Huhn oder Ei ...?

Hi Boarders,…

Ich habe diesen Post mal hier herein gestellt, weil mir nach der Durchsicht aller Möglichkeiten kein geeigneter Platz in’s Auge sprang und … ich den Spam-Bereich für etwas verfehlt halte. Sollte den Mods ein passenderer einfallen,… dann sei’s drum.

Ich habe mich gestern und vorgestern mal gefragt, was wir eigentlich kritisieren? Kritisieren wir das Fernsehen oder kritisieren wir im Eigentlichen die Gesellschaft? In vielen Posts lese ich, das das Fernsehen die Menschen verdummt, manipuliert und Meinungen induziert. Der Standpunkt ist sicherlich nicht verkehrt.

Oder ist es umgekehrt?

Hat sich die intellektuelle Prägung der Gesellschaft mehr und mehr von einer kritischen und denkenden Masse weg zu einer beeinflussbaren und konsumierenden Bevölkerung gewandelt? Hat schlußendlich das Fernsehen nur einen Markt bedient, der sich langsam gebildet hat oder … hat es diesen Markt, dieses Zuschauerprofil geprägt, was ihm diese Quoten sichert?

Ich möchte klarstellen, das ich hier von der Majorität rede, von der Mehrheit, nicht von den einzelnen, die durchaus die Qualität intellektueller und anspruchsvoller Information und Unterhaltung zu schätzen wissen.

Was also war der Ursprung der Entwicklung, wo zielt sie hin und … ist dieses Phänomen auch das ausschlaggebende Signal in die anderen Bereiche des Lebens, … Politik, Beziehungen oder Konsum?

Wirklich interessanter Thread!

Ich denke es hat sich eher als ein Teufelskreis entwickelt. Das Fernsehn hat anfangs etwas günstiges produziert: Das erste Reality TV. Unerwarteter Weise waren die Einschaltquoten recht hoch. Also dachte man man hätte einen günstigen Weg der guten Unterhaltung gefunden. Plötzlich merkte man, dass “Sensationen” in diesen Sendungen noch mehr Zuschauer brachte. Man begann im Reality TV immer mehr zu stellen und zu faken. Letztendlich entwickelten sich Alarm für Cobra 11 oder bescheuerte Fake-Gerichtsshows, die weiter von der Realität entfernt sind als jeder noch so abhängige Junkie. Den Teufelskreis hierbei sehe ich im langsamen Wandel. Während es anfangs nur wenige Billigsendungen gab, die gute Einschaltsquoten erzielten, produziert man diese heute in unglaublichen Massen, da die Einschaltquoten immer noch akzeptabel aussehen. Wie sollten diese aber auch wirklich schlecht sein? Macht man Nachmittags mal den Fernseher an gibt es ja fast nur diesen Scheiß. Würde jemand zu dieser Zeit mal die Sendungen zeigen, die morgens auf Pro 7 laufen (wie Malcolm Mittendrin, What’s up Dad!? oder Scrubs) würde das sicher mein Lieblingssender werden. Viel teurer scheint es ja auch nicht zu sein diese auszustrahlen, da sie morgens laufen, wo kaum einer Fernsehn guckt. Meiner Meinung nach hat der Durchschnittszuschauer durch das Billigfernsehn mit der Zeit seinen Sinn für TV-Qualität verloren und kann den Müll den er sieht gar nicht mehr kritisch beurteilen.

Ich sehe das genauso wie H&S Films.
Nur, dass alles mit einer einzigen Sendung angefangen hat, glaube ich nicht. Ich denke, dass es mehrere Billigsendungen auf mehreren Sendern gleichzeitig und eine erfolgreich war - daraufhin wurde das Konzept massenhaft kopiert. Gleichzeitig gab es weniger (wirkliche) Wissenssendungen, die entweder zugunsten des ganzen Reality-TVs aus dem Programm geschmissen wurden oder an denen wegen der ganzen Billigsendungen kein Interesse seitens der Zuschauer mehr bestand. An Verdummung glaube ich ehrlich gesagt nicht - wenn wieder mehr Wissenssendungen gezeigt werden würden, dann würden auch die Zuschauer merken, dass so etwas interessant ist und die Quoten würden wieder steigen. Aber da ja die ganzen Reality-Billigsendungen so gut laufen, wird das nicht getan.
Eine Abwärtsspirale, wie gesagt.

Hallo,

Ich denke auch, dass die “Schuldigen” für dieses Phänomen der - nennen wir es ganz allgemein - Verschlechterung des Fernsehprogramms auf beiden Seiten zu finden sind. Die Macher machen nur das Programm mit den sie auch genügend Quote bekommen, also gibt es für das Programm halt auch genügend Zuschauer. Somit könnte man sagen, dass die Zuschauer Schuld sind, dass die Programmmacher so ein Murks produzieren.
Andererseits gibt es genügend Haushalte in denen der Fernseher ständig läuft (z.B. während dem Mittag- oder Abendessen :shock: ) und dort wird halt alles unreflektiert geglotzt, was die Sender ausstrahlen. Da könnte man sagen, dass die Programmmacher die Verantwortung haben, ein vernünftiges Programm zu senden um den intelektuellen Standard zu wahren.
Ingesamt bin ich jedoch der Meinung, dass der Zuschauer viel mehr Macht hat, da wenn eine Sendung so gut wie keine Einschaltquoten bekommt (als Beispiel vielleicht diese letzte “Uri Geller Show”?) dann werden auch keine weiteren Teile mehr produziert. Nur wenn das Verhaltnis von Einschaltquote vs. Kosten OK ist, wird weitergesendet.

