Disclaimer: Ich habe keine Ahnung ob es sich bei dem Spiel um einen riesen Geheimtipp handelt. Ich kann nur soviel sagen, dass es in meinem Freundeskreis keine Sau kannte. Ich hab die Aufmerksamkeit seitens der Spieler/Journalisten von damals auch nicht auf dem Schirm… und wenn es um RTS games geht, die kurz nach 2000 released wurden, spricht man ja meistens von Warcraft III, CnC Generals, Age of Mythology, Empire Earth oder dem 1. Dawn of War.
Genug Gelaber: Mir geht es um das Echtzeitstrategiespiel Battle Realms (PC), welches 2001 von Ubisoft released wurde. Der Dev nennt sich Liquid Entertainment und entwickelt heute Höhepunkte der Videospielgeschichte wie Thor: God of Thunder oder Desperate Housewives: The Game (jup, das gibt es). Davon sollte man sich jetzt nicht abschrecken lassen. Mit Battle Realms hatten die Jungs und Mädels von Liquid einige coole Ideen fürs RTS-Genre, die ich persönlich in der Art nicht wiederbegegnet bin. Abgesehen vom Gameplay ist es auch in anderen Bereichen imo sehr einzigartig. Es kam auch ein Addon zum Spiel raus, welches ich allerdings (noch) nicht kenne.
narrative
[spoiler]Das Setting von Battle Realms zeichnet sich durch einem Mischmasch (feudaler) japanischer Kultur und purer Fantasy aus. Es gibt 4 verschiedene Clans, die um Provinzen und deren Bevölkerung kämpfen - jeder vertritt dabei so seine eigene Philosophie. Auf der dt. Wikipediaseite zum Spiel wurde dies sehr gut zusammengefasst:
Drache: Feuer, Sommer, Osten, Flexibilität, Ehre
Schlange: Wasser, Herbst, Westen, Wildheit, Herrschaft, diebisch
Wolf: Erde, Frühling, Süden, Robustheit, Freiheit
Lotus: Luft, Winter, Norden, Intelligenz, Verderbnis, Boshaftigkeit
(Wolf & Lotus sind nur in custom/MP matches spielbar)
Die Story erlebt man aus der Sicht des jungen Kriegers Kenji, den letzten Erben des Schlangenthrons. Dieser lebt im Exil und trifft am Anfang des Spiels auf ein Dorf, welches von Banditen angegriffen wird. Man hat die Wahl die Dorfbewohner zu verteidigen, oder den Banditen zu helfen. Je nachdem wie man sich entscheidet, schließt man sich im weiteren Verlauf den Drachen- oder Schlangenclan an. Das Spiel hat also praktisch 2 Handlungsstränge, einer ist „gut“ der andere „böse“. Auf der Missionskarte kann man auswählen, welche Provinz man als nächstes im Fokus nehmen will. Hauptziel ist das Erlangen eines sehr wichtigen magischen Artefaktes. Auf dem Weg dahin wird die Geschichte hinter den Clans näher beleuchtet, sowie warum Kenji im Exil gelandet ist. Dabei begegnen einem auch noch weitere (steuerbare) (Helden-)Charaktere.
Stellenweise ist die Geschichte von Battle Realms nicht sehr anspruchsvoll, aber die Reise und Entwicklung Kenjis fand ich sehr unterhaltsam nachzuverfolgen. Vorallem, weil charakterbezogene Stories in RTS Spielen eher unüblich sind. Abgesehen davon ist das fiktionale Universum alleine durchs Setting mal etwas anderes. Selbst wenn man die Fantasy-Aspekte (Magie, Monster etc. pp.) rausnehmen würde.[/spoiler]
visuals
[spoiler]Von der Grafikleistung ist dieses Spiel natürlich alles andere als modern. Der farbenfrohe Artstyle erinnert viele sicher an das später erschienende Warcraft 3. Je nach Clan werden die Proportionen im Charakterdesign unrealistischer, was im Gegensatz zur bierernsten Story einen eher schrägen Ton kreiert. Aber wie gesagt, wir reden hier von einem Fantasy-Setting mit asiatischen Touch. Während die Units einen verhältnismäßig detailreichen, distinktiven Look haben, sehen die Umgebungen recht karg aus und unterscheiden sich größtenteils nur von den Bodentexturen. Beim Wasser sieht es nicht anders aus, dafür sind Wälder auch richtige Wälder und keine Baumwände mit breiten Wegen zwischen (I’m looking at you WCIII :ugly). Im Endeffekt hat das mir nicht viel ausgemacht, im Gegenteil, da die Units schon recht groß auf dem Bildschirm rüberkommen und (für damalige Verhältnisse) großzügige Animationen besitzen. Damit ist es imo jetzt schon manchmal unübersichtlich.
