Panama Papers - und nun?

Egal wie man selbst zu Briefkastenfirmen steht, einen faden Beigeschmack kann man dieser Praxis nicht absprechen, so sind diese jedoch grundsätzlich nicht verboten. Daß es hier strafrechtliche Prüfungen gibt und noch geben wird, ist ebenfalls völlig legitim, nur sollte das Ergenis dann auch mal abgewartet werden. Honorige Absichten werden in den seltensten Fällen hinter solch einer Briefkastenfirma oder Briefkastenadresse stecken.

Doch das seit Tagen alle Öffentlich-Rechtlichen Medien förmlich in Schnappatmung verfallen und eine Reportage nach der anderen bringen, läßt bei mir das Gefühl aufkommen, daß von anderen wichtigen europäischen Themen u.U. abgelenkt werden soll.
Ich gehe davon aus, daß das ganze Thema tatsächlich jetzt zufällig an die Öffentlchkeit durch die Journalisten getragen wurde - die Ergebnisse lagen offenbar jetzt vor und konnten offengelegt werden. So weit - so gut.
Allerdings ist das Aufblasen dieser Thematik m.E. doch ganz bewusst lanciert. Diese Geschichte kommt einfach ganz gelegen, und der hohe Einfluss der Politik auf das Programm der Sender schlägt hier voll durch.

Neun Minuten (!) der heutigen Tageschau waren den von ARD und ZDF selbst inszenierten sog. „Panama Papers“ gewidmet. Auf dem Radiosender “HR-Info” läuft ein Bericht nach dem anderen rauf und runter … mit dem Ergebnis, daß es eigentlich strafrechlich nichts relevantes zu berichten gibt. Die intendierte Verknüpfung zum Kreml (somit direkt zu Putin) hat sich auch nicht weiter erhärtet. Mich erinnert das ganze ans Hornberger Schiessen - viel Pulver um nichts - zumindest zum jetzigen Zeitpunkt. Was auch immer die angeblich 400 Journalisten weltweit monatelang recherchiert haben, so gab es am Ende wohl doch nur eine Quelle, ein Whistleblower aus dem Umfeld der Offshore Firma in Panama, der diese Liste vermutlich teuer verkauft hat.

Auch die letzte Sendung von Anne Will stand, wie sollte es anders sein, ganz im Zeichen der Panama Dokumente. Aber auch hier konnte eigentlich nichts erwähnenswertes zu dem Thema beigesteuert werden, außer einem moralisierendem “sowas tut man nicht”. Die Juristin in der Sendung konnte in einem Nebensatz noch einmal anbringen, daß man zunächst noch prüfen müsse, ob hier in Einzelfällen eine Straftat vorliege. Aha.
Auch der Hinweis eines Teilnehmers in der Runde, daß Deutschland erst einmal seine Steuerschlupflöcher schließen sollte, bevor man mit dem Finger auf andere Länder zeigt, wurde von Will rasch unterbrochen.

hier ein sehr guter und kritischer Kommentar in der FAZ - einer der wenigen in der aktuellen Medienlandschaft:
Zitat […] Wenn das Geld des Gebührenzahlers in echte Aufklärung investiert wird, ist das erst einmal nicht verkehrt. Und wenn die sehenswerteste der ARD-Talkshows zu diesem Zweck eingesetzt wird, scheint das nicht völlig illegitim. Ein schmaler Grat bleibt es allerdings, wenn die Öffentlich-Rechtlichen die Tatbestände selbst ermitteln, über die sie anschließend diskutieren lassen. […]

…dem habe ich eigentlich nichts hinzuzufügen.

Das Problem auf das hier aufmerksam gemacht lässt sich im Prinzip mit „Steuerverschleppung“ bezeichnen. (Wortwahl vor allem weil es anscheinend kein juristischer Begriff ist.)

Natürlich kann man einfach sagen, es ist nichts strafrechtlich relevantes vorgefallen bzw. wenn dann nur im Einzelfall und es damit gut sein lassen.
Ich würde die Sache aber von einer anderen Seite aufziehen.

