Kurz Kommentiert Vorschlag: ZDF Film "Racheengel"

Nun auch das ZDF mit einer filmischen Aufarbeitung der Missbrauchsskandale. Bisher nicht schlecht wie ich finde, bisschen komische Mischung aus zerrütteter Familiengeschichte und Krimi, aber gut. Allerdings: in diesem Film wird seit Anfang an davon gesprochen, dass eine Familie einen Lehrer wegen sexuellem Missbrauch verklagt und diese Klage dann überraschend zurückzieht… wenn mich nicht alles täuscht ist sexueller Missbrauch an Kindern, wie auch Vergewaltigung etc. ein sogenanntes Offizialsdelikt, dass “ist eine strafbare Handlung, die von Amts wegen, also ohne Rücksicht auf den Willen des Verletzten verfolgt wird”(http://www.boeckenhoff.de/LEXIKON.HTM#o, Kläger ist also der Staat, der durch die Staatsanwaltschaft vertreten wird. Der Kläger oder auch die Angehörigen können also nicht die Klage zurückziehen. Ohne Jurist zu sein, glaube ich, dass das Opfer oder deren Angehörige als Nebenkläger auftreten können, Ankläger ist und bleibt aber die Staatsanwalt.

Ich finds schon recht peinlich, dass bei so einem sensiblen Thema nicht mal ein minimaler Aufwand an juristischer Recherche betrieben wird. Mir klingelte es im Ohr, als ich das mit der Anklage im Film hörte und brauche keine fünf Minuten um mir das ganze zurechtzusuchen. Ich kann mich auch täuschen, aber wie gesagt, einer Produktion, gerade im bildungsbeauftragen ÖR sollte doch eine solch minimale juristische Recherche betreiben!

Edith sagt gerade: Du liebe Zeit, nun wird es doch ein selten schlecht konstruiertes irgendwas in dem Film. Aber meine juristische Belehrung bleibt :mrgreen:

Ja, du hast recht. Ich habe den Film zwar nicht gesehen, aber hier steht etwas von Einstellung „durch die Kläger“ am ersten Prozesstag.

Zwar ist klar zu trennen (was auch die taz nicht stringend durchhält) zwischen einer strafrechtlichen Anklage und einer zivilrechtlichen Klage. Ankläger im Strafverfahren ist, wie sich schon aus dem Gewaltenteilungsgrundsatz ergibt, immer die Staatsanwaltschaft als Verteterin der Exekutive. Im Strafverfahren lässt sich daher nie eine „Klage zurücknehmen“, dies ist nur im Zivilverfahren zwischen zwei privaten Parteien möglich.

Allerdings sind im Strafrecht einige Delikte Antragsdelikte, wie etwa Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch, „einfache“ Körperverletzung etc… Das heißt, die Straftat wird nur auf Antrag des Verletzten verfolgt und nicht wie bei den sog. Offizialdelikten von Amts wegen. Der sexuelle Missbrauch von Schutzbefohlenen
nach § 174 StGB oder von Kindern nach § 176 StGB ist, da im Gesetz keine Strafantragsvoraussetzung geschrieben steht, ein Offizialdelikt. Auf die Strafverfolgung hat der Verletzte damit keine Einwirkungsmöglichkeiten. Im Kern hast du als juristischer Laie damit vollkommen Recht :smiley:

Selbstverständlich kann das Verfahren vor Anklageerhebung wegen fehlenden hinreichenden Tatverdachts oder auch nach Anklageerhebung durch Gerichtsbeschluss nach Maßgabe der §§ 153ff., 170 II StPO (geringe Schuld etc.) eingestellt werden. Darauf hat der Verletzte aber keinerlei Einfluss.

Wenn dies in dem Film tatsächlich so dargestellt worden ist, ist es grob falsch. Vielleicht waren sie beim ZDF mit dem Drehbuch etwas zu schnell und wollten den Film zeigen, solange Odenwaldschule und ähnliche Missbrauchsfälle noch in den Köpfen der Menschen präsent sind…