Ich würde sagen, dass der Impuls von der Gesellschaft gegeben und vom Fernsehen aufgegriffen wurde. Das ganze entwickelte sich dann zu eine Art Teufelskreis, wie schon gesagt wurde.
Man kann es auch geschichtlich sehen. Die meisten Hochkulturen zerfielen meistens, weil eben ihre Kultur wieder zerfiel und man das hohe Niveau nicht halten konnte.
Bei uns heutzutage könnte auch der Wohlstand ein Grund für die Verdummung der Gesellschaft und damit des Programms sein.
Doch Wohlstand bringt Faulheit und das nicht nur körperlich. Die meisten Gewinne wurden doch bisher in Gebieten gemacht, die das Leben verschönern. Beispiel hierfür ist die Unterhaltungselektronik.
Seien wir doch ehrlich, es gibt nichts was uns direkt bedroht. Selbst wenn man keine Arbeit hat, bleibt immer noch Hartz 4. Ich will jetzt niemanden damit auf den Schlips treten. Fakt ist aber, dass die meisten (also die Mehrheit) damit immer noch gut hinkommen und überleben können. (Also ein gewisses soziales Netz ist schon noch vorhanden, auch wenn es in den letzten Jahren löchriger geworden ist)
Auf jeden Fall hat der Wohlstand anscheinend dazu geführt, das viele ihren freien Willen aufgeben und besonders für Geld alles machen.
Das Fernsehprogramm entwickelt sich außerdem für den Staat zum neuen Kolosseum. Das Fernsehen und das soziale Netz haben den gleichen Effekt wie Brot und Spiele im antiken Rom.
So etwas wie in Griechenland würde in Deutschland nicht passieren. Würde hier ein 15-jähriger erschossen, würde es ein Teil nicht mitkriegen, einem großen Teil wäre es egal, der Rest meckert, aber zu solchen Ausschreitungen käme es kaum.
Das Volk ist schließlich versorgt und den meisten geht es doch noch gut.
Achtung, das heißt jetzt nicht dass ich für die Abschaffung des sozialen Netzes in Deutschland bin. Es gibt mit Sicherheit andere Lösungsmethoden, besonders die, dass sich die Menschen endlich in Eigenverantwortung begeben. Nur wie man dass schafft ist eben die Frage.

Zum einen ist meiner Meinung nach der immer stärker werden Medienkonsum für den Qualitätsverlust verantwortlich. Früher war es nicht möglich, rund um die Uhr fern zu sehen. Der Begriff der “großen Samstag Abend Show” kommt nicht von ungefähr, sondern es war früher ein Ereignis, zu dem sich Freunde, Nachbarn und Verwande getroffen haben, da es gar nicht selbstverständlich war, einen Fernseher zu besitzen. (Damals war die GEZ-Gebühr auch noch gerecht, aber das ist ein anderes Thema.)
Das Fernsehen diente also lediglich als Abendunterhaltung, tagsüber wurde Hörfunk konsumiert, und ohnehin hatten die öffentlich-rechtlichen ein Monopol, und konnten ihr Programm nach Lust und Laune gestalten.

In den 80ern endete das Monopol, aber die öffentlich-rechtlichen sahen für ihr Programm keine Gefahr. Die privaten Rundfunkanstalten trafen aber mit ihrem Programm immer mehr den Nerv der Zeit, und die Zuschauer wanderten in Massen zum Privatfernsehen über. Die Nachfrage nach den Sendungen scheint also in Hülle und Fülle da gewesen zu sein, nur hatte der öffentlich-rechtliche Rundfunk es die Jahrzehnte vorher nicht nötig, auf diese Nachfrage einzugehen. Und das sollte eigentlich auch so sein.

Jedoch verfiel man so Mitte der 90er plötzlich in einen Konkurenzkampf, der mit Bildungsauftrag nicht mehr viel zu tun hat. Und plötzlich breitet sich der Müll im gesamten deutschen Fernsehen aus, ohne daß der Zuschauer etwas dagegen tun kann, oder?

Natürlich könnt der Zuschauer etwas dagegen tun. Aber wie ich oben schon sagte, der Medienkonsum ist eine alltägliche Selbstverständlichkeit für viele Menschen geworden. Auf den Fernseher zu verzichten, kommt für die meisten Menschen einfach nicht in Frage, da man sich damit in einer gewissen Art und Weise zu einem Außenseiter macht. Heutzutage ist das Fernsehen/Musik/Internet ein wichtiges Gesprächsthema, bei dem jeder mitreden können möchte, weil wir einfach außerhalb dieses Konsums wenige bis keine Probleme haben. Also schaffen wir uns die Probleme selbst, indem wir schlechte Medien konsumieren, und uns hinterher darüber aufregen, daß sie schlecht sind.

Beispiel? Sucht mal hier im Forum nach Galileo. Die Meinung ist immer die selbe, Galileo ist scheiße. Trotzdem hat es dann aber doch wieder jeder gesehen, und kann seinen Senf dazu beitragen. Warum???

So etwas wie in Griechenland würde in Deutschland nicht passieren. Würde hier ein 15-jähriger erschossen, würde es ein Teil nicht mitkriegen, einem großen Teil wäre es egal, der Rest meckert, aber zu solchen Ausschreitungen käme es kaum.

Das wäre aber kein Phänomen der Moderne, hat also nichts mit dem Wohlstand zu tun, sondern hängt eher mit der Mentalität der Deutschen zusammen. Zum Beispiel hieß es ja schon früher, dass die Deutschen sich erst eine Bahnsteigkarte kaufen würden, bevor sie einen Bahnhof stürmen würden.