"Kony 2012" - Der Zweck heiligt die Mittel?

Hallöchen Popöchen!

War mir nicht ganz sicher, ob ich das nicht lieber unter “Politik und Gesellschaft” abheften soll, aber letztlich passt es hier genausogut wie dort.

Es geht um folgendes Video:

[spoiler][video]http://www.youtube.com/watch?v=Y4MnpzG5Sqc[/video][/spoiler]

In tatsächlich bemerkenswerter Weise hat es dieses Video geschafft, geplantermaßen “viral” zu gehen. 13,5 Millionen Views (werden zumindest gerade angezeigt) an nichtmal zwei Tagen.

Warum mache ich das zum Thema?

Der Videohersteller kritisiert in Kampagnenform einen Kriegsverbrecher (Joseph Kony, LRA-Führer in Zentralafrika), der Kinder verschleppt, zu Soldaten- oder Sexsklavendasein zwingt und tötet. Zigtausendfach.

Die vom Videohersteller gegründe Organisation “Invisible Children” will Aufmerksamkeit schaffen, um die Regierung der USA dazu zu bringen, sich in dieser Sache bis zum Erfolg, dem Arrest Konys, einzusetzen.

Es werden im Video gezielt Dinge angesprochen, die man durchaus als generelle Kritik verstehen könnte. Beispielsweise will er die existierenden Propagandamechanismen zum Zwecke der Gerechtigkeit nutzen (Kony festnehmen). Er bittet um Unterstützung (Plakatieren, Verbreiten, Spenden).

Er nutzt dabei die komplette Palette an manipulierenden und Emotionen schürenden Stilmitteln: Sein Kleinkind. Musik. Bilder. Vergleiche. Gruppenzugehörigkeitsgefühle. Und er macht das sehr geschickt.

Meine Frage ist nun:

Kann man Leute so aufklären?
Ist es eine gute Sache, diese Mittel zu verwenden, um Menschen dazu zu bringen, etwas zu tun, ohne, dass sie
wirklich verstehen, warum sie es tun?

Kurzes Statement

…da ich den Thread gestartet habe, will ich nicht eine seitenlange persönliche Sichtweise an den Anfang stellen. Ich will nur sagen, dass ich die Sache sehr gespalten sehe:

Auf der einen Seite stehen der Erfolg in der Sache (und danach sieht es aus). Auf der anderen Seite könnten die Leute, die sich nun daran beteiligen, glauben, auf diese Weise ausreichend Beitrag zu einer guten Welt geleistet zu haben und sich dann zurücklehnen, anstelle kritisch zu reflektieren. Oder sie werden im Gegenteil angefixt für die Probleme der Welt und machen sich tatsächlich weiterführende Gedanken.

Ich weiß nicht, ob man Leute auf diese Weise aufklären kann. Es wirkt einfach alles zu emotional, wobei es natürlich ein emotionales Thema ist.

Aber man darf nicht vergessen wer überhaupt dafür sorgt bzw. gesorgt hat, dass Kony all diese Verbrechen begehen konnte. Die Mächtigen, und die kommen mir bei diesem Projekt zu kurz.

Dieser Mann ist nicht erst seit ein paar Jahren in diesem “Geschäft”, sondern schon sehr sehr lange und in all der Zeit konnte oder wollte man nichts dagegen machen? Und wieso nur Kony? Es gibt genügend, verzeiht mir den Ausdruck, Dreckskerle auf dieser Welt die ebenfalls unter Arrest gestellt werden müssen.

Klar ist es gut, wenn in der Hinsicht mehr geleistert wird, aber zu welchem Preis? Und auf welche Art und Weise?

Naja, dies ist mein Teil dazu. Tut mir leid, wenn ich nicht weiterhelfen konnte, Poppstar.

PS: Meine Freundin ist total angefixt von der Sache. Will unbedingt Mitglied werden und helfen :roll:.