Diese Enthüllungen liefern den längst überfälligen Beweis für eine lange bekannte Praxis, nämlich die Steuerzahlungen zu entkommen indem man sein Geld so durch die Welt jagt bis am Ende keiner mehr weiß wer nun eigentlich Anspruch auf die Steuern hätte.
Das Problem in der Berichterstattung sehe ich eher darin das hier auf die „Täter“ gezielt wird, die ja aber keine „Täter“ sind im Sinne des Strafrechts. (Einzelfälle außen vor gelassen.)
Die Berichterstattung muss eigentlich aufdecken welche Wege das Geld nun genommen hat und dann erstens aufzeigen warum diese Wege legal waren und warum sie dabei trotzdem nicht legitim sind. Der Unterschied zwischen handeln im Wortlaut des Gesetzes und im Sinne des Gesetzes. Den Gerichten sind in solchen Fällen die Hände gebunden, sinnvollerweise

Aber genau deshalb muss das verstärkt aufgedeckt werden, Strafbarkeitslücken offen zu legen ist Aufgabe der Medien und genau das müssten sie jetzt tun. Stattdessen warten alle Medien gespannt auf den nächsten großen Namen und berichten dann darüber.
Probleme mit dieser Praxis:

  1. Es ist ein unzulässiger Pranger. Medien sind keine Ersatzgerichte die im Falle einer Strafbarkeitslücke ersatzweise Ehrenstrafen aussprechen sollen.
  2. Es ist vollkommen uninteressant. Camerons Vater hatte Geld in Panama! So what? Wenn es legal war, dann ist alles in Ordnung. Wenn es nicht legal war ist es Sache eines Gerichts.
  3. Es gibt keine neuen Erkenntnisse. Ein FIFA-Präsident ist in dubiose, wahrscheinlich unmoralische Geschäfte verwickelt! Nein!

Kurzum:
Das Thema ist extrem wichtig und im Prinzip wird eher zu wenig darüber berichtet.
Das Problem ist aber: Das was berichtet wird ist uninteressant und verfehlt den Kern des Problems.
Aber wenn keine großen Namen genannt werden und man keine Polit-Soap aus dem Thema machen kann dann liest es ja keiner und was keiner liest gibt kein Geld… :frowning:

Edit: Im Prinzip sollten die Zeitungen einfach Anleitungen schreiben. „So schaffen sie ihr Geld nach Panama! Vollkommen legal!“
Dadurch kommt dann der Gesetzgeber in Zugzwang.

[QUOTE=Skafdir;447492]
Das Thema ist extrem wichtig und im Prinzip wird eher zu wenig darüber berichtet.
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Ja, das Thema ist in jedem Fall sehr wichtig. Ich kann dem großen Teil Deiner Einlassung auch voll zustimmen.

Und wenn Zeitungen einfach Anleitungen schreiben: “So schaffen sie ihr Geld nach Panama! Vollkommen legal!”, finde ich das aber übrigens auch nicht weiter schlimm. Was ich mit meinem Geld mache obliegt mir allein, Geld für daß ich im Normalfall bereits Steuern gezahlt habe und es nicht noch weiter von Schäuble&Co. inkl. Negativzins abschrumpfen lassen möchte.

Aber bitte nicht falsch verstehen, man muss hier in jedem Fall weiter am Ball bleiben und auch unangenehme Dinge ansprechen.
Da es aber nichts zu berichten gibt, und davon von Tag zu Tag immer weniger, wird natürlich viel zu viel darüber berichtet.

Die von dir angesprochene Steuerverschleppung ist, wie Du es selbst festgestellt hast, erst einmal nur eine Vermutung - obgleich es in Einzelfällen so sein mag, oder in der Breite wahrscheinlich ist.

Muss man hier eine Sondersendungen nach der anderen fahren? Muss hier die Tagesschau 8 Minuten über nichts berichten? Brauchen wir hier Talkshows in denen Juristen kleinlaut zum Ergebnis kommen, daß es nichts zu berichten gibt?
Und wie Du schon gesagt hast, ist es ja längst bekannt, daß es diese Firmen in Übersee gibt. Wie steht es denn mit der Zahlungsmoral von in Deutschland tätigen und ansässigen Firmen wie google, Starbucks etc? Um dies herauszubekommen müssen nicht erst 400 Journalisten einen Whistleblower monatelang bedrängen (mal überspitzt ausgedrückt) bis dieser eine Liste herausrückt und man es dann als “globales Rechercheprojekt” deklariert.

Das ganze ist eine reine Selbstbeweihräucherung inkl. eingebauter Prangerfunktion von ARD und ZDF und hat überhaupt nichts mit Aufklärung zu tun.

Es gibt einige andere gründe warum man solche Offshore Geschäfte macht als nur die Steuerhinterziehung zu verheimlichen. Dazu zählen Haftungsfragen, und auch legale Steuersparmöglichkeiten, so wie Organisationsgründe. Das dürften zwar Einzelfälle sein auf die das zutrifft, aber auszuschließen ist es nicht. Von daher muss man eigentlich warten was die Staatsanwaltschaften auf der Welt so rausbekommen.