Ich sage es gleich vorab: Vorsicht Bleiwüste! Es lohnt aber dennoch! Smilies habe ich bewusst weggelassen!
Mich wundert, dass das Papier, das von Twipsy im „Jetzt gehts los“ - Thread" dankenswerterweise verlinkt wurde, nicht weiter aufgegriffen wurde. Dabei kann man daran (wie auch an vielen weiteren Papieren aus dieser Zeit ) wunderbar studieren, aus welcher Gedankenwelt die LMAs kommen! Ich lade insbesondere Forumsleser, die mir den Hang zu Verschwörungstheorien unterstellen, ein, sowohl dem Dokument als auch meiner Interpretation sorgfältig zu folgen. Ihnen sei versichert, dass ich mir doch recht sicher bin, dass die Amis auf dem Mond waren.
Sehen wir uns dieses Musterbeispiel elfenbeinturm-rhetorischer Verwässerung, bei deren Grundgedanke das Wohl der Produzentenseite immer prinzipiell im Vordergrund steht, einmal genauer an und gehen wir mal alle Stellen durch, in denen sich Hinweise auf moralische Probleme / Vorbehalte etc. verstecken könnten. Aufi gehts!
Trotz aller Kritik, die gerade in letzter Zeit aus der Politik laut geworden ist,
Aha, das soll implizieren: dass der politische Gegner kritisiert, ist ja eh Standard - das muss man also nicht weiter beachten, ansonsten ist uns keine Kritik nennenswerten Umfangs bekannt!
… sind Telefon-Mehrwertdienste als wichtige und notwendige Finanzierungsmöglichkeit von privaten Fernseh- und Hörfunkangeboten anzusehen
Sie mögen wichtig sein, ob sie wirklich notwendig sind, ist damit nicht erwiesen, Pay-TV und Werbung sind ebenfalls finanzielle Standbeine. Für besonders qualitative Sendungen wären Spenden theoretisch auch denkbar (im Internet solls sowas neuerdings geben). Aber ja, ich weiss, Pay-TV funktioniert in Deutschland nicht, der Werbemarkt ist schwierig. Vielleicht würde Pay-TV aber funktionieren, wenn es neben den Öff.Rechtlichen die einzige Finanzierungsform in Deutschland wäre?
dass die Sender die Teilnehmer von Mehrwertdiensten auch als Kunden betrachten, die es gilt, zufrieden zu stellen
Hier räumt man dann doch indirekt ein, dass der eine oder andere Kunde nicht zufrieden war, möglicherweise der Produzent gar keinen wirklichen Mehrwert geboten hat?
Alle Experten sind sich darin einig, dass der Mehrwertdienste-Markt auf klarem Wachstumskurs ist.
Hier steht die wirtschaftliche Betrachtung im Vordergrund; die Frage, ob diese Dienste irgendetwas wert sind / irgendjemandem einen Nutzen bringen, wird nicht gestellt. Wen das Wort „alle Experten“ umfasst, hängt natürlich auch davon ab, wen man zum angesprochenen Workshop einlädt - und wen nicht …
Im Hörfunkbereich dagegen hat der Mehrwertdienste-Einsatz erst ab Ende 2003 erkennbares Gewicht bekommen – … Allerdings wächst gerade der Teilmarkt Call Radio stärker als der Teilmarkt Call TV, da hier offenbar ein deutlicher Nachholbedarf besteht.
Wirklich gebraucht hat das kein Hörer, die meisten waren ganz froh, wenn sie zu einem ganz normalen Tarif in die Sendung durchgestellt wurden, wenn mal tatsächlich ein triftiger Grund bestand, anzurufen. Aus Radiosendungsproduzentensicht sieht das natürlich anders aus…
Die mit Abstand am häufigsten genannte Motivation, ein „Call Media“-Angebot wahrzunehmen, ist die Gewinnmöglichkeit.
Aha! Für andere potentiell nützlichere Zwecke (Wetterprognose, Vorlesen von Goethes Faust, … ok, meinetwegen auch Schminktipps und erotisch-akustische Dienstleistung ) braucht dieses Geschäftsmodell also kaum ein Schwein (jedenfalls scheint der zwischengeschaltete Fernseher im Vergleich zum direkten Telefonmehrwertdienst nicht wirklich nötig zu sein.) (Einige Jahre später werden solch nützliche Mehrwerte ja auch inzwischen mit „Apps“ & Co. immer mehr abgedeckt., wobei dann sowohl Optik als auch Akustik kundenpersonalierbar sind… )
Akzeptanzproblemen sollten die Anbieter deshalb aktiv entgegentreten, …
Jaja, wahrscheinlich sind die Kunden einfach nur zu doof, diese schöne neue Welt anzunehmen. Über die möglichen Gründe, warum Akzeptanzprobleme vorliegen könnten: kein Wort!