Es ist ja eigentlich schön zu sehen, dass so viele Menschen ihr Mitgefühl zeigen und von dieser Problematik erfahren.
Ich hab mir gestern also dieses Video angeschaut und was Poppstar bereits erwähnt hat kann ich nur bestätigen. Seltsame Mittel mit denen da gearbeitet wird. Ich hab aufjedenfall erstmal die Stirn gerunzelt und mich ein bisschen bei tumblr umgeschaut und siehe da…
Blindes Abnicken und wenn man sich also, wie ich, etwas kritisch gegenüber der Aktion äußert, ist man z.B. “ignorant”, “unmenschlich” oder ein “Hipster”. Sorry aber sowas lasse ich mir nicht von Leuten an den Kopf werfen, die erst seit gestern von einem Land names Uganda wissen.
Man kann nicht einfach auf diese eine Person Joseph Kony deuten, “Catch the bad guy!” und komplexe Zusammenhänge völlig außer Acht lassen.
Zumal die Organisation Invisible Children wirklich genauer unter die Lupe genommen werden sollte. Im Video selbst wird deutlich, dass sie sich für die Unterstützung der ugandischen Armee einsetzten, dabei ist diese kaum einen deut besser als die LRA. Vergewaltigen und Rauben tun die auch.

[spoiler][/spoiler]

naja, ich hab hier noch ein paar lesenswerte Links, falls jemand interessiert ist:
http://visiblechildren.tumblr.com/tagged/KONY-2012
http://justiceinconflict.org/2012/03/07 … n-a-notch/
http://blogs.independent.co.uk/2012/03/ … questions/

Danke Finsterbergmade, ich sehe das ganze auch kritisch.

Was eine widerliche Heuchelei das Ganze ist! Mit einem höchstmanipulativem Video wird Mitleid erzeugt und alle „liken“ und „teilen“ brav das Video ohne damit auch nur das geringste zu bewirken. Aber Hauptsache man zeigt Mitgefühl für den guten Zweck, das fühlt sich halt so gut an, wenn man ein kleiner Kämpfer für den Weltfrieden ist, was? :slight_smile: Auch wenn man sich danach nie wieder um das ganze was schert…

Dann kommen die Links, die Finsterbergmade am Ende gepostet hat. Das ist nämlich nur eine Seite der Medaille. Auch wenn dieser Kony ein Verbrecher der ekelhaftesten Sorte ist, so unterstützt diese Visible Children Organisation anscheinend genauso Militärs welche vergewaltigen und plündern.
Dabei geht auch nur ca 1/3 ihrer Einnahme direkt in die Hilfe, der Rest wird wieder einmal für Verwaltung und solche Werbekampagnen verpulvert.

Es ist wie es immer ist: Fast keiner hat wirklich Ahnung um was es geht (ich nehme mich da nicht aus), aber man vertraut blind auf die Aussagen eines manipulativen Videos ohne sich weiter damit zu beschäftigen. Man folgt brav der Aufforderung und verbreitet das Video immer weiter und weiter und schafft sich damit ein gutes Gewissen. Geholfen wird damit leider niemandem, außer der Organisation selbst welche wohl selbst auch genug Dreck am Stecken hat.

EDIT: Hab hier noch nen interessanten Blogartikel gefunden: http://blog.zeit.de/netzfilmblog/2012/0 … anda-film/

@strohaLm
Danke für den Link. Der Artikel beschreibt die Lage recht gut, finde ich.

Der Film ist jedenfalls sehr emotional. Ich hatte erst gedacht, der gute Poppstar hat vielleicht ein wenig übertrieben, aber der Film arbeitet tatsächlich mit allen nur erdenklichen Mitteln der Emotionalisierung. Wir haben also gesehen (oder auch erlebt, je nachdem, wie sehr man sich darauf einlässt), wie tragisch das alles ist. Normalerweise bleiben Einzelschicksale aus diesem Gebiet der Welt ja eher abstrakt, insofern leistet der Film durchaus einen Beitrag.
Wer aber tätig werden möchte, hält sich vielleicht doch besser an traditionelle Organisationen; einige sind im Artikel aufgeführt. Ich glaube, die Anhänger im Internet verrennen sich da in etwas, was sie nicht durchschauen. Am Ende sind sie dann enttäuscht und der nächste, der für Hilfe werben will und seriöser ist, hat es dann vielleicht schwerer.

In diesem Zusammenhang:
Click on Uganda
:stuck_out_tongue:

Ja, für mich heiligt der Zweck die Mittel. Natürlich ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber wie willst du denn die breite Maße erreichen, wenn nicht durch Propaganda. Eine dreistündige, objektive Dokumentation über die Machtverhältnisse in Uganda schaut sich doch keiner an!
Meine erste Handlung war, nachdem ich das Video gesehen hatte, hier zum Fernsehkritik-Forum zu kommen und mir hier die allgemeinen Stimmen anzuhören, weil ich die Objektivität hier sehr schätze. Dennoch bin ich unglaublich fasziniert, was für eine Wirkung dieses Video hat. Und stellt euch mal vor sie haben Erfolg und Kony wird bis zum Ende des Jahres verhaftet?! Welche Möglichkeiten sich daraus entwickeln! Ich sehe gerne über das propagandistische an diesem Werbefilm hinweg, da mit das Internet immer die Möglichkeit bietet etwas von zwei Seiten zu beleuchten…

