Ich halte die Aktion für falsch. Sie wird exakt nichts bringen außer Ärger. Ich habe, wie andere auch, den Verdacht, dass der Fernsehkritiker hier in erster Linie Aufmerksamkeit erregen will, zumal die KEF ja bereits angekündigt hat, angesichts der Mehreinnahmen die Höhe des Beitrages auf den Prüfstand zu stellen.
Ich habe kein Problem mit dem jetzigen System und unterstütze den ÖR und besonders “meinen” WDR gern:
Ich bin Berufspendler und höre täglich mehrere Stunden im Auto WDR2. Da fühle ich mich gut informiert und gut unterhalten. Ich schätze die Nachrichtenformate (Radio und Fernsehen) für ihre Themenauswahl, denn ganz häufig lese ich den ganzen Tag auf SPON, taz und sueddeutsche nichts von bestimmten Themen (z.B. Außenpolitik), was aber in den moderierten Nachrichtensendungen besprochen wird. Ich kenne keine Nachrichtensendung im Fernsehen, die es mit der Qualität der tagesschau aufnehmen kann - trotz gelegentlicher Pannen bei Landkarten, die Holger dann lückenlos anspricht.
Mit einer “ich informiere mich selbst”-Einstellung kann man sich ganz schnell selbst in die Tasche lügen - man bekommt dann wirklich nur noch die Themen mit, die einen interessieren. Es gibt manchmal aber darüber hinaus noch Themen, die relevant sind (Geradezu putzig übrigens in dem Zusammenhang die Leute, die gleich eine Verschwörung hinter jeder tagesschau wittern und die Abhängigkeit des ÖR mutmaßen).
Wir schauen, wenn überhaupt, zu Hause eigentlich nur englische/amerikanische Serien, Filme und ÖR. Privatfernsehen kommt bei uns gar nicht vor, u.a. weil wir das nur analog empfangen und die Qualität des digitalen ÖR technisch besser ist. Zu den Sendern, die bei uns am Häufigsten laufen, gehört ZDFneo, oft schauen wir Sendungen zeitversetzt über die Mediatheken. Vieles von dem hätte in einem privaten Sender vermutlich keinen Platz.
Ich kann auch mit manchen Programmen nichts anfangen. Ja, auch im ÖR-Fernsehen läuft viel Mist, vor allem vor 18 Uhr, und man kann sicherlich argumentieren, es solle lediglich eine Grundversorgung geben und der ÖR müsse mehr Qualitätsprogramm machen.
Ich bin nur nicht sicher, ob das stimmt. Der Rundfunkbeitrag kann auch nur dann gerechtfertigt sein, wenn das Programm massenkompatibel ist. Man kann sicherlich keine 18 € im Monat verlangen und dann nur ARTE, 3sat, Phoenix und ZDFneo senden. Deshalb haben die “niveaulosen” Massenprogramme genauso ihre Berechtigung. Die Mischung macht’s. Diese Mischung mag man kritisch sehen, vor allem wenn die falschen Brennpunkte, zu viel Volksmusik und zu viele Talkshows laufen und man der Meinung ist, manche Sendung hätte es verdient, im “Hauptprogramm” zu laufen. Und auch die Strukturen der Anstalten geben oft Anlass zu Kritik, ebenso wie noch früher die Methoden der GEZ (ich habe als Student auch die meiste Zeit nicht gezahlt und mich darüber geärgert, dass man immer aufgefordert wurde, den Fernseher endlich anzumelden, wenn man bereits wegen Radio/Internet-PC den kleinen Beitrag zahlte). Auch die Kritikfähigkeit in eigener Sache ist sicherlich verbesserungsfähig (aber das gilt für unseren Fernsehkritiker deutlich stärker…).
All das rechtfertigt aber für mich nicht, das Gesamtsystem zu verteufeln oder, letztlich schlicht rechtswidrig, die Zahlung zu verweigern. Dafür gibt es auch, anders als der Fernsehkritiker es behauptet, keinen konkreten aktuellen Anlass.