Nutzerverträglichkeit und Mehrwert der Angebote sind Schlüssel zum Erfolg
Das dürfen Call-In-Produzenten gern dreimal lesen und dann fragenderweise in den Spiegel schauen:
- Sind diese Sendungen nutzerverträglich?
- Stellen sie einen Mehrwert dar?
- Für Wen denn?
Die bislang häufig verfolgte Strategie des „hit & run“ wird langfristig keinen Erfolg bringen.
Wow, wow, wow, wow! ein für LMA-Verhältnisse verdammt deutlicher Satz - wenn man ihn denn zu lesen weiss! Das Ausweichen auf Anglizismen verdeutlicht ausnahmsweise mehr als es verbirgt: „Hit“ heisst im übertragenen Sinn, dem Kunden mit dem Holzknüppel eins über den Schädel ziehen und ihn aussaugen, solange er bewusstlos ist. Sobald er wieder aufwacht heisst es natürlich die Beine in die Hand und nichts wie „Run“ : sich vor den Folgen drücken, indem man irgendetwas gleich wieder ändert: Sendekonzept, Kanalwechsel, Verantwortlichkeit, Firmenwechsel, Subunternehmenswechsel, Flucht, … egal wie - Hauptsache, man ist aus dem Schneider… Und hier schreibt sogar die LMA, dass diese Strategie bislang häufig verfolgt wurde! Ist es also dem akribisch notierenden TV-Zuschauer anzukreiden, wenn er „Hit&Run“ als den Normalfall ansieht, wenn das auch die LMA tut?
Ein deutlicher Programmbezug bzw. eine weniger störende Einbindung der Dienste sind im Sinne einer besseren Programmverträglichkeit notwendig.
Ob der Erfinder des Quizbreak diesen Satz gelesen und verstanden hat?
Die Nutzung der Mehrwertdienste gibt unmittelbar Aufschluss darüber, was ankommt und was nicht
Man beachte, wie „gut“ diese Mehrwertdienste mittlerweise angenommen werden. Während die Stimmabgabe für Castingshows noch ganz gut läuft (jedenfalls so lange man dabei nicht zu deutlich bescheisst, man erinnere sich an die Buhrufe bei Popstars) ist bei den reinen Gewinnspielen nur noch das statistische Rauschen der Lemminge zu vernehmen. Immerhin kann man es anscheinend noch messen, von arte heisst es ja üblicherweise: „kaum mehr messbar“ …
Auf dieser Basis lassen sich Anwendungen bestens optimieren.
Man braucht nicht viel Fantasie, um diesen Satz als Aufforderung zu begreifen. Und in welcher Richtung optimiert werden soll, ist klar, wenn man den Adressaten dieser Mitteilung betrachtet…
Telefonische Mehrwertdienste werden von TV- und Hörfunkveranstaltern nicht nur als Einnahmequelle geschätzt, sondern erfüllen darüber hinaus wichtige Funktionen bei der Zuschauer- und Hörerbindung sowie bei der Imagebildung eines Senders. In diesem Sinne wird sich die Qualität der angebotenen Dienste – vor allem im Hinblick auf deren inhaltlichen Programmbezug und die Transparenz – in Zukunft weiter deutlich erhöhen.
Diese Transparenzprognose
ging wohl deutlich - in die Hose!
Doch mit dem Image (nicht zu knapp)
ging es weiterhin bergab.
Alle Referenten des Workshops haben betont, dass dies eine essentielle Voraussetzung für die Schaffung von Nachhaltigkeit im Segment Call Media und letztlich für die Erschließung neuer Nutzerpotenziale darstellt.
Jungs, ich find das unerhört,
man hat euch wohl nicht zugehört!
(schlechter Reim, weiss ich selber, Smaul! )
Die aktive Umsetzung und die Kommunikation klarer Leitlinien für Call Media-Angebote gegenüber den Verbrauchern spielt dabei eine zunehmend wichtige Rolle.
Mit der Kommunikation meint man offenbar das Brüllen von Slogans wie "Das ist Fair! Das ist 9live! Das sind Wir! " etc. Dass mit der aktiven Umsetzung das Einhalten der klaren Leitlinien gemeint ist - hat man über all die Brüllerei dann wohl vergessen…
Die vorgestellten und diskutierten Ansätze lassen erwarten, dass der Zuschauer und Hörer künftig noch stärker in den Mittelpunkt von Call Media-Anwendungen rücken wird.