Am Ende des Tages sind uns die Neger doch sowas von scheißegal. Dass es Kindersoldaten gibt, die Leute in (Zentral-) Afrika massenweise wegen Hunger, Krankheit und Krieg verrecken, weiß doch wirklich jeder. Durch Aufklärung kann keine Empathie generiert werden, es funktioniert einfach nicht. Das behaupte ich nicht einfach so, es ist sozialpsychologisch erwiesen. Mehr als kurzzeitige Aufmerksamkeit wird im Schnitt nicht dabei rauskommen. Also ist es eigentlich auch egal wie der Ersteller das Video gestaltet hat. Die Menschheit wird es nicht aufrütteln können und bald schon wieder vergessen sein z.B. wenn der Ölpreis steigt oder das Abendland von barbarischen Invasoren bedroht wird etc.

Wieso bin ich nicht darauf gekommen, dass man mit „süßen Kinder“, dramatischen Geschichten und bischen Musik dazu. Tausende Leute dazu bringen kann, irgendwelchen scheiß zu kaufen.

Ja, für mich heiligt der Zweck die Mittel. Natürlich ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber wie willst du denn die breite Maße erreichen, wenn nicht durch Propaganda. Eine dreistündige, objektive Dokumentation über die Machtverhältnisse in Uganda schaut sich doch keiner an!
Meine erste Handlung war, nachdem ich das Video gesehen hatte, hier zum Fernsehkritik-Forum zu kommen und mir hier die allgemeinen Stimmen anzuhören, weil ich die Objektivität hier sehr schätze. Dennoch bin ich unglaublich fasziniert, was für eine Wirkung dieses Video hat. Und stellt euch mal vor sie haben Erfolg und Kony wird bis zum Ende des Jahres verhaftet?! Welche Möglichkeiten sich daraus entwickeln! Ich sehe gerne über das propagandistische an diesem Werbefilm hinweg, da mit das Internet immer die Möglichkeit bietet etwas von zwei Seiten zu beleuchten…

  1. Die Organisation die dahinter steht, ist extrem fragwürdig, und mag vielleicht sogar sagen das sie nur Geld wollen. Insgesamt senden sie nur 30% der Spenden auch wirklich nach Afrika, und allein die Gründer, „verdienen“ rund 90.000$ pro Jahr, vielleicht sogar mehr.
  2. Das Geld was gespendet wird geht an das Militär in Uganda, wobei der Herr Kony garnicht mehr dort wohnt, oder vielleicht schon lange tot ist. Und jenem Militär wird auch vergewaltigung, ausrauben und sinnloses Töten vorgeworfen(http://www.observer.ug/index.php?option … Itemid=116)
  3. Es macht absolut keinen Unterschied ob jetzt millionen Leute Kony Namen kennen, wie soll er dadurch gefunden werden? Soll ich beim einkaufen aufmerksam sein ob er mir überm Weg läuft? Oder hat sich Kony etwa ein Facebook profile angelegt? Er wird sich irgendwo in Afrika verstecken und dann ist es wohl relativ egal ob ein paar Leute auf Facebook seinen Namen kennen.
  4. Selbst wenn er gefunden und getötet wird, wird er einfach durch irgendeinen ersetzt, solche Leute nutzen die Armut aus und solange es dort noch immer extreme Armut gibt, solange wird es immer Leute geben wie Kony. Man sollte sich eher um die Armut kümmern aber nicht um Kony

Haha ich hab schon paar sehr lustige Bekannte bei Facebook. Zwei Leute, welchen ich den kritischen Artikel von der Zeit als Kommentar unter ihren Link zum Kony 2012 Video gepostet habe, haben eben diese Antwort kommentarlos gelöscht.

Manche wollen auch einfach ihre Augen nicht weiter aufmachen…

Ich bekomme bei dem Video die Krise gefühlte Tausende haben es auf irgendwelchen Blogs, Foren oder Netzwerken verbreitet. Bald beiß ich in meine Tastatur.
Scheinbar gibts ja hier noch vernümpftige Menschen. Aber der Rest denkt, mit einem Like und einem Share kann man die Welt verbessern. Dann noch 15$ (10 für die Orgasination 5 fürs Militär) spenden und alles hat sich.
Und richtig lustig wird da es erst mit der Doppelmoral. Alle sind gegen den Krieg, aber mal eben weiter Waffen nach Afrika schippen und ein Militär ausstatten, damit die einen Einsatz starten, bei denen garantiert viele Kinder sterben werden.
Aber hey, unterstützen wird das, weils gerade cool ist ohne uns selber mal schlau zu machen.