Beispiele gucksu hier: http://imgur.com/a/807r9
In meinen Augen ist BR heute noch sehr schick. Zumindest, wenn man das Aussehen eines Spiels nicht nach der Technik dahinter beurteilt, wie es gerne getan wird (sprich „wow gute Grafik, alda!“). Zusammengefasst hält man sich an einen eigenen Stil, der die Eigenschaften der einzelnen Clans sehr gut in Polygonform darstellt.[/spoiler]
sound design
[spoiler]Als Fan von guten Videospiel-Soundtracks ist Battle Realms für mich ein Paradies. Abgesehen davon, dass es klangmäßig auch hier zum Setting passt, wird die Hintergrundmusik nicht einfach als Playlist abgespielt und gut ist. Stattdessen hat jeder Track eine Version von sich, die man nur in Kämpfen zu hören bekommt. Als AoE-Liebhaberin (Battle Realms war mein 3. RTS Spiel^^), war das damals eine Offenbarung. :ugly
Beispiele:
https://www.youtube.com/watch?v=E0TPNIrl3bk (normaler Track)
https://www.youtube.com/watch?v=-0RHpILrWQo (combat)
Die deutsche Syncro ist, in meiner Erinnerung, solide. Es ist nicht auf dem selben Niveau wie z.b. die heutigen Bioware Titel, aber Fremdschämen musste ich mich beim Spielen nicht. Da ich damals noch alles auf Deutsch gespielt habe, kann ich zur englischen Version dagegen nichts sagen.
Sonstige Soundeffekte sind okay. Hier gibt es leider nicht viel Variation. Beispielsweise gibt es mehrere Einheiten mit Klingenwaffen, doch deren Schläge klingen grundsätzlich gleich -> öde. Aber wenigstens gibt es keine absolut nervigen Effekte.[/spoiler]
gameplay
[spoiler]Das gameplaytechnisch Einzigartige an Battle Realms findet sich hauptsächlich in der „aufs Maul“-Kategorie der üblichen RTS-Fomel: Statt in einer Kaserne Soldat XY gegen Ressourcen zu erschaffen, schickt man die Bauern („Dorfbewohner“) in die entsprechenden Gebäude rein, damit diese zu Kriegern ausgebildet werden. Später kann man auch Soldaten in andere Gebäude, für ein anderes Training, schicken und das Ergebnis ist… wieder eine andere Einheit. Natürlich gibt es noch andere kleine nette Mechaniken, die in meinen Augen unkonventionell sind/waren. Beispiele: Einheiten können per Doppelklick für kurze Zeit sprinten. Wenn man dies in Wäldern tut, scheucht man damit Vögel auf, was der Gegner, sollte er in der Nähe sein, auf der Minimap sieht. Eine weitere Parallele zu WCIII: Die Armeen sind ebenfalls kleiner gehalten, und man arbeitet mit Heldeneinheiten, die mithilfe von „Mana“ eine Spezialfähigkeit ausführen können. Das können auch höher ausgebildete normale Units. Diese, und andere, Upgrades erreicht man mit Ying bzw. Yang, was man in Kämpfen verdient (so ca. wie die Wikinger in AoM an ihre Glaubens-Ressource rankommen).
Allgemein ist BR mehr auf Kämpfe ausgelegt. Wirtschaftsaspekte sind nicht so ausführlich wie z.B. in AoE. Es gibt lediglich 3 Ressourcen (Wasser, Reis, Ying/Yang), wovon die 2 wichtigsten mehr oder weniger erneuerbar sind.[/spoiler]
Fazit: Wer auf Echtzeitstrategiespiele steht, aber die AoE/Warcraft/CnC…-Masche bereits zur genüge kennt, ist hiermit gut bedient. Ich habe grade gesehen, dass es auf gog.com angeboten wird - inklusive Addon. Da ich nicht weiß ob mein Original auf Vista ordentlich läuft (= zu 99,99999% nicht xD), werd ich da mal gleich zuschlagen. :ugly Etwas eindeutig negatives kann ich zu BR nicht sagen. Ich kann mich nur daran erinnern, dass ich kurz vor Ende der Drachenclanstory gefrustet aufgegeben habe, weil ich es aus irgendeinen Grund als zu schwer empfand. Aber da war ich auch noch jünger, mal gucken wie ich mich heute damit rumschlage. Viel Spaß beim Zocken.