Ach, war der Zuschauer etwa vorher nicht im Mittelpunkt? Soso! Oder hätte der Satz nicht vielmehr lauten sollen:
„Die vorgestellten und diskutierten Ansätze legen nahe, dass Call Media-Anwendungen nur dann an Zuwachs gewinnen, wenn die Interessen der Zuschauer und Hörer künftig noch stärker in den Mittelpunkt rücken.“ Da ging wohl was verloren…
Ach ja, die Kurzfassung zur Intention
Eine wichtige Intention dieser Studie ist, gerade den lokalen und regionalen Hörfunk- und Fernsehanbietern zu zeigen, dass Mehrwertdienste auch in ihrem Bereich ein nicht zu unterschätzendes zusätzliches Instrument der Wertschöpfung darstellen können.
lässt sich auch aus Verbrauchersicht formulieren, dabei kann man sogar das Wort „Wertschöpfung“ stehen lassen, man muss nur ein „r“ vor den Umlaut stellen!
Wer inzwischen erschöpft ist: Die Botschaft zwischen den Zeilen dieser langen Pressemitteilung lässt sich auch so zusammenfassen:
Call-In-Boys und -Girls, Eure Kundschaft ist uns zwar noch egaler als ihr es schon seid, aber wenn ihr mit dieser Art Geschäftsmodell noch in 5-10 Jahren Kohle scheffeln wollt, solltet ihr moralischer handeln als ihr es jetzt tut!
Man sieht, dass in diesem Papier die den LMAs gern zugeschanzte Rolle als „Medienwächter“ kaum spürbar ist. Ein sehr wohlgewillter Gutmensch mit Gottvertrauen und Engelsgeduld wird aber auch aus solch einseitigen Stellungsnahmen keine Rückschlüsse auf unschöne Dinge wie Vetternwirtschaft / Korruption / etc. schliessen. Die LMAs haben sich eben im politischen Auftrag gefühlt, den Partnern aus der Medienwirtschaft in einem juristisch gesehen recht komplexen Umfeld den Zugang zu den Kanälen zu erleichtern. Für die „andere Sicht“ sahen sie die Verbraucherschutzverbände und Staatsanwaltschaften in der Pflicht. ( vielleicht sogar noch diesen seltsamen Verband der Rundfunkteilnehmer, diesen komischen Verein, dessen Sitz in München ist, von dem man aber seit 2003 kaum noch etwas hört )
Dass aber in einem Umfeld, in dem der Veranstalter sämtliche technischen und inhaltlichen Details vom eingesetzten Telefonsystem bis zur Kamera im direkten, möglicherweise manipulativen Zugriff hat, der Verbraucherseite, die Verbraucherschutz und Staatsanwaltschaft alarmieren könnte, nur noch die Anscheinsvermutung und Indiziensammlung per Videomitschnitten bleibt und an so etwas wie Beweismittelsicherung kaum zu denken ist, tja, ist doch deren Pech, damit hat die LMA doch nichts zu tun! ( Und wenn einer aus Versehen zu laut wird und in einem Anfall geistiger Umnachtung ob solcher Übervorteilung und mangelnden Möglichkeiten der Beweissicherung ein Wort schreit, von dem man ausgehen könnte, dass es geschäftsschädigende Wirkung zeitigt, gibt es eben Nebeneinkünfte der juristischen Art für die Betreiber und deren Anwälte )
Nun gut, in einem Fall heilt die Zeit Wunden, im anderen Fall kann sogar so etwas wie ein Gewissen entstehen. Und bei den LMA konnte man über die Zeit dann doch punktuell so etwas wie die Entstehung eines Gewissens beobachten. Dass sie dann aber sogar gezwungen sein könnten, ihren ursprünglichen Schützlingen nicht nur Bußgelder anzudrohen, sondern diese gar einzufordern - das trifft sie dann doch hart, für dieses Geschäftsmodell scheint die LMA noch nicht wirklich vorbereitet zu sein. Immerhin zeigt es sich, dass die LMAs unterschiedlich sorgfältig bei der Bußgeldeinnahme vorgehen, dass es der bayerischen weniger gelingen mag als der aus einem weiter nördlich gelegenen Bundesland. Achja, man sollte nicht zuviel hineininterpretieren, das mag einfach nur interne Ursachen haben. Und ob sich die LMAs schon Gedanken gemacht haben, wem sie diese Gelder zugute kommen lassen könnten? Bestimmt nicht diesen seltsamen selbsternannten Aussenstellen, die Ihren Schützlingen die letzten Jahre so sehr zugesetzt haben. Oder wird sich eine der nördlicheren LMAs diesen anerkennenden Schritt trauen?