Hoffentlich ist der ganze Murks in einer Woche wieder vergessen -.-’

Diese Organisation ist nichtmal eine non-profit Organisation, den größten Teil der Spenden stecken die sich in ihre eigenen Taschen. Auch würden sie niemals anderen helfen, wenn sie es nicht filmen und anderen unter die Nase reiben könnten a la „Seht her, ich helfe Minderheiten!“.

Das ist genau der falsche Ansatz, verlogen, heuchlerisch. Guter Zweck, falsche Mittel. Und der Filmemacher benutzt sogar seinen Sohn dazu. Unterste Schublade.

Die BWLler müssten sich eigentlich die Hose wechseln, so genial ist das Geschäftsmodell.

Eine dreistündige, objektive Dokumentation über die Machtverhältnisse in Uganda schaut sich doch keiner an!
Weils keinen interessiert weil 90% der Menschen ihre eigenen Probleme haben. Mehr als „schlimm schlimm“ sagen und Betroffenheit heucheln kann man als Normalbürger auch nicht machen, etwas Geld an humanitäre Hilfe in Afrika ist natürlich nie verkehrt aber an den grundsätzlichen Problemen rüttelt man dadurch nicht.

Ja, sollen sie das Militär anstatt mit Waffen lieber mit Sonnenblumen und einem Tamburin ausstatten. Damit ist den Menschen sicherlich auch viel besser geholfen :smt017

ich steh dem auch gespalten gegenüber, aber ist die tatsache, dass darüber gesprochen wird, nicht schon ein erfolg ?
der einzig sinnvolle weg wäre es doch mit sondereinsatzeinheiten Kony und sein höchsten gefolgsleute umzubringen, damit die kindersoldaten ermutig werden, die waffen fallenzulassen. so oder so, ein erfolge hätte auch immer den tod einiger kindersoldaten zur folge.
bin aber mal echt gespannt, wie sich die sache weiterentwickelt.

der einzig sinnvolle weg wäre es doch mit sondereinsatzeinheiten Kony und sein höchsten gefolgsleute umzubringen, damit die kindersoldaten ermutig werden, die waffen fallenzulassen.
Wäre das nicht erst Recht ein Grund der Kindersoldaten, weiterzuballern? Gezielte Tötungskommandos haben doch schon ganz andere Regionen erst Recht im Chaos versinken lassen.

Ich glaube,d as bringt nix. Der sitzt irgendwo gut versteckt im Dschungel wo die Leute kein Internet oder überhaupt Strom haben. Osama Bin Ladens Gesicht war auch überall bekannt, und man hat ihn 10 Jahre lang nicht finden können.

Man muss den Menschen in Afrika (und auch außerhalb) helfen, keine Frage. Ich würde diese Orgsanisation allerdings eher mit Organisationen vergleichen, die die armen spanischen Straßenhunde nach Deutschland karren und hier für viel Geld verkaufen. Menschen, die sich auf so etwas tatsächlich einlassen, rühmen sich dann damit, dass sie ja so unglaublich sozial und hilfsbereit sind. Währenddessen macht dann drei Straßen weiter das Tierheim zu, weil einfach kein Geld mehr da ist…

Der hatte sich aber auch dreisterweise völlig unerwartet nicht in Erdlöchern versteckt, sondern in seiner Villa. Wer kommt denn bitte auf sowas? (Hat Kony eine Villa? Dann hätte ich einen Vorschlag, wo man suchen könnte…) :ugly

Im Endeffekt ist die Aktion womöglich wirklich gut gemeint. Aber die Aufmerksamkeit für Kony und Uganda wird wohl recht schnell abnehmen, wenn irgendwer Amok läuft oder irgendwo eine Naturkatastrophe wütet.

Das ganze Kony erinnert mich an ACTA das geht 1 Woche lang danach interessiert es keinen mehr.

Auch wenn das vielleicht jetz kein übermäsig sinnvoller Beitrag ist, trifft es das aber ganz gut:

Wie lapulga83 sagte, in 1-2 Wochen interessiert sich doch eh keine Sau mehr dafür.