Linker Patriotismus… geht da was?
Kurze Antwort: Nein.
Lange Erklärung:
Patriotismus steht im krassen Gegensatz zu einer Internationalen Idee. Die aber in der Entstehung Grundbestandteil “linker” Ideen war und es eigentlich bis heute auch sein sollte. Die Internationale erkämpft das Menschenrecht und nicht ein Haufen Staaten die sich alle für das geilste seit geschnitten Brot halten.
Nun erst einmal zum Wort selber:
Herkunft: Latein: patriota = Landsmann
Wurde in Frankreich im Verlauf des 18. Jahrhunderts (Stichwort: franzözische Revolution) im heutigen Sinnverständnis verwendet. Meint vor allem eine “Liebe” zum eigenen “Vaterland” bzw. zur eigenen Nation.
Die Nation an sich ist ein Unterscheidungsmerkmal das bei einem Linken an sich schon für kaltes Kotzen sorgen müsste. Was bedeutet es bitte “Deutscher” zu sein?
Aber ich erkläre mich anhand deines Posts.
ich liebe zum Beispiel die komplette deutsche Kultur
Naja die “komplette”?? ich hoffe doch mal nicht… die ist so weitläufig das ich keinem Menschen traue der mir so etwas erklärt. Sogar dem hartnäckigsten Fascho wird irgendetwas auffallen was er an der Deutschen Kultur nicht mag.
Aber um dir mal ein netter Beispiel an “deutscher Kultur” zu geben.
http://www.welt.de/img/history/crop101799751/2660714258-ci3x2l-w580-aoriginal-h386-l0/bs-14-38-DW-Kultur-Nukualofa.jpg Ja das waren noch die guten alten Zeiten nicht wahr? Deutsche Kultur wie wir sie kennen und lieben.
Abgesehen davon hast du natürlich Recht es gibt viele, wirklich sehr viele Dinge die ich an diesem unserem Land auch Liebe. Aber das sind Dinge die auch alle anderen Kulturen aufzuweisen haben.
Gute Komponisten und Dichter? Vollkommen richtig die gibt es nur in unserem schönen Vaterland. Wer ist den schon Lord Byron? Oscar Wilde? Charles Dickens? Jules Verne? Édouard Batiste?
Um es mit den Worten eines großen Dichters deutscher Sprache zu sagen und diesmal in Bezug auf die Alleinstellung deutscher Kultur: Er aber, sag’s ihm, er kann mich im Arsche lecken!
Wenn du schon eine bestimmte Kultur “lieben” willst, dann versuchen wir es doch mit dem was es wirklich ist. Nämlich der europäischen Kultur, da kann man dann von mir aus auch den Teilaspekt der deutschen Kultur besonders schätzen.
Was meiner Meinung nach vor allem durch eine Sprache entsteht die einfach sehr gut geeignet ist um mit ihr zu spielen.
Verstehe mich nicht falsch ich mag das was du aufgezählt hast auch an Deutschland. Aber es ist einfach kein Alleinstellungsmerkmal. Schöne Landschaften? Südfrankreich, Spanien, Italien… ach verdammt noch eins diese gesamte Welt ist wunderschön. Wieso sollte ich den Harz (der auch sehr schön ist) mehr mögen als andere Landschaften?
Komponisten, Dichter, Literatur und in neuerer Zeit auch Filme. Jede Kultur der Welt hat wunderschöne Lieder, Gedichte und Schriften geschaffen. (Gut bei Filmen rangiert Indien recht weit hinten wenn ich mir die Bollywoodfilme so ansehen :D)
Was genau ist also das Alleinstellungsmerkmal für Deutschland, außer die zufällige Tatsache das du hier geboren bist? (Gut den Harz gibt es in Frankreich nicht. Dafür aber auch nicht den Hartz. ;P)
Ich versuche mit meinen kleinen Mitteln etwas kleines zu ändern. Das ist doch eigentlich zutiefst patriotisch, oder nicht?
Ist es das? Was ist den deine Motivation zu helfen? Wenn du hilfst, weil es eben in Deutschland ist und du Deutschland an sich einen Dienst erweisen willst. Dann ja, dann ist es patriotisch.
Wenn du aber hilfst einfach weil es Menschen sind und du glaubst das du Menschen helfen solltest, dann ist es nicht patriotisch sondern einfach nur menschliches Verhalten.
Hier ist also die Motivation entscheidend. Patriotisch bist du nur wenn deine Motivation in erster Linie dem Land gilt und nicht dem Menschen dem du dadurch hilfst.
Bei mir sähe es halt so aus: Ich helfe den Menschen, zufällig stärke ich dadurch auch das Konstrukt “BRD”. Da das aber nich meine vornehmliche Intention war ist es ziemlich egal das dies als “patriotisch” bewertet werden könnte. Da ich die selbe Aktion auch gemacht hätte wenn mein Hilfsverhalten das Konstrukt “BRD” geschwächt hätte.
Hier eine kurze reducito deiner Logik.
Ich glaube fest daran das es falsch ist einen Menschen zu töten.
In der Bibel steht: "Du sollst nicht töten."
Ergo: Ich muss ein Christ sein.
Andernfalls wäre einem ja alles egal was im Land passiert und man denkt nur an sich selbst, oder?
Wieder falsch. Mich interessieren Menschen, keine Nationen oder Grenzen. Folgerichtig ist aber, dass man in einem System mit Nationalstaaten sich dafür einsetzt das innerhalb des eigenen Grenzbereich die Lebensbedingungen verbessert werden. Dies liegt aber eher an dem eigenen Wirkungskreis als daran das man eine bestimmte Verbindung zu den restlichen Menschen in diesem Grenzbereich hat.
wieso überlassen wir überhaupt den Neonazis dahingehend das Feld?
Aus dem selben Grund, aus dem “wir” [spoiler](wer sind das eigentlich? Nichts für ungut… aber ich sehe mich als “links” an und bin trotzdem relativ selten mit dir auf einer Linie. Wobei das nicht stimmt, die reine Marschrichtung ist schon ähnlich. Es ist eher so das ich dir so gut wie nie wirklich zustimmen kann. Aber dir eigentlich auch selten wirklich widerspreche. Außer wenn man auf die Idee kommt Patriotismus zu etwas “linkem” machen zu wollen.)[/spoiler] den Christen den Glauben an einen Gott überlassen. Obwohl auch ein Gottesglauben eindeutig gesellschaftliche Vorteile bringen kann.
Weil es ein unnötiges Konstrukt ist. Patriotismus ist eine Ersatzreligion. Und Religion wurde durchaus zutreffend von Marx als “Opium des Volks” entlarvt.
[Etwas als Konstrukt zu bezeichnen ist im übrigen ein ziemlich billiger rethorischer Trick, da jede Form von Gesellschaft ein “Konstrukt” ist. Aber ich mag die Formulierung ^^]
einen gesunden Patriotismus wie die Engländer, Franzosen und Japaner.
Gesunder Patriotismus?
http://www.hagalil.com/archiv/2001/03/frankreich.htm
hmm wenn ich genauer darüber nachdenke… doch wir haben hier so einen “gesunden Patriotismus”.
Patriotismus ist der Anfang von Rassismus. Wenn man erst einmal anfängt den Zufall der Geburt für irgendetwas “besonderes” oder vielleicht sogar “liebenswertes” zu halten. Dann ist der Schritt dahin andere Personen die nicht das “Glück” hatten die eigenen Geburt zu teilen für etwas “minderwertiges” zu halten.
Natürlich kann es Patrioten geben die nicht gleichzeitig Rassisten sind und es wird auch viele Patrioten geben die eben keine Rassisten sind.
Aber der Grad dazwischen ist verdammt schmal. Also würde ich sagen, sollte man sich besser von ihm fern halten.
Hätten wir einen Patriotismus, dann wären heute die Menschen doch viel solidarischer zueinander, oder?
Hätten wir eine wirkliche Internationale, wären die Menschen auf der ganzen Welt viel solidarischer zueinander, oder?
Und hät’ der Fuchs nicht geschissen hät’ er die Gans gekriegt, oder?
Würde es dann überhaupt noch das Ost/West-Denken geben???
Ich lebe hier in einer schönen ländlichen Gegend. Hier in der Nähe gibt es eine kleine Aussichtsplattform von der ich zwei Kirchtürme sehen kann. Zu dem einen komme ich innerhalb von 5 min Fußweg. Zu dem anderen innerhalb von 20 min.
Kirchturm 1 gehört zu dem Dorf in dem ich wohne. Kirchturm 2 zu dem Nachbardorf dessen erste Häuser nicht mehr als zwei Kilometer von den letzten meines Dorfes entfernt sind.
Diese beiden Dörfer sind sich so spinnefeind, dass ich als zugezogener und dadurch als jahrelanges Mobbingopfer urplötzlich zur “Dorfgemeinschaft” zählte, wenn es um die Frage ging ob man das Nachbardorf an sich scheiße finden muss. (Ich habe damals den großen Fehler gemacht und mich gegen die Pauschalkritik am Nachbardorf entschieden. Ich habe sogar offen zugegeben einen Freund in diesem Nachbardorf zu haben. Tja… gut mein Status als Mobbingopfer blieb also bestehen.)
Was ich sagen will: Der Drang dazu zu unterscheiden und Gruppen zu bilden liegt im Menschen drin. Diese Gruppenbildung hat beinahe zwangsweise eine Herabsetzung der “Anderen” zur Folge. Sehr interessant hierbei ist das sogenannte “Robbers Cave Experiment”. http://de.wikipedia.org/wiki/Muzaffer_Şerif
Fazit: Wir brauchen keinen Patriotismus. Wir brauchen die Einsicht das jede Form von Nationalität eine eigene Beschneidung des menschlichen Potenzials ist. Da für den Anfang eine “weltweite Internationale” nicht umsetzbar ist, sollte jeder einzelne auf ein wirklich vereintes Europa hinarbeiten. Das kann ich aber nicht schaffen indem ich anfange einen Deutschen Patriotismus zu predigen.
Es spricht nichts dagegen “deutsche” Kultur als schön und schütztenswert zu empfinden. Und auch bei einem Vereinten Europa sollte man darauf achten, dass die verschiedenen Kulturen nicht künstlich zerstört werden.
Gegen Patriotismus spricht hingegen, dass dort die Wurzel für eine Überhöhung der “eigenen” Kultur liegt. Und was viel schlimmer ist zu einer Herabsetzung anderer Kulturen.
Man kann das übrigens auch in deinem Post wunderbar sehen. Nur im negativ. Frankreich, England und Japan greifst du vollkommen willkürlich als angeblich “überlegene” Nationen heraus. Warum sind sie uns überlegen? Weil sie von solchen Sachen hier überzeugt sind und das auch heutzutage noch aus voller Brust jedes Jahr offiziell in die Welt heraus schmettern?
[video]https://www.youtube.com/watch?v=1XPHL4Q86t4[/video]
Klingt aber auch gut, dass muss man schon sagen.
Obwohl… das ist dann vielleicht englische Kultur die mir persönlich besser gefällt.
[video]https://www.youtube.com/watch?v=6ojT27F6Ix4[/video]