichkeit heute beinahe alles behauptet und beinahe alles bestritten werden.

Die politische Positionierung von Fox News folgt nicht einer Reichweiten-Optimierungsstrategie, sondern einer Einfluss-Optimierungsstrategie. Wenn der Fernsehsender etwas moderater aufgestellt wäre, so zeigt ihre Analyse, würde er mehr Zuschauer erreichen und noch mehr Geld verdienen. Die Positionierung von CNN zum Beispiel liegt sehr nahe bei einem solchen Reichweitenoptimum. Für die Strategie von Fox News hingegen scheint die kommerzielle Optimierung sekundär zu sein. Wichtiger ist die Maximierung des politischen Einflusses, …

Wie gesagt: Lesen! Ein hervorragender Artikel über das Fernsehen!

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Und was hat Fox News mit No Billag zu tun?

Die „No Billag“ Initiative

https://de.wikipedia.org/wiki/Abschaffung_der_Billag-Gebühren_(No-Billag-Initiative)

hat zwar nicht direkt mit FoxNews zu tun, indirekt aber schon. Wenn öffentlich-rechtliches TV zurückgedrängt wird, werden die Spielräume für private Medien größer. Das hat positive Seiteneffekte für die Wirtschaftlichkeit der privaten Medien, aber evtl. auch erhebliche negative Seiteneffekte für die Demokratie. Der Artikel argumentiert, dass der Rückzug des Öffentlich-Rechtlichen TV eine Situation vergleichbar zu den USA schafft, wo Kanäle wie FoxNews in ihrer politischen Dominanz übermächtig werden. In den USA gibt es nämlich Öffentlich-Rechtliches nur in homöopathischen Dosen:

PBS Public Broadcasting Service

(und Trump will dem PBS dennoch weiter Mittel kürzen …)

Inzwischen wird die Mediensituation in der Schweiz wird immer kritischer:

Christoph Blocher, Multi-Milliardär und mittlerweile zehntreichster Schweizer, betreibt seine Medien perfekt nach dem Vorbild osteuropäischer Oligarchen: Es geht nicht um den Gewinn, es geht um die politische Macht.

Und damit schaffen wir wieder die Schleife zurück zu FoxNews, der (so zeigt es der Artikel aus der „Republik“ ) als Sender nicht den Gewinn, sondern die politische Einflussnahme optimiert!

Ich hoffe, dass der Zusammenhang damit klarer wird.

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Ein Interview mit Insidern über die ewig-gleichen Polit-Talkshows im „Tagesspiegel“

Warum politische Talkshows sind, wie sie sind

Küppersbusch bringt es am besten auf den Punkt:

Küppersbusch: Eine Talkshow ist im Grunde eine Vereinbarung: Wir entertainen hier das Publikum, das ist unsere Bringschuld. Als Belohnung kriegen wir dafür Medienreichweite. Insofern ist jeder Politiker, jede Politikerin, auch jeder Wissenschaftler, jeder Typ, der ein Buch verkaufen möchte, eine CD, einen Kinofilm, alle sind so was wie Werbekunden innerhalb der Talkshow. Die haben nicht die Agenda, zur Vergrößerung des Wissens in der Welt beizutragen oder zur Versachlichung des Diskurses …

Und hier noch ein goldiges Zitat von Anne Will

Will: Was wir gemerkt haben: Mit differenzierten Positionen kann man viel interessantere Sendungen bauen. Wenn Sie nicht nur bornierte Meinungen in der Sendung haben, sondern sich eine echte Diskussion unter den Gästen entwickelt. …

Ach, was - das hat sie gemerkt? Am 12.2. hat sie jedenfalls keinen Politiker gefunden, dermit ihr über die Groko-Verhandlungen reden wollte - da hat sie die Talkshow einfach ausfallen lassen:

Keiner wollte über die GroKo talken

Aber auf die Idee, mal anderes Personal einzuladen, Personal, das andere Interessen hat als vorgefertigte Rhetorikhülsen ins Volk zu bringen - auf diese Idee ist sie nicht gekommen …

Eine regelmäßige und empfehlenswerte Medienberichterstattung, die ich in diesem Thread noch nicht erwähnt habe, ist die Radio-Sendereihe mediasres beim Deutschlandfunk. HIer ist die Startseite:

http://www.deutschlandfunk.de/mediasres.2906.html

Wegen der No Billag -Initiative in der Schweiz fragt „@mediasres im Dialog“

Sollen Bürger über öffentlich-rechtlichen Rundfunk abstimmen?

Sollen auch in Deutschland Bürgerinnen und Bürger direkt über den Rundfunkbeitrag abstimmen? Oder sollen sich damit weiter die gesellschaftlich relevanten Gruppen und Vertretungen beschäftigen? Wie ist Ihre Meinung? Rufen Sie uns an: 0221-345 3451 oder schicken Sie eine Mail: mediasres-dialog@deutschlandfunk.de.

Ihr könnt ja aktiv werden und z.B. darauf hinweisen, dass die Fragestellung (mit Absicht?) am eigentlichen Problem vorbeizielt, weil die „gesellschaftlich relevanten Gruppen und Vertretungen“ (gemeint sind die Rundfunk- und Fernsehräte) offenbar nicht aktiv genug die stetige Verbesserung des Programms anmahnen.

Na, endlich erscheinen immer mehr Artikel, die von der reinen Gebührendiskussion weggehen und mehr eine Neuausrichtung des Auftrags der Öffentlich-Rechtlichen einfordern.

Hier ein aktuelles Beispiel aus der „Zeit“

Und wir müssen den Mut haben, Medien – insbesondere öffentlich-rechtliche Medien – neu zu denken, wenn wir am Ideal einer offenen, demokratischen Gesellschaft festhalten wollen.

Die wichtigste Frage ist allerdings nicht die nach einer solidarischen Finanzierung öffentlich-rechtlicher Medien in Zeiten von Social Media und Onlinestreaming, sondern, wie Medien und Kommunikation in den Gesellschaften des 21. Jahrhunderts überhaupt organisiert sein sollen.

In einer vollständig privatisierten Medienwelt würden Finanzmacht und Innovationskraft globaler Technologiekonzerne dafür sorgen, dass wir schon bald in 80 Millionen deutschen Filterblasen und irgendwann in acht oder zehn Milliarden weltweiten Echokammern leben. Ist das wünschenswert?

Ein Machtgefüge aus Politik, Intendanten und Verfassungsgericht hat über Jahrzehnte das öffentlich-rechtliche Mediensystem stabilisiert und damit strukturelle Innovation unmöglich gemacht.

Es muss jetzt losgehen, es braucht erste Entwürfe für eine neue Vision bis 2020. Medienpolitiker müssen zum Handeln gezwungen werden. Ein interdisziplinäres Board aus Wissenschaftlerinnen, Systemfunktionären, Rundfunkräten, Politikerinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft muss eingesetzt werden, das diesen Erneuerungsprozess entwirft und steuert und alle nötigen Mandate dazu erhält. Dieser Erneuerungsprozess darf weder dem öffentlich-rechtlichen System noch der Politik überlassen bleiben. Das Board muss den öffentlich-rechtlichen Auftrag neu definieren, und auch, wie Rechenschaft und Kommunikation gegenüber dem Publikum gewährleistet werden. Das Ergebnis muss in einen neuen Gesellschaftsvertrag einfließen, der jährlich erneuert wird.

etc. der ganze Artikel ist sehr, sehr lesenswert!

Auch eine Intendantin, Patricia Schlesinger, traut sich, neue Wege zu denken:

der Originalartikel in der FAZ ist hier hinter einer Paywall zu finden:

Ihr Artikel endet mit einem Weckruf, den ich mir hier schon lange gewünscht habe:

Neue Angebote können ein Motor der Integration sein und für eine europaweite Öffentlichkeit sorgen. Und warum nicht eine Plattform der Öffentlich-Rechtlichen, auf denen europäische Produktionen für alle Menschen Europas zugänglich werden? Es wäre ein Fenster zur Vielfalt Europas. Lassen Sie uns einen europaweiten Ideenwettbewern starten. In Europa liegt nicht nur das Problem, sondern auch die Hoffnung.

Frau Schlesinger, bis die Medienpolitik das Europaweit gebacken bekommt, bin ich leider schon tot. Aber hier meine Idee: Sie können JETZT SCHON einfach mal eine Talkshow initiieren, in der regelmässig europäische Politiker, aber auch Intellektuelle, Künstler, Wissenschaftler etc. einen Austausch führen können! Einfach JETZT SCHON! Wie wäre das?

Ihr Nobbse!

Inzwischen hat Markus Kompa auf Telepolis dem bisherige Ergebnis seiner Recherchen zum Thema Eumann-Wahl und seinem Kampf durch die Instanzen eine inzwischen schon 4-teilige süffisant geschriebene Serie gewidmet:

Für den weiteren Kampf durch die Instanzen sind genug Crowdfunding-Mittel zusammen gekommen! (sonst hätte ich hier nocheinmal dazu aufgerufen … )

Für ein generelles Verständnis für die grundlegenden Wirkprinzipien ist Hans Herbert von Arnims letztes Jahr erschienenes Buch hilfreich. In

„Die Hebel der Macht - und wer sie bedient“ (2017)

heißt es auf S.65

Ämterpatronage ist eine verbreitete Form von „Selbstbedienung“ der politischen Klasse. Sie hat mehrere Ziele: die Sicherung der Macht, die Belohnung von Parteigängern und die Demonstration des Einflusses nach außen. Das übt einen disziplinierenden Effekt auf alle aus, die im Staat etwas werden wollen, erhöht deren Kooperationsbereitschaft und vermehrt dadurch wiederum die Macht der Parteien.

und ab S.67

Wer in Ämterpatronage nur die Verletzung juristisch-formaler Grenzen sieht verkennt die Dimensionen des Problems. Parteibuchwirtschaft beeinträchtigt die Chancengleichheit, untergräbt die Leistungsfähigkeit im Amt, bläht Staat und Verwaltung auf, gefährdet ihre Neutralität, presst Beamte in die Parteien und leistet der Parteien- und Staatsverdrossenheit der Bürger Vorschub.

Auch die parteipolitische Ausgewogenheit über die Freundeskreise „Rot/Schwarz“ im Falle des öff.-rechtlichen Rundfunks kann nach v. Arnim nicht verhindern, dass die Machtorientierung die eigentlich erforderliche Sach- und Wert-Orientierung im Amt überdeckt. Doch als probates Mittel gegen die Ämterpatronage wird laut v. Arnim zunehmend die Konkurrentenklage entdeckt - so wie es nun hier geschieht.

Immerhin - der Politik dämmert es, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Doch will man Herrn Eumann deswegen nicht absägen, sondern in die Zukunft blicken. Weil ihr Parteikollege Dr. Bernhard Braun (die Grünen) als stellvertretender Direktor der Landesmedienanstalt das Verfahren hart verteidigt hatte, drückt sich Tabea Rößner vorsichtig in die Zukunft weisend so aus:

Tabea Rößner teilt auch die Kritik an der Intransparenz des Verfahrens bei der Wahl Marc Jan Eumanns zum Direktor der rheinland-pfälzischen Landesmedienanstalt für privaten Rundfunk. Sie fordert, dass künftig eine öffentliche Ausschreibung der Leitungsstelle gesetzlich vorgeschrieben werden sollte. „Ich finde, das muss Standard werden. Es gibt auch ganz klare Positionen von Staatsrechtlern, die gesagt haben, hier ist ein Fehler gemacht worden. Es muss öffentlich ausgeschrieben werden bei der LMK in Rheinland-Pfalz. Ich denke auch, dass es eine gesetzliche Regelung braucht - und das sollte jetzt dringend angegangen